Parlamentskorrespondenz Nr. 455 vom 09.06.2010

Schusswaffen müssen künftig ausnahmslos registriert werden

Innenausschuss billigt mehrheitlich Novelle zum Waffengesetz

Wien (PK) – In Österreich müssen künftig alle Schusswaffen registriert werden. Das sieht eine Gesetzesvorlage der Regierung vor, die heute mit Stimmenmehrheit den Innenausschuss des Nationalrats passierte. Damit fallen bisherige Ausnahmeregelungen für bestimmte Langwaffen weg. Für Waffenkäufer und -besitzer bleibt vorerst allerdings noch ein wenig Zeit, die neue Registrierungspflicht soll erst dann gelten, wenn das geplante computergestützte Waffenregister eingerichtet ist. Österreich hat dafür gemäß EU-Vorgaben bis Ende 2014 Zeit.

Der Beschluss im Ausschuss erfolgte mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen. Zwar zeigten sich die beiden Oppositionsparteien nicht ganz zufrieden, stimmten der Gesetzesnovelle letztendlich aber doch zu. Der Forderung der Grünen nach einer generellen Verschärfung des Waffengesetzes erteilte Innenministerin Maria Fekter eine Absage, ihr zufolge hat sich das geltende Gesetz "gut bewährt".

Zuvor hatte Fekter in einer Aktuellen Aussprache auf sinkende Kriminalitätsraten und Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung verwiesen und die Vorgangsweise der Behörden beim Vollzug des Fremden- und Asylrechts verteidigt. Zu schweren Vorwürfen von Abgeordnetem Peter Pilz gegen das Glückspielunternehmen Novomatic wollte sie nicht Stellung nehmen.

Österreich muss bis 2014 zentrales Waffenregister einrichten

Mit der Einrichtung eines zentralen Waffenregisters bis 2014 kommt Österreich EU-Vorgaben nach. Wer künftig eine Waffe erwirbt, muss sie demnach innerhalb von sechs Wochen bei einem Waffenfachhändler registrieren lassen und dabei auch eine Begründung für den Erwerb bzw. den Besitz dieser Waffe angeben. Akzeptiert werden etwa der Schutz von Wohn- und Betriebsräumen, die Ausübung der Jagd und des Schießsports oder Sammlungstätigkeit. Im Rahmen des Registrierungsvorgangs erhält der Waffenhändler Auskunft darüber, ob der Registrierungspflichtige mit einem Waffenverbot belegt ist.

Auch alle bereits erstandenen Waffen werden in das Waffenregister aufgenommen. Ausnahmen gibt es lediglich für Waffen der Kategorie D, insbesondere Schrotflinten, deren Registrierung erst bei einem Besitzerwechsel fällig wird. Zudem sind alle Waffenbesitzer in Hinkunft verpflichtet, ihre Waffen sorgfältig zu verwahren, wobei geringfügige Verstöße gegen das Gebot nicht sofort mit dem Entzug der Berechtigung des Waffenbesitzers sanktioniert werden müssen. Jeder Transport von Waffen über die Staatsgrenze ist mindestens zwei Tage vorher der Behörde anzuzeigen.

Mitberücksichtigt bei der Abstimmung wurde ein Abänderungsantrag, er hat lediglich die Beseitigung eines Redaktionsversehens zum Inhalt.

In der Debatte meinte Abgeordneter Harald Vilimsky (F), die FPÖ habe zwar keine besondere Freude mit der EU-Richtlinie, er wertete es aber als positiv, dass Innenministerin Fekter die Umsetzung der Vorgaben nicht dazu genutzt habe, eine Verschärfung des Waffenrechts vorzunehmen.

Gerade diesen Punkt wurde allerdings von Abgeordnetem Albert Steinhauser (G) bedauert. Seiner Auffassung nach hätte man die Novelle zum Anlass nehmen sollen, "den einen oder anderen Mangel" im Waffengesetz zu beheben. Insbesondere kritisierte er die Möglichkeit, den für einen Waffenschein notwendigen Psychotest mehrmals wiederholen zu können. Irgendwann wisse "der dümmste Esel", was er ankreuzen müsse, meinte er. Nicht einsichtig ist für Steinhauser außerdem, dass die Begründung für den Erwerb von Schusswaffen der Kategorie C und D weder glaubhaft gemacht noch bewiesen werden müsse. Dass die seinerzeitige Verschärfung des Waffengesetzes richtig gewesen sei, bekräftigte Steinhauser mit der Feststellung, dass nach der Novelle 1997 sowohl die Mord- als auch die Selbstmordrate gesunken sei.

Auch Innenministerin Maria Fekter zufolge hat sich das Waffengesetz gut bewährt. Sie sieht daher keinen Anlass für eine weitere Verschärfung.

Fragen der Abgeordneten Vilimsky und Peter Westenthaler (B) nach der Höhe der Registrierungsgebühren beantwortete sie damit, dass die Kosten wie bisher durch den Markt geregelt würden. Schließlich gebe es schon jetzt eine weitgehende Registrierungspflicht beim Handel. Eine zusätzliche Gebühreneinhebung durch die Behörden ist nicht vorgesehen, "der Staat kassiert nicht mit".

Kriminalitätsrate sinkt

Zuvor war es bei einer Aktuellen Aussprache im Innenausschuss unter anderem um den Vollzug des Fremden- und Asylrechts, die Kriminalitätsentwicklung, vermeintliche Bandenkriege unter Tschetschenen und das neue Glücksspielgesetz gegangen.

Innenministerin Maria Fekter informierte die Abgeordneten darüber, dass "in ganz Österreich" Rückgänge bei der Kriminalität zu verzeichnen seien. Sie führte das nicht zuletzt auf Spezialmaßnahmen zur verstärkten Bekämpfung von Massenkriminalität zurück. So ist ihr zufolge die Soko Kfz, die sich aus der Soko Ost heraus entwickelt hat, sehr erfolgreich. Auch die Aufklärungsquote werde "sukzessive besser". Die Umstellung der Kriminalitätsstatistik von einem monatlichen auf einen vierteljährlichen Rhythmus begründete Fekter damit, dass dadurch aussagekräftigere Daten zur Verfügung stünden.

Die Zahl der Asylanträge ist laut Fekter im Mai wieder leicht angestiegen, befindet sich aber weiter auf niedrigem Niveau. In den ersten fünf Monaten 2010 hat es demnach insgesamt um ein Drittel weniger Asylanträge gegeben als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Derzeit befinden sich 532 Asylwerber in Bundesbetreuung - davon 295 in Traiskirchen und 103 in Thalham – und 19.704 Personen in der Grundversorgung.

Kritik von Abgeordneter Alev Korun (G) an "unerträglichen Zuständen" beim Vollzug des Fremden- und Asylgesetzes wies Fekter zurück. Sie machte geltend, dass diejenigen 50 bis 70 Fremden, die sich bei der Polizeidienststelle Wien-Leopoldstadt gleichzeitig registrieren lassen wollten, korrekt und gesetzeskonform behandelt worden seien. Auch die Einschaltung der Fremdenpolizei bei Registrierungen ist ihr zufolge gerechtfertigt, da geprüft werden müsse, ob die Betroffenen überhaupt meldepflichtig bzw. illegal in Österreich aufhältig seien. Generell sprach sie von einem "medialen Spektakel".

Verteidigt wurden von Fekter auch die durchgeführten Abschiebungen von abgelehnten Asylwerbern. In vielen Fällen, wo es laut Medien um eine besonders gute Integration gehe, handle es sich um Personen, "die einen relativ langen Sicherheitsakt haben", meinte sie. Als Innenministerin dürfe sie aus diesen Akten aber nicht zitieren und müsse die mediale Berichterstattung stehen lassen, sei sie auch noch so falsch, sagte Fekter.

Bei der Beschaffung von Heimreisezertifikaten gibt es nach Angaben Fekters vor allem insofern Schwierigkeiten, als sich die Fremden oft nicht kooperativ zeigten und ihre Herkunft verschleierten. Die Zusammenarbeit mit den Behörden, etwa in Marokko und Nigeria, funktioniere aber gut. Die Heimreiseflüge würden in Kooperation mit der EU-Behörde Frontex durchgeführt, pro Flugzeug würden 5 bis 15 Personen aus Österreich dabei sein.

Die Einrichtung des geplanten Schubhaftzentrums in Vordernberg sei im Laufen, betonte Fekter. Derzeit würde die Ausschreibung und ein Architektenwettbewerb durchgeführt. Fekter erwartet sich vom Zentrum eine Bündelung der Kompetenzen, in der Anfangsphase sollen 130 Arbeitsplätze geschaffen werden.

Zu von Abgeordnetem Leopold Mayerhofer (F) angesprochenen Bandenkriegen zwischen Tschetschenen merkte Fekter an, Tschetschenen würden in der organisierten Kriminalität keine besonders auffällige Rolle spielen. Es gebe eher Gewaltdelikte in den eigenen Reihen, vereinzelt würden Kleindealer aufgegriffen. In der "Gürtelszene" habe man es mit serbischen Tätern zu tun, zudem würden immer wieder georgische und moldawische Banden "geschnappt".

In der Grundausbildung befinden sich nach Auskunft Fekters derzeit 1.693 Exekutivbeamte, davon 554 Frauen. Für das heurige Jahr sind zusätzlich noch 559 Aufnahmen geplant. Es gebe keine Probleme bei der Rekrutierung, sagte Fekter, durch gezielte Werbemaßnahmen sei man in der Lage, BewerberInnen auswählen zu können. Den Frauenanteil bei der Polizei bezifferte Fekter mit 12 % bei jährlichen Steigerungsraten von 1 bis 1,5 %.

Die Speicherung von Fingerprints, Handflächenabdrücken und der DNA von ExekutivbeamtInnen begründete Fekter damit, dass dies die Arbeit der Polizei wesentlich erleichtere. Schließlich würden Beamte bei den Ermittlungen am Tatort häufig Spuren hinterlassen, wie Untersuchungen gezeigt hätten. Fekter unterstrich, dass die Datenbank von der Datenschutzkommission ausdrücklich genehmigt worden sei und Abdrücke und DNA ausschließlich auf freiwilliger Basis abgenommen würden.

Abgeordneter Ulrike Königsberger-Ludwig (S) teilte Fekter mit, dass es kontinuierlich zwischen 6.500 und 7.300 Wegweisungen pro Jahr auf Grund von häuslichen Gewaltdelikten gebe. In diesem Jahr sei das Budget für die Interventionsstellen gegen Gewalt überproportional aufgestockt worden, betonte die Ministerin, sie könne die zusätzlichen Mitteln auf Grund der verordneten Sparziele für 2011 und 2012 aber nicht garantieren.

Gegenüber Abgeordnetem Peter Pilz (G) räumte Fekter ein, dass Beschaffungskriminalität in Zusammenhang mit Spielsucht ein großes Problem sei. Auch ihr sei die Spielsucht "ein riesiger Dorn im Auge", versicherte sie. Allerdings würde man ihrer Meinung nach durch das Blockieren der geplanten Novelle des Glücksspielgesetzes illegale Zustände und den "enormen Wildwuchs" prolongieren. Das neue Gesetz bringe zumindest Kontrollmöglichkeiten und erleichtere Beschlagnahmungen, betonte Fekter.

Zu vorliegenden Anzeigen gegen das Glücksspielunternehmen Novomatic wollte Fekter nicht Stellung nehmen, da es sich, wie sie sagte, um ein anhängiges Verfahren handle. Pilz hatte zuvor heftige Attacken gegen den Konzern geritten und unter anderem von Schmiergeldern, systematischer Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Beamtenbestechung und kontinuierliche Verletzung des Glücksspielgesetzes gesprochen. Novomatic erfülle die wesentlichen Merkmale einer kriminellen Organisation viel eher als die angeklagten Tierschützer, bekräftigte Pilz. Zudem gab er zu bedenken, dass Automatenspielsucht als Tatmotiv bei Eigentumsdelikten durch Jugendliche bereits eine größere Rolle spiele als Beschaffungskriminalität im Drogenbereich.

Abgeordnetem Harald Vilimsky (F) teilte Fekter mit, dass die Regierung bzw. das Innenministerium für zivile Krisenfälle gerüstet sei. Zwar werde nicht mit einem großem Krisenfall gerechnet, für den Fall des Falles gebe es aber detaillierte Einsatzpläne. So habe man sich etwa Gedanken darüber gemacht, wie die Polizei reagieren solle, wenn Banken zusperren müssten und aus Bankomaten kein Geld mehr herauskomme.

Weitere Fragen kamen von den Abgeordneten Stefan Prähauser (S), Nikolaus Prinz (V), Hannes Fazekas (S), Rudolf Plessl (S), Walter Rosenkranz (F), Gerald Grosz (B), Gisela Wurm (S) und Günter Kößl (V).

Abkommen mit Marokko über Zusammenarbeit im Zivilschutz

Einstimmig genehmigte der Innenausschuss ein bilaterales Abkommen Österreichs mit Marokko über die Zusammenarbeit bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen. Das Abkommen regelt unter anderem die Festlegung von Ansprechpartnern, die Erleichterung des Grenzübertritts von Hilfsteams, den Informationsaustausch, die Abklärung von Schadensfällen und gemeinsame Übungen zur Vorbereitung auf den Ernstfall. (Fortsetzung)