Parlamentskorrespondenz Nr. 856 vom 04.11.2010

Assoziierungsabkommen mit Serbien im Außenpolitischen Ausschuss

Außenminister soll künftig regelmäßig über UN-Themen berichten

Wien (PK) – Nach der außenpolitischen Tour d'horizon im Zuge der Debatte über den Außenpolitischen Bericht 2009 befassten sich die Mitglieder des Außenpolitischen Ausschusses mit dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen der EU mit Serbien. Bundesminister Michael Spindelegger bedankte sich, dass es möglich sei, dieses wichtige Abkommen in einem verkürzten Verfahren durch den Ausschuss zu bringen. Das Dokument entspreche im Wesentlichen der bisherigen Vertragslage, trage aber zur Rechtssicherheit bei und diene insbesondere österreichischen Unternehmen, die Hauptinvestor Nummer 1 in Serbien seien.

Die Abgeordneten Wolfgang Schüssel (V) und Marianne Hagenhofer (S) begrüßten das Abkommen ebenso wie Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G), der jedoch wissen wollte, wie die EU bei einem allfälligen Beitritt Serbiens mit dessen Grenzen umzugehen gedenke. Hier hakte Abgeordneter Herbert Scheibner (B) ein, der meinte, die uneinheitliche Linie der EU in dieser Frage sei unerfreulich. Abgeordneter Johannes Hübner (F) sprach die Freizügigkeit des Personenverkehrs an und wollte wissen, ob diese Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt haben werde.

Spindelegger sagte, die Außengrenzen würden im Beitrittsprozess eine Rolle spielen, bis dahin brauche es also eine einheitliche europäische Linie. Bei dem vorliegenden Dokument handle es sich um ein Handelsabkommen, Fragen des Personenverkehrs würden hier nicht in relevantem Ausmaß thematisiert.

Amtssitzabkommen mit der EU-Grundrechtsagentur

Weiters verhandelte der Ausschuss eine Vorlage bezüglich eines Amtssitzabkommens mit der Grundrechtsagentur. Abgeordneter Ewald Stadler (B) kritisierte die massenhafte Bildung europäischer Agenturen. Bei vielen wisse man nicht, wozu es sie gebe, und für diese Agentur gelte das ganz besonders. Seine Fraktion lehne das Abkommen daher ab. Abgeordnete Alev Korun (G) begrüßte hingegen die Agentur und freute sich, dass diese ihren Amtssitz in Wien hat. Dieser Ansicht schloss sich Abgeordnete Petra Bayr (S) an, die ergänzend hinzufügte, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit würden in ganz Europa zum Problem, hier gelte es entsprechend zu reagieren. Abgeordneter Johannes Hübner (F) kritisierte den historischen Hintergrund dieser Agentur und hielt fest, dass diese nicht einmal eine klare Agenda aufweise.

Das Abkommen wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Grünen angenommen.

Abkommen mit Indonesien, Albanien und Institutionen der Weltbank

Sodann passierte das europäische Partnerschaftsabkommen mit Indonesien den Ausschuss einstimmig. Durch diese Vereinbarung erwartet sich die EU eine weitere Intensivierung der bilateralen Kontakte sowie ein Mehr an Rechtssicherheit. Es ist dies das erste Abkommen seiner Art zwischen der EU und einem Mitgliedsstaat der ASEAN.

Abgeordnete Petra Bayr (S) begrüßte das Abkommen, trat aber dafür ein, vermehrt Augenmerk auf die Menschenrechte und die Lage der Frauen zu legen. Daran schloss Abgeordnete Judith Schwentner (G) an, die besondere Rücksichtnahme auf den CO2-Ausstoss einmahnte. Auch Abgeordneter Franz Glaser (V) begrüßte das Abkommen und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dadurch werde man einen positiven Einfluss auf Indonesien nehmen können.

Mehrheitlich genehmigten die Abgeordneten ein Abkommen zwischen Österreich und Albanien über gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen, nachdem in der Debatte einige Detailfragen angeschnitten worden waren.

