Parlamentskorrespondenz Nr. 317 vom 31.03.2011

Scharfe Kontrollen und strenge Strafen gegen Lohn- und Sozialdumping

Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz bringt Rot-Weiß-Rot-Card

Wien (PK) – An der Spitze der Tagesordnung der heutigen 100. Plenarsitzung des Nationalrats stand heute ein Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz. Es soll den heimischen Arbeitsmarkt vor dessen Öffnung für BürgerInnen aus den "EU-8-Staaten" ab 1. Mai 2011 durch schärfere Kontrollen und strengere Strafen bei Verstößen gegen Entlohnungsbestimmungen schützen und wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen verabschiedet. Schärfere Strafen bei der Verletzung von Bestimmungen für die Ausländerbeschäftigung und neue Bestimmungen für den Zuzug hoch qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland ("Rot-Weiß-Rot-Card") bringt eine mit S-V-Mehrheit beschlossene Novelle zum Ausländerbeschäftigungsgesetz. Initiativen und Änderungswünsche der Oppositionsparteien zu beiden Gesetzen verfielen der Ablehnung. – Vor Eingang in die Tagesordnungspunkten kündigte Präsidentin Barbara Prammer für 15 Uhr die Behandlung eines Dringlichen Antrags der Grünen betreffend Transparenz- und Antikorruptionspaket an.

F-Klubobmann Heinz-Christian STRACHE bezeichnete die zur Debatte stehende Gesetzesvorlage gegen Lohn- und Sozialdumping als einen "zahnlosen Tiger, der nichts verhindern wird". Die Öffnung des Arbeitsmarktes für die osteuropäischen Nachbarstaaten lasse befürchten, dass österreichische Arbeitnehmer durch Lohndumping arbeitslos werden. Ein 1.200 €-Netto-Monatsverdienst für einen Hilfsarbeiter sind laut Strache ein großer Anreiz für ausländische Arbeitnehmer, nach Österreich zu kommen. In Tschechien, Slowakei und Ungarn betrage ein durchschnittliches Monatseinkommen 350 € netto und es gibt dort jeweils eine Million Arbeitslose. Strache zufolge haben schon jetzt 500.000 Menschen in Österreich keine Arbeit, und diese Situation werde sich durch die angekündigte Rot-Weiß-Rot-Card weiter zuspitzen, prophezeite der F-Klubobmann. Der Redner trat für eine Verlängerung der Übergangsfrist ein und meinte, der richtige Zeitpunkt für eine Öffnung des Arbeitsmarktes nach Osten hin werde dann kommen, wenn sich die Wirtschaftskraft der östlichen Nachbarn an die der übrigen EU-Länder angeglichen haben wird.

Österreich sollte seine eigenen Probleme lösen, meinte der Abgeordnete, so setzten etwa steigende Lebenshaltungskosten die Menschen immer stärker unter Druck, weshalb eine Diskussion über Mindestnettoeinkommen zu führen ist. Es könne allerdings nicht sein, trotz Nichtstun eine Mindestsicherung zu erhalten und keinerlei Anreiz mehr zu haben, arbeiten zu gehen.

In Österreich herrsche Mangel an Arbeitsplätzen, nicht aber an Arbeitskräften, schloss Strache und warf Sozialminister Hundstorfer sozialpolitisches Versagen vor.

Für Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) hingegen bedeutet die vorliegende Regierungsvorlage einen großen Fortschritt im Arbeitsrecht und einen richtigen und wichtigen Schritt für mehr Fairness gegenüber den ArbeitnehmerInnen. Immer mehr junge Menschen haben das Bedürfnis, in anderen Ländern tätig zu sein und fremde Sprachen zu lernen, führte die Abgeordnete aus, das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz sorge nun dafür, dass die Arbeitsmarktregeln auch für sie gelten. Stolz zeigte sich die Rednerin darüber, dass Österreich als einziges Land der EU "gut gerüstet in die Öffnung" gehe, worum uns viele andere Länder beneideten. Bedenken des slowakischen Wirtschaftsministers, wonach durch dieses Gesetz Geschäfte geschädigt würden, entkräftete Csörgits, indem sie das Anliegen der Regierung unterstrich, alle Arbeitnehmer entsprechend ihrer Leistung zu bezahlen.

