Parlamentskorrespondenz Nr. 844 vom 03.11.2010

Budget 2010: Bessere Konjunktur, mehr Steuern, weniger Ausgaben

Aber Sorgen wegen finanzieller Lage der Länder und Gemeinden

Wien (PK) – Das Defizit des Bundes lag dank sinkender Ausgaben und steigender Einnahmen Ende September mit 8,8 Mrd. € um 3,4 Mrd. € unter dem Septemberwert des Vorjahres. Aufgrund dieser aktuellen Daten erwartet das Finanzressort für das Budgetjahr 2010 ein Maastricht-Defizit unter dem Wert von 4,7 % des BIP, wie er bei Budgeterstellung prognostiziert worden war. Ungünstiger entwickelte sich das Maastricht-Defizit der Länder und Gemeinden, das nach drei Quartalen in Relation zum BIP um 0,5 Prozentpunkte zunahm. Dennoch gestaltete sich die gesamtstaatliche Verschuldung besser als befürchtet, sie macht derzeit 70 % statt prognostizierter 73 % des BIP aus. Dank niedriger Zinsen konnten die Finanzschuldenmanager die Ausgaben für die Verzinsung der Staatsschuld um 838,5 Mrd. € auf 5,0959 Mrd. € senken. Im Rahmen der Griechenland-Hilfe überwies der Bund 2010 in zwei Raten 604,3 Mio. € nach Athen und erhielt im Gegenzug die ersten beiden Zinstranchen in Höhe von insgesamt 5,5 Mio. €.

Diese Informationen zur Situation des Haushaltes wenige Wochen vor Beginn der Beratungen des Budgets 2011 im Nationalrat lagen den Mitgliedern des Budgetausschusses heute in Form von Ressortberichten zur Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2010 ebenso vor wie Unterlagen über Vorbelastungen und überplanmäßige Ausgaben im 3. Quartal 2010 (Details dazu in PK-Meldung Nr. 838 ). - Nach einer lebhaften Debatte nahm der Budgetausschuss diese Berichte jeweils mit S-V-Mehrheit zur Kenntnis.

Die Verhandlungen leitete Ausschussobmann Jakob Auer, von Seiten der Regierung nahm Staatssekretär Reinhold Lopatka an den Beratungen teil und beantwortete zahlreiche Fragen der Mandatare.

Abgeordneter Robert Lugar (B) eröffnete die Debatte mit heftiger Kritik an den Plänen der Bundesregierung für das Budget 2011. Lugar vermisste eine ausgabenseitige Konsolidierung, wie sie versprochen war, mahnte Reformen in Verwaltung und Bundesstaat ein und klagte über die beabsichtigte "Bestrafung der Familien".

Abgeordneter Alois Gradauer (F), der eingangs der Sitzung einstimmig zum Obmannstellvertreter gewählt worden war, registrierte positive Auswirkungen konjunkturbedingter Einnahmensteigerungen auf das Budget, hielt es aber für unverständlich, dass die Ausgaben immer noch um 300 Mio. € über den Einnahmen liegen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) sah die Politik der Bundesregierung durch die deutlich verbesserte Konjunktursituation und das Sinken der Arbeitslosigkeit auf den besten Wert in der Europäischen Union bestätigt. Die Budgetentwicklung in den ersten drei Quartalen 2010 stelle der Regierung ein gutes Zeugnis aus. Es sei richtig gewesen, die automatischen Stabilisatoren wirken zu lassen und die Konjunktur auch darüber hinaus zu stützen. Länder, die in der Krise eine höhere Arbeitslosigkeit in Kauf genommen haben, um ihre Budgets zu schonen, haben nun nicht nur hohe Arbeitslosigkeit, sondern auch hohe Schulden, weil sie ihre Arbeitslosigkeit finanzieren müssen. Diese Politik hat sich als falsch herausgestellt, hielt Krainer fest.

In der Familienpolitik gab der Abgeordnete seiner Überzeugung Ausdruck, es sei zielführender, monetäre Leistungen behutsam durch Infrastrukturleistungen zu ersetzen. Länder, die auf Kinderbetreuungsangebote statt auf Geldleistungen setzen, haben deutlich höhere Geburtenraten als Länder, die – wie bislang auch Österreich – ihre Familienpolitik auf monetäre Zuwendungen hin ausrichten.  

