Parlamentskorrespondenz Nr. 1058 vom 21.12.2010

Budgetschwerpunkt Wissenschaft und Forschung

Ministerin will außeruniversitäre Forschung auf neue Beine stellen

Wien (PK) – Weiters standen heute die Budgetansätze für Wissenschaft und Forschung (UG 31) auf der Tagesordnung des Nationalratsplenums. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung sieht dafür Ausgaben von 3,78 Mrd. € vor, um 0,04 Mrd. € mehr als 2010. Zuwächse sind dabei sowohl bei den Sach- als auch bei den Personalausgaben sowie bei den Aufwendungen für die Fachhochschul- und die Studienförderung zu verzeichnen. Die Einnahmen des Ressorts verringern sich hingegen um 1,1 Mio. € und werden für 2011 auf 8 Mio. € geschätzt.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) ging auf die angespannte finanzielle Situation der Universitäten ein und sprach sich unter anderem dafür aus, die Kosten und Gehälter des Uni-Managements zu evaluieren, die Tätigkeit und die Nebentätigkeiten des Universitätspersonals zu überprüfen und Online-Studienangebote zu verstärken. Außerdem sollte man sich seiner Meinung nach eine "Produkt-und Standortbereinigung" überlegen, weil nicht alle Studienfächer überall angeboten werden müssten. Erst nach Erledigung dieser Aufgaben ist für Deimek eine Diskussion über Studiengebühren denkbar.

Ein von Deimek eingebrachter Entschließungsantrag zielt auf die Einrichtung einer vierten medizinischen Universität in Linz ab. Wie Zweiter Nationalratspräsident Fritz NEUGEBAUER festhielt, wurde für diesen Entschließungsantrag eine namentliche Abstimmung beantragt.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) hob hervor, für die Universitäten würden 2011 80 Mio. € mehr als ursprünglich geplant bereitgestellt. Die Mittel sollen ihr zufolge unter anderem für mehr Qualität in der Lehre und damit für die Verbesserung der Situation von Studierenden sowie für den Ausbau von Fachhochschulen eingesetzt werden.

Was die außeruniversitäre Forschung betrifft, sprach sich Kuntzl für weitere finanzielle Unterstützungen aus und wies darauf hin, dass viele dieser Einrichtungen wertvolle Arbeit leisteten. Generell merkte sie an, es könne nicht sein, dass sich eine Universität von Studierenden gestört fühle.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) kritisierte, die Regierungsparteien stellten die Frage von Zulassungsbestimmungen und von Studiengebühren in den Mittelpunkt der Debatte über den tertiären Bildungssektor. Damit wolle man Versäumnisse der Politik offenbar verschleiern und von den eigentlichen Problemen der Universitäten ablenken, vermutet er.

Für Grünewald selbst ist das zentrale Problem die im internationalen Vergleich "krasse Unterdotierung" der heimischen Universitäten. Überdies wies er darauf hin, dass Österreich bei der Zahl der Studierenden "Nachzügler" innerhalb der OECD sei. Skeptisch äußerte sich Grünewald auch zur Streichung der Basisförderung für alle außeruniversitären Forschungseinrichtungen und deren geplante Anbindung an die Universitäten.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) machte sich für die Wiedereinführung von Studiengebühren stark und forderte gleichzeitig eine klare Studieneingangsphase sowie transparente Zugangsbedingungen im universitären Bereich. Österreich solle sich bei den anstehenden Reformen an internationalen Vorbildern orientieren, meinte sie.

Für Cortolezis-Schlager ist klar, dass Studiengebühren niemandem vom Studieren abhalten, sondern in erster Linie die Kapazitätsplanung erleichtern. Sie untermauerte ihren Befund mit Zahlen und machte unter anderem geltend, dass im Jahr 2009 acht von zehn Studierenden ihr Studium positiv abgeschlossen hätten, während es 2005 nur sechs von zehn gewesen seien. Auch habe sich die Zahl der Studierenden von 2005 auf 2009 um 26 % erhöht.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) warf der Koalition vor, die Situation im Bereich der Wissenschaft und Forschung "schönzureden". Seiner Meinung nach fehlt es überall an den notwendigen finanziellen Mitteln. Widmann ortet außerdem ein Strategieproblem, wobei er im Konkreten etwa einen Hochschulplan, die in Aussicht gestellte FTI-Strategie, die Bündelung von Kompetenzen im Forschungsbereich sowie eine mittel- und langfristige Absicherung der Grundlagenforschung vermisst.

