Parlamentskorrespondenz Nr. 801 vom 21.10.2010

Nationalrat startet Diskussion mit Debatte über Mindestlohn

Neue Servicestelle für KünstlerInnen, Sozialabkommen mit Montenegro

Wien (PK) – Soziale Fragen prägten den ersten Teil der heutigen Diskussion im Nationalrat. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage der Mindestsicherung.

Vor Beginn der Debatte darüber gab Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bekannt, dass das BZÖ eine Dringliche Anfrage an die Bundesministerin für Justiz, Claudia Bandion-Ortner, mit dem Titel "'Bandions Blamagen' und deren Folgen für den Rechtsstaat Österreich" eingebracht hat. Die Dringliche Anfrage wird um 15 Uhr aufgerufen.

Darüber hinaus hat der Freiheitliche Parlamentsklub einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit den staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren im Abgängigkeitsfall Natascha Kampusch eingebracht. Debatte und Abstimmung darüber findet nach Beendigung der Tagesordnung statt.

Neu angelobt wurden heute auch zwei neue Abgeordnete. Josef A. Riemer (F) folgt Abgeordnetem Gerhard Kurzmann nach, der als Landesrat in die Steiermark wechselte, sein neuer Fraktionskollege Elmar Podgorschek übernahm das Mandat des oberösterreichischen Mandatars Lutz Weinzinger.

Debatte über Für und Wider eines gesetzlichen Mindestlohns

Zunächst wurden Neuerungen des Arbeitsrechts einstimmig angenommen, die unter anderem die Anhebung des Mindestalters für Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen von 12 auf 13 Jahre betrifft, wobei wie bisher bis zum 15. Lebensjahr nur bestimmte und vereinzelte leichte Arbeiten, etwa in Familienbetrieben, verrichtet werden dürfen. Die gegenständliche Vorlage hat weiters die Senkung des aktiven und passiven Wahlalters in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben auf 16 Jahre und Sonderregelungen bezüglich der wöchentlichen Ruhezeit in Krankenanstalten zum Inhalt.

Der Antrag der Grünen nach einem Mindestlohn von 7,4 € brutto pro Arbeitsstunde, fand nicht die erforderliche Mehrheit.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) leitete ihre Rede mit der Feststellung ein, dass sie die Argumente, welche für einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn sprächen, und die von den Grünen in einer Reihe von Anträgen schon oft vorgebracht wurden, diesmal nicht wiederholen werde. Bisher habe man die Vorstöße in Richtung einer gesetzlichen Regelung des Mindestlohnes mit dem Verweis auf die Zuständigkeit der Sozialpartner abgelehnt. Sie stelle daher diesmal die Frage, ob hier im Hohen Haus jener Konsens erzielt werden könne, der gesellschaftlich schon längst akzeptiert werde: Der Konsens darüber, dass es in Österreich möglich sein müsse, von einer Vollzeitbeschäftigung ohne Armutsgefährdung leben zu können. Das Minimum dafür betrage 1000 Euro, was einem Bruttomindestlohn von 1300 Euro entspreche. Ob auch unter den Abgeordneten darüber ein Konsens erzielt werden könne und wer dieser Forderung zustimme, werde sich bei der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Grünen zeigen.

Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) hob die geänderten Bestimmungen zum Landarbeitergesetz und zur Beschäftigungsgesetz für Kinder und Jugendliche hervor, die dringend erforderliche Anpassungen bringen. Die Abgeordnete lobte die positive Wirkung der Arbeits- und Qualifikationspakete der Regierung mit dem Schwerpunkt auf junge Menschen von 19 bis 24 Jahren. Österreich habe es damit geschafft, die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu erreichen. Durch Maßnahmen wie etwa Kurzarbeit, Verbesserungen in der Bildungskarenz und bei AMS-Leistungen habe man es erreicht, die Arbeitslosigkeit auf einem niedrigen Niveau zu halten. Das sei ein wesentlicher Faktor in der Armutsbekämpfung und man stütze damit den privaten Konsum. Es sei aber nun an der Zeit, dass jene, die die Krise verursacht haben, auch die Kosten dafür übernehmen, sagte Csörgits.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) vermisste in der Wortmeldung seiner Vorrednerin eine Stellungnahme zur Frage des Mindestlohns. Die Arbeitslosenzahlen seien auch bei weitem nicht so positiv, wie sie dargestellt wurden. Über eine Million Menschen ginge atypischen Beschäftigungen nach, und die Zahl der Working Poor, die von ihrem Einkommen nicht leben können, nehme stetig zu. Ein gesetzlicher Mindestlohn sei daher erforderlich, vor allem, um weniger qualifizierte Beschäftigte aus der Armutsgefährdung zu holen. Die Berufung auf die Zuständigkeit der Sozialpartner in dieser Frage ließ er nicht gelten. Es sei bedauerlich, dass angesichts der Zunahme der Verarmung in der arbeitenden Bevölkerung die Gewerkschaften nicht aktiver werden, kritisierte Dolinschek.

