Parlamentskorrespondenz Nr. 854 vom 04.11.2010

Gesetzesnovelle soll Fax-Übermittlung von Patientendaten einschränken

Ausschuss einstimmig für Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes

Wien (PK) – Abseits des Gesundheitsberichts 2009 und des 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes befasste sich der heutige Gesundheitsausschuss des Nationalrats auch mit einer Reihe von Oppositionsanträgen, die jedoch keine ausreichende Unterstützung fanden. Allein ein S-V-Initiativantrag zum Gesundheitstelematikgesetz fand einhellige Zustimmung im Ausschuss.

Durch die Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes sollen die im Gesetz verankerten, derzeit aber ausgesetzten Verwaltungsstrafbestimmungen für Verstöße gegen die vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten beim elektronischen Gesundheitsdatenaustausch in Geltung gesetzt werden. Sie waren bisher vor dem Hintergrund von Schwierigkeiten bei der Ablöse einzelner technischer Kanäle für die Übermittlung von PatientInnendaten sistiert worden und sollen nun durch neue Übergangsbestimmungen ergänzt werden. Damit können ÄrztInnen, Krankenanstalten und Ambulatorien künftig zur Erfüllung der festgelegten Datensicherheitsmaßnahmen verpflichtet werden, wobei auf die technische und wirtschaftliche Zumutbarkeit Rücksicht zu nehmen ist.

Die Übermittlung sensibler Gesundheitsdaten per Fax wird damit, wie Abgeordneter Johann Maier (S) im Ausschuss erklärte, künftig nur noch in Ausnahmefällen zulässig sein. Es sei allerdings nicht möglich, die Fax-Übermittlung gänzlich zu unterbinden, betonten er und Gesundheitsminister Alois Stöger. Es gebe nicht immer eine entsprechende elektronische Vernetzung zwischen ÄrztInnen und Krankenhäusern, machte Stöger geltend. Gleichzeitig hält er das Missbrauchspotential bei Fax-Übermittlungen für geringer als bei elektronischen Übermittlungen nicht gesicherter Daten. Abgeordneter Erwin Rasinger (V) verwies auf unzureichende Software.

Lehrberuf "Pflege und Betreuung": Koalition und Grüne skeptisch

Von Seiten des BZÖ und der Grünen eingebrachte Entschließungsanträge zu den Themenfeldern Pflege, Palliativmedizin und Hospizbetreuung nahmen die Mitglieder des Gesundheitsausschusses zum Ausgangspunkt für eine Pflege-Diskussion. Das BZÖ betont, dass Pflege "leistbar, menschlich und sicher" sein müsse, und fordert in diesem Sinn in zwei Entschließungsanträgen (924/A[E] und 863/A[E] ) die Vorlage eines Gesamtkonzepts für den Pflegebereich und die Einführung eines Lehrberufs "Pflege und Betreuung" ein. Die Initiativen der Grünen zielen auf die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Betreuung durch Hospiz- und Palliativeinrichtungen und die Sicherstellung eines speziellen Angebots für Kinder und Jugendliche ab (1303/A[E] und 1301/A[E] ).

In der Diskussion unterstützte Abgeordneter Norbert Hofer (F) die beiden Anträge der Grünen. Der Druck auf die Familie bei einer schweren Erkrankung eines Kindes sei enorm, betonte er. Zudem machte sich Hofer – trotz immer wieder geäußerter Bedenken – auch für einen Lehrberuf "Pflege und Betreuung" stark, wobei man seiner Ansicht nach darauf achten muss, die Ausbildung so zu gestalten, dass junge Menschen nicht überfordert werden.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) beklagte, dass immer noch kein Gesamtkonzept im Pflegebereich erkennbar sei. Sie sprach sich für eine Integration des Themas Pflege in ein gesamthaftes Gesundheitskonzept aus und bekräftigte darüber hinaus die Forderung ihrer Fraktion nach einem Lehrberuf "Pflege und Betreuung". Dies wäre, so Haubner, eine krisensichere und zukunftsträchtige Ausbildung.