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) betonte, dass die Budgetausgaben gegenüber 2009 gesunken seien, er registrierte "Ausgabenzurückhaltung" bei der Regierung. Ausgabensteigerungen bei den Landeslehrern veranlassten den Abgeordneten zur Warnung vor einer Ausweitung des Landeslehrersystems auf den Bund. Der Redner verlangte ein effizienteres Personalcontrolling, um zu verhindern, dass der Bund von den Ländern unter dem Titel "Landeslehrer" immer größere Rechnungen serviert bekommt.

Abgeordneter Werner Kogler (G) hielt es gegenüber Ausschussvorsitzendem Jakob Auer, der die Abgeordneten aufforderte, zu den vorliegenden Berichten zu sprechen, für angebracht, über die Budgetpläne der Regierung zu sprechen, weil diese es bislang verabsäumt habe, dem Parlament zum verfassungsmäßig vorgesehenen Termin einen Budgetentwurf für 2011 vorzulegen.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) konnte in steigenden Steuereinnahmen aufgrund besserer Konjunktur keine Leistung der Regierung erkennen und zeigte sich besorgt wegen der drohenden Einschränkungen staatlicher Leistungen an die Familien.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) wertete die steigenden Steuereinnahmen als Beleg für eine erfolgreiche Wachstumsstrategie der Bundesregierung. Erfreulich seien auch Nachrichten aus den Banken zu bewerten, die Partizipationskapital frühzeitig zurückzahlen wollen. Erfreulich sei auch die Aussicht auf ein Defizit unter dem Wert des Voranschlags. Besorgt zeigte sich Stummvoll wegen der Entwicklung in den Bundesländern und appellierte an seine Abgeordnetenkollegen, Einfluss auf die Länder zu nehmen, damit auch sie in ihrem Bereich umzusetzen, was der Bund vorgebe.

Abgeordneter Kurt Gassner (S) drängte angesichts der dramatisch schlechten finanziellen Situation vieler Gemeinden auf ein "Gemeindepaket".

Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) wies auf die Belastung der Gemeinden durch Leistungen für die Altenpflege und für Jugendliche hin.

Abgeordneter Jakob Auer (V) schloss sich dem an und machte zudem auf die steigenden Kosten der Gemeinden für die Sozialhilfeverbände hin. In Oberösterreich drohe mehr als 400 Gemeinden der Konkurs, dies würde gravierende Auswirkungen auf die Lage der kleinen und mittleren Unternehmen haben, sagte Jakob Auer.

Staatssekretär Reinhold Lopatka hielt fest, dass die Budgetausgaben gegenüber 2009 um 2,5 % zurückgegangen sind. Eine positive Entwicklung sah der Staatssekretär auch bei der Umsetzung des Bankenpakets, das insgesamt 781 Mio. € an Haftungsentgelten und Zinsen aus Partizipationskapital erbracht habe. Die Kosten für die Finanzierung des Bankenpakets betrugen im selben Zeitpunkt 311 Mio. €. Ziel des Bundes bei der Hypo Alpe Adria sei es, alle strafrechtlich relevanten Fragen aufzuklären und die Bank zu stärken. Das Institut sei auch für die Nachbarländer wichtig, sagte Lopatka und berichtete von positiven Reaktionen europäischer und internationaler Finanzinstitutionen auf die Bemühungen Österreichs, diese Bank zu sanieren.

Ein Sonderpaket für Gemeinden schloss der Staatssekretär aus, sah aber die Hoffnung, bei bevorstehenden Verhandlungen mit den Ländern, Gemeinden bei den Pflegeleistungen entlasten zu können. Zusätzlich von den Ländern angestellte Lehrer schlagen sich beim Bund budgetär zu Buche, berichtete Lopatka und kündigte an, darüber beim nächsten Finanzausgleich mit den Ländern zu verhandeln.

Bei der Umsetzung des Griechenlandhilfspakets fließen bis 2013 nur Zinsen nach Österreich zurück. Durch die ambitionierten Konsolidierungsbemühungen Griechenlands sehe er sich in seiner Erwartung gestärkt, dass aus Athen ab 2013 wie vorgesehen, auch Kapital zurückzahlen werde.  

In der Debatte über Vorbelastungen und überplanmäßige Ausgaben erläuterten Staatssekretär Reinhold Lopatka und Sektionschef Gerhard Steger den Ausschussmitgliedern die Vorteile der neuen Rücklagengebarung. Sie mindere nicht nur das "Dezemberfieber" und erspare dadurch Ausgaben, sondern auch Zinszahlungen, weil Rücklagen gemäß neuem Haushaltsrecht erst finanziert werden, wenn sie gebraucht werden. (Schluss)