Parlamentskorrespondenz Nr. 1039 vom 16.12.2010

Umweltausschuss: Neue Wege in der Abfallwirtschaft

Abgeordnete für Abfallvermeidung und Mehrwegverpackungen

Wien (PK)- Nach der Debatte über die Ergebnisse der Weltklimakonferenz wandte sich der Umweltausschuss dem Thema Abfallwirtschaft zu und machte nach mehrstündigen Verhandlungen einen Entwurf der Bundesregierung für eine Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle 2010 plenumsreif. Umgesetzt wird eine aktuelle EU-Abfallrahmenrichtlinie zur Abfallvermeidung im Sinne der neuen fünfstufigen Abfallhierarchie (Vermeidung – Vorbereitung zur Wiederverwertung – Recycling – sonstige Verwertung – Beseitigung) im europäischen Abfallregime. Bei grenzüberschreitenden Abfalltransporten wird der Schienenweg vorgeschrieben und im Genehmigungsverfahren der elektronische Akt eingeführt. Fortschritte in der Toxikologie ziehen neue Kriterien bei der Beurteilung gefährlicher Abfälle nach sich. Zusätzlich verabschiedete der Ausschuss auf Antrag der Abgeordneten Hermann Schultes (V) und Petra Bayr (S) mit S-V-Mehrheit eine Entschließung für den verstärkten Einsatz von Mehrwegverpackungen sowie zur Einschränkung der Abfallbeseitigung im öffentlichen Raum. Anträge der Grünen und der FPÖ zur Förderung von Mehrwegverpackungen (142/A(E), (1212/A[E], 207/A(E)) wurden auf Antrag der Abgeordneten Bayr vertagt. Bayr lud die Opposition zu Verhandlungen über eine gemeinsame Initiative zugunsten von Mehrwegverpackungssystemen ein. Mehrheitlich abgelehnt wurden Entschließungsanträge der FPÖ für eine Meldepflicht bei der Lagerung oder Verarbeitung gefährlicher Abfälle (216/A(E)) und auf eine stärkere Kontrolle von Abfallsammlern- und -behandlern (1045/A(E)). Nicht durchsetzen konnten sich auch die Grünen mit ihrem Verlangen nach einer Bedarfsprüfung bei Müllverbrennungsanlagen (1211/A(E)).

Abgeordneter Hermann Schultes (V) begrüßte die Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle, mit der EU-Standards umgesetzt werden, der IT-Einsatz in der Verwaltung forciert und insgesamt ein gutes Zwischenergebnis für die Weiterentwicklung der Abfallwirtschaft erreicht werde. Schultes bekannte sich zur Aufforderung an die Sozialpartner, über eine umweltfreundliche Lösung für Mehrwegverpackungen bei Getränken nachzudenken und hielt es für notwendig, Maßnahmen gegen die Deponierung von Müll entlang der Landstraßen zu ergreifen.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) beurteilte die Novelle weder aus ökologischer noch aus sozialer Sicht für ausreichend und hielt es für dringend notwendig, dem Prinzip der Abfallvermeidung Rechnung zu tragen, indem man die Rahmenbedingungen für Mehrweg- und Pfandsysteme bei Getränkeverpackungen deutlich verbessert. In diesem Zusammenhang kritisierte die Abgeordnete die Errichtung überdimensionierter Müllverbrennungsanlagen, deren Brennstoffbedarf Mülltransporte per LKW aus Süditalien nach Österreich nach sich ziehe.

Abgeordneter Robert Lugar (B) wies darauf hin, dass hochwertige und wiederverwertbare PET-Flaschen gegenüber billigen Einwegflaschen auch gesundheitliche Vorteile haben, weil sie keine Weichmacher enthalten. Mehrweggebinden sei aus vielen Gründen der Vorzug zu geben, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Entsorgung von Einweggebinden der Gemeinschaft hohe Kosten verursache.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) begründete die Ablehnung der vorliegenden AWG-Novelle mit dem Argument, diese Novelle erleichtere den Import von Abfällen.

Auch Abgeordnete Christiane Brunner (G) ging die Novelle zu wenig weit und kritisierte den Verzicht auf bessere Bedingungen für Mehrwegsysteme bei Getränkeverpackungen. Brunner kritisierte ebenfalls den Bau großer Müllverbrennungsanlagen, weil diese einen Zwang zur Produktion von Müll mit sich bringen. Müllverbrennung sei keine sinnvolle Verwertung von Altstoffen, hielt die Abgeordnete fest.

Auch Abgeordnete Petra Bayr (S) wies darauf hin, dass nicht alle ein Interesse an der Müllvermeidung haben, was die öffentliche Hand dazu veranlassen sollte, reglementierend einzugreifen und dafür zu sorgen, dass der Konsument die Möglichkeit habe, Getränke in Mehrwegflaschen zu kaufen. Dies sei ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll und schaffe Arbeitsplätze. Abgeordnete Bayr sprach sich daher dafür aus, die Oppositionsanträge, die der Förderung von Mehrweggebinden gelten, zu vertagen und Verhandlungen über einen Fünf-Parteienantrag zu diesem Thema zu führen.

Abgeordneter Peter Mayr (V) hielt den FPÖ-Antrag für eine Meldepflicht bei der Lagerung gefährlicher Abfälle für nicht notwendig, weil eine solche Meldung bereits jetzt gesetzlich geregelt sei. Auch die Kontrolle von Abfallbehandlern sei im Abfallwirtschaftsgesetz ausreichend geregelt.

Abgeordnete Andrea Gessl-Ranftl (S) plädierte dafür, den Anreiz für Konsumenten zu erhöhen, Produkte mit umweltfreundlicher Verpackung zu kaufen.

Umweltminister Nikolaus Berlakovich informierte die Abgeordneten über das enorm hohe Niveau der österreichischen Abfallwirtschaft. Österreich liege mit einer Recyclingquote von 60% an der Weltspitze und ersetze fossile Brennstoffe in den Städten zunehmend durch energetische Nutzung von Restmüll in Fernwärmeanlagen. Die Wiederverwertung von Altstoffen werde immer weiter ausgebaut, sagte Berlakovich und wies auf das auch technologisch hervorragende  Niveau der österreichischen Abfallwirtschaft hin. Die Behauptung, der Müllimport werde durch die vorliegende AWD-Novelle erleichtert, wies der Minister entschieden zurück. (Schluss)