Parlamentskorrespondenz Nr. 977 vom 02.12.2010

Neue gesetzliche Basis für SchauspielerInnen nun fix

Bundesrat diskutiert sozial- und gesundheitspolitische Fragen

Wien (PK) – Der Bundesrat setzte seine Beratungen zu sozial- und gesundheitspolitischen Themen fort. Dabei kam es zunächst zu einer unterschiedlichen Bewertung der Novelle des Arbeitsverfassungsgesetzes, des Post-Betriebsverfassungsgesetzes und des Landarbeitsgesetzes. Die Neuregelungen bringen unter anderem mehr Mitbestimmungsrechte in den Betrieben für Jugendliche. Die Vorlage wurde jedoch von Mitgliedern der Opposition deshalb kritisch betrachtet, weil sie eine Schlechterstellung der BetriebsrätInnen bei der Gestaltung von Prämien und Zielvereinbarungssystemen befürchteten. Der Nationalratsbeschluss passierte den Bundesrat zwar ohne Einspruch, dies aber nur mit Stimmenmehrheit.

Grünes Licht gab der Bundesrat auch für das Theateranpassungsgesetz, das das bisherige Schauspielergesetz ersetzt und die die rechtliche Grundlage für diese Gruppe der KünstlerInnen auf eine neue und moderne Basis stellt.

Durch das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, das ebenfalls die Unterstützung aller Bundesrätinnen und Bundesräten erhielt, werden in Hinkunft Personen mit Auslandspensionen in die Krankenversicherung miteinbezogen und sind dann mit BezieherInnen inländischer Pensionen gleichgestellt. Personen mit Behinderung, die in anerkannten Beschäftigungstherapieeinrichtungen tätig sind, werden teilweise in die Unfallversicherung einbezogen. Die Beschlussfassung erfolgte einstimmig.

Die einstimmige Befürwortung der Bundesrätinnen und Bundesräte zum Gesundheitstelematikgesetz macht den Weg frei, dass die in dem Gesetz enthaltenen Verwaltungsstrafbestimmungen ab Jänner nächsten Jahres in Kraft treten können. Rettungsdiensten, die derzeit vielfach über nicht verschlüsselbare Funktechnologien organisiert werden, wird jedoch eine Übergangsfrist gewährt.

Pro und contra für arbeitsrechtliche Änderungen

Das Gesetzespaket zur Arbeitsverfassung fand unter den Bundesrätinnen und Bundesräten keine ungeteilte Zustimmung.

Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) kritisierte, dass es sich um ein "Stückwerk" handle. Seiner Meinung nach war der Antrieb zu dieser Novellierung nicht Wille, sondern "äußerer Zwang durch EU-Gesetzgebung". Einige Verbesserungen seien zwar enthalten, Anlass zu Euphorie gäben sie jedoch nicht. Einige Veränderungen wertete er durchaus positiv. Ein Rückschritt allerdings ist seiner Meinung nach die Bestimmung, dass leistungs- und erfolgsbezogene Prämien die Zustimmung des Betriebsrats nicht mehr brauchen. Dies bringe eine massive Verschlechterung der Position der ArbeitnehmerInnen mit sich, sagte Krusche. Von beruflicher Überlastung seien nicht überwiegend AkkordarbeiterInnen betroffen, sondern genau jene, die zu individuellen Verträgen "verdammt werden sollen". Diese Maßnahme und budgetbedingte Kürzungen werden ArbeitnehmerInnen seiner Meinung nach ins Burnout treiben, meinte er.

Bundesrätin Muna DUZDAR (S/W) ging auf die Verbesserungen für jugendliche ArbeitnehmerInnen ein. Die Novelle bringe auch eine wesentliche Verbesserung, vor allem Präzisierungen. Es wird künftig Verwaltungsstrafen geben, wenn Bestimmungen verletzt werden, sagte Duzdar. Die Verlängerung der Anfechtungsfrist für ArbeitnehmerInnen im Falle einer Kündigung von einer auf zwei Wochen, setze eine lange Forderung der Gewerkschaft um. Auch die wirtschaftlichen Informations- und Beratungsrechte des Betriebsrats werden ausgewertet. Er muss rechtzeitig informiert werden und hat die Möglichkeit zu intervenieren, zeigte sich Duzdar erfreut. Zudem werde eine jahrzehntelange Forderung der Gewerkschaftsjugend umgesetzt, wonach jugendliche ArbeitnehmerInnen bis zum 23. Lebensjahr zu Jugendvertrauensräten gewählt werden dürfen. Auch das passive Wahlrecht werde von 19 auf 18 Jahre heruntergesetzt, sagte Duzdar abschließend.

G-Bundesrätin Jennifer KICKERT (G/W) meinte ebenfalls, dass die Novelle viele Verbesserungen bringe und sah diese insgesamt als "durchaus anerkennenswerten Schritt in Richtung Modernisierung". Einen Wermutstropfen ortete auch sie in § 96 AVG, auf den Bundesrat Krusche schon eingegangen war. Eine transparente Gestaltung von Prämien und Zielvereinbarungssystemen unter Einbeziehung der Betriebsrats werde dadurch zunichte gemacht, sagte Kickert. Als Modernisierung der Mitbestimmung kann eine Schlechterstellung der BetriebsrätInnen ihrer Meinung nach nicht bezeichnet werden. Ein intransparentes Entlohnungssystem fördere den "Kampf jeder gegen jeden" und führe zu noch größeren Benachteiligung von Frauen, meinte sie.