Einhellige Zustimmung fand wiederum das Abkommen zwischen Österreich und Institutionen der Weltbank. Drei Organisationen der Weltbank (die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, die Internationale Finanz-Corporation und die Multilaterale Investitions-Garantie Agentur) haben sich zur Errichtung von Verbindungsbüros in Wien entschieden. Dies liegt auch im Interesse Österreichs, da damit der Amtssitzstandort Österreich gestärkt wird. Nun ist es aber erforderlich, den Status dieser Institutionen und ihrer MitarbeiterInnen zu regeln, um eine reibungslose Wahrnehmung ihrer Funktionen zu gewährleisten.

Außenminister soll regelmäßig über UN-Themen berichten

Ein G-Antrag betreffend die Aktivitäten Österreichs im UN-Sicherheitsrat bot Anlass zu einem Entschließungsantrag der Regierungsparteien, welche den Bundesminister darin um regelmäßige Berichterstattung zu Themen der Vereinten Nationen ersuchen. Der ursprüngliche G-Antrag fand im Ausschuss keine Mehrheit. Diese wollten, dass über die Arbeit im Sicherheitsrat monatlich im Außenpolitischen Ausschuss des Nationalrats debattiert wird, dass die Mittel für die EZA entsprechend den EU-Verpflichtungen angehoben werden und dass sich Österreich für Konfliktprävention und Abrüstungsinitiativen starkmacht.

Abgeordnete für Stärkung von FRONTEX

Ein Antrag der FPÖ für eine restriktive europäische Einwanderungspolitik wurde von den Regierungsparteien zum Anlass genommen, einen Entschließungsantrag einzubringen, wonach die Verhandlungen über die Stärkung der Grenzschutzagentur FRONTEX ehebaldig zu einem Abschluss gebracht werden sollen.

Abgeordnete Alev Korun (G) kritisierte das Agieren von FRONTEX und erinnerte daran, dass im letzten Jahr rund 5.000 Menschen beim Versuch, die EU-Außengrenze zu überwinden, ums Leben gekommen seien. Abgeordneter Johannes Hübner (F) mahnte ein einheitliches europäisches Vorgehen in dieser Angelegenheit ein. Der ursprüngliche F-Antrag blieb in der Minderheit, der im Ausschuss eingebrachte Entschließungsantrag wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und BZÖ angenommen.

Beitrittsverhandlungen mit der Türkei – Entwicklung beobachten

Vertagt wurde ein Antrag der FPÖ auf Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Nach Meinung der FPÖ gebe es wenig Anlass zu Optimismus hinsichtlich der Europareife der Türkei. Mangelnde politische, soziale und ökonomische Fortschritte einerseits, aber auch der Umstand, dass die Türkei weder geographisch noch kulturell ein europäisches Land sei, sollten den Schluss nahelegen, so die FPÖ, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei abzubrechen.

Die Regierungsparteien votierten jedoch dafür, den weiteren Verlauf der Dinge zu beobachten und erst zu einem späteren Zeitpunkt eine endgültige Entscheidung über den Standpunkt Österreichs festzulegen. Der Vertagungsantrag erhielt die erforderliche Mehrheit.

Neuerliche Diskussion über Benes-Dekrete

In weiterer Folge des Ausschusses wurde der F-Antrag betreffend Verhandlungen mit der Republik Slowenien über ordentliche historische Aufarbeitung der Partisanen-Verbrechen und ein würdiges Gedenken für deren Opfer von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt.

Hingegen nahm der Ausschuss gegen die Stimmen der FPÖ eine Ausschussfeststellung an, in der festgehalten wird, dass die historische Aufarbeitung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie ein würdiges Gedenken für Opfer derartiger Verbrechen ein selbstverständliches Anliegen ist, zu dem breite Übereinstimmung bestehe. Das gleiche gelte für die Bemühungen Österreichs, die verbliebenen altösterreichischen Minderheiten in Slowenien und in anderen Nachfolgestaaten zu unterstützen, sowie für die Förderung der autochthonen Volksgruppen und Minderheiten in Österreich. In der Ausschussfeststellung gehen die Abgeordneten auch auf die slowenisch-österreichische Historiker-Kommission ein, die bisher noch keinen gemeinsamen Endbericht herausgegeben hat. Die Abgeordneten treten daher dafür ein, dass die noch unveröffentlichten Beiträge der einzelnen Mitglieder sowie die der zugehörigen Dokumente publiziert werden können.