Abgeordneter Johann Hell (S) meinte, er könne sich mit vielen Punkten des BZÖ-Antrags zum Thema Pflege identifizieren. Die im Antrag enthaltenen Forderungen würden teilweise jedoch in die Kompetenz des Sozialministeriums bzw. der Länder fallen, weitere Verhandlungen über diesen Themenkomplex seien daher erforderlich. Ausdrücklich gegen einen Lehrberuf "Pflege und Betreuung" sprachen sich Abgeordneter Erwin Rasinger (V) und Abgeordneter Erwin Kaipel (S) aus.

Auch Abgeordneter Kurt Grünewald (G) zeigte sich in Bezug auf einen Lehrberuf Pflege skeptisch, insbesondere wenn das Berufsbild, wie er meinte, von der Wirtschaftskammer und nicht vom Gesundheitsministerium definiert werde. Er gab unter anderem zu bedenken, dass im Bereich der Pflege und der Betreuung eine gewisse psychische Stabilität erforderlich sei. Generell urgierte Grünewald die Einrichtung eines Pflegefonds und einen Rechtsanspruch auf Betreuung durch Hospiz- und Palliativeinrichtungen, um allen BürgerInnen ein "leistbares humanes und würdevolles Sterben" zu ermöglichen.

Abgeordnete Ridi Steibl (V) und ihr Fraktionskollege Rasinger räumten ein, dass Österreich, was Sterbebegleitung und Palliativmedizin betrifft, der internationalen Entwicklung lange hinterher gehinkt sei. Die Situation habe sich mittlerweile aber gebessert, betonten sie, wobei Steibl auf eine regional sehr unterschiedliche Versorgungsdichte verwies.

Der BZÖ-Antrag betreffend Pflegekonzept und die beiden G-Anträge wurden mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt, der BZÖ-Antrag betreffend Einführung eines Lehrberufs "Pflege und Betreuung" abgelehnt.

Opposition für Kostenerstattung für homöopathische Arzneien

Kontrovers diskutierten die Ausschussmitglieder auch über B- und F-Entschließungsanträge betreffend die geltende Praxis des Umgangs mit verblisterten Arzneimitteln (1334/A[E]), eine mögliche Erstattung der Kosten für homöopathische Therapien (1112/A[E]) und eine etwaige Senkung der Untergrenze bei Suchtgiften (173/A[E]).

B-Abgeordneter Wolfgang Spadiut führte in der Begründung seines Antrags betreffend Neuverblisterung mehrere Gründe gegen das derzeit gängige Prozedere für die individuelle Neuverpackung von Arzneien ins Treffen. Dazu zählten u. a. das Fehlen eines Beipacktextes, eine Intransparenz, was die Verwendung von Generika betreffe, und Probleme, die sich im Falle der Umstellung der Medikamention ergeben könnten. Das BZÖ fordere daher eine Aussetzung der Vorschriften des Arzneimittelgesetzes betreffend Neuverblisterung bis die hierzu erforderliche Verordnung für eine Änderung der Apothekenbetriebsordnung vorliegt, erklärte Spadiut.

Dass eine solche Verordnung bereits in Begutachtung geschickt wurde, machte es für S-Mandatar Erwin Spindelberger nicht einsehbar, warum man den Antrag des BZÖ unterstützen sollte. Auch sein Fraktionskollege Johann Maier konnte einer Aussetzung der diesbezüglichen Bestimmungen nichts abgewinnen, zumal dies nicht den Erlass der Verordnung herbeiführe, sondern im Gegenteil verhindere. Gesundheitsminister Stöger versicherte Spadiut überdies, dass an die Neuverblisterung die höchsten Qualitätsanforderungen gestellt würden. Der Entschließungsantrag des BZÖ wurde von allen übrigen Fraktionen abgelehnt.

Auch der Antrag des BZÖ betreffend homöopathische Arzneimittel auf Krankenschein fand trotz Zustimmung aller Oppositionsparteien nicht die erforderliche Mehrheit.