Abgeordneter Karl DONABAUER (V) meinte hingegen, man habe die Frage eines Mindestlohns eingehend diskutiert, es liege aber nicht beim Gesetzgeber, hier eine Regelung zu treffen. Er erläuterte dann Details der Gesetzesvorlage. Bei Verstößen im Arbeitsruhegesetz in Krankenanstalten werde in Zukunft auch die Ärztekammer eingeschaltet. Die Anpassung im Landarbeitergesetz ziele mit der Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre auf eine bessere Vertretung der Interessen von Jugendlichen. Abschließend brach der Abgeordnete eine Lanze für die bäuerliche Unfallversicherung, die viele Aufgaben habe und deren Finanzierung nachhaltig abgesichert werden müsse.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) erwartete grundlegende Änderungen in der Arbeitswelt, einerseits durch die Einführung der Mindestsicherung und andererseits durch den Zustrom von ArbeitnehmerInnen aus den ehemaligen Oststaaten ab Mai 2011. Ein Problem sieht Hofer in der zu geringen Differenz zwischen Mindestsicherung und dem Mindestlohn von 1000 Euro. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn jemand bis spät in die Nacht arbeiten müsse, um tausend Euro Mindestlohn monatlich zu bekommen, "während der Nachbar fürs Nichtstun die Mindestsicherung von 750 Euro bekommt". Ein gesetzlicher Mindestlohn würde einen staatlichen Beitrag in Form einer Senkung der Lohnnebenkosten erfordern, meinte Hofer.

Die Öffnung des Arbeitsmarkts in Richtung Osten lasse eine hohe Arbeitslosenquote befürchten, weil das Wachstum nicht ausreichen werde, um die vielen Tagespendler zu verkraften, die nach Österreich kommen werden. In einem Entschließungsantrag seiner Fraktion verlangt Hofer Verhandlungen mit der EU zur Verschiebung der Öffnung des österreichischen Arbeitsmarkts Richtung Osten. Es gelte zu verhindern, dass ÖsterreicherInnen ihren Arbeitsplatz verlieren und dadurch die Arbeitslosigkeit wieder steige, schloss Hofer.

Sozialminister Rudolf HUNDSTORFER bemühte sich zunächst, Sorgen wegen der Öffnung des österreichischen Arbeitsmarkts zu zerstreuen. 99.000 ArbeitnehmerInnen kommen bereits - teilweise als TagespendlerInnen – aus dem Osten nach Österreich. Sie sind hier beschäftigt und zahlen Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge. Zugleich pendeln KärntnerInnen nach Slowenien und TirolerInnen nach Bayern. Das ist das neue Europa, stellte Hundstorfer fest.

Bei der Mindestsicherung wandte sich der Minister dagegen, die BezieherInnen rund um die Uhr zu kontrollieren. Vorgesehen sei die Einladung an die Menschen, das Service des AMS in Anspruch zu nehmen. Erforderlichenfalls werde der Bezug der Mindestsicherung gesperrt. "Wir schauen, was mit dem Steuergeld passiert", sagte Hundstorfer. Ein gesetzlicher Mindestlohn sehe zwar "toll" aus, Länder, die ihn eingeführt haben, zeigten aber ein anderes Bild. Österreich hingegen habe es mit Kollektivverträgen erreicht, für 85% der ArbeitnehmerInnen einen Nettolohn von mehr als 1200 Euro zu erreichen. Für Hundstorfer hat sich das KV-System sehr bewährt, zu reden sei aber über unfreiwillige Teilzeitarbeit, sagte der Minister.

