Parlamentskorrespondenz Nr. 1053 vom 21.12.2010

Bandion-Ortner: Österreich ist beim Opferschutz Nummer eins

Erschweren Einsparungen den Zugang zum Recht?

Wien (PK) – Bereits in den frühen Morgenstunden standen Fragen der Justizpolitik auf der Tagesordnung der Nationalratssitzung. Die Opposition kritisierte am geplanten Budget für 2011 vor allem Einsparungen und befürchtete einen verschlechterten Zugang zum Recht. Thematisiert wurde darüber hinaus unter anderem die Personalnot in den Justizanstalten und der Kampf gegen Sexualstraftäter. Seitens der Regierungsfraktionen wurden die vergleichsweise geringen Kürzungen hervorgehoben, man ortete auch noch Handlungsbedarf in Richtung mehr Effizienz innerhalb der Strukturen.

Vorgesehen sind im Justizbereich Ausgaben in der  Höhe von 1.150,500 Mill. € und Einnahmen von 804,703 Mill. €.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) forderte in einem Entschließungsantrag die Aufhebung der Befreiung von Strafgefangenen von der ORF-Gebühr.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) begrüßte die Aufstockung der Planstellen in der Justiz sowie die relativ geringe Kürzung der Mittel im Ressort, sah für die Zukunft allerdings Handlungsbedarf bei der Schaffung effizienterer Strukturen im Justizbereich.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) wies auf die seiner Meinung nach prekäre Personalsituation im Justizbereich hin und warnte vor einer Aushöhlung des Rechtsstaats. Die nunmehr vorgesehene Personalaufstockung werde nur in einzelnen Bereichen, etwa der Wirtschaftskriminalität, Verbesserungen bringen, meinte er. An den viel zu langen Verfahren in Familienrechtssachen werde sich aber nichts ändern. Kritik übte Steinhauser auch an Einsparungen bei der Bewährungshilfe, zudem warf er Justizministerin Bandion-Ortner vor, nichts zu unternehmen, um die Missstände im Jugendstrafvollzug zu beseitigen. Die ursprünglich geplante Abschaffung des Amtstags wäre seiner Ansicht nach fatal gewesen.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) hielt fest, im Verhältnis zu anderen Ressorts sei das Justizministerium, was die Budgetkürzungen betrifft, "relativ gut davongekommen". Generell ortete er eine Reihe von Herausforderungen im Justizbereich. Zum Jugendstrafvollzug merkte Jarolim an, für die "extrem fahrlässige Entscheidung", den Jugendgerichtshof aufzulösen, sei die jetzige Ministerin nicht verantwortlich.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) hielt der Kritik von Abgeordnetem Donnerbauer an der nächtlichen Budgetdebatte entgegen, die Regierung sei für die verspätete Vorlage des Budgets und damit für den Zeitplan verantwortlich. Was den Justizbereich anlangt, machte er geltend, die Verfahrensdauer sei nach wie vor zu lange. Nun würde auch noch der Zugang zum Recht durch eine deutliche Anhebung der Gerichtsgebühren weiter erschwert. Bei der fahrlässigen Körperverletzung mit geringen Folgen werde das Klagsrisiko den BürgerInnen überantwortet.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) bemängelte, Justizministerin Bandion-Ortner spare erneut nicht in der Justizverwaltung, sondern "bei der Basis". Er wies insbesondere auf die seiner Ansicht nach eklatante Personalnot in den Justizanstalten hin und mahnte in Form eines Entschließungsantrags eine Erhöhung der Planstellen für JustizwachebeamtInnen ein. Hinsichtlich des Jugendstrafvollzugs wollte sich Lausch nicht der Kritik von Abgeordnetem Steinhauser anschließen.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) wandte sich gegen die Absicht, die stationäre Therapie von straffälligen Suchtkranken außerhalb von Justizanstalten künftig auf maximal sechs Monate zu begrenzen. Man müsse die individuelle Situation der Betroffenen berücksichtigen, betonte sie.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) sprach sich dagegen aus, auf Grund des herrschenden Platzmangels in Justizanstalten Häftlinge lieber zu entlassen als ein neues Gefängnis zu bauen. Straftäter sollten ihre Strafe absitzen müssen, bekräftigte er. Scheibner trat darüber hinaus dafür ein, Sexualstraftäter lebenslang zu beobachten und sie künftig nicht mehr bedingt zu entlassen. Das Risiko eines Rückfalls dürfe, so der Abgeordnete, keinesfalls auf die Gesellschaft abgewälzt werden. Kritik übte Scheibner auch an der deutlichen Reduzierung der Entschädigung für unschuldig in Haft Genommene.

Abgeordnete Susanne WINTER (F) erklärte, das vorliegende Budget sei weder sozial gerecht noch ausgewogen, sondern ein Belastungsbudget für die Bevölkerung. Auch Justizministerin Bandion-Ortner habe "den Weg der Abzocke" gewählt und belaste jene Bevölkerungsgruppen am meisten, die sich am allerwenigsten wehren könnten. Im Konkreten wertete Winter die Kürzung des Gerichtspraktikums und die geringere Bezahlung der RechtspraktikantInnen als "ungeheuerlich".

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) appellierte mit Hinweis auf den aktuellen Fall "Erwin K. und Anita K." an Justizministerin Bandion-Ortner, von der Tilgung von Sexualstrafdelikten künftig abzusehen. Er verlangte eine lebenslange Kontrolle und Aufsicht von Sexualstraftätern. Was den Platzmangel in den Justizanstalten betrifft, regte Westenthaler an, nicht gebrauchte Bundesheerkasernen für Haftzwecke zu adaptieren. Justizministerin Bandion-Ortner solle überdies dafür Sorge tragen, dass geheime Justizakten nicht ständig an die Öffentlichkeit gelangten, forderte er.

Justizministerin Claudia BANDION-ORTNER wies darauf hin, dass der Justizbereich bei einem Budgetumfang von 1,1 Mrd. € einen Eigendeckungsgrad von rund 73 % aufweise. Ihrer Ansicht nach ist das Prinzip, dass nicht die SteuerzahlerInnen für Leistungen der Justiz aufkommen müssen, sondern diejenigen, die die Leistungen tatsächlich in Anspruch nehmen, zu begrüßen.

Generell bekräftigte Bandion-Ortner, die österreichische Justiz brauche sich im internationalen Vergleich keineswegs zu verstecken. Österreich sei im Opferschutz "Nummer eins" und in Bezug auf die Verfahrensdauer in den vordersten Rängen, konstatierte sie.

Die Budgetberatungen wurden im Anschluss daran mit den Themen Militärische Angelegenheiten und Sport fortgesetzt.

(Fortsetzung Nationalrat/Budget)