Csörgits verwies auch auf die geplante Einrichtung eines Kompetenzzentrums für Lohnkontrollen bei der Wiener Gebietskrankenkasse sowie auf die hohen Verwaltungsstrafen, mit denen Unternehmer rechnen müssen, die sich nicht an das Gesetz halten. Für die Berechnung des Grundlohns werden zwar Zuschläge und Zulagen nicht mit herangezogen, was Csörgits mit dem Kompromiss erklärte, den Sozialpartnern und Wirtschaftskammer gemeinsam erkämpft haben.  

Für Abgeordneten Sigisbert DOLINSCHEK (B) fehlten für die Arbeitsmarktöffnung nach Osten hin notwendige Maßnahmen. Zwar sei in den Grenzregionen der östlichen EU-Nachbarländer das Lohnniveau gestiegen, stehe aber immer noch im Verhältnis 1:3 oder 1:5 zum Lohnniveau in Österreich. Deshalb sei zu befürchten, dass viele Arbeitnehmer einpendeln werden und so den österreichischen Arbeitsmarkt gefährden. Kritisch äußerte sich der Redner auch zur Absicht, heimische Arbeitgeber flächendeckend zu kontrollieren und mit Bürokratie zu belasten, während solche Kontrollen und Strafen im Ausland aber nicht möglich seien.

Das Kompetenzzentrum bei der Wiener Gebietskrankenkasse als zusätzliche Kontrollinstanz und die Kontrolle der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung (KIAB), die im Finanzministerium angesiedelt ist, hätten nach Ansicht des Abgeordneten zu wenig Personal, um das Auslangen zu finden. Die Kontrolle sollte laut Dolinschek "in einer Hand" liegen, damit sie effektiver arbeiten könne.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) appellierte an FPÖ und BZÖ, keine falschen Ängste zu verbreiten, denn das Gesetz gebe Schutz, sowohl für ArbeitnehmerInnen als auch für ArbeitgeberInnen. Beim Beitritt der neuen Mitgliedstaaten im Jahr 2004 sei klar gewesen, dass eine maximale Übergangsfrist von sieben Jahren vorgesehen ist, und Österreich habe diese Frist voll ausgenützt. Der Redner wies auf die ausgezeichneten Arbeitsmarktdaten im Inland hin und zeigte sich überzeugt davon, dass die nun zu beschließende Gesetzesvorlage effektive Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping vorsieht und darüber hinaus auch für die UnternehmerInnen einen fairen Wettbewerb gewährleistet. Wöginger nannte in diesem Zusammenhang die Sanktionen in Form hoher Strafen, die Kontrollen durch das Kompetenzzentrum bei der Wiener Gebietskrankenkasse und bei der Bauarbeiter-Urlaubskasse sowie durch die Finanzpolizei. Die ausländischen Unternehmen müssten die Unterlagen in Deutsch vorlegen, erläuterte Wöginger und machte darauf aufmerksam, dass in Zukunft auch die LandarbeiterInnen vom Gesetz erfasst sind. Man müsse die gegenständlichen gesetzlichen Maßnahmen auch im Zusammenhang mit der Rot-Weiß-Rot-Card sehen, wodurch ein geordneter Zuzug hochqualifizierter Arbeitskräfte gewährleistet sei, zeigte sich Wöginger überzeugt.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) stellte aus ihrer Sicht fest, dass das Gesetz nur in beschränktem Ausmaß in der Lage sein werde, faire Arbeitsbedingungen zu schaffen. Dennoch würden die Grünen zustimmen, kündigte sie an, denn die Strafdrohungen für Unterentlohnung und die behördliche Prüfung der Löhne seien ein erster wichtiger Schritt, dem jedoch weitere folgen müssten. Die Grünen sähen aber auch viele faule Kompromisse, weshalb Schatz einen umfangreichen Abänderungsantrag vorlegte. Dieser zielt darauf ab, nicht nur die Grundlöhne zu kontrollieren, sondern das gesamte Entgelt mit den Zuschlägen. Für die Grünen sind auch die Strafen zu niedrig angesetzt, sie plädieren dafür, die Strafhöhe an das Ausmaß der Unterentlohnung zu koppeln. Weiters fordern sie, die Verbandsklage als Rechtsmittel einzuführen. Schatz kritisierte in ihrer Wortmeldung aber auch die bereits bestehenden geringen Löhne, die heimische Unternehmen zahlen. Mehr als 100.000 Menschen verdienten weniger als 5 € die Stunde, wie etwa ErntehelferInnen. Um die 6 € betrage der Stundenlohn bei Putzfrauen und nicht viel mehr bei FriseurInnen und Angestellten des Lebensmittelhandels. Immer mehr ArbeitnehmerInnen würden für ihre Überstunden nicht bezahlt, beklagte Schatz und prangerte in diesem Zusammenhang das bereits bestehende Lohn- und Sozialdumping im österreichischen Arbeitsmarkt an.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER wies die Vorwürfe vor allem der FPÖ und des BZÖ vehement zurück. Die Redner beider Parteien hätten mit völlig falschen Zahlen argumentiert, sagte er. Richtig sei, dass derzeit 321.000 Menschen beim AMS gemeldet seien, und pro Jahr ca. 30.000 ArbeitnehmerInnen die Invaliditätspension in Anspruch nehmen. Die FPÖ sei eine "reine Trittbrettfahrerpartei", konstatierte der Sozialminister und unterstrich, dass man derzeit den höchsten Beschäftigungsstand verzeichne, seit es die Republik gibt. Er bekräftigte darüber hinaus, die nötigen Kompetenzzentren und Kontrollorgane seien vorhanden. Hundstorfer warf der FPÖ weiters vor, der gesamten österreichischen Wirtschaft zu unterstellen, dass diese ihre MitarbeiterInnen ausbeuten. Er räumte jedoch ein, dass es aus seiner Sicht einen Wehrmutstropfen darstellt, dass nur die zuständigen Kollektivverträge und Einstufungen geprüft werden, nicht aber die Zuschläge. Was die Vollziehung der Strafen für ausländische Unternehmen betrifft, so gebe es intensive Gespräche mit AmtskollegInnen über entsprechende Abkommen, informierte Hundstorfer. 

