Parlamentskorrespondenz Nr. 565 vom 01.07.2010

RH-Kritik an Heeresspitälern, Sportförderung und Kasernenverwertung

Darabos: Heer braucht Spitäler, Sportförderung wird reformiert

Wien (PK) – Durchaus kritische Prüfergebnisse des Rechnungshofs zum Sanitätswesen des Bundesheeres (III-97 d.B.) standen im zweiten Teil des heutigen Rechnungshofausschusses an der Spitze des Themenkomplexes "Bundesheer und Sport". In weiterer Folge behandelten die Abgeordneten – ebenfalls kritische - RH-Berichte zur Sportförderung (III-96 d.B.) und zur SIVBEG, jener Gesellschaft, die gegründet wurde, um nicht mehr benötigte Kasernen des Heeres zu verwerten (III-134 d.B.).

Das Sanitätswesen des Heeres auf dem Prüfstand des Rechnungshofs

 

Für die neuen Aufgaben, die die Bundesheerreform den Militärärzten und Heeressanitätern bei der Unterstützung der Truppe bei Einsätzen im In– und Ausland mit präsenten Kräften zuweist, fehlten immer noch die operativen Konzepte, lautet die erste Feststellung des

Rechnungshofs in dessen überaus kritischen Befund zum Thema "Sanitätswesen im Bundesheer – Militärische Planungen". Auch habe das Ressort auf jede Bedarfserhebung verzichtet, als es plante, weiterhin drei eigene Krankenanstalten (Wien, Graz, Innsbruck) zu betreiben, stand im RH-Bericht zu lesen. Die durchschnittliche Auslastung des stationären Bereichs der militärischen Krankenanstalten lag bei 5 % und die Kosten pro Belagstag waren zweieinhalbmal höher als in Wiener Spitälern. Nebenbeschäftigungen von Militärärzten, nicht genutzte Synergien beim Einsatz medizinischer Geräte an gemeinsamen Standorten von Militärspital und Stellungskommission, Mängel bei der Aus- und Fortbildung, eine geringe Auslastung der Gesundheits– und Krankenpflegeschule in Wien, nicht zweckentsprechend verwendete Notarztwägen sowie mangelnde Nutzung von Heeresressourcen bei der Rückholung verletzter oder erkrankter Soldaten aus dem Ausland, waren weitere Vorhalte des Rechnungshofs an die Adresse des Verteidigungsressorts.

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) erkundigte sich nach der Zielsetzung der Heeresreform, das Heeres-Sanitätswesen in Stand zu setzen, auch große internationale Rettungseinsätze im Ausland zu bewältigen. Zudem erkundigte sich die Abgeordnete nach der Kooperation von heereseigenen Sanitätseinrichtungen mit zivilen Einrichtungen.

Abgeordnete Martina Schenk (B) sprach von einem schlechten Zeugnis, das der Rechnungshof dem Bundesheer hinsichtlich der Auslastung der Heeresspitäler ausstelle und kritisierte die Nebenjobs von Militärärzten.

Abgeordnete Angela Lueger (S) interessierte sich für aktuelle Planungen für das Heeres-Sanitätswesen und fragte nach den Leistungen des Heeres für das allgemeine Sanitätswesen.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) machte auf den Widerspruch aufmerksam, der zwischen nicht ausgelasteten Spitälern und dem Zukauf von Leistungen beim Heeressanitätswesen bestehe. Moser fragte nach Alternativen zum Betrieb von Heeresspitälern, erkundigte sich nach der Schließung der Krankenpflegerschule und nach der Kooperation der Notarztwägen mit zivilen Rettungsorganisationen.

Abgeordneter Mario Kunasek (F) klagte darüber, dass beim Heer Geldmangel herrsche, dort zugleich aber Geld "versickere". Kunasek drängte auf ein neues Sanitätskonzept und auf die Kooperation von Heereseinrichtungen und privaten Einrichtungen.

Verteidigungsminister Norbert Darabos stellte vorweg fest, dass das Sanitätswesen des Bundes dem Verfassungsauftrag des Bundesheeres entspreche und dass auch die Einrichtung und der Betrieb von Heeresspitälern diese politische Grundlage habe. Es sei notwendig, Vorkehrungen für Katastrophenfälle und für die medizinische Versorgung der Grundwehrdiener zu treffen, sagte Darabos und warnte davor, die Auslastung von Heeresspitälern ohne Berücksichtigung dieser ihrer besonderen Aufgaben mit zivilen Spitälern zu vergleichen. Daher werden die Heeresspitäler in Wien, Graz und Innsbruck aufrecht erhalten. Bemühungen, das Heeresspital Innsbruck nach Schwaz zu verlegen, habe er ursprünglich für sinnvoll erachtet, sei aber vom Rechnungshof eines Besseren belehrt worden und habe dieses Projekt gestoppt.

