Parlamentskorrespondenz Nr. 328 vom 05.05.2010

Höhere Steuern für Fässer ohne Boden?

Debatte über Finanzhilfe für Griechenland im Nationalrat

Wien (PK) – In der Sondersitzung des Nationalrats zum Thema "Griechenland-Hilfe", die Nationalratspräsidentin Barbara Prammer auf Verlangen des BZÖ einberufen hat, stellte dessen Klubobmann Josef Bucher eine Dringliche Anfrage an Finanzminister Josef Pröll, die den Titel trug: "Höhere Steuern für Fässer ohne Boden?" – Im Anschluss an die Behandlung der Dringlichen Anfrage debattierte der Nationalrat einen Antrag der Grünen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wegen "unzulässiger Einflussnahmen im Bereich des Finanzministeriums".  

In der Begründung der Anfrage warf BZÖ-Klubobmann Josef BUCHER dem Finanzminister vor, "Milliarden an Steuermitteln beim Fenster hinaus zu werfen, ohne den Nationalrat und damit die VertreterInnen der Bevölkerung mit diesem wichtigen Thema zu befassen". Darüber hinaus sah Bucher die Eurozone vor einer wichtigen Bewährungsprobe stehen. Wie schon bei der Finanzkrise habe der Steuerzahler wieder die Zeche zu bezahlen, "um ausgerechnet jene zu retten, die eigentlich die Verantwortung für die Krise tragen". Die BürgerInnen fragten sich, warum Milliardenbeträge eingesetzt würden, um Banken zu retten und Spekulanten zu schützen. Warum sei der Finanzminister bereit, dieses Pyramidenspiel weiter zu fördern und zu verlängern? Während "über Nacht" Milliarden für Banken und Spekulanten zur Verfügung gestellt werden, brauche es Jahre, um eine Spekulationssteuer ins Leben zu rufen. Die EU habe in ihrer Verantwortung für den Schutz des Euro versagt, "Brüssel hat weggeschaut", klagte Bucher und erinnerte an Vorschläge, mit einer Finanztransaktionssteuer einen Fonds zu speisen, um Spekulationen gegen den Euro abwehren zu können. Kommission und EU-Regierungen seien aber von den Banken über den Tisch gezogen worden, kritisierte der BZÖ-Klubobmann.

Die Griechenlandhilfe qualifizierte Josef Bucher als ein "Bankenrettungspaket II" zulasten der SteuerzahlerInnen und problematisierte die Argumentation des Finanzministers, es gebe keine Alternative zur 2,3 Mrd. Euro-Hilfe für Griechenland. Griechenland sei ein Fass ohne Boden, sagte Bucher und zeigte sich überzeugt, dass der in wenigen Tagen von 110 Mrd. Euro auf 150 Mrd. Euro gestiegene Sanierungsbedarf Griechenlands weiter zunehmen werde. Definitive Daten stünden erst Mitte des Jahres in Aussicht – der Finanzminister sei aber bereit – "im Blindflug" - 2,3 Mrd. Euro an neuen Schulden für Österreich aufzunehmen. "Das ist unverantwortlich", so Bucher.

Der Abgeordnete schlug demgegenüber vor, Griechenland entweder eine eigene Währung zu geben oder einen "Euro light", einen "Med-Euro" für Südeuropa zu schaffen. Beides würde es Griechenland ermöglichen, selbstbestimmt einen Weg der Sanierung zu wählen. Bucher zitierte auch den renommierten Ökonomen Felderer, der sich für eine Umschuldung Griechenlands ausgesprochen habe und erinnerte schließlich auch an Felderers Forderung, das österreichische Budget durch Reformen zu sanieren.

Finanzminister Josef PRÖLL sprach von entscheidenden Tagen für Griechenland, die Europäische Union und auch für Österreich. Es gelte zu verhindern, dass die griechische Misere zu einer Misere der EU und damit Österreichs werde. Griechenland habe über seine Verhältnisse gelebt und die EU hinters Licht geführt. Er sei zornig über PolitikerInnen, die diese Situation durch eine bedenkenlose Ausgabenpolitik hervorgerufen haben und auch zornig darüber, dass der Euro durch Spekulationen in eine ernste Lage gebracht worden sei.