Daraufhin warf Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) dem Minister "Abgehobenheit" und "primitivste Polemik" gegen die FPÖ vor. Das Gesetz sei nicht durchsetzbar, weil die Strafen bei ausländischen Firmen nicht exekutiert werden könnten, stellte er fest, man könne ja nicht einmal Verkehrsstrafen in einem anderen Land einheben. Das Gesetz laufe auch dem Markt zuwider, meinte Hübner und spannte einen Bogen zum Plan der EU, die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten besser zu koordinieren. Der EU gehe es um eine zentrale Steuerung der Löhne und der Steuerbemessungsgrundlagen, die Kollektivverträge sollen ausgehöhlt werden, warnte Hübner.

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) erinnerte daran, dass die Übergangsfristen vom damaligen Sozialminister Herbert Haupt ausverhandelt worden seien und die FPÖ dem auch zugestimmt habe. Nunmehr gehe es ihr nur darum, zu "zündeln" sowie Misstrauen und Hass zu säen. Andere dagegen würden hart arbeiten, um eine gute Lösung zu erzielen, wie das beim vorliegenden Gesetz der Fall sei. Er stimmte Abgeordneter Schatz zu, bei der Gesetzesvorlage gehe es um einen ersten Schritt in die richtige Richtung, dem weitere folgen müssen. Katzian verteidigte die Bestimmungen im Hinblick auf die Prüfung der Löhne und Gehälter und unterstrich, es liege nun nicht mehr am Einzelnen, das Gehalt zu prüfen, in Zukunft sei vielmehr die Behörde zuständig. Hinsichtlich der Zulagen würden die Betriebsräte dafür sorgen, dass innerhalb der Betriebe ein faires Vorgehen gewährleistet ist.