Stolz könne Österreich auf seine Arbeitsmarktdaten sein, es liege an der Spitze Europas. Es sei gelungen, die Krise für Qualifikationen und Weiterbildung zu nutzen. Hundstorfer lud die Abgeordneten dazu ein, an einer obligatorischen Berufsausbildung für alle Jugendlichen nach der Pflichtschule zu arbeiten – so könne man Jugendarbeitslosigkeit verhindern. Löhne will der Minister weiterhin über Kollektivverträge festlegen.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) stellte fest, der Antrag seiner Fraktion ziele nicht auf einen gesetzlichen Mindestlohn, sondern auf einen Mindestlohn, den die Bundesregierung mit den Sozialpartnern ausarbeiten soll. Öllinger bekannte sich nachdrücklich zu Mindestlöhnen. Internationale Erfahrungen zeigten, dass die Einführung von Mindestlöhnen zu einer Anhebung der Löhne und Einkommen von Frauen führe. Bedauerlicherweise schweige die SPÖ zu diesen Fakten. Der FPÖ warf Öllinger vor, ihr sei nicht nur die Mindestsicherung, sondern auch der Mindestlohn zu hoch. Die Differenz des Jahresbezugs bei der Mindestsicherung und bei Mindestlohn betrage 5.000 Euro jährlich, hielt Öllinger fest.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) betonte, dass die Mindestsicherung keine Dauerlösung für in Not geratene Menschen sei. Die Menschen wollen die Sozialsysteme nicht ausnützen und Arbeitsloseneinkommen beziehen, wie die FPÖ Glauben machen wolle. Die Menschen wollen die Arbeitsvermittlungsangebote des AMS annehmen, zeigte sich die Rednerin überzeugt. Auch Königsberger-Ludwig trat für das Kollektivvertragssystem und wandte sich gegen politisch festgesetzte Mindestlöhne. In den Kollektivverträgen werden die Branchenverhältnisse und die sozialen Verhältnisse berücksichtigt, das diene der Stabilität des Landes, hielt die Abgeordnete fest. Außerdem wies Königsberger-Ludwig auf Bemühungen um vertragliche Mindestlöhne von 1.300 Euro hin.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) stellte einmal mehr fest, dass die Vorschläge zur Lösung sozialer Probleme in erster Linie von den Oppositionsparteien kommen, ihre Anträge würden von den Regierungsparteien aber entweder im Ausschuss oder im Plenum "abgewürgt". Die Rednerin machte auf Vollzeitarbeitsplätze in der Abfallentsorgung aufmerksam, wo Menschen um 800 Euro pro Monat arbeiten sollen und sich fragen, wie sie mit diesem Einkommen leben sollen. Mehr Innovationskraft fordert die Abgeordnete vom Minister bei der Einrichtung neuer Lehrberufe, etwa im Tourismus – das wäre ein Beitrag gegen die Jugendarbeitslosigkeit, meinte sie. Auf Fortschritte drängte Ursula Haubner auch bei der Reform der Invaliditätspension und im Pflegebereich. Haubner verwahrte sich abschließend dagegen, dass die "Hackler-Regelung" als ein Privileg dargestellt werde, das das Pensionssystem gefährde.

Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) meinte, wer 45 Jahre Beiträge geleistet hat, soll in Pension gehen können. Diskutiert würde lediglich über die verwässerte Form der "Hackler-Regelung". Die Sozialpartnerschaft funktioniere gut, es sei aber notwendig, politischerseits darauf zu drängen, dass alle Kollektivverträge bekommen, die solche brauchen. Solange es Menschen gibt, die nicht einmal 1.000 Euro im Monat verdienen, könne man die Mindestsicherung von 750 Euro nicht 14 Mal ausbezahlen. Eine Lanze brach Tamandl für die Teilzeitarbeit, die Frauen die Möglichkeit gebe, trotz Kinderbetreuungspflichten in Kontakt zu ihrem Beruf zu bleiben.

Abgeordnete Anneliese KITZMÜLLER (F) kündigte die Zustimmung zur Regierungsvorlage an, kritisierte aber zugleich die "Arbeitsverweigerung" der Bundesregierung beim Kampf gegen die Armut. Die Armut der Kinder schmerze besonders, klagte die Abgeordnete und appellierte an die Regierung und an die Abgeordneten alles zu unternehmen, um Kinderarmut zu beseitigen. Die Freiheitlichen setzen auf gute Bedingungen für die Familien, sie werden sich gegen die Belastung von Familien wenden und weiterhin für ein Steuersystem kämpfen, das Familien gerecht behandelt.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) erinnerte an positive Erfahrung mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Großbritannien, wo er dazu beigetragen habe, die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen zu schließen. Schwentner forderte, eine Situation zu überwinden, die dazu führe, dass notwendige Arbeit von Frauen gratis geleistet werden müsse. Versäumnisse der Politik ortete die Rednerin bei der Herstellung von Einkommensgerechtigkeit und beim Kampf gegen die Armut. Wie anders sei es zu erklären, dass Menschen, die Vollzeit arbeiten, dennoch unter Armut leiden. Schwentner vermisste auch Maßnahmen, die mehr Gerechtigkeit für Teilzeitbeschäftigte bringen.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) informierte darüber, dass Kollektivverträge nicht nur Stundenlöhne, sondern auch andere Regelungen wie Arbeitszeit und Zulagen für die ArbeitnehmerInnen enthalten. Derzeit werde über KVs verhandelt, diese Verhandlungen müsste man sofort stoppen, würde man heute den Grünen Antrag beschließen. "Lassen wir die Sozialpartner arbeiten", sagte die Abgeordnete, für die Fragen der Entlohnung bei den Sozialpartnern in den besten Händen sind.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) unterbreitete als "Kernforderung" des BZÖ einen 1.300-Euro-Mindestlohn und sah die Argumentationen von SPÖ und ÖVP gegen einen Mindestlohn als gescheitert an. Insbesondere Frauen, die in Billiglohnbranchen überrepräsentiert seien, würden von einer Anhebung des Mindestlohns profitieren, sagte Abgeordnete Schenk. Das BZÖ trete für den leistungsorientierten Mittelstand und damit für Leistungsgerechtigkeit ein. Leistung müsse sich lohnen, betonte sie und wandte sich dagegen, per Mindestsicherung für das Nichtstun 750 Euro zu bekommen. 

