Parlamentskorrespondenz Nr. 191 vom 01.03.2011

Was bewirken Petitionen und Bürgerinitiativen?

Seilbahngesetz - mehr Sicherheit für Passagiere und Arbeitnehmer

Wien (PK) – Nach der Debatte über die Erklärung des Außenministers befassten sich die Abgeordneten mit der Erledigung direkter politischer Initiativen der BürgerInnen durch den zuständigen Nationalratsausschuss. Der aktuelle Sammelbericht des Petitionsausschusses enthält Vorschläge zum Schutz von Flüssen und Bächen, für ein Importverbot gentechnisch veränderter Futtermittel, für die Erhaltung der Volksschule Eggendorf im Thale und für die Gründung einer Kammer für Pflegeberufe. Der Protest der Menschen richtete sich gegen eine (Teil-)Privatisierung der Bundesimmobiliengesellschaft, gegen die Schließung der Autobahnmeisterei Haag und der Postfiliale in der Linzer Muldenstraße, gegen die Verbauung des Wiener Augartens und gegen den "Container-Wildwuchs" bei Pflichtschulen.

Einer scharfen Kritik unterzog Abgeordnete Susanne WINTER (F) die Vorgangsweise von SPÖ und ÖVP im Petitionsausschuss und sprach in diesem Zusammenhang von einer "Zuschauerdemokratie". Indem man die meisten Petitionen und Bürgerinitiativen lediglich zur Kenntnis nehme, würde diesen ein Begräbnis dritter Klasse beschert. Das sei deshalb bedauerlich, weil die Inhalte der Initiativen für die Betroffenen von großer Bedeutung seien. Besonders unterstützte Winter die Initiative, für Bedienstete im Pflegedienst eine eigene Kammer zu schaffen.

Abgeordnete Rosa LOFEYER (S) wies darauf hin, dass zunehmend ExpertInnen und InitiatorInnen von Petitionen und Bürgerinitiativen in den Ausschuss geladen werden und man so Informationen aus erster Hand erhalte. Sie räumte jedoch ein, dass der Ausschuss weiterentwickelt und der Öffentlichkeit mehr bekannt gemacht werden müsse. Zum Beispiel sollte es möglich sein, Petitionen und Bürgerinitiativen auf elektronischen Weg einzureichen, auch die Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft sollte enger gestaltet werden, etwa durch Einholung von Stellungnahmen von den VolksanwältInnen.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) unterstrich die Bedeutung der direkten Demokratie und wies darauf hin, dass der Petitionsausschuss den BürgerInnen einen direkten Zugang zur Gesetzgebung biete. Auch er plädierte für eine Änderung der Geschäftsordnung zur Schaffung neuer Rahmenbedingungen für den Ausschuss und anerkannte das Bemühen in der Vergangenheit, vermehrt ExpertInnen heranzuziehen. Er unterstützte die Forderung nach der Möglichkeit, Petitionen online einreichen zu können, sowie die stärkere Einbindung der Volksanwaltschaft. Pirklhuber trat für bessere Minderheitenrechte ein. Dem Sammelbericht würden die Grünen deshalb nicht zustimmen, weil die meisten Petitionen und Bürgerinitiativen durch einfache Kenntnisnahme erledigt werden.

Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) betonte, die Bürgerbeteiligung sei ein hohes Gut in der Demokratie. Das heiße aber nicht, dass die PolitikerInnen weniger gefordert sind, denn sie seien gewählt, um Entscheidungen zu treffen. Die Erfolgschancen von Petitionen und Bürgerinitiativen hingen auch davon ab, inwieweit diesen Forderungen Interessen anderer BürgerInnen entgegen stehen, erwiderte Aubauer die Kritik der Opposition. Aubauer begrüßte ebenfalls die Verbesserungen, die in der Ausschussarbeit vorgenommen worden sind und plädierte dafür, diesen Weg weiter zu beschreiten.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) meinte, die BürgerInnen brauchten das Gefühl, dass ihr Engagement auch etwas bewirkt. Als Obfrau des Ausschusses unterstrich sie die Bedeutung der Mitbestimmung und lud alle BürgerInnen ein, von den Rechten der direkten Demokratie Gebrauch zu machen. Die Initiativen seien auch ein Stimmungsbild dafür, wie gut die Gesetze funktionieren und wo Handlungsbedarf besteht, merkte sie an. Die Funktion des Ausschusses bezeichnete  sie als Dienstleistung für die BürgerInnen, als parlamentarische Plattform, die zuhören und Lösungen herbeiführen könne. Um dieses Ziel zu erreichen, bedürfe es einiger Reformschritte für den Ausschuss, sagte Haubner und nannte unter anderem einen transparenten und bürgerfreundlichen Zugang durch die Möglichkeit, die Initiativen auf elektronischem Weg einzureichen. Im Ausschuss soll es Haubner zufolge öfters Anhörung von InitiatorInnen und ExpertInnen geben, auch die Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit nach außen müsse gestärkt werden. Die Initiativen sollten vermehrt in den Fachausschüssen behandelt werden, so eine weitere Forderung der Obfrau, die auch anregte zu überlegen, ob es notwendig sei, dass eine Petition nur durch einen Abgeordneten eingebracht werden kann.

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) wies darauf hin, dass 22.000 Unterschriften für eine doppelte Staatsbürgerschaft für SüdtirolerInnen gesammelt worden seien, und wertete es als "Skandal", dass Nationalratspräsidentin Barbara Prammer VertreterInnen dieser Bürgerinitiative nicht empfangen habe. Für ihn ist der Ausschuss für Bürgerinitiativen und Petitionen außerdem zu einer "reinen Quatschbude" verkommen. Neubauer kündigte eine verstärkte Unterstützung seiner Fraktion für direktdemokratische Initiativen an.

Dritter Nationalratspräsident Martin GRAF erteilte Abgeordnetem Neubauer für den Ausdruck "Quatschbude" einen Ordnungsruf.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) bedauerte die negative Bewertung des Petitionsausschusses durch die FPÖ. Die Anliegen der BürgerInnen würden vom Ausschuss sehr wohl ernst genommen, bekräftigte sie und verwies etwa auf aktuell geplante Anhörungen. Königsberger-Ludwig stellte auch weitere Verbesserungen bei der Arbeit des Ausschusses in Aussicht.

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) vertrat hingegen die Auffassung, dass die Anliegen von Bürgerinitiativen nicht mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit diskutiert würden. So kritisierte sie etwa, dass eine Petition zum Schutz naturnaher Fließgewässer nicht an den Umweltausschuss weitergeleitet wurde. Überdies ist es ihrer Meinung nach nicht einsichtig, dass eine Petition der Unterstützung eines Abgeordneten bedarf, um in den Ausschuss zu kommen. Von den aktuellen Bürgeranliegen hob Brunner eine Bürgerinitiative für ein "Plastiksackerlverbot" hervor.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) verwahrte sich gegen die Bezeichnung des Petitionsausschusses als "Quatschbude" und wies auf die Einholung von Stellungsnahmen zu Petitionen und auf Ausschussanhörungen hin. Im Zuge der Ausschussberatungen hat ihr zufolge etwa die Befürchtung entkräftet werden können, dass eine Privatisierung der Bundesimmobiliengesellschaft droht. Auch eine kleine Volksschule in Niederösterreich sei entgegen vorgebrachter Befürchtungen nicht in Gefahr. Ausdrücklich begrüßte Höllerer das Vorhaben, die Effizienz des Petitionsausschusses weiter zu steigern.

Abgeordneter Josef JURY (F) übte generell scharfe Kritik am "Stillstand" in der Politik und wertete den Umgang mit Bürgerinitiativen im Petitionsausschuss als "Schande". Die Petitionen werden seiner Ansicht nach durch Kenntnisnahme "entsorgt".