Mehrheitlich vertagt wurde der F-Antrag betreffend Verurteilung der Unantastbarkeitserklärung der Benes-Dekrete durch das slowakische Parlament sowie betreffend die Aufhebung der Benes-Dekrete durch die Slowakei. Für die Vertagung waren die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.

Abgeordnete Ursula Plassnik (V) begründete den Vertagungsantrag damit, dass es sich hier um ein außerordentlich heikles Thema handle und es sinnvoller sei, mit den Nachbarstaaten in einen offenen Dialog zu treten. Es gebe eine Reihe von Möglichkeiten, dem Missfallen Österreichs Ausdruck zu verleihen, sagte sie, sie halte aber nichts von Auseinandersetzungen mittels parlamentarischer Anträge. Dem konnte sich Abgeordneter Johannes Hübner (F) nicht anschließen, zumal es auch gegenüber anderen Ländern, etwa Bosnien und Herzegowina, eine Politik der Einmischung gebe.

In diesem Zusammenhang erinnerte Abgeordneter Ewald Stadler (B) an das Versprechen der österreichischen Regierung im Zuge des EU-Beitritts von Tschechien und der Slowakei, bilaterale Gespräche mit den beiden Staaten zur Aufhebung der Benes-Dekrete zu führen. Dies habe offenbar zu nichts geführt, nachdem die Slowakei nun eine Unantastbarkeitserklärung beschlossen hat. Das bedeute, es gibt EU-Länder, die nicht gewillt sind, Unrechtsbestimmungen abzuschaffen, stellte Stadler fest. Die Benes-Dekrete seien inakzeptabel, sagte er, weshalb eine klare Haltung gefordert sei. Wenn ein EU-Land derartige Bestimmungen aufrecht erhalte und sie bekräftige, dann stehe die Haltung der anderen EU-Mitgliedstaaten zu den Menschenrechten auf dem Prüfstand.

Ähnlich argumentierte Abgeordneter Herbert Scheibner (B), indem er auf die EU als eine Wertegemeinschaft hinwies. Wenn man es nicht wage, zu diesen Fragen einen Entschließungsantrag anzunehmen, dann verabschiede man sich von der Menschenrechtspolitik, formulierte Scheibner.

Bundesminister Michael Spindelegger hielt der Kritik entgegen, dass das Thema der Benes-Dekrete bei jedem bilateralen Gespräch auf der Tagesordnung stehe. Man habe sogar im Jahr 2009 die Einsetzung einer Historiker-Kommission erreicht, die die Fragen der Benes-Dekrete und die Entwicklung dazu aufarbeiten soll, bemerkte der Außenminister.

Schließlich wurde mit S-V-B-Mehrheit vorgeschlagen, den F-Antrag betreffend Streichung ungerechtfertigter Privilegien türkischer Staatsbürger dem Sozialausschuss zuzuweisen.

Abgeordnete Alev Korun (G) zeigte für diese Vorgangsweise kein Verständnis, zumal der Antrag Behauptungen enthalte, die nicht der Tatsache entsprechen, und daher abgelehnt werden müsste. Korun sprach sich daher dafür aus, den Antrag inhaltlich abzustimmen.

Abgeordneter Johannes Hübner (F) meinte, dass durch den Antrag außenpolitische Komponenten wie das Assoziierungsabkommen angesprochen werden und daher das Thema durchaus auch in den außenpolitischen Ausschuss gehöre. Hingegen vertrat Abgeordneter Ewald Stadler (B) die Auffassung, dass zu den im Antrag aufgeworfenen Themen die Fachkompetenz der Mitglieder des Sozialausschusses sowie des Sozialministeriums gefragt seien. (Schluss Außenpolitischer Ausschuss)