Für Abgeordneten Christoph HAGEN (B) wiederum stand fest, dass das Gesetz Lohn- und Sozialdumping nicht werde verhindern können, da die Strafen im Ausland nicht durchsetzbar seien und Aufzeichnungen auch nicht kontrolliert werden können. Auf der Strecke blieben die einheimischen KMU, denn diese hätten mit der Bürokratie zu kämpfen und seien die einzigen, die flächendeckend kontrolliert werden. Hagen forderte, die eigenen Betriebe zu schützen, denn sie hätten bereits genug gezahlt. Der Abgeordnete nannte das Beispiel der Schweiz, wo ausländische Firmen 20.000 Franken als Kaution hinterlegen müssten. Diese Vorgangsweise entspreche auch dem EU-Recht, sagte Hagen.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) machte darauf aufmerksam, dass das vorliegende Gesetz auf einen Vorschlag der Sozialpartner beruhe, die einen guten Konsens gefunden hätten. Die Bestimmungen stellen nach Auffassung Bartensteins einen guten Mix dar. Die ArbeitnehmerInnen würden durch Kontrollen und zusätzliche Strafen abgesichert und die ArbeitgeberInnen würden vor Wettbewerbsverzerrungen geschützt, zeigte sich der ehemalige Wirtschaftsminister überzeugt. Dies ergänze das bereits bestehende innerstaatliche Instrumentarium gegen Lohn- und Sozialdumping, wie die flächendeckende Mindestsicherung und die Kollektivverträge. Auch Bartenstein führte die exzellenten Arbeitsmarktdaten ins Treffen und meinte, Österreich könne zusätzliche 20.000 bis 25.000 ArbeitnehmerInnen verkraften, zumal man Fachkräfte, vor allem in der Pflege benötige.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) griff in seiner Wortmeldung scharf die FPÖ an. Diese sei die einzige Partei, die sich mit Händen und Füßen gegen Maßnahmen wehre, Lohn- und Sozialdumping einzudämmen, sagte Öllinger und führte die Anträge der FPÖ an, wonach die Beschäftigung für Saisoniers leichter werden sollte. Dies beweise, dass die FPÖ ausländischen Beschäftigten nicht die gleichen Rechte und Löhne zubilligen wolle. Er warf der FPÖ auch vor, keine konstruktiven Änderungsvorschläge zum gegenständlichen Gesetzentwurf im Ausschuss gemacht zu haben, und nicht einmal dafür zu sein, die Land- und ForstarbeiterInnen sowie die ErntearbeiterInnen ins Gesetz aufzunehmen. Denn diese würden nun erstmals vor Lohn- und Sozialdumping geschützt.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) verteidigte die Vorgangsweise des damaligen Sozialministers Haupt damit, der 2004 davon ausgegangen sei, dass die betreffenden neuen Mitgliedstaaten sieben Jahre später die gleichen Lohn- und Sozialstandards haben werden wie wir. Dies sei jedoch nicht der Fall, weshalb es gerechtfertigt gewesen wäre, mit der EU Verhandlungen hinsichtlich einer Verlängerung der Übergangsfristen aufzunehmen. Die Regierung müsse endlich österreichische Interessen vertreten, forderte Themessl und kritisierte, SPÖ und ÖVP seien nicht bereit, der eigenen Bevölkerung die Angst zu nehmen.

Abgeordneter Franz RIEPL (S) stimmte Abgeordneten Bartenstein zu, dass ein Großteil der Firmen korrekt alle Abgaben bezahlten. Es ginge in der Gesetzesvorlage aber um jenen Teil, der das nicht mache. Aus der Praxis wisse er, dass es viele Fälle gebe, wo Firmen das Lohnniveau durch Leiharbeiter, "Selbständige" oder durch die Anstellung von Facharbeitern im Status von Hilfsarbeitern drückten. Dagegen könne man künftig konsequenter vorgehen. Neben Nachzahlungen von nicht bezahlten Beiträge gebe es nun auch Strafbestimmungen bis hin zum Entzug der Gewerbeberechtigung. Wichtig in der Umsetzung des Gesetzes werde aber die Zusammenarbeit der Behörden sein. Hier stehe man vor einer großen Herausforderung, weshalb eine begleitende Evaluierung des Gesetzes in der Anfangsphase notwendig sein werde. Riepl widersprach der Darstellung vom Abgeordneter Schatz und meinte, es werde sehr wohl möglich sein, entgangene Sozialversicherungsbeiträge einzufordern, Riepl wies auch die Darstellung von Abgeordnetem Strache zurück, Arbeitslose aus den Nachbarländern würden schon "auf ihren gepackten Koffern sitzen".