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) machte sich für eine Petition stark, die auf ein Importverbot für gentechnisch manipulierte Futtermittel abzielt. Er warf der Regierung vor, in der Frage der Gentechnik die Ernährungssicherheit hinter die Interessen großer Konzerne zu stellen, welche die Bevölkerung zu "Versuchskaninchen" machten. Huber wies auch darauf hin, dass viele Cremen gentechnische veränderte Organismen enthalten.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) befasste sich mit zwei Petitionen, die sich gegen eine (Teil-)Privatisierung der der Bundesimmobiliengesellschaft wenden. Er ortet in dieser Frage deutliche Differenzen zwischen Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und einzelnen SPÖ-Abgeordneten, die die Petition unterstützt haben. Vock bedauerte zudem, dass über diese Frage nicht im Bautenausschuss diskutiert werde, sondern die beiden Petitionen in einem Sammelbericht abgehakt würden.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) verwies darauf, dass an den Petitionsausschuss unterschiedlichste Anliegen herangetragen würden. Er bewertete die Arbeit des Ausschusses als positiv und hob auch die gute Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft hervor.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) beklagte, nur wenige Petitionen und Bürgerinitiativen würden an den zuständigen Fachausschuss weitergeleitet. Mit der Kenntnisnahme durch den Petitionsausschuss würden die Anliegen der BürgerInnen "zu Grabe getragen", meinte er. Damit führe man das Instrument der Petition und der Bürgerinitiative "ad absurdum".

Abgeordnete Ridi STEIBL (V) nahm zu zwei Petitionen betreffend Vollausbau der S 36 in der Obersteiermark Stellung. Ihrer Ansicht nach ist der "Lückenschluss" in Richtung Süden dringend notwendig, um die regionale Wirtschaft zu unterstützen, Arbeitsplätze zu sichern und die Verkehrssicherheit zu erhöhen.

Abgeordneter Hermann LIPITSCH (S) wandte sich dagegen, die Kenntnisnahme einer Petition als "Schubladisierung" zu bewerten. Die Anliegen der BürgerInnen würden auch nach einer Kenntnisnahme im Bewusstsein der Abgeordneten bleiben, erklärte er. Das gelte zumindest für seine Fraktion, die SPÖ. Generell trat Lipitsch für eine weiter Öffnung des Petitionsausschusses ein.

Abgeordneter Hannes WENINGER (S) machte geltend, das Instrument der Bürgerinitiative sei ein niedrigschwelliges Angebot für Bürgerinnen und Bürger, um sich mit ihrem Anliegen an die Politik zu wenden. Er selbst nehme vorgebrachte Anliegen, die ihm wichtig seien, in seine politische Arbeit mit, unterstrich er. Konkret sprach Weninger etwa die Petition "Flüsse voller Leben" an, die auf den Schutz naturnaher Fließgewässer abzielt.

Auch Abgeordneter Erwin PREINER (S) sprach sich dafür aus, beim Wasserkraftausbau auf den Schutz sensibler Fließwasserstrecken Rücksicht zu nehmen und machte auf die Bedeutung von Nationalparks und Naturschutzgebieten für den österreichischen Tourismus aufmerksam. Kritisch äußerte sich Preiner zu einer projektierten Reststoffdeponie im Norden des Burgenlands und einem großen Schweinemastbetrieb an der niederösterreichisch-burgenländischen Grenze.

Abgeordneter Erich TADLER (o.F.) ging auf zwei Petitionen betreffend BIG-Privatisierung ein und setzte sich kritisch mit der Position von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner auseinander. Man habe bei der BUWOG gesehen, wohin es führe, wenn man "kostbares Familiensilber verscherbelt", mahnte er und wandte sich gegen ein "kurzfristiges Stopfen von Budgetlöchern" auf Kosten der BürgerInnen.

Der Sammelbericht des Petitionsausschusses wurde vom Nationalrat mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen.

Seilbahngesetz – mehr Schutz für Passagiere und Arbeitnehmer

Vom Verkehrsausschuss lag dem Nationalrat hierauf eine einstimmige Empfehlung für eine Regierungsvorlage zur Änderung des Seilbahngesetzes vor. Bei Sicherheitsanalysen von Seilbahnen soll künftig auch die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen kontrolliert werden, hatte die Regierung vorgeschlagen, auch das Nationalratsplenum war ohne Gegenstimme dafür.