Griechenland habe keinen Zugang zu den Finanzmärkten mehr, daher stehe man vor der Frage: "Wie kann Griechenland geholfen werden?". Österreich sei bereit, Griechenland mit einem Kredit in der Höhe von 2,3 Mrd. Euro zur Seite zu stehen, weil ein Bankrott Griechenlands und die damit verbundene Destabilisierung der Eurozone österreichischen Banken 5 Mrd. Euro kosten würde und überdies volkswirtschaftliche Verluste von bis zu 40 Mrd. Euro und ein Wachstumseinbruch von bis zu 0,4 % drohten. Die gewählte Vorgangsweise bei der Griechenlandhilfe erlaube es hingegen, die in Tranchen zu leistenden Kredite an die Erfüllung der strengen Vorgaben für die griechische Sanierungspolitik zu binden.

Aus den Erfahrungen mit der Griechenlandkrise zog der Finanzminister den Schluss, dass das europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt auszubauen und mit Instrumenten zu versehen sei, die es erlaubten, Sanktionen zu verhängen, Mitgliedstaaten wirksamer zu kontrollieren und einzugreifen.

Auf die Anfragen eingehend zeigte sich der Finanzminister überzeugt, dass die Hilfsmaßnahmen für Griechenland die Finanzmärkte beruhigen und die Zinsenlast für Griechenland reduzieren werden. Es gelte alles zu tun, um eine Ausweitung der Krise auf andere EU-Länder zu vermeiden.

Der Finanzminister verwahrte sich dagegen, die Verpflichtungen der Nationalbank im Rahmen der IWF-Hilfe als Belastung für den Steuerzahler darzustellen. Diese Verpflichtungen - auch hiebei handle es sich um rückzahlbare Kredite - seien nicht budgetwirksam, stellte der Finanzminister klar. Die Hilfe für Griechenland sei auch deshalb ohne Alternative, weil es gelte, SpekulantInnen zu signalisieren, dass Angriffe auf den Euro keinen Erfolg haben.

Die Frage nach der Rückzahlung des Kredits beantwortete Pröll, indem er darauf hinwies, dass der IWF, der an der Sanierung beteiligt sei, stets auf eine vollständige Rückzahlung der Kreditmittel und der Zinsen Wert lege. Überdies habe die EU die Möglichkeit, im Falle der Nichterfüllung der vereinbarten Auflagen insgesamt 16 Mrd. Euro an Strukturförderungsmaßnahmen für Griechenland zu stoppen.

Die Raiffeisen-Gruppe ist in Griechenland mit 300 Mio. Euro exponiert, teilte der Finanzminister den Abgeordneten mit.

Die österreichischen Banken werden den Sanierungsprozess in Griechenland unterstützen, indem sie sich von ihren Engagements dort nicht zurückziehen und sich nicht an Spekulationen gegen Griechenland beteiligen. Ein Bankrott Griechenlands würde die Kreditkraft österreichischer Banken für die heimische Wirtschaft beeinträchtigen, sagte der Finanzminister und erläuterte den Abgeordneten sowohl die vorgesehenen Hilfszahlungen an Griechenland, die vierteljährlich nach Vorliegen positiver Quartalsberichte über die Erfüllung der Auflagen erfolgen werden, sowie die ebenfalls vierteljährlich vorgesehenen Kapitaltilgungen und Zinsenzahlungen.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) sah keinen Anlass für den Optimismus des Finanzministers hinsichtlich der Erfolgsaussichten der gewählten Vorgangsweise bei der Griechenlandhilfe. Der Abgeordnete zitierte Nachrichten über Unruhen und brennende Bankgebäude in Athen. Die BürgerInnen empfinden dort wie da Zorn und Angst, sagte Stadler und erinnerte an die Warnung Jörg Haiders im Jahr 1997: "Mit der Stabilität des Euro ist es nicht weit her." 