Als eine wichtige Leistung des Bundesheer-Sanitätswesen bezeichnete der Minister dessen Leistungen bei den Gesundenuntersuchungen der jungen männlichen Bevölkerung in Österreich. In diesem Zusammenhang informierte der Minister auch über äußerst erfolgreiche Raucherentwöhnungsprogramme im Bundesheer.

Weiters berichtete Darabos über aktuelle Arbeiten seines Ressorts an der Erstellung einer Ausbildungsbedarfsprognose und am "Sanitätskonzept 2010", das noch in diesem Jahr fertig gestellt werden soll. Er trete dafür ein, beim Einsatz der 10 Notarzt- Rettungsfahrzeuge mit zivilen Rettungsdiensten zu kooperieren, weil dies eine Möglichkeit sei, das Bundesheer in der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Bei der Ausbildung bestünden schon derzeit Kooperationen mit dem Krankenanstaltenverband der Wiener Rettung und der Universität Wien. Um die Heeresspitäler besser auszulasten, stehe man in Diskussion mit dem Justizressort über einen Einsatz der Heeresspitäler bei der medizinischen Versorgung von Häftlingen.

Rechnungshofpräsident Josef Moser lobte die vorgestellten Maßnahmen des Verteidigungsressorts, die seiner Meinung nach in die richtige Richtung gehen. Moser erneuerte aber seine Kritik an Planungen ohne Bedarfserhebungen und Kostenberechnungen, drängte auf die Nutzung von Synergien und kritisierte die mit 5 % sehr niedrige Auslastung des Heeresspitals Wien.

Abgeordneter Christian Faul (S) machte auf besondere Kapazitäten der Heeresspitäler aufmerksam und riet dazu, sich zu Kompetenzspitälern zu entwickeln und spezielle Leistungen an Sozialversicherungsträger zu verkaufen.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) fragte, ob der Minister plane, die Krankenpflegerausbildung einzustellen, und erkundigte sich nach Vorschlägen des Rechnungshofs zur besseren Auslastung der Heeresspitäler.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) sah einen katastrophalen Bericht, zeigte aber zugleich Verständnis für das Problem des Ministers, bei sinkenden Budgetmitteln zusätzlichen Anforderungen an das Heer gerecht zu werden. Es brauche Entscheidungen darüber, was man sich noch leisten könne und wolle.

Abgeordnete Martina Schenk (B) setzte sich kritisch mit privaten Nebenbeschäftigungen der Militärärzte auseinander, während Abgeordneter Mario Kunasek (F) sich für die Planungsgrundlagen des neuen Sanitätskonzepts erkundigte.

Rechnungshofpräsident Moser wiederholte seine Vorschläge nach einer besseren Bedarfsplanung, Kosten- und Leistungsrechnungen sowie nach einem Überdenken des Einsatzes teurer Bataillonsärzte, bei denen es sich überdies als schwierig erweise, die medizinische Qualifikation zu erhalten. Einmal mehr wies Moser auf die geringe Auslastung der Sanitäterschule hin.

Bundesminister Norbert Darabos machte den Abgeordneten deutlich, wie schwierig es sei, die Bundesheerreform zu Ende zu führen, nachdem man ihm ein 520 Mio.-Sparpaket "auf den Tisch geknallt hat". Dennoch konnten bislang 80 % der Reform umgesetzt werden. Die restlichen Punkte seien bis auf 8 % in Umsetzung. Die empfohlene Brigadefähigkeit im Ausland sei unter den geänderten Bedingungen aber nicht erreichbar, stellte der Verteidigungsminister klar. Ebenso klar sei für ihn aber, dass die Mittel, die derzeit für die Eurofighter-Raten aufgebracht werden müssen, nach Ende der Ratenzahlungen beim Bundesheer bleiben werden.

Private Jobs der Militärärzte gefielen auch ihm nicht, machte Darabos deutlich und berichtete von einer Neubewertung der Nebenbeschäftigungen. Die Krankenpflegerausbildung beabsichtige er aus dem Bundesheer herauszulösen, teilte Darabos dem Ausschuss mit.