Abgeordneter Anton HEINZL (S) wies darauf hin, dass die österreichische Seilbahnwirtschaft jährlich 600 Millionen Menschen mit mehr als 3.000 Seilbahnen und Schleppliften befördere. Sie seien also ein Massenverkehrsmittel. Für Heinzl steht die Sicherheit der Passagiere, aber auch jene der Angestellten im Vordergrund. Die vorliegende Gesetzesnovelle bringt Heinzl zufolge Verbesserungen beim Arbeitnehmerschutz und Verwaltungsvereinfachungen durch eine bessere Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern.

Abgeordneter Franz HÖRL (V) wies ebenfalls auf die vorgesehene neue Kompetenzaufteilung hin und zeigte sich darüber erfreut. Die österreichische Seilbahnwirtschaft sei eine "Erfolgsstory" und eine innovative Kraft im Wintertourismus, meinte er. 14.500 Mitarbeiter würden in der Seilbahnbranche einen sicheren Arbeitsplatz finden. Die jährliche Wertschöpfung betrage 3 Mrd. €, allein im letzten Jahr seien 522 Mio. € investiert worden. Ein von Hörl zur Gesetzesnovelle eingebrachter Abänderungsantrag bezog sich auf technische Adaptierungen und das Inkrafttreten der Gesetzesänderung.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) meinte, dieses Gesetz könnte durchaus beispielhaft sein, da es einerseits zwei wichtige Materien berühre – den Tourismus und die Arbeitssicherheit – und andererseits auf beispielhafte Weise zustande gekommen sei.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) legte einen besonderen Schwerpunkt auf den Sicherheitsaspekt. Dieser sei hier adäquat berücksichtigt, weshalb ihre Fraktion den Entwurf mittragen werde. Dennoch komme man nicht umhin, daran zu erinnern, dass in der Vergangenheit der Sicherheit mitunter nicht das nötige Augenmerk geschenkt worden sei, wie man am Beispiel Kaprun noch schmerzlich in Erinnerung habe. Die Rednerin schloss mit allgemeinen Bemerkungen zum Thema Verkehrspolitik.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) sah eine erkennbare Verbesserung des Ist-Zustandes durch die in Rede stehende Vorlage, weshalb auch seine Fraktion dem Entwurf die Zustimmung nicht verweigern werde. Dieser Weg sei der richtige, man solle ihn fortsetzen.

Bundesministerin Doris BURES erläuterte die Inhalte der gegenständlichen Vorlage und ging dann gleichfalls auf aktuelle Fragen im Bereich der Verkehrspolitik ein, um sich schließlich mit den Themen Wintertourismus und Seilbahntechnologien zu befassen. Die Ministerin bedankte sich für die breite Zustimmung zu den beabsichtigten Änderungen, die für ein Fremdenverkehrsland wie Österreich von sehr großer Bedeutung seien.

Abgeordneter Dietmar KECK (S) votierte gleichfalls für die Annahme der geplanten Vorlage, da es sich hierbei um eine bedeutsame Frage handle. Die heimische Seilbahnwirtschaft sei von großer Bedeutung, insofern seien die geplanten Änderungen für diese von entsprechender Wichtigkeit.

Abgeordneter Johann RÄDLER (V) meinte, es gehe um weniger Bürokratie und Verwaltungsvereinfachung ebenso wie um eine Förderung des heimischen Tourismus und um mehr Sicherheit, weshalb man den Entwurf begrüßen könne.

Zustimmung signalisierten auch die S-Abgeordneten Rosa LOHFEYER und Josef AUER, wobei sie vor allem die Aspekte Arbeitnehmerschutz und Sicherheit betonten.

Die Vorlage wurde einstimmig in der Fassung des eingebrachten Zusatzantrages angenommen. (Fortsetzung Nationalrat)