Parlamentskorrespondenz Nr. 1050 vom 21.12.2010

Inseratenkampagnen der Regierung unter Beschuss

Diskussion der Budgets Oberste Organe, Bundeskanzleramt, Frauen

Wien (PK) – Nach dem Abstimmungsmarathon zum Budgetbegleitgesetz  wurde knapp nach Mitternacht eine neue Sitzung des Nationalrats einberufen, die der Debatte über das Budget 2011 diente. Den Beginn machten, wie schon im Ausschuss, traditionsgemäß die Voranschläge für das Parlament, den Rechnungshof, die Volksanwaltschaft, die Präsidentschaftskanzlei, den Verfassungs- und den Verwaltungsgerichtshof – die so genannten "Obersten Organe ". Ebenso stand das Bundeskanzleramt am Plan, darunter fallen auch die Mittel für die Frauenförderung und den öffentlichen Dienst.

Angesichts dieser Themenpalette sprachen die RednerInnen sehr unterschiedliche Aspekte an. Die Arbeit des Rechnungshofs und der Volksanwaltschaft wurden allgemein gelobt. In der Frauenpolitik orteten alle, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, noch Handlungsbedarf. Dass das Budget für Frauenangelegenheiten keine Kürzungen hinnehmen muss, fand allgemeine Anerkennung.

Heftige Kritik wurde nicht nur von oppositionellen Abgeordneten, sondern auch von Abgeordnetem Wilhelm Molterer (V) an teuren Inseratenkampagnen geübt und diesen Ausgaben teilweise Kürzungen im Familien- und Sozialbereich gegenübergestellt. Hinter dieser Kritik stand die Befürchtung, dass sich Regierungsmitglieder damit das Wohlwollen mancher Zeitungen erkaufen wollen, während die Presseförderung allgemein zurückgefahren wird.

Die Budgetzahlen

Für den Bereich Bundesgesetzgebung sind 2011 Gesamtausgaben in der Höhe von 154,5 Mio. € veranschlagt, was einer Reduktion von knapp mehr als 6 Mio. € gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Kürzungen sind dabei vor allem im Sachbereich vorgesehen (-6,9 Mio. €), bei den Personalausgaben ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen (+0,7 Mio. €). Die Einnahmen werden mit 3,5 Mio. € prognostiziert.

Die Volksanwaltschaft wird 2011 Ausgaben in Höhe von 6,6 Mio. € tätigen können, das bedeutet eine Einsparung von 0,2 Mio. € gegenüber dem Vorjahr. Für den Rechnungshof sind 2011 Ausgaben in Höhe von 29,1 Mio. € vorgesehen, was einer Steigerung um 0,3 Mio. € gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Die Zahl der Planstellen sinkt von 328 auf 326.

Für die Präsidentschaftskanzlei veranschlagt der Budgetentwurf Ausgaben in Höhe von 7,6 Mio. €, was einem Rückgang um 0,3 Mio. € gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. Eingespart wird hier vor allem bei den Sachausgaben.

Was den Verfassungsgerichtshof anbelangt, so gewährt der Budgetentwurf einen Ausgabenrahmen in der Höhe von 11,6 Mio. € – und damit eine ausgabenseitige Zunahme -, für den Verwaltungsgerichtshof werden 2011 15,6 Mio. € veranschlagt.

Der Budgetentwurf für das Bundeskanzleramt sieht im Jahr 2011 Ausgaben in der Höhe von 335,7 Mio. € vor, was eine Reduktion gegenüber 2010 von 9,1 Mio. € bedeutet. Einnahmen werden in der Höhe von 4,9 Mio. € erwartet. Mehr als die Hälfte der vorgesehenen Einsparungen wird beim Asylgerichtshof aufgrund einer Verringerung der Verfahrenskosten und durch Auflösung vorhandener Rücklagen erzielt. Gespart wird auch bei der Parteien- und Parteiakademieförderung sowie bei der Presse- und Publizistikförderung. Mehrausgaben entstehen durch Zahlungen in den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), die sich gegenüber dem Finanzjahr 2010 um 6,8 Mio. erhöhen.

