Parlamentskorrespondenz Nr. 60 vom 20.01.2011

Betriebe müssen Einkommen von Männern und Frauen transparent machen

Rechnungshofprüfung zu Spekulationsverlusten der ÖBB

Wien (PK) – Vor Beginn der Debatte um Einkommensgerechtigkeit zwischen Männern und Frauen gab der vorsitzführende Dritte Nationalratspräsident Martin GRAF bekannt, dass die Grünen, die FPÖ und das BZÖ ein gemeinsames Verlangen zur Betrauung des ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses mit der Prüfung der Spekulationsverluste der ÖBB, des Kaufes der ungarischen MAV Cargo und des Beschaffungswesens seit dem Jahr 2000 gestellt haben. Diesem Verlangen ist gemäß Geschäftsordnung Rechnung zu tragen.

Danach stand das Thema Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, insbesondere in Bezug auf die Entlohnung, auf der Tagesordnung. Die entsprechenden Novellierungen der Gleichbehandlungsgesetze passierten das Plenum mehrheitlich. Vor allem soll durch die Verpflichtung der Betriebe zu mehr Einkommenstransparenz ein wichtiger Schritt in der Bekämpfung der massiven Einkommensunterschiede, die zwischen Männern und Frauen in Österreich nach wie vor bestehen, gesetzt werden. In der ersten Etappe werden ab 2011 Betriebe mit mehr als 1.000 Beschäftigten zur zweijährigen Erstellung eines geschlechtsspezifischen Einkommensberichts verpflichtet. Diese Berichtspflicht wird bis 2014 sukzessive ausgedehnt, um am Ende Unternehmen mit mehr als 150 Beschäftigten zu erfassen. Unternehmen werden des weiteren künftig zu Lohnangaben bei Stellenausschreibungen verpflichtet.

Kritisiert wurden von der Opposition die Strafbestimmung für die Verletzung der Verschwiegenheitspflichten. Ein G-Abänderungsantrag der Grünen, der auf die Streichung der betreffenden Bestimmung abzielte, wurde jedoch im Rahmen einer namentlichen Abstimmung mehrheitlich abgelehnt.

Auch der Bund wird nunmehr angehalten, jährlich eine Einkommensanalyse zu erstellen, um die so genannten "Gender Pay Gaps" zu schließen. Diese Intention verfolgt unter anderem der Antrag des Gleichbehandlungsausschusses zur Änderung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, der ebenfalls mehrheitlich angenommen wurde. Um der Generalprävention in Fällen der (sexuellen) Diskriminierung noch mehr Bedeutung zu verleihen, wird gleichzeitig der Mindestschadenersatz auf 1.000 € angehoben.

Die Anträge der FPÖ und des BZÖ fanden jedoch nicht die erforderliche Mehrheit. Die FPÖ spricht sich für nachvollziehbare transparente Einkommensstatistiken durch die Statistik Austria aus, die laut Freiheitlichen zahlreiche wichtige Parameter nicht erhebe, das BZÖ wiederum fordert einen Maßnahmenkatalog zur Sicherung der Chancen von Frauen am Arbeitsmarkt mit Schwerpunkt auf Frauen 50plus.

Können Einkommensberichte helfen, die Gehaltschere zu schließen?

Unterschiedliche Auffassungen gab es darüber, ob Einkommensberichte der Betriebe das geeignete Mittel sind, die Gehaltsunterschiede von Männern und Frauen zu verkleinern, bzw. zu verhindern. Abgeordnete der Opposition kritisierten insbesondere die Strafbestimmungen bei Verletzung der Schweigepflicht und die Streichung der Ausweitung der Diskriminierungstatbestände über die Arbeitswelt hinaus. RednerInnen der Regierungsfraktionen hingegen begrüßten die Novellen zum Gleichbehandlungsgesetz sowie zum Bundes-Gleichbehandlungsgesetz als einen wichtigen Schritt zur Einkommensgerechtigkeit.

Abgeordnete Heidemarie UNTERREINER (F) bezeichnete das vorliegende Gesetz als "erbärmliches Flickwerk" und sprach von einer "Husch-Pfusch-Aktion". So sollten etwa auf der einen Seite Gehälter offen gelegt werden, um die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen zu beseitigen, auf der anderen Seite würden aber jene bestraft, die offen über ihre Einkommen redeten, kritisierte sie.