Rechnungshof empfiehlt Neustrukturierung der Sportförderung

Auf eine komplexe, wenig transparente und auch wenig effiziente Förderungslandschaft sei der Rechnungshof bei seiner Prüfung der Sportförderung gestoßen, berichtete Rechnungshofpräsident Josef Moser dem Ausschuss beim nächsten Punkt der Tagesordnung. Es mangle an operativen Zielsetzungen und Förderungsschwerpunkten sowie an einer nicht ausreichenden Abstimmung der Förderungsgeber, kritisierten die Prüfer, die auch Überschneidungen in den Tätigkeitsbereichen der mit bedeutenden Mitteln geförderten Dach– und Fachverbände sowie Systemschwächen in der Gliederung der Förderungen des Bundes in die Allgemeine und die Besondere Bundes–Sportförderung orteten. Kritisch sieht der Rechnungshof auch die weitgehende gesetzliche Festlegung der Förderungsempfänger und der Mittelverteilung, die privilegierte Behandlung der Förderungsempfänger (Dach– und Fachverbände, Österreichischer Fußballbund (ÖFB)), die überdies stark an Förderungsentscheidungen und an der Kontrolle der Mittelverwendung mitwirkten. Die Steuerungs– und Eingriffsmöglichkeiten des Förderungsgebers seien hingegen begrenzt und die Förderungsbereiche mit anderen Gebietskörperschaften und Förderungsgebern nicht exakt abgegrenzt und zu wenig koordiniert. Auch fehle es an Schwerpunkten im Leistungs– und Spitzensport. Die Empfehlungen des Rechnungshofs richteten sich auf eine Neustrukturierung und Vereinfachung der Sportförderung. Konkret riet der Rechnungshof zur Festlegung einer Zielhierarchie samt operativen Zielen und Indikatoren für alle Förderungsbereiche sowie zu einer gezielten Evaluierung der Förderungsmaßnahmen.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) sprach von einem nicht optimalen und nicht nachvollziehbaren Förderungssystem beim Sport und kritisierte insbesondere die Identität von Förderungsgebern und Förderungsnehmern. Detailfragen richteten sich auf die Umsetzung der Programme "Challenge 2008" und "Fit für Österreich".

Abgeordneter Josef Lettenbichler (V) machte darauf aufmerksam, dass das System der Sportförderung in einem Reformprozess stehe, sprach sich für die Erstellung eines Sportstättenplans aus, warnte aber vor einer Gesamtgebarungskontrolle, weil dies der föderalen Struktur der Sportförderung widerspreche.

Abgeordneter Dieter Brosz (G) wies seinen Vorredner auf den Widerspruch zwischen seiner Verteidigung des Föderalismus und der ÖVP-Argumentation bei der Einführung der Transparenzdatenbank hin. Brosz verlangte, die Strukturen der Sportförderung zu hinterfragen und für eine unabhängige Kontrolle zu sorgen.

Abgeordnete Martina Schenk (B) sprach sich für die Einführung einer Sportdatenbank aus und drängte auf ein besseres Controlling in der Sportförderung.

Sportminister Norbert Darabos bezeichnete den vorliegenden Rechnungshofbericht als eine gute Grundlage für die aktuelle Reformdiskussion zur Sportförderung und unterstrich seine Absicht, die Parlamentsparteien rechtzeitig in den Reformprozess, den er in seinem Ressort bereits gestartet habe, einzubeziehen. Zentraler Punkt sei die Verbesserung des Controllings, ein Abgehen vom Gießkannenprinzip, weniger Bürokratie und mehr Abstimmung mit den Bundesländern.

Der Bundesminister machte auch auf den großen Anteil des ÖFB an den Förderungen aufmerksam, kündigte an, jeden Förderungseuro umzudrehen und darauf zu achten, dass beim "Projekt 12" für den Nachwuchs der ÖFB-Nationalmannschaft genau auf den Nachweis der zu erbringenden Leistungen geachtet werde. Generell sprach sich der Minister für mehr Objektivierung in der Sportförderung, für eine Entflechtung der Funktionen und für die Erstellung eines Sportstättenplans sowie einer Sportdatenbank aus. Die Dachverbände lobte der Minister für ihre Leistungen im Breitensport, etwa für Kinder, und die Kooperation mit den Schulen sowie für die Umsetzung des Programms "Fit für Österreich".

Rechnungspräsident Josef Moser wies in der Diskussion darauf hin, dass das Sportförderungssystem Doppelförderungen und Überförderungen zulasse, zumal es vorkomme, dass Fördermittel auf die hohe Kante gelegt werden. Moser sah viel Handlungsbedarf bei der Reform der Sportförderung und stimmte Abgeordnetem Alois Gradauer (F) zu, der von hohen Einsparungspotentialen im gesamten Förderwesen der Republik sprach.