Bundesrat Josef STEINKOGLER (V/O) betonte, dass die Gesetze wichtige Instrumentarien seien, um den Interessensausgleich zwischen ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen zu erreichen. Die Mitwirkungsrechte seien der Zeit angepasst und verbessert, Grundsätze der Anhörung und Unterrichtung präzisiert worden. Eine bessere Umsetzung des sozialen Dialogs unterstütze die Mitwirkungsrechte der ArbeitnehmerInnen. Mit der Verlängerung der Kündigungsfrist werde eine jahrzehntelange Forderung der Gewerkschaft umgesetzt. Steinkogler dankte abschießend den BetriebsrätInnen für deren Arbeit.

Bundesrat Stefan ZANGERL (o.F/T) unterstützte den vorgelegten Gesetzentwurf. Vor allem hob er die Verlängerung der Frist für die Anfechtung einer Kündigung und die Möglichkeiten außergerichtlicher Einigungen hervor. Diese verbessert seiner Meinung nach die Situation der ArbeitnehmerInnen. Das Gesetz ist Zangerl zufolge ein "Schritt in Richtung mehr Fairness."

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER sagte, diese Novelle sei nicht die letzte zum AVG. Die nächste sei schon in Verhandlung, man agiere "step by step".

Er nahm auch zur Kritik zu § 96 Stellung und berief sich dabei auf ein OGH-Urteil aus dem Jahr 2008, wonach der Betriebsrat keinen Einfluss auf Gewinnbeteiligung habe, an Zielerreichung schon. Dieses war umzusetzen. Er versicherte, dass es weiterhin eine zwingende Betriebsvereinbarung gebe, wo ein Entlohnungssystem die Gefahr von Burnout beinhalte. Auch Entgeltsysteme, die auf Personalbeurteilung beruhen, würden weiter zwingend vereinbart. Insgesamt komme es daher nur zu geringen Änderungen. Hundstorfer betonte, dass er nur wenige Streitigkeiten um § 96 erwarte. Abschließend präsentierte er die "tollen Zahlen" in Hinblick auf den Beschäftigungsstand.

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) dankte Minister Hundstorfer im Namen seiner Fraktion für die Hintergrundinformationen und Erläuterungen zu § 96. Eine Beschlussfassung zu diesem Thema sei keine leichte Angelegenheit, sagte er und forderte die Opposition dazu auf, positive Veränderungen nicht immer "herunter zu reden".

Bei der anschließenden Abstimmung wurde gegen den Beschluss des Nationalrats mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

Einhellige Zustimmung zum Theateranpassungsgesetz

Da es keine Wortmeldungen zu dieser Neuregelung für SchauspielerInnen gab, wurde umgehend darüber abgestimmt. Das Gesetz passierte die Länderkammer einstimmig.

Gleichstellung von Auslands- und Inlandspensionen

Der Bundesrat nahm daraufhin das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010 in Verhandlung.

Bundesrat Klaus KONRAD (S/St) hielt die Gleichstellung von "Auslands- und InlandspensionistInnen bzw. deren Pensionen" für zentral. Für die Inanspruchnahme von Leistungen könne man ein Entgelt verlangen. Gegenüber österreichischen PensionistInnen sei dies "ein Akt der Fairness".

Konrad thematisierte auch die Unfallversicherung für Menschen mit Behinderung in Beschäftigungstherapien. Die Kritik daran sei zwar nachzuvollziehen, 12 Cent pro Tag seien seiner Meinung nach aber zumutbar, um im Falle eines Unfalls bei der Arbeit entsprechend versichert zu sein, sagte er abschließend.

Bundesrat Josef STEINKOGLER (V/O) begrüßte die sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung ehemaliger Grenzgänger, die aus ihrer Tätigkeit eine Pension beziehen sowie die Einbeziehung von Menschen, die sich einer Beschäftigungstherapie unterziehen, in die Unfallversicherung.

Bundesminister Alois STÖGER erläuterte die vorliegende ASVG-Änderungen, die sicherstellen, dass Menschen in Beschäftigungstherapie eine Unfallversicherung haben und auch die Rechtssicherheit von Grenzgängern in der Sozialversicherung verbessert.                       

Der Bundesrat erhob dagegen keinen Einspruch.

Bundesrat mahnt sorgsamen Umgang mit Daten von PatientInnen ein

Schließlich diskutierten die BundesrätInnen über das Gesundheitstelematikgesetz.

Bundesrätin Monika KEMPERLE (S/W) begrüßte die Lösung rechtlicher Probleme bei der Übermittlung von Gesundheitsdaten per Fax durch eine Ausnahmeregelung, die Rücksicht auf Gesundheitsdienstleister nimmt, die nicht über alle technischen Möglichkeiten der Datenverarbeitung verfügen. Die Rednerin hob die Bedachtnahme auf den Datenschutz und Vorkehrungen gegen den Datenmissbrauch hervor und kündigte die Zustimmung der SPÖ an. 

Bundesrat Josef SALLER (V/S) unterstrich die Notwendigkeit, mit Gesundheitsdaten sorgfältig umzugehen, auch beim Einsatz von Faxgeräten. Insbesondere gelte es zu verhindern, dass fremde Personen Zugriff auf vertrauliche Gesundheitsdaten von PatientInnen erhalten können.

Auch Bundesminister Alois STÖGER bekannte sich nachdrücklich zum Datenschutz beim Umgang mit Gesundheitsdaten und kündigte an, ein einheitliches System für den Umgang mit Gesundheitsdaten zu schaffen. Dazu gehöre auch die Abstimmung der Medikamentenverschreibungen durch verschiedene ÄrztInnen eines Patienten, was die Vernetzung von Daten und die Gewährleistung eines hundertprozentigen Datenschutzes voraussetzt.

Auch hier erhob der Bundesrat keinen Einspruch.

(Fortsetzung Bundesrat)


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