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) lobte die aus seiner Sicht gut funktionierende Sozialpartnerschaft und zeigte sich überzeugt, dass die Sozialpartner auch künftige Probleme hervorragend lösen werden. Der Redner bekannte sich zudem zur aktuellen Senkung des aktiven und passiven Wahlrechts junger Menschen in den Betrieben und verwies dabei auf die Vorreiterrolle der Landwirtschaft. Junge Menschen sollen überall ab 16 Jahren an Betriebsratswahlen teilnehmen können, forderte er. Künftig wird es in Krankenanstalten Arbeitszeitregelungen auch auf Betriebsebene geben, was deren Flexibilität erhöhe, sagte Höfinger und plädierte dafür, diese Möglichkeit auch auf andere Gesundheits- und Sozialbereiche auszudehnen.

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) beklagte die Überlastung von Ärzten in Krankenhäusern und sprach dabei von "Angestellten zweiter Klasse", die bei Wochenarbeitszeiten von bis zu 72 Stunden viel zu gering entlohnt werden. Die PatientInnen haben ein Recht darauf, in Spitälern von ausgeruhten Ärzten behandelt zu werden. Angesichts der vielen Frauen in den Gesundheitsberufen seien auch flexiblere Arbeitszeiten notwendig. Gerade die besten Ärzte seien von Burn-out bedroht, weil sie als empathische Menschen unter den katastrophalen Arbeitszeitbedingungen besonders leiden. Die Ursache für die Überlastung der SpitalsärztInnen sah Karlsböck darin, dass niedergelassene ÄrztInnen ihre Dienste zu Zeiten anbieten, zu denen die PatientInnen keine Zeit haben, einen Arzt aufzusuchen, und daher in die Spitalsambulanzen ausweichen. 

Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) stimmt dem Mindestlohn-Antrag der Grünen nicht zu, weil er zu wenig weit gehe und keine Lösung für die vielen Frauen bringe, die in Branchen ohne Kollektivvertrag arbeiten. Auch seien die Interessen der ArbeitgeberInnen zu berücksichtigen, sagte die Rednerin. Höhere Personalkosten würden eine Preisspirale in Gang setzen, sofern man nicht gleichzeitig die Lohnnebenkosten entlaste, wofür Gartelgruber im Sinne eines kompletten Maßnahmenpakets eintrat.

Bei der Abstimmung wurde die vorgeschlagene Gesetzesänderung einstimmig angenommen. Die beiden Entschließungsanträge der Grünen betreffend Mindestlohn wurden mehrheitlich abgelehnt, jener für einen Mindestlohn von 7.50 Euro pro Arbeitsstunde in namentlicher Abstimmung mit 130 zu 33 Stimmen. In der Minderheit blieb auch der F-Entschließungsantrag zur Verschiebung der Ostöffnung des heimischen Arbeitsmarkts.

Neue Servicestelle soll Kunstschaffende besser informieren

Neuerungen gibt es im Bereich der Künstler-Sozialversicherung , wo ein Servicezentrum bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft für Künstlerinnen und Künstler eingerichtet werden soll. Die Kunstschaffenden sollen dort besser über die für sie geltenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen informiert werden, um die Einhaltung von Pflichten und die Inanspruchnahme von Rechten zu erleichtern.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) lehnte die Gesetzesänderung namens seiner Fraktion ab und kritisierte insbesondere die Ruhensbestimmungen des Gesetzes als praxisfremd.