Die Neuaufstellung des Sportförderungswesens habe den Rechnungshofbericht zur Ursache, nicht aber die Vorkommnisse beim ÖOC, sagte Bundesminister Darabos auf eine diesbezügliche Frage Gradauers. Widerstände gegen die Reform der Sportförderung erwarte er vor allem deshalb, weil manche mit dem Verlust von Doppelförderungen rechnen müssten, schloss Darabos. – Der Bericht wurde einstimmig vertagt.

Darabos: SIVBEG liegt mit ihren Kasernenverkäufen über Plan

Gegenstand der Debatte des Ausschusses war schließlich auch die Strategische Immobilien Verwertungs-, Beratungs- und EntwicklungsgesmbH (SIVBEG), der der Rechungshof kein gutes Zeugnis ausgestellt hatte. Die Errichtung der SIVBEG für die Abwicklung des Kasernenverkaufsprogramms erschien weder erforderlich noch zweckmäßig, zumal der Bund mit der BIG bereits über eine Verwertungsgesellschaft für seine Immobilien verfügte, heißt es dazu im Prüfbericht. Auch habe sich die SIVBEG bei ihrer Tätigkeit ohnehin des Know-hows und der Infrastruktur der BIG bedient. Die 2005 gegründete Gesellschaft erzielte, wie die Kontrollore vorrechneten, bis Ende Oktober 2008 aus dem Verkauf von 63 ehemaligen militärischen Liegenschaften einen Erlös von 88 Mill. €. Geplant war aber, bis 2013 insgesamt 146 Liegenschaften zu verwerten und dabei 414 Mill. € zu erlösen. Nach Ansicht des Rechnungshofs ist die Erreichung dieses Ziels nun gefährdet.

Die Kritikpunkte des Rechnungshofberichts wurden auch von den Mitgliedern des Ausschusses angesprochen. So stellten die Abgeordneten Wolfgang Zanger (F) und Gabriela Moser (G) die Frage nach dem Sinn der SIVBEG und forderten die Auflösung der Gesellschaft und ihre Eingliederung in die BIG. Abgeordnete Martina Schenk (B) zeigte sich ebenso wie die Abgeordnete Rosemarie Schönpass (S) irritiert über die Einrichtung von zwei Geschäftsführern bei einer Gesellschaft mit acht Mitarbeitern. Abgeordneter Erwin Hornek (V) wiederum wies auf das Auseinanderklaffen von Schätzungen des Werts von Liegenschaften und tatsächlich erzielten Erlösen hin und zog das Know-how der Sachverständigen in Zweifel.

Verteidigungsminister Norbert Darabos meinte, sein Herz hänge zwar nicht an der SIVBEG, für das Bundesheer sei die Konstruktion über diese Gesellschaft aber finanziell lukrativer als eine Abwicklung der Kasernenverkäufe durch die BIG. Entscheidend sei nämlich, dass durch die SIVBEG die erlösten Mittel direkt dem Bundesheer zukommen. Was nun die Tätigkeit der GesmbH betrifft, ergänzte Darabos die vom Rechnungshof erstellte Bilanz und betonte, derzeit weise die SIVBEG einen Gesamterlös in der Höhe von 126 Mill. € auf - rund 10 % mehr als veranschlagt. Mit dem Verkauf von bisher 87 Liegenschaften sei man über Plan. Hinsichtlich der Bestellung der beiden Geschäftsführer teilte Darabos die Kritik des Rechnungshofs und der Abgeordneten, führte aber ins Treffen, die Verträge seien noch von seinem Amtsvorgänger Platter verlängert worden. Nach deren Auslaufen  

Ende 2011 werde es nur noch einen Geschäftsführer geben, versicherte der Minister.

Im Allgemeinen bemerkte Darabos zu den Kasernenverkäufen, aufgrund der aktuellen Krise gebe es Schwierigkeiten, Käufer zu finden, auch habe man Probleme mit dem Denkmalschutz. Er kritisierte in diesem Zusammenhang insbesondere den Umstand, dass Kasernen aus der Nazi-Zeit vom Bundesdenkmalamt als schützenswert betrachtet werden.

Rechnungshofpräsident Josef Moser stellte klar, dass die Prüfung den Stand von Oktober 2008 widerspiegelt, blieb aber im Wesentlichen bei seiner Kritik an der Errichtung der SIVBEG. Angesichts der Vernetzung mit der BIG und der Tatsache, dass wesentliches Know-how eingekauft werden musste, wäre eine Befassung der BIG mit klaren Vorgaben sinnvoller gewesen, meinte er. Die Leistungen der SIVBEG legten für Moser den Schluss nahe, dass die GesmbH jedenfalls nicht über das erwartete und notwendige Know-how verfügte.

Die Beratungen wurden einstimmig vertagt. (Schluss)