Das Budget für Frauenangelegenheiten konnte trotz des Sparbudgets gehalten werden. 5,3 Mio. € stehen für Förderungen zur Verfügung, wovon der Großteil an Interventions- und Gewaltschutzzentren geht, und 4,3 Mil. € für Aufwendungen. Bundesministerin Heinisch-Hosek hatte im Ausschuss dazu versichert, dass die Frauenservicestellen auch für die nächsten 3 Jahre abgesichert sind.

Die Diskussion

Abgeordneter Harald STEFAN (F) sprach im Zusammenhang mit dem vorliegenden Budget von einer "großen Enttäuschung". Die Koalition lasse jeglichen Gestaltungswillen vermissen, kritisierte er. Stefan schlug vor, sowohl den Rechnungshof als auch den Verfassungsgerichtshof bereits in die Budgeterstellung miteinzubinden, damit könnten plausible Modellrechnungen vorgelegt sowie die nachträgliche Aufhebung von Gesetzesbestimmungen vermieden werden. Weiters drängte er auf eine Ausweitung der Kompetenzen der Volksanwaltschaft.

Ein von Stefan eingebrachter Entschließungsantrag zielt darauf ab, die Sessionen des Verfassungsgerichtshofs so lange auszusetzen, bis der Rückstau bei den Asylverfahren abgebaut ist. 

Abgeordneter Wilhelm MOLTERER (V) hob die Notwendigkeit des Schuldenabbaus hervor. Durch Schulden werde ein Land besonders geschwächt, meinte er. Die zuletzt geschnürten Konjunkturpakete und das Bankenpaket hätten zwar einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass Österreich heute besser dastehe als andere Länder, jetzt müsse der bereits 1997 eingeschlagene Weg des Schuldenabbaus jedoch wieder fortgesetzt und die Ausgabendynamik gebrochen werden.

Kritik übte Molterer an der Inseratentätigkeit des Bundeskanzleramts und forderte im Sinne der SteuerzahlerInnen eine Erhöhung der Transparenz. Ausdrückliches Lob äußerte er für die Arbeit des Rechnungshofs und der Volksanwaltschaft.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) meinte in Richtung seines Vorredners, es gebe sinnvolles und weniger sinnvolles Sparen. Auch bei der Gestaltung der Steuereinnahmen habe man Spielräume, betonte er. Nach Auffassung Koglers wird Einkommen aus Vermögen viel zu gering besteuert, eine Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer würde keine negativen Auswirkungen auf die Konjunktur haben. Dass zusätzliches Geld für Bildung bereitgestellt werde, qualifizierte Kogler als unwahre Behauptung, er forderte unter anderem eine Anhebung des Universitätsbudgets.

Abgeordneter Peter WITTMANN (S) erklärte, man müsse das von der Regierung vorgelegte Sparpaket im internationalen Kontext sehen. Österreich sei eines der stabilsten Länder der EU und das Sparpaket sei ausgewogen wie kaum ein anderes, bekräftigte er. Auch das Bundeskanzleramt selbst gehe mit gutem Beispiel voran und senke seine Ausgaben um 2,6 %. Wittmann wertete es allerdings als positiv, dass die Volksgruppen und die Frauen von den Einsparungen ausgenommen seien. Zufrieden ist er auch mit dem Budget der Obersten Organe.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) beklagte hingegen, das Sparpaket bringe eine massive "Belastungslawine" für die Bevölkerung. Die Regierungsparteien würden mit dem Budget weder eine Antwort auf Fragen der Gegenwart noch auf Fragen der Zukunft geben, bemängelte er. Statt notwendige Schwerpunkte zu setzen und wichtige Strukturreformen voranzutreiben, würde mit der "Rasenmähermethode" gespart.