Zufrieden äußerte sich Unterreiner darüber, dass die über die Einkommenstransparenz hinausgehenden Bestimmungen aus dem vorliegenden Gesetzespaket gestrichen wurden. Ihrer Ansicht nach hätten diese Bestimmungen die persönliche Freiheit massiv eingeschränkt. Die FPÖ sei dagegen, "einen politisch korrekten Einheitsmenschen zu erzwingen", erklärte Unterreiner und wies darauf hin, dass Experten sogar vor einem Hingleiten zu einem autoritären Staat gewarnt hätten.

Abgeordnete Gisela WURM (S) begrüßte dem gegenüber das vorliegende Gesetz ausdrücklich und wertete es als einen "Meilenstein" für die österreichischen Frauen. Sie zeigte sich überzeugt, dass es zu höheren Einkommen von Frauen führen werde. Es gehe darum, endlich der Frage nachzuspüren, warum Frauen in Österreich nach wie vor deutlich weniger verdienten als Männer. Schließlich sei der Grundsatz "gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit" bereits seit 30 Jahren gesetzlich normiert, betonte Wurm. Bisher gesetzte Maßnahmen, wie etwa die bessere Bildung von Frauen, hätten aber nicht gegriffen.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) rechnet damit, dass die verpflichtende Erstellung von Einkommensberichten zu einer Sensibilisierung des Bewusstseins führen wird. Insgesamt enthält das Gesetz ihrer Meinung nach aber so viele falsche Signale, dass sie ihm nicht zustimmen könne, sagte sie. Sie habe etwa bis zum Schluss – letztendlich vergeblich – gehofft, dass die Strafen für Frauen, die über den Einkommensbericht sprechen, gänzlich gestrichen würden. Überdies werde es Unternehmen weitgehend freigestellt, in welcher Art sie die Einkommensberichte erstellen. Schwentner bedauerte auch, dass die Ausweitung der Diskriminierungstatbestände über die Arbeitswelt hinaus wieder aus dem Entwurf gestrichen worden seien.

Abgeordnete Dorothea SCHITTENHELM (V) zeigte sich zufrieden mit dem vorgelegten Entwurf. Dieser stelle einen akzeptablen Kompromiss dar und werde entsprechende Resultate zeitigen.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) meinte, die vorliegende Gesetzesnovelle sei "wahrlich kein Grund zum Feiern". Durch die vorgesehene Einkommenstransparenz werde die Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen keinen Millimeter geschlossen, Frauen bekämen keinen Cent mehr. Stattdessen würden ArbeitnehmerInnen bestraft, wenn sie öffentlich über ihre Gehälter sprechen. Das BZÖ lehne das ab, bekräftigte Schenk. Einziger positiver Punkt der Novelle ist für Schenk, dass die ursprünglich geplant gewesene Ausweitung des Diskriminierungsschutzes über die Arbeitswelt hinaus aus der Gesetzesnovelle gestrichen wurde.

Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) äußerte sich hingegen zuversichtlich, dass die vorgesehene Einkommenstransparenz zu mehr Gerechtigkeit bei den Einkommen führen werde. Die Einkommensberichte ermöglichten es künftig, versteckte Diskriminierungen leichter aufzuspüren, meinte sie. Ebenso wichtig sind für Csörgits die geplanten Gehaltsangaben bei Stelleninseraten.

Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) führte aus, "mehr als Populismus" sei von der "großmundig angekündigten" Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz nicht übrig geblieben. Durch viele Zugeständnisse sei letztlich ein Minimalkonsens herausgekommen. Wenn ein Arbeitgeber weiblichen Arbeitnehmern für gleiche Arbeit weniger zahle als Männern, sei das eine "furchtbare Ungerechtigkeit", sagte Gartelgruber, die vorgesehene Einkommenstransparenz sei aber kein geeignetes Mittel, um ein Schließen der Gehaltsschere zu erreichen.

Frauenministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK bekräftigte, sie sei "brennend daran interessiert", Ungerechtigkeiten bei der Bezahlung von Frauen zu verkleinern und zu beseitigen. Ein Teil der Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern sei zwar durch bestimmte Faktoren erklärbar, skizzierte sie, letztlich bleibe aber eine Differenz zwischen 15 und 18 Prozent, für die es keine nachvollziehbare Begründung gebe. Heinisch-Hosek räumte ein, dass mit der vorliegenden Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz nicht alle Probleme beseitigt würden, sie sei aber ein wichtiger Schritt. Die verbliebene Strafe von 360 € für Frauen, die die Verschwiegenheitspflicht verletzen, bezeichnete die Ministerin als Wermutstropfen.

Bedauert wurde von Heinisch-Hosek auch, dass der ausgeweitete Diskriminierungsschutz außerhalb der Arbeitswelt wieder aus der Novelle gestrichen wurde. Österreich hätte hier ihrer Meinung nach eine Vorreiterrolle einnehmen können.

Abgeordneter Gabriel OBERNOSTERER (V) hielt fest, im 21. Jahrhundert sollte es selbstverständlich sein, Gleichbehandlung zu leben. Männer und Frauen müssten bei gleicher Ausbildung für die gleiche Arbeitsleistung eine gleiche Entlohnung bekommen. Da es aber offenbar einige "schwarze Schafe" gebe, seien gesetzliche Bestimmungen notwendig.

Zur Frage des Diskriminierungsschutzes außerhalb der Arbeitswelt merkte Obernosterer an, im Tourismus seien grundsätzlich alle Gäste gleich willkommen. Bei gesetzlichen Bestimmungen müsse man aber vorsichtig sein und "gefühlvoll" vorgehen, schließlich sollten etwa Hotels, die sich als Ruheoasen sehen und keine Kinder aufnehmen, nicht mit Strafen bedroht werden.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) bedauerte dem gegenüber, dass der zunächst vorgesehen gewesene ausgeweitete Diskriminierungsschutz außerhalb der Arbeitswelt wieder aus der Novelle gestrichen wurde. Es gehe nicht an, jemandem aus völlig unsachlichen Gründen den Zugang zu Dienstleistungen und Gütern zu verwehren, bekräftigte er. Sollte ein Geschäft ein Schild mit der Aufschrift "Katholiken werden nicht bedient" anbringen, seien vermutlich die heutigen Kritiker eines ausgeweiteten Diskriminierungsschutzes die ersten, die gesetzliche Maßnahmen fordern werden, mutmaßte Steinhauser.

Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) betonte, auch ihr tue es leid, dass das sogenannten "leveling up" wieder aus der Gesetzesnovelle gestrichen worden sei. Es gehe darum, unbegründete Diskriminierungen, etwa auf Grund des Alters, des Geschlechts oder der Religion, zu verhindern, unterstrich sie. Die Einrichtung eines Seniorenheimes würde sicher nicht in Frage gestellt. Als positiv hob Silhavy die Anhebung des Schadenersatzes bei Belästigung am Arbeitsplatz hervor.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) führte aus, Einkommensberichte machten nur dann Sinn, wenn über festgestellte Einkommensunterschiede öffentlich gesprochen werden könne. In diesem Sinn wertete er die vorgesehenen Strafen bei Verletzung der Verschwiegenheitspflichten als kontraproduktiv. Die Wirtschaft habe offensichtlich Interesse daran, etwas zu verbergen, glaubt Öllinger, schließlich sei sie für die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen verantwortlich.

Abgeordnete Claudia DURCHSCHLAG (V) vertrat hingegen die Auffassung, dass sich die Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz "sehen lassen kann". Sie hob insbesondere auch den verbesserten Diskriminierungsschutz für nahestehende Personen von geschützten Personengruppen hervor. In diesem Zusammenhang verwies Durchschlag etwa auf die oft rüde Behandlung, wenn man mit einer Gruppe von Behinderten eine Gaststätte besuche.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) brachte in einer zweiten Wortmeldung einen Abänderungsantrag zum Gleichbehandlungsgesetz ein. Damit soll die Strafbestimmung für die Verletzung der Verschwiegenheitspflichten aus dem Gesetz herausreklamiert werden. Zudem legte Schwentner einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion zum Thema Verbandsklage vor.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) wertete die vorliegende Gesetzesnovelle als einen Ausfluss der gut funktionierenden Sozialpartnerschaft. Österreich bekenne sich zu einem Miteinander von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen, betonte sie. Wenn es strukturelle Benachteiligungen von Frauen gebe, müssten diese beseitigt werden, sagte Cortolezis-Schlager, ebenso wichtig seien aber Bildungs- und Beratungsangebote für Frauen.