Widmann sprach sich namens des BZÖ für die Wiedereinführung von Studiengebühren im Ausmaß von 500 € pro Semester aus. Gleichzeitig will er eine einmalige Einschreibgebühr an den Universitäten in der Höhe von 5.000 € implementieren. Wer in Österreich maturiert, solle diese Einschreibgebühr als Gutschein erhalten. Ein zweiter von Widmann eingebrachter Entschließungsantrag hat die tatsächliche Erreichung der im Regierungsprogramm verankerten F&E-Quote zum Ziel.

Wissenschaftsministerin Beatrix KARL bekräftigte, Wissenschaft und Forschung seien klare Schwerpunkte der Regierungsarbeit. So würden ab 2011 jährlich zusätzlich 80 Mio. € für Universitäten und Fachhochschulen zur Verfügung gestellt. Die Mittel sollen Karl zufolge unter anderem in die Qualität der Lehre, den Ausbau von Fachhochschulen und eine verstärkte Kooperationen der außeruniversitären Forschung investiert werden. Konkret stellte Karl etwa zusätzliche E-Learning-Angebote in Aussicht. Ab dem Jahr 2013 strebt sie eine Studienplatzfinanzierung an.

Vehement verteidigt wurde von Karl die Streichung der Basisförderung für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Es sei "zum Teil abenteuerlich", was unter diesem Titel vom Staat mit der Gießkanne finanziert worden sei, meinte sie. Zudem müsse auch das Wissenschafts- und Forschungsressort einen Konsolidierungsbeitrag leisten. Die Restrukturierung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen sei, so Karl, schon länger angedacht gewesen und vielfach empfohlen worden.

Karl will die Finanzierung der außeruniversitären Forschung auf "völlig neue Beine stellen" und präsentierte dafür ein Drei-Säulen-Modell. Demnach ist zum einen die Eingliederung von außeruniversitären Forschungsinstituten in die Universitäten geplant, wobei die derzeit geführten Gespräche laut Karl "sehr gut laufen". Zum zweiten will sie Forschungsprojekte im Bereich der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften, die in großem Umfang auch EU-Mittel lukrieren, absichern. Schließlich geht es ihr drittens um eine Stärkung der Forschungsinfrastruktur und eine bessere Vernetzung im Bereich der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.

Skeptisch äußerte sich Karl zur Einführung einer Quotenregelung für ausländische Studierende außerhalb des Medizinstudiums. Für Studienförderungen werden ihr zufolge 2011 218 Mio. € zur Verfügung gestellt.

Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) erklärte, es sei sehr erfreulich, dass budgetäre Einschnitte in den Kernbereichen des Wissenschaftsressorts weitgehend vermieden werden hätten können. Auch das Budgetplus von 80 Mio. € für Fachhochschulen und Universitäten begrüßte sie ausdrücklich. Inhaltlich mahnte Silhavy die Schaffung sozial gerechter Studienförderungssysteme ein, zudem erwartet sie mit Spannung den Hochschulplan und die Vorschläge der Wissenschaftsministerin zur Studienplatzfinanzierung.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) forderte in einem Entschließungsantrag Maßnahmen der Bundesregierung, um bis 2015 das Budget für den tertiären Bildungssektor auf 2,5 % des BIP zu erhöhen. Bei ausländischen Studierenden wiederum will Rosenkranz, wie er betonte, auf das Herkunftslandprinzip abstellen. Einem Entschließungsantrag der FPÖ zufolge sollen nur diejenigen Ausländer in Österreich studieren dürfen, die auch die Voraussetzungen dafür in ihrem Heimatland erfüllen.

Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) meinte, es werde ohne einen entsprechenden Studienbeitrag der Studenten nicht gehen. Wichtig war für den Redner ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung. Er wies in diesem Zusammenhang auf die Forschung durch Leitbetriebe in Österreich hin und begrüßte insbesondere die Erhöhung der Forschungsprämie.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) kritisierte, die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung würden real sinken. Die von der Regierung propagierten 80 Mill. € an Offensivmaßnahmen seien bloß durch Umschichtung im Bundesfinanzrahmen zustande gekommen. Bei der Grundlagenforschung sei man überdies vom internationalen Ziel von 1 % des BIP meilenweit entfernt, rechnete er vor.

Abgeordneter Erwin PREINER (S) erwiderte, man habe im Wissenschaftsbudget trotz Sparmaßnahmen moderate Erhöhungen vorsehen können. Die 80 Mill. € Plus seien ein erster Schritt, dem nun aber noch weitere folgen müssen. Als Probleme sah Preiner den im internationalen Vergleich niedrigen Anteil an Studierenden und die seiner Meinung bestehende Verschlechterung der Lage der Studierenden.

Abgeordneter Kurt LIST (B) warf dem Bundeskanzler vor, durch seine Ablehnung der Studiengebühren den Universitäten Geld zu verweigern. Die ÖVP wiederum bezichtigte er des Versagens in der Wissenschaftspolitik. Durch das Sparpaket schließlich würden sich nun die ohnehin schon prekären Verhältnisse noch weiter verschlechtern. List forderte in Summe eine Sofort-Milliarde für die Unis und die Wiedereinführung der Studiengebühren.

Abgeordnete Ursula PLASNIK (V) konzedierte der Ministerin, sie habe unter nicht leichten Bedingungen hervorragende sachkompetente Arbeit geleistet. Die Rednerin bekannte sich in ihrer Wortmeldung sowohl zu Zugangsregelungen als auch zu Studiengebühren und fühlte sich darin durch aktuelle Meinungsumfragen bestätigt. Plassnik drückte ihre Hoffnung auf eine etwas ideologiefernere Diskussion über dieses Thema aus.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) beklagte, die budgetäre Ausstattung reiche nicht aus, die Regierung bremse dort, wo man einen Turbo bräuchte.

Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) meinte, als Sozialdemokratin wünsche sie sich einen barrierefreien Zugang zu allen Studienrichtungen, dies sei eine Frage des politischen Willens. Klar war ihr, dass das tertiäre System von gestern nicht mehr mit den heutigen Ansprüchen mithalten kann. Heftig kritisierte sie die Einsparungen beim universitären Zentrum Rottenmann.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) gab zu bedenken, von den versprochenen 80 Mill. € würden nur 9 Mill. € teilweise den Universitäten zugutekommen, und sprach von Taschenspielertricks der Bundesregierung.

Abgeordnete Karin HAKL (V) rechnete für die nächsten Jahre mit einem neuerlichen Zustrom an Studierenden aus Deutschland an die heimischen Universitäten und meinte, allein mit Geld werde man keine Verbesserungen herbeiführen könne. Hakl trat für die Wiedereinführung der Studiengebühren ein, weil davon mehr Planbarkeit für die Universitäten zu erwarten sei.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) deponierte seine Forderung nach einer gemeinsamen Schule der 10 bis 14jährigen und trat für eine neue Lehrerausbildung an einer pädagogischen Hochschule ein.

Abgeordneter Peter MAYER (V) unterstützte Studiengebühren mit sozialer Staffelung und eine entsprechende Zugangsregelung bei den Massenfächern. Insgesamt bemerkte er, die Budgethöhe sage noch lange nichts über die Qualität aus.

Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) würdigte die außeruniversitären Einrichtungen und stellte fest, wenn es hier nun doch noch eine Lösung gibt, dann sei dies sehr gut für den Forschungsstandort Österreich.

Abgeordnete Sonja ABLINGER (S) untermauerte ihre Ablehnung der Studiengebühren und übte darüber hinaus Kritik an dem ihrer Meinung nach selektiven Schulsystem. Mehr Geld für die Unis wollte sie durch eine gerechtere Besteuerung von Vermögen lukrieren. (Fortsetzung Nationalrat/Budget)