Scheibner griff auch die Kritik von Abgeordnetem Molterer an den Inseratenausgaben des Bundeskanzleramts auf und zeigte kein Verständnis dafür, dass auf der einen Seite bei den Familien, der Entwicklungshilfe und anderen zentralen Bereichen gespart würde, während auf der anderen Seite ausreichend Geld für Regierungsinserate zur Verfügung stehe.

Staatssekretär Josef OSTERMAYER verwahrte sich gegen die Kritik der Opposition und unterstrich, das Bundeskanzleramt spare nicht nur beim Personal und bei der Parteien- sowie der Presseförderung, auch das Budget für Öffentlichkeitsarbeit werde um 3,6% gekürzt. Die Ausgaben für Inserate gänzlich zu streichen, wäre seiner Meinung nach aber problematisch, da dadurch den Medien viel Geld entzogen würde. Man dürfe JounalistInnen nicht unterstellen, sie ließen sich kaufen, sagte Ostermayer.

Die Repräsentationsausgaben des Bundeskanzleramts werden laut Ostermayer auf das Niveau des Jahres 2001 zusammengestrichen. Beim E-Government liege Österreich, so der Staatssekretär, EU-weit an der Spitze.

Abgeordnete Dorothea SCHITTENHELM (V) hielt fest, Budgetpolitik sei in Zahlen gegossene Gesellschaftspolitik. Wenn man eine geschlechtergerechte Gesellschaft wolle, müsse das auch im Budget seinen Niederschlag finden, mahnte sie und zeigte sich in diesem Sinn erfreut über den Haushaltsentwurf. Ausdrücklich begrüßt wurde von Schittenhelm, dass bei den Gewaltschutzzentren keine Budgeteinsparungen vorgesehen sind.

Abgeordneter Werner HERBERT (F) befasste sich mit dem öffentlichen Dienst und wies auf zahlreiche Verschlechterungen hin, die das Budgetbegleitgesetz für BeamtInnen bringe. Unter anderem erwähnte er den erschwerten Zugang zur Pension. Besonderer Verlierer ist seiner Ansicht nach aber die Exekutive, die etwa von der Änderung der Reisegebührenvorschrift und der Beschränkung von Zuteilungsgebühren stark betroffen ist. Ein von Herbert eingebrachter Entschließungsantrag zielt auf ein eigenes Dienst- und Besoldungsrecht für die Exekutive und für das Bundesheer ab, um den besonderen Bedingungen in diesen beiden Bereichen gerecht zu werden.

Abgeordnete Gisela WURM (S) wertete es als "gut und richtig und wichtig", dass das Frauenbudget trotz des allgemeinen Sparkurses nicht gekürzt wird. Es sei in der Frauenpolitik noch viel zu tun, man sei aber auf dem richtigen Weg, bekräftigte sie. Wurm hob etwa die Notwendigkeit hervor, die Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern zu reduzieren.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) kritisierte, die Regierung und der Nationalrat würden legistische Vorschläge der Volksanwaltschaft und Empfehlungen des Rechnungshofs nicht in ausreichendem Ausmaß aufgreifen. In vielen Bereichen stünden politische Entscheidungen aus, meinte sie. So gehe in der Verwaltungsreform nicht wirklich etwas weiter. Musiol bemängelte auch den geringen Frauenanteil am Verfassungsgerichtshof, zudem hofft sie auf eine baldige Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) vermisste im Budget Lösungsansätze für die Querschnittmaterie Frauenpolitik. Sie forderte daher die Förderung von Selbstverteidigungskursen von Frauen, den Ausbau flexibler Kinderbetreuung, die Anerkennung von Familienarbeit für Gehaltseinstufungen, die Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld und einen adäquaten Mindestlohn. Das für Frauenangelegenheiten budgetierte Geld sollte nicht für Inseratenkampagnen verwendet werden, kritisierte Schenk, sondern wäre weit sinnvoller in der Finanzierung von Frauenhäusern eingesetzt.

Bundesministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK meinte in ihrer Stellungnahme, sie sei zufrieden darüber, dass das Budget für Frauenangelegenheiten nicht gekürzt worden ist. Frauenpolitik sei aber auch Sache aller Ressorts, Gender-Mainstreaming und Gender-Budgeting seien daher nicht bloße Schlagworte, sondern Methoden zur Erreichung der Gleichstellung von Männern und Frauen. Diese müsse etwa beim Anteil von Frauen in Führungspositionen, in der Frage der Einkommen und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie noch erreicht werden. Die Ministerin zeigte sich auch zufrieden über den moderaten Gehaltsabschluss, den man im öffentlichen Dienst durch Verhandlungen mit allen betroffenen Gruppen erreichen konnte. 

Abgeordneter Wolfgang ZANGER (F) meinte allgemein zum vorliegenden Budget, dieses sei kein Spar-, sondern ein Belastungspaket, das vor allem Menschen mit Kindern belaste. Zanger begrüßte aber die Ausweitung der Prüfkompetenz des Rechnungshofs auf Gemeinden ab 10.000 EinwohnerInnen. Der Rechnungshof sei insgesamt als Kontrollorgan eine vorbildliche Institution, sagte Abgeordneter Zanger und brachte einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der eine Erweiterung der Prüfkompetenz des Rechnungshofs für Unternehmen, die staatliche Zuschüsse erhalten bzw. vom Staat durch eine Haftungsübernahme unterstützt werden, vorsieht.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) erinnerte daran, dass Österreich seit langem die Anti-Folter-Konvention der UNO unterzeichnet hat und damit auch die Einrichtung eines Kontrollmechanismus verbunden ist. Im Budget sei dafür aber kein Geld vorgesehen. Zinggl sprach sich in seiner Wortmeldung auch für eine Erweiterung der Prüfkompetenz der Volksanwaltschaft auf ausgegliederte Körperschaften, wie Bahn oder Bundesmuseen, aus. 

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) kritisierte eingangs seines Redebeitrags scharf die verspätete Vorlage des Budgets. Rechnungshof und Volksanwaltschaft seien vorbildlich funktionierende Institutionen, merkte er dann an. Wie sich am Beispiel Skylink gezeigt habe, sei die Ausweitung der Prüfkompetenz des Rechnungshofs eine richtige Entscheidung gewesen. Windholz sah weiters Inseratenkampagnen der Bundesregierung in Sparzeiten als nicht gerechtfertigt an. Im Öffentlichen Dienst sei die angekündigte Dienstrechtnovelle nicht verwirklicht worden. Alles beim Alten zu lassen, sei jedenfalls die schlechteste Lösung von allen, meinte Windholz.

Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) war überzeugt, dass eine Interventionsstelle für von Zwangsverheiratung betroffene Frauen dringend notwendig sei. Solche könne man aber mit den für Frauenangelegenheiten vorgesehenen Budgetmitteln nicht verwirklichen, kritisierte sie. Die Abgeordnete forderte außerdem eine ausreichende Finanzierung der Frauenhäuser durch den Bund. In diesem Zusammenhang brachte sie einen Antrag ein, der eine Bedarfsprüfung und allfällige höhere Unterstützung für Frauenhäuser zum Ziel hat.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) widmete sich dem Thema Presseförderung. Dieser Budgetposten sei schwer nachvollziehbar, die Zahlen liefen aber auf eine spürbare Kürzung der Presseförderung hinaus, mutmaßte er. Gleichzeitig sei das Budget für Inserate des Bundeskanzleramts deutlich erhöht worden. Brosz ortete eine Ungleichbehandlung von Medien bei der Vergabe von Inseraten durch das Bundeskanzleramt. Er formulierte deshalb den Vorwurf gegenüber Bundeskanzler Faymann, mit Inseraten Medienpolitik zu betreiben und eine Einflussnahme auf Medien zu versuchen.

Die Budgetberatungen werden mit dem Thema "Inneres" fortgesetzt.

(Fortsetzung Nationalrat/Budget)