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) wies darauf hin, dass es im Europäischen Parlament noch keine Einigkeit über einen erweiterten Diskriminierungsschutz außerhalb der Arbeitswelt gebe. Viele Seiten hätten Bedenken gegen einzelnen Punkte vorgebracht, man müsse das Thema ausführlich diskutieren, sagte sie. Sinn und Zweck von Diskriminierungsschutz könne es schließlich nicht sein, die Rechte von Privaten einzuschränken.

Die Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz und die damit in Zusammenhang stehenden Gesetzesänderungen wurden vom Nationalrat in Dritter Lesung mit Stimmenmehrheit beschlossen. Zuvor war der Abänderungsantrag der Grünen mit 63 Ja-Stimmen und 103 Nein-Stimmen in der Minderheit geblieben. Auch der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Schaffung der Möglichkeit einer Verbandsklage fand keine Mehrheit.

Ebenfalls mir Stimmenmehrheit verabschiedeten die Abgeordneten – unter Berücksichtigung einer Druckfehlerberichtigung – die Änderung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes und nahmen den ablehnenden Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über den FPÖ-Antrag betreffend nachvollziehbare transparente Einkommensstatistiken zur Kenntnis.

Hürden für Frauen 50plus am Arbeitsmarkt – was tun?

Keine Mehrheit fand die Initiative des BZÖ betreffend Sicherung der Chancen am Arbeitsmarkt von Frauen 50plus. Die SPÖ argumentierte, es gebe bereits zahlreiche Initiativen des AMS, weshalb sich der Antrag erübrige. Die ÖVP hielt einen speziellen Auftrag an die Frauenministerin für den falschen Weg.

Abgeordnete Edith MÜHLBERGHUBER (F) wies auf die Schwierigkeiten von Frauen über 50 hin, einen Arbeitsplatz zu finden, und forderte spezielle Maßnahmen zur Förderung der Jobchancen für diese Zielgruppe. Sie erinnerte dabei an eine entsprechende Ankündigung im Regierungsprogramm und kritisierte, bisher sei noch nichts in dieser Richtung geschehen.

Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S) war sich, wie sie sagte, der Probleme von Frauen über 50 am Arbeitsmarkt bewusst, meinte jedoch, es gebe bereits eine Vielzahl von erfolgreichen Schwerpunktprogrammen und Initiativen des AMS, der Entschließungsantrag habe sich deshalb erledigt.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) unterstützte hingegen die Initiative, wobei sie auf die steigende Arbeitslosigkeit von Frauen über 50 sowie auf die spezielle Erwerbssituation von Frauen im Allgemeinen aufmerksam machte.

Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) sprach von massiven Hürden für Frauen ab 50 am Arbeitsmarkt, die es wegzuräumen gelte. Ein spezieller Auftrag an die Frauenministerin sei aber nicht zielführend, besser wäre es, dafür zu sorgen, dass Arbeitslosigkeit nicht automatisch in die Frühpension führt, gab sie zu bedenken. Auch gehe es nicht an, dass Frauen gegen ihren Willen mit 60 in die Pension geschickt werden, auch wenn sie freiwillig länger im Job verbleiben wollen, meinte die Rednerin.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) pochte auf einen Maßnahmenkatalog für Frauen über 50 und argumentierte, es sei zu wenig, die Problematik auf das AMS abzuschieben, dies bringe den Frauen nichts und füge überdies auch dem Arbeitsmarkt schweren Schaden zu. Irritiert zeigte sich Schenk über den Umstand, dass es zwar für die Väterkarenz eine spezielle Werbekampagne gibt, für die Förderung der Jobchancen von Frauen über 50 aber keinerlei Mittel vorgesehen sind.

(Fortsetzung Nationalrat)