Abgeordnete von SPÖ und ÖVP begründeten die Ablehnung dieser Forderung mit der wissenschaftlich nicht erwiesenen Wirksamkeit homöopathischer Medikamente und der Notwendigkeit, PatientInnen vor Scharlatanerie zu schützen. S-Abgeordneter Johann Maier führte in seiner Position als Konsumentenschützer zahlreiche Bedenken in Hinblick auf die Kostenerstattung für alternative Heilmethoden ins Treffen: Er wolle schließlich nicht verantworten, dass damit der rechtliche Rahmen für "Handauflegen" und anderen "Nepp" auf Krankenkassenkosten geschaffen werde. Auch den Einwand von Abgeordnetem Bernhard Vock (F), der darauf hingewiesen hatte, dass selbst Ärzte homöopathische Mittel verschrieben, wollte Maier nicht gelten lassen: Man könne schließlich nicht davon ausgehen, dass hier immer redlich gehandelt werde und manche ÄrztInnen nicht auch Profitmaximierung vor Augen haben, meinte er.

Auch V-Mandatar Erwin Rasinger konnte den von Seiten der Opposition vertretenen Ansatz nicht verstehen. Angesichts der Notwendigkeit, Einsparungen vorzunehmen, könne man nicht die Kostenerstattung für Therapien fordern, deren Wirksamkeit nicht einmal belegt sei, schloss er. Gesundheitsminister Stöger teilte die vorgebrachten Bedenken und sah keine Notwendigkeit, homöopathische Heilmittel in jedem Fall auf Krankenkassenkosten beziehbar zu machen.

Unterstützung für den Antrag kam von Seiten der FPÖ und der Grünen. So zeigte sich etwa F-Mandatar Norbert Hofer von der Nützlichkeit homöopathischer Arzneien überzeugt – selbst wenn es sich dabei nur um einen "Placebo"-Effekt handle. Schon jetzt sei eine Kostenerstattung für diese Therapien nicht grundsätzlich ausgeschlossen, der Vorstoß des BZÖ ermögliche aber eine gerechtere Bewilligungspolitik, konstatierte Hofer. Auch G-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber sprach sich für eine allgemeine Kostenerstattung aus. Durch homöopathische Arzneimittel könnten PatientInnen schließlich auch dazu bewogen werden, Selbstverantwortung zu übernehmen.

Der F-Entschließungsantrag betreffend Senkung der Untergrenze für Suchtgifte wurde nur von FPÖ und BZÖ unterstützt und damit abgelehnt. S-Abgeordneter Erwin Spindelberger begründete die Ablehnung damit, dass der Besitz von Suchtgiften grundsätzlich nicht erlaubt sei. Ausnahmen bestünden nur für den Bereich der Medizin und der Wissenschaft. G-Mandatar Kurt Grünewald hielt überdies fest, dass eine Kriminalisierung von Suchtkranken nicht zum gewünschten Ziel führe.

FPÖ: MedizinerInnen keine Steine in den Weg legen

Auch die von Seiten der Freiheitlichen Fraktion eingebrachten Anträge, die auf die Beseitigung von Barrieren für die Tätigkeit von FeuerwehrärztInnen und WohnsitzmedizinerInnen abzielen (1247/A[E] und 1293/A[E]), fanden keine Mehrheit.

Zwar hielt es F-Abgeordneter Andreas Karlsböck für dringend geboten, die Problematik der Versicherungspflicht für WohnsitzärztInnen, die mit Verabschiedung des Bundesgesetzes zur Stärkung der ambulanten öffentlichen Gesundheitsversorgung entstanden war, zu lösen, doch konnten SPÖ, ÖVP und BZÖ dieser Forderung nichts abgewinnen. Gesundheitsminister Alois Stöger, V-Mandatar Erwin Rasinger und G-Abgeordneter Kurt Grünewald hielten Karlsböck jedoch entgegen, dass WohnsitzärztInnen, die medizinisch tätig sind, auch Fehler bei der Behandlung von PatientInnen begehen könnten, weshalb es sinnvoll sei, dass sie über eine solche Versicherung verfügten. Da die Höhe der Versicherungsbeiträge ohnehin variiere, bedürfe es keiner diesbezüglichen Änderung, stand für Rasinger fest.