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) griff in seiner Wortmeldung die Sozialdemokratie an. Sie machen den kommenden 1. Mai zu einem Tag des "Verrats" an den Arbeitern und Angestellten Österreichs sowie der Aushebelung des österreichischen Sozialsystems. Während österreichische Konzerne sich bereits jetzt über Drittfirmen um öffentliche Aufträge auch in den östlichen Nachbarländern beworben hätten, seien österreichische Klein- und Mittelbetriebe auf der Strecke geblieben. Diese würden "zu Tode kontrolliert", sagte Grosz, während Großbetriebe geschont würden. Der Abgeordnete prophezeite, dass die vom Sozialminister genannte Zahl von 321.000 Arbeitslosen in Österreich bis zum Herbst nicht sinken, sondern sich noch erhöhen werde. Man habe es von Seiten der Bundesregierung verabsäumt, konsequent mit den Nachbarländern über eine Verlängerung der Übergangsfristen zu verhandeln. Das Gesetz, das jetzt vorliege, sei tatsächlich ein "Lohn-Dumping-Gesetz". Man brauche eine viel weiterreichende Gesetzesänderung, um die österreichischen ArbeitnehmerInnen zu schützen, sagte Grosz.

Abgeordnete Ridi Maria STEIBL (V) warf ihrem Vorredner vor, das zu beschließende Gesetz bewusst in ein falsches Licht gerückt zu haben. Arbeitsrecht, Kollektivverträge und der bestehende Rechtsschutz schützten die österreichischen ArbeitnehmerInnen bereits jetzt sehr gut. Es sei daher nicht notwendig, Ängste vor der Ostöffnung zu schüren. Man beschließe ein gut ausgearbeitetes Gesetz, das eine Antwort auf die Herausforderungen dieser Öffnung gebe, die nach sieben Jahren Übergangszeit nicht wirklich überraschend komme. Österreich sei mit dem Gesetz bestens auf die Öffnung des Arbeitsmarktes vorbereitet, zeigte sich die Abgeordnete überzeugt.

Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) kritisierte die Vertreter der Koalitionsparteien und der Bundesregierung, die ein völlig unzureichendes Gesetz lobten. In Wirklichkeit habe aber niemand eine Ahnung, was nach der Ostöffnung tatsächlich auf Österreich zukommen werde. Die Abgeordnete bezweifelte, dass die vorgesehenen Kontrollen die erwartete Wirkung entfalten können. Das Lohnniveau sei in den östlichen Nachbarländern noch immer weit niedriger als in Österreich. Darin liege eine Einladung zum Missbrauch, vor allem deshalb, weil das Gesetz völlig "zahnlos" formuliert und seine Umsetzung nicht kontrollierbar sei. Es wäre daher richtig gewesen, die Übergangsfristen nochmals zu verlängern.

G-Abgeordnete Judith SCHWENTNER ortete auf Seiten der FPÖ "diffuse Angst" und das Fehlen von sachlicher Argumentation in Bezug auf das vorliegende Gesetz. Die Grünen unterstützten hingegen die Kompromisse, die es enthalte, auch wenn noch weitere Maßnahmen erforderlich seien. Es gebe auch einige Wermutstropfen im Entwurf, etwa im Pflegebereich. Viele Pflegerinnen aus den östlichen Nachbarländern arbeiteten bereits jetzt unter schlechten Arbeitsbedingungen, so sei zu befürchten, dass in diesem Bereich eine Nivellierung nach unten stattfinden werde. Es müsse sichergestellt werden, dass dies verhindert werden, sagte Schwentner und brachte einen Entschließungsantrag ein, der darauf abