Parlamentskorrespondenz Nr. 497 vom 21.06.2010

Vorlagen: Soziales

Behinderte Menschen: Neue Kriterien für Einstufung der Behinderung

Künftig wird es neue Kriterien für die Einschätzung des Grades der Behinderung bei Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung geben. Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat eine neue Verordnung erarbeitet, die bei der Beurteilung der Schwere der Behinderung in verschiedenen Bereichen die auf dem Kriegsopferversorgungsgesetz basierende Richtsatzverordnung aus dem Jahr 1965 ersetzen und mit 1. September 2010 in Kraft treten soll. Berücksichtigung finden soll die neue Einschätzungsverordnung laut einem Gesetzentwurf der Regierung (770 d.B. ) insbesondere bei der Ausstellung eines Behindertenpasses, bei der etwaigen Gewährung einer erhöhten Familienbeihilfe, bei der Festsetzung des Freibetrags nach dem Einkommensteuergesetz und bei Anträgen auf Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß Behinderteneinstellungsgesetz. Für bereits laufende Verfahren sind Übergangsbestimmungen vorgesehen, zudem soll, um Eingriffe in bestehende Rechte zu vermeiden, ein rechtskräftig festgestellter Behinderungsgrad weiter gelten.

Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz wird adaptiert

Ein von der Regierung vorgelegter Gesetzentwurf zielt auf Änderungen im Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz ab (774 d.B. ). Unter anderem geht es um Adaptierungen im Urlaubsrecht, etwa was die Anwartschaft sowie den Entfall der "Samstagsregelung" betrifft, die Auszahlung der ersatzweisen Winterfeiertagsvergütung an den Arbeitnehmer auch ohne Antragstellung und die Herausnahme von Doppellehrlingen Spengler/Dachdecker aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Zudem sollen die Informationspflichten der Arbeitgeber gegenüber der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse erweitert werden, um Sozialbetrug zu erschweren.

Sozialrechts-Änderungsgesetz bringt administrative Erleichterungen

Das von der Regierung vorgelegte Sozialrechts-Änderungsgesetz 2010 hat eine Vielzahl von Detailänderungen in den einzelnen Sozialversicherungsgesetzen zum Inhalt (785 d.B. ). Konkret geht es etwa um administrative Erleichterungen, die Vermeidung von Doppelversicherungen, die Aufhebung überholter Bestimmungen, allgemeine Rechtsbereinigungen und Klarstellungen sowie die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur bundesweiten Ausdehnung des Pilotprojekts "Gesundheitsstraße", das auf eine standardisierte, einheitliche und verbindliche Feststellung der Arbeitsfähigkeit, etwa von arbeitslosen Personen, abzielt. Außerdem soll eine Änderung im ASVG einen Wechsel von BeamtInnen in "pensionsnahem" Alter in das ASVG-Versicherungssystem weitgehend unattraktiv machen. Ohne diese Änderung könnten laut Schätzungen bis zu 15.000 Bundes-, Landes- und Gemeindebedienstete aufgrund der Möglichkeit eines früheren Pensionsantritts in das ASVG-System umsteigen, was eine nachhaltige finanzielle Mehrbelastung der gesetzlichen Pensionsversicherung zur Folge hätte. Der überwiegende Teil der vorgeschlagenen Änderungen im Sozialrecht beruht laut Erläuterungen auf Vorschlägen der Sozialpartner.

Grüne drängen auf Anerkennung von Taubblindheit

Die Grünen drängen in einem Entschließungsantrag darauf, Taubblindheit als eigenständige Art der Behinderung anzuerkennen (1168/A[E] ). Nur eine offizielle Anerkennung dieser Behinderung könne gewährleisten, dass die Bedürfnisse von taubblinden Menschen in politischen Entscheidungsprozessen Berücksichtigung finden, heißt es in den Erläuterungen. Abgeordnete Helene Jarmer gibt zu bedenken, dass Betroffene meist nur mit dem Tastsinn kommunizieren könnten und Maßnahmen notwendig seien, um diese Bevölkerungsgruppe, die zu den am meisten ausgegrenzten in Österreich gehöre, sozial zu integrieren.

Grüne urgieren Maßnahmenpaket gegen prekäre Beschäftigung

Weiters urgieren die Grünen ein Maßnahmenpaket gegen prekäre Beschäftigung, Lohn- und Sozialdumping sowie Steuerhinterziehung (1169/A[E] ). Konkret fordern sie in Form eines Entschließungsantrags etwa einen vollen Versicherungsschutz für alle unselbständigen Beschäftigungsverhältnisse, die Abschaffung der "freien Dienstverträge", eine Neudefinition des ArbeitnehmerInnenbegriffs und einen – jährlich zu valorisierenden – Mindeststundenlohn in der Höhe von 7,50 €. Außerdem sollen Abgeordneter Birgit Schatz zufolge Kontrollen forciert, Strafen bei Übertretungen des ASVG deutlich angehoben und ein eigener Verwaltungsstraftatbestand "Sozialbetrug" eingeführt werden. Begründet wird die Initiative von den Grünen damit, dass sichere und gute Beschäftigungsverhältnisse immer mehr unter Druck kämen und sich Lohn- und Sozialdumping derzeit durch "viel zu harmlose" Sanktionen für Unternehmen meist rechne.

Sozialbetrug: BZÖ für generelle Auftraggeberhaftung im Baubereich

Um Sozialbetrug effektiver bekämpfen zu können, fordert das BZÖ in einem Entschließungsantrag eine generelle AuftraggeberInnenhaftung für Sozialversicherungsbeiträge im Baubereich (1191/A[E] ). Abgeordneter Sigisbert Dolinschek und seine FraktionskollegInnen argumentieren, dass die bestehende Ausnahme-Liste hohe Verwaltungskosten verursacht und nicht sachgerecht ist. Gleichzeitig muss dem BZÖ zufolge durch eine rasche Weiterleitung der einbehaltenen Werklohnanteile sichergestellt werden, dass es zu keinem wirtschaftlichen Schaden für pünktlich zahlende Unternehmen kommt. (Schluss)


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