Abgeordnete Christine LAPP (S) interpretierte das Gesetz hingegen als Beitrag zur sozialen Absicherung der flexiblen Lebenssituationen von KünstlerInnen und begrüßte vor allem die Einrichtung einer Servicestelle sowie die Möglichkeit der Ruhendmeldung der künstlerischen Tätigkeit.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) konnte sich der zustimmenden Wortmeldung seiner Vorrednerin nicht anschließen und meinte vielmehr, es gehe nicht an, in Zeiten des Sparens und der Budgetkonsolidierung eine weitere Servicestelle auf Kosten der SteuerzahlerInnen einzurichten, die bloß mehr Verwaltung und einen noch stärker aufgeblähten Apparat bringt. Hier werde Steuergeld beim Fenster hinausgeworfen, stellte er fest und merkte an, den 200 Betroffenen sei es durchaus zuzumuten, die vorhandenen Einrichtungen zu nutzen.

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) betrachtete es als kulturpolitischen Auftrag, die soziale Lage der Kunstschaffenden zu verbessern, und verteidigte das Servicezentrum unter dem Aspekt von Information und Hilfestellung für die Betroffenen. Wer diesem Gesetz nicht zustimmt, sei gegen die Kunst und die KünstlerInnen, stand für Fuhrmann fest.

Abgeordneter Josef JURY (o.F.) kritisierte, durch dieses Gesetz werde der Kunstbetrieb verbürokratisiert. Besser wäre es, Kunstankäufe zeitgenössischer KünstlerInnen steuerfrei zu stellen, lautete sein Gegenvorschlag.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER wertete das Gesetz als Verwaltungsreform und stellte klar, die Schaffung einer einheitlichen Anlaufstelle bringe dem Wunsch der Betroffenen folgend eine wesentliche Vereinfachung.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) wies auf die schwierige soziale Lage der Kunstschaffenden hin und begrüßte die Einrichtung einer Servicestelle als Verbesserung, die es seiner Einschätzung nach den Betroffenen erleichtern werde, sich im Dschungel der Bestimmungen zurecht zu finden. In einem Abänderungsantrag forderte der Redner eine Zuverdienstmöglichkeit für KünstlerInnen im Ruhestand.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) erinnerte, gerade die SPÖ habe in den Jahren ihrer Regierungsverantwortung ein Künstlersozialversicherungsgesetz verhindert. Heftige Kritik übte der Redner an der Serviceeinrichtung, wobei er vorrechnete, diese Stelle koste für 200 Betroffene 400 000 € jährlich. Dies sei angesichts der prekären Budgetsituation nicht zu verantworten.

Abgeordneter Dietmar KECK (S) beklagte den unsicheren sozialen Status der Kunstschaffenden und betonte, dieses Gesetz liege im Interesse der Kunst und des Kulturlands Österreich.

Abgeordneter Jochen PACK (V) verteidigte die Einrichtung der zentralen Anlaufstelle als Erleichterung für die Betroffenen und begrüßte unter anderem auch die Möglichkeit der Ruhendmeldung.

Abgeordneter Franz RIEPL (S) nahm seine Wortmeldung zum Anlass, auf den hohen Schuldenstand der ArbeitgeberInnen bei den Gebietskrankenkassen hinzuweisen, und leitete daraus Handlungsbedarf für die Politik ab.

Bei der Abstimmung wurde der Entwurf mehrheitlich angenommen, der Abänderungsantrag der Grünen blieb in der Minderheit.

Sozialabkommen mit Montenegro passiert Nationalrat einstimmig

Abgeschlossen wurde der erste Block mit dem Abkommen zwischen Österreich und Montenegro über soziale Sicherheit.

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) begrüßte sämtliche Anstrengungen, die Eigenstaatlichkeit Montenegros zu fördern und das Land näher an die EU heranzuführen, und unterstütze das Abkommen.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) äußerte sich ebenfalls zustimmend und merkte positiv an, dieses Abkommen schaffe klare Spielregeln für den Sozialversicherungsbereich und bringe überdies eine umfassende Datenschutzregelung.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) unterstützte das Abkommen namens seiner Fraktion und stellte pointiert fest, Serbien und Montenegro seien nicht der Privatbesitz der FPÖ.

Abgeordneter Wolfgang GROSSRUCK (V) reihte sich in den Chor der zustimmenden Wortmeldungen ein und rief Montenegro ferner dazu auf, auch in anderen Bereichen europäische Standards einzuhalten.

Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) hob den Gesichtspunkt der Anpassung der sozialen Grundrechte in Europa als positiv hervor.

Bei der Abstimmung wurde das Abkommen einstimmig genehmigt. (Schluss/Fortsetzung Nationalrat)