Mit der Griechenlandhilfe öffne Finanzminister Pröll nun eine Büchse der Pandora, denn Haftungen zwischen EU-Ländern seien zu Recht verboten. Den Grund dafür mache das Beispiel Spaniens deutlich. Spanien hafte nun für Griechenland mit, werde aber bald selbst Haftungen brauchen. "Pyramidenspielartige Verhältnisse" würden sichtbar, die den Euro in Gefahr brächten, warnte Stadler. Nicht zuletzt deshalb habe die deutsche Bundeskanzlerin Merkel kürzlich die Idee von zwei Euro-Zonen ins Spiel gebracht. Für Stadler ein logischer Vorschlag, der der Volkswirtschaftslehre entspreche, die die Möglichkeit einer Währungsabwertung als eines der Instrumente zur Sanierung vorsehe.

Stadler warnte vor Stabilisierungsstrategien, die die BürgerInnen nicht akzeptierten. Die Politik müsse die Schmerzgrenzen der Menschen beachten. Das Primärrecht der EU sei einzuhalten und eine neue Wirtschafts- und Währungsunion zu schaffen, die es Ländern wie Griechenland erlaube, sich durch eine Währungsabwertung zu sanieren, schloss Ewald Stadler.

Abgeordneter Josef CAP (S) hielt es im Interesse der ArbeitnehmerInnen und der heimischen Unternehmen für notwendig, die Eurozone abzusichern und zu erhalten. Der Einsatz von 2,3 Mrd. Euro liege im Interesse Österreichs, dessen Exportwirtschaft von einer stabilen Eurozone abhänge. Ein Abschreibungsbedarf von 5 Mrd. Euro im Falle eines Griechenlandkonkurses wäre keine Kleinigkeit für Österreich, warnte Cap.

"Aber wir wollen jene vor Gericht sehen, die sich durch die Verschwendung von Steuergeldern schuldig gemacht haben", sagte der SP-Klubobmann und sah die Politik auch vor der Aufgabe stehen, die Finanzmärkte zu regulieren, gegen Spekulanten vorzugehen und die Steueroasen in der Schweiz und überall sonst auf der Welt zu schließen. Die Staaten sollten sich endlich miteinander solidarisieren, exorbitante Einkommen höher besteuern, die Einhaltung von Steuergesetzen sicher stellen und eine Finanztransaktionssteuer einführen.

Cap ortete ein Systemproblem, bei dessen Lösung der Global Player Europäische Union gefordert sei. Das Enteignungsprogramm der Superreichen zulasten des Mittelstandes sei zu beenden. Europa brauche eine wirksame Finanzmarktaufsicht und Maßnahmen gegen Ratingagenturen, die miteinander kollaborierten, um von der Krise zu profitieren. "Das können wir nicht akzeptieren", sagte Cap und unterstrich die Forderung der Sozialdemokraten nach Einführung einer Bankensteuer, um jene zur Kasse zu bitten, die auch in der Krise gut verdienen. Der Redner forderte seine AbgeordnetenkollegInnen dazu auf, in eine konstruktive Debatte über eine bessere Regulierung der Finanzmärkte in Europa einzutreten, denn es gelte die permanente Wiederholung von Finanzkrisen zu verhindern.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) qualifizierte die Krise in Griechenland als zum Großteil selbst verschuldet und stellte fest, die Menschen in Österreich seien zurecht verärgert und zornig. Trotz all der Missstände und Fehler dürfe man die Griechen nun aber nicht allein lassen, denn sonst würden die Probleme Athens heute oder morgen unsere Probleme werden, warnte er. Kopf bezeichnete das Rettungspaket als Hilfe zur Selbsthilfe und gab zu bedenken, eine Verweigerung der Hilfeleistung könnte jedenfalls einen Domino-Effekt auslösen wie seinerseits die Weigerung, der Bank Lehman-Brothers zu helfen.

Kopf unterstrich den Auftrag an Athen, nun eigene Anstrengungen zu setzen, und betonte, die Menschen in Griechenland hätten sich alles andere verdient als Häme und Polemik. Die Lösung könne auf keinen Fall darin bestehen, den Griechen den Sessel vor die Türe zu stellen. Der Redner warnte überdies auch vor Zweifeln am Euro und meinte, die Finanzkrise hätte Österreich ohne die Gemeinschaftswährung noch viel härter getroffen.

