Parlamentskorrespondenz Nr. 484 vom 17.06.2010

Verfassungsgerichtshof: Auch in Zukunft keine ständige Tagung

Nationalrat lehnt FPÖ-Initiative ab

Wien (PK) – Beschleunigung der Verfahren und Erhöhung der Effizienz des Verfassungsgerichtshofs waren die Ziele eines FPÖ- Antrags, der dem Nationalrat heute in Form eines negativen Ausschussberichts vorlag. Als Erstunterzeichner machte Abgeordneter Harald STEFAN (F) geltend, dass der Verfassungsgerichtshof eine wichtige Einrichtung sei. Die Verfahren am VfGH hätten zugenommen und damit auch die Verfahrensdauer, skizzierte er. Stefan trat daher für mehr Personal am VfGH und eine ständige Tagung des Gerichtshofs an Stelle des bestehenden Sessionen-Systems ein. Das sollte es dem VfGH ermöglichen, Verfahren innerhalb von sechs Monaten abzuwickeln.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) lehnte den Antrag der FPÖ hingegen ab. Es gebe keinen Änderungsbedarf, meinte er mit Hinweis auf die durchschnittliche Verfahrensdauer am VfGH von acht Monaten. Bei einer permanenten Tagung würde es RechtsanwältInnen zudem nicht mehr möglich sein, als VfGH-RichterInnen zu fungieren. Überhaupt kein Verständnis äußerte Jarolim für die Forderung der FPÖ nach einer politischen Absetzungsmöglichkeit des VfGH-Präsidenten.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) meinte, er habe sich keine Zustimmung zum vorliegenden Antrag erwartet, seiner Auffassung nach ist es aber notwendig, über die lange Verfahrensdauer am VfGH und am VwGH zu diskutieren und über Beschleunigungsmodelle nachzudenken. Fichtenbauer tritt beispielsweise dafür ein, dem VwGH unter bestimmten Voraussetzungen zu ermöglichen, Bescheide von Behörden nicht nur aufzuheben, sondern selbst eine inhaltliche Entscheidung zu treffen.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) hielt fest, die Vorschläge der FPÖ zur Verfahrensbeschleunigung beim VfGH mögen zwar gut gemeint sein, seiner Ansicht nach geht es der FPÖ in erster Linie jedoch nicht um mehr Rechtsschutz, sondern um einen stärkeren politischen Zugriff auf den Verfassungsgerichtshof. Er verwies in diesem Zusammenhang auf die Forderung, den Präsidenten des VfGH aus politischen Motiven absetzen zu können.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) erklärte, die Grünen würden die Analyse des FPÖ-Antrags partiell teilen, den Antrag insgesamt aber ablehnen. Insbesondere die Forderung nach einer Absetzmöglichkeit des VfGH-Präsidenten wegen politischer Äußerungen wertete sie als "skurril-absurd". Handlungsbedarf sieht Musiol aufgrund der Überlastung des VfGH durch Asylrechtsverfahren; sie hofft auf die rasche Einführung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit unter Einbeziehung des Asylgerichtshofs.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) signalisierte seitens des BZÖ eine Ablehnung des FPÖ-Antrags. Seine Fraktion sei sowohl gegen eine Abwahlmöglichkeit des VfGH-Präsidenten aus politischen Gründen als auch des Nationalratspräsidenten, unterstrich er. Eine Beschleunigung der Verfahren beim Verfassungsgerichtshof wäre allerdings sicher sinnvoll, sagte Scheibner und sprach sich vor allem dafür aus, Maßnahmen gegen die missbräuchliche Anrufung des VfGH, etwa in Asylverfahren, zu setzen.

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) wandte sich gegen eine permanente Tagung des VfGH. Das jahrzehntelang erprobte Sessionen-System habe sich bewährt, betonte sie. Auch die Verfahrensdauer am VfGH sei im internationalen Vergleich gut.

Der ablehnende Bericht des Verfassungsausschusses über den FPÖ-Antrag wurde mit S-V-G-B-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

(Schluss VfGH/Forts. NR)