Die Forderung der Freiheitlichen nach Ermöglichung der ehrenamtlichen Tätigkeit von FeuerwehrärztInnen traf zwar auf Verständnis bei den Grünen, fand in der Abstimmung jedoch nicht die erforderliche Mehrheit. Gesundheitsminister Alois Stöger hielt fest, dass alle in Österreich eingetragenen ÄrztInnen als FeuerwehrärztInnen tätig sein können. B-Mandatar Wolfgang Spadiut begründete seine Ablehnung des Antrags damit, dass es nicht sinnvoll sei – wie vom Antragsteller gefordert – auch pensionierte MedizinerInnen für diesen Dienst einzusetzen. Für F-Abgeordneten Walter Rosenkranz stand hingegen fest, dass jene, die den Antrag ablehnten, auf falsche Argumente bauten. Es gelte hier tätig zu werden, zumal viele FeuerwehrärztInnen bereits in einer rechtlichen "Grauzone" arbeiteten.

Die ebenfalls diskutierten beiden F-Entschließungsanträge betreffend drohender Mangel an Allgemeinmedizinern (975/A[E]) und leistbare zahnmedizinische Behandlungen in Österreich (973/A[E]) wurden mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt. Aussagen über die Zahl der benötigten AllgemeinmedizinerInnen könne man derzeit nicht treffen, eine diesbezügliche Studie werde aber im 2. Quartal 2011 vorliegen, stellte S-Abgeordnete Renate Csörgits fest. Auch gelte es die Ergebnisse der Bemühungen des Hauptverbandes im Bereich Zahnmedizin abzuwarten, begründete V-Mandatar Erwin Rasinger die Vertagung des diesbezüglichen Entschließungsantrags.

Oppositionsparteien für weitere Aufwertung von Psychotherapie

Für die Abgeordneten der Freiheitlichen Fraktion stand desweiteren fest, dass psychisch kranke Menschen im Gegensatz zu Personen mit anderen Erkrankungen in Österreich immer noch benachteiligt werden. Zwei Entschließungsanträge der FPÖ beinhalten daher Forderungen nach Einrichtung psychotherapeutischer Lehrpraxen zur Sicherstellung eines qualifizierten Nachwuchses im Bereich Psychotherapie (175/A[E]) und nach Gleichstellung dieser Fachrichtung mit anderen Behandlungsformen (176/A[E]). Beide Entschließungsanträge wurden jedoch nur von Seiten der Oppositionsparteien unterstützt.

G-Abgeordneter Kurt Grünewald hielt die Verbesserung der Versorgungsdichte und –qualität im Bereich Psychotherapie aber für notwendig. Er und B-Mandatarin Ursula Haubner unterstützten deshalb auch die Implementierung von Lehrpraxen in Analogie zum Turnus der MedizinerInnen. Dieser Ansatz stieß bei V-Abgeordnetem Erwin Rasinger aber auf Ablehnung: Er könne dem vorliegenden Modell nicht seine Zustimmung erteilen, meinte er, denn der Turnus der MedizinerInnen setze ein abgeschlossenes Studium und eine direkte Supervision voraus – beides Bedingungen, die PsychotherapeutInnen nicht erfüllen müssten.

Gesundheitsminister Alois Stöger betonte, dass man zur Aufwertung der Psychotherapie bereits einige Schritte gesetzt habe. Dementsprechend sei auch das Leistungsspektrum erheblich erweitert worden, stellte er fest. Es gelte aber auch, präventive und nicht nur Reparaturmaßnahmen zu setzen, gab Stöger zu bedenken. (Schluss Gesundheitsausschuss)