Alarmiert zeigte sich Kopf über den hohen Schuldenstand und forderte eine Neudefinierung des Stabilitätspakts in der EU. Der VP-Klubchef sah auch Österreich gefordert, seine Hausaufgaben zu machen mit dem Ziel, das Defizit zu senken und den Schuldenstand abzubauen, dabei aber Wachstum und Beschäftigung im Auge zu behalten. Österreich sei nicht Griechenland, Griechenland müsse uns aber eine Mahnung sein, sagte er. Klar war für den Redner, dass alle in Österreich ihren Beitrag zur Sanierung zu leisten haben werden – jeder gemäß seiner Leistungsfähigkeit.

Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) kritisierte, die Situation in Griechenland sei längst bekannt und vorhersehbar gewesen, und warf Pröll vor, die Menschen für dumm zu verkaufen, über die Interessen der Bevölkerung "drüberzufahren" und die Hilfe an Griechenland noch als Geschäft zu bewerben. Auch verschweige der Finanzminister, dass bereits über einen zusätzlichen Beitrag von mehr als 4 Mrd. Euro verhandelt werde.

Dabei sei klar, dass Österreich keinen einzigen Euro, den es nach Athen schickt, wieder sehen werde. Strache sprach von einem zweiten Bankenpaket und bezichtigte den Finanzminister der fahrlässigen Krida. Insgesamt trat er für eine Wiedereinführung der alten Währungen in den EU-Ländern des Mittelmeerraumes ein, um die Stabilität des Euro zu retten, und erinnerte dabei an den Wunsch von 75 % der Griechen nach einer Rückkehr zur Drachme.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) betonte, er selbst habe noch im Februar die Ansicht vertreten, man sollte Griechenland sich selbst überlassen. Mittlerweile habe er seine Meinung allerdings geändert, da die Ansteckungsgefahr zu groß geworden sei. Heftige Kritik übte er an den europäischen Regierungschefs, wobei er vor allem der deutschen Bundeskanzlerin Merkel vorwarf, durch widersprüchliche Aussagen die Situation auf den Märkten noch verschärft zu haben.

Aus der Krise in Griechenland zog Van der Bellen nun drei Schlüsse: Fälschen dürfe sich nicht lohnen, Risikozuschläge auf Anleihen dürfe es ohne Tragung des Risikos nicht geben, Nicht-Euro-Länder dürften nicht zu Trittbrettfahrern der Eurozone werden.

Griechenland werde die Zeche zu zahlen haben, war sich Van der Bellen sicher, warnte jedoch, die Rosskur, die man nun Athen zumute, dürfe nicht zum Tod des Patienten führen. Er trat dafür ein, Griechenland ein geordnetes Umschuldungsverfahren zu ermöglichen und auch die GläubigerInnen in die Verantwortung zu ziehen. Was die europäische Ebene betrifft, genüge es nicht, beim Eintritt in die Eurozone die Kriterien zu erfüllen, auch der Stabilitätspakt reiche nicht mehr aus, vielmehr sei eine Koordinierung der Finanzpolitik in der EU notwendig, resümiert Van der Bellen.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) hielt die Gewährung von Krediten für den falschen Weg, um aus der Misere hinauszukommen. Er zweifelte an der Wirksamkeit der Athen aufoktroyierten Maßnahmen und warnte vor einem Einbruch der Wirtschaft in Griechenland als Folge des radikalen Sparkurses. Er forderte in einem Entschließungsantrag die Entwicklung eines Sanktionsmechanismus in der EU, der einen Ausschluss aus der Eurozone, aber auch die Möglichkeit eines freiwilligen Austritts, vorsieht, und verlangte zudem Maßnahmen gegen SpekulantInnen.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) betrachtete eine Stabilisierung der Situation in Griechenland als absolut notwendig und meinte, durch das Hilfspaket sei es nun möglich geworden, Zeit zu gewinnen. Im Übrigen appellierte der Redner an die Solidarität gegenüber Griechenland und warnte vor einem Domino-Effekt.

Abgeordneter Wilhelm MOLTERER (V) sah keinerlei Alternativen zu einem sofortigen Handeln und gab zu bedenken, das Risiko einer Nichtentscheidung sei für das Wirtschaftswachstum in Europa einfach zu groß. Die Hilfe liege auch im Interesse Österreichs, zumal der Euro als starke und stabile Währung nicht zur Disposition stehen dürfe. Molterer ortete Handlungsbedarf nicht nur in Griechenland, sondern auch in der EU. Klar war für ihn dabei, dass die Maastricht-Kriterien nicht mehr ausreichen. Vielmehr bedürfe es vertiefter, jederzeit überprüfbarer Kriterien für eine kohärente Wirtschaftspolitik. Mit Nachdruck trat er wachsender Europaskepsis entgegen und betonte, in Wahrheit brauche man mehr Europa und nicht weniger. Als falsch bezeichnete er auch den Ruf nach mehr Staat, der seiner Meinung nach nur auf zusätzliche Schulden hinauslaufe. Die zentrale Aufgabe bestehe heute darin, von den Schulden wieder herunter zu kommen und Regulative zu setzen, damit die Wirtschaft wieder wachsen kann, unterstrich Molterer.

Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) konstatierte, Österreichs SteuerzahlerInnen werde das Geld aus der Tasche gezogen, die griechischen DemonstrantInnen würden mit Tränengas bekämpft, von dem Rettungspaket aber werde kein Cent bei der griechischen Bevölkerung ankommen. Die wahren Nutznießer seien vielmehr die europäischen Banken, die in griechische Hochrisikopapiere investiert haben. Das alles werde von der SPÖ unterstützt, die damit Politik für Milliardäre mache. Insgesamt drückte Vilimsky seine Zweifel über die Wirksamkeit des Pakets aus, bezeichnete den Euro als Flop und plädierte für eine Rückkehr zu den alten Währungen.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) bezweifelte, dass die von der Regierung eingeschlagene Politik "alternativlos" sei. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier keine Minister, sondern Bankensprecher säßen. Abermals müssten die Falschen bezahlen, die Verantwortlichen würden wieder einmal verschont. Das könne nicht hingenommen werden. Vielmehr müssten die Schuldigen endlich in die Pflicht genommen werden, denn auch die GläubigerInnen müssten zur Kasse gebeten werden. Zudem müsse aber auch die politische Verantwortung entsprechend geklärt und wahrgenommen werden.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) warf dem Finanzminister vor, er habe das Parlament monatelang in dem Glauben gelassen, es werde keine neue Belastungen geben, nun aber zeige sich das ganze Ausmaß der Belastungswelle, die auf die BürgerInnen zurolle. Mit dieser Politik untergrabe der Finanzminister das Vertrauen in seine Person, und vor diesem Hintergrund sei der Einsatz von Steuergeldern, die der Finanzminister für eine Imagekampagne ausgebe, ganz besonders zu kritisieren. Die Österreicherinnen und Österreicher hätten die Malaise in Griechenland nicht zu verantworten, sie dürften daher auch nicht zur Verantwortung gezogen werden. Im Lichte all dieser Fakten komme seine Fraktion nicht umhin, dem Minister in aller Form das Misstrauen auszusprechen. Einen entsprechenden Antrag brachte der Redner sodann ein, denn der Bundesminister habe politisch versagt.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) hielt fest, dass die Wirtschaft immer in der Krise ganz laut nach dem Staat um Hilfe rufe. Der Staat könne diese Hilfe auch nicht verweigern, da ein Domino-Effekt verhindert werden müsse. Der Euro müsse stabil gehalten werden, sonst gebe es negative Folgen für die gesamteuropäische Wirtschaft. Gleichzeitig müsse man sich gegen die Praktiken von Spekulanten und Ratingagenturen wappnen und wehren, meinte die Rednerin. Es brauche entsprechende Regeln, damit so etwas nicht noch einmal passieren könne, bekräftigte die Abgeordnete. Griechenland, so schloss sie, werde sich nur dann erholen können, wenn die Sanierung auf der Basis sozialer Gerechtigkeit erfolge.

Abgeordnete Ursula PLASSNIK (V) meinte, es gehe darum, die gemeinsame europäische Währung zu verteidigen. Man müsse den europäischen Weg konsequent weitergehen. Dem griechischen Premier Georgios Papandreou wünschte sie bei der nötigen Sanierungsarbeit größtmöglichen Erfolg, denn das Wohl und Wehe von Griechenland wirke sich auf die gesamte Union aus. Insbesondere müsse die Korruption entschlossen bekämpft werden, hielt die Mandatarin fest, die ein konkretes Modell entwarf, wie derartige Fehlentwicklungen künftig hintangehalten werden könnten.

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) äußerte die Besorgnis, ob die Mittel, die man den Griechen zur Verfügung stelle, wieder nach Österreich zurückfließen würden. Daher lehne seine Partei diese Hilfe ab, zumal sie dagegen sei, dass neue Steuern eingeführt werden. Die Belastung der heimischen Bevölkerung dürfe nicht noch weiter vergrößert werden. Gleichzeitig übte der Redner Kritik an der Politik der früheren griechischen Regierung und meinte, diese dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben. Besonders kritisierte der Redner das Verhalten der Banken in dieser Causa. Schließlich beantragte der Mandatar den Ausschluss Griechenlands aus der Währungsunion.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) bezweifelte, dass das vorliegende Rettungspaket für Griechenland die Lösung für das Problem darstelle. Es brauche einen weltweiten Umbau der internationalen Finanzarchitektur, doch gerade auf diesem Gebiet geschehe nach wie vor nichts. Im Gegenteil, trotz aller Ankündigungen bliebe die Politik tatenlos. Die Rednerin brachte einen Entschließungsantrag für eine EU-weite Reform des Finanzmarktes, u.a. eine Finanztransaktionssteuer, ein.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) erklärte, die griechische Bevölkerung habe die Situation nicht verursacht, also müsse am Gesamtsystem etwas nicht stimmen. In der Tat waren es die SpekulantInnen, die den Kontinent in diese Krise geführt haben, und darauf gelte es entsprechend zu reagieren. Es brauche eine geordnete europäische Fiskalpolitik und europaweit einheitliche Regelungen für den Finanzmarkt, schloss der Redner.

Abgeordneter Peter Michael IKRATH (V) befürwortete das in Rede stehende Paket, denn es gelte zu verhindern, dass Länder wie Irland oder Spanien in dieselbe Notlage kämen. Das Paket sei notwendig und alternativlos, daher müsse auch Österreich seinen Beitrag zur Sanierung Griechenlands leisten, denn dieser erfolge im eigenen Interesse.

Abgeordneter Martin STRUTZ (o.F.) stellte abschließend seine Sicht der Dinge dar. Er kritisierte den Beitrag Österreichs zur Rettung Griechenlands als "ungedeckten Scheck". Dies sei der falsche Weg. Das zeige sich ja auch in Griechenland selbst. Er könne der Politik des Finanzministers daher nicht die Zustimmung geben, so der Redner. Man werde einen Antrag auf Abhaltung einer Volksbefragung zu dieser Vorgangsweise einbringen, kündigte der Mandatar schließlich an.

Die drei Entschließungsanträge der Opposition verfielen samt und sonders ebenso der Ablehnung wie der Misstrauensantrag wider dem Finanzminister.

Keine Mehrheit für einen BUWOG-Untersuchungsausschuss

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) erinnerte an den Verkauf der BUWOG, des größten Immobilienvermögens der Republik in der Ära Schüssel/Grasser, "als ein billiges Schnäppchen". Das werfe die Frage auf, wer bei diesem Geschäft mitgeschnitten habe, wer für den Schaden von 3 Mrd. Euro für die SteuerzahlerInnen verantwortlich sei. Dieses Geschäft sei genau zu durchleuchten und die politische Verantwortung für Provisionszahlungen und Einflussnahmen auf das Verfahren aufzuklären. Moser wies auf die Aufdeckerarbeit von Nachrichtenmagazinen und Abgeordneten hin. Die Frage, welche Rolle Finanzminister Grasser in dieser Causa gespielt habe, sei im Parlament durch einen Untersuchungsausschuss zu klären, verlangte Abgeordnete Moser und hielt es für bemerkenswert, welch großen Bogen die Justiz um Karl-Heinz Grasser mache und eigenartigerweise darauf verzichte, Hausdurchsuchungen oder die Öffnung seiner Konten anzuordnen.

Abgeordneter Günther Kräuter (S) hielt einen Untersuchungsausschuss für sinnlos, weil sich Grasser und Meischberger dort mit Hinweisen auf laufende Gerichtsverfahren ihrer Aussage entschlagen könnten – das würde das Vertrauen der Menschen in die Politik und in den Rechtsstaat untergraben; daher sei er zum jetzigen Zeitpunkt nicht für die Einsetzung eines BUWOG-Untersuchungsausschusses. Kräuter sah die Justiz am Zug, wobei er Abgeordneter Moser darin Recht gab, dass Hausdurchsuchungen und Kontenöffnungen zu verlangen seien. Einer Beschleunigung des Justizverfahrens würde die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses aber nicht dienen, weil Akten zwischen Parlament und Gerichten hin und her transportiert werden würden.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) bekannte sich nachdrücklich zur Aufklärung der Vorkommnisse rund um die BUWOG-Affäre, wollte die diesbezüglichen umfassenden Ermittlungen zunächst aber der Justiz überlassen, die dazu durchaus in der Lage sei, zeigte sich Konrad Steindl überzeugt. Sollte sich nach Ende der gerichtlichen Ermittlungen die Notwendigkeit ergeben, politische Verantwortungen zu klären, werde er für einen Untersuchungsausschuss eintreten, zum jetzigen Zeitpunkt wäre dies im Interesse der Aufklärung aber nicht zweckmäßig.

Abgeordneter Johannes Hübner (F) schloss sich der Argumentation der Antragstellerin an und erinnerte an den roten Faden, der sich im Fall Karlheinz Grasser von der Eurofighter-Beschaffung, der Homepage-Affäre und der Causa Meinl bis hin zum Verkauf der BUWOG ziehe. Hübner hielt es für wichtig, dem Import von Korruption aus Ländern wie Bulgarien und Rumänien entgegen zu treten und kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zum Antrag der Grünen an.

Abgeordneter Peter PILZ (G) zeigte sich überzeugt, dass eine Untersuchung der Milliardenschäden für die Republik, die Karl-Heinz Grasser zu verantworten habe, auch den Einen oder Anderen in einer der drei Parteien treffen würde, denen Grasser angehört habe, in der FPÖ, dem BZÖ und in der ÖVP. Karl-Heinz Grasser sei von der Überzeugung geprägt worden, dass alles, was in seine Tasche passe, auch in diese Tasche kommen solle, sagte Pilz pointiert und forderte die SPÖ auf, nicht zu übersehen, dass die Staatsanwälte in diesem Fall in einen seltsamen politischen Tiefschlaf verfallen seien. Den Nationalrat sah Pilz daher dazu aufgerufen, die Justiz durch die Arbeit eines Untersuchungsausschusses aufzuwecken.

Abgeordneter Ewald STADLER (B), der vorausschickte, nie ein besonderer Freund Karl-Heinz Grassers gewesen zu sein, fragte die SPÖ, wie es möglich sei, dass im Fall Grasser der falsche Staatsanwalt tätig sei und keine Hausdurchsuchungen sowie Kontenöffnungen durchgeführt würden. Der Untersuchungsausschuss habe zu klären, warum die Justiz nicht kläre, warum die Staatsanwaltschaft politisch agiere.

Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fand keine Mehrheit und wurde abgelehnt.

Eine weitere Sitzung des Nationalrates (65.) diente geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen. Der V-S-Antrag auf eine Fristsetzung für den Finanzausschuss zur Änderung des Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetzes bis 19. Mai 2010 wurde mehrheitlich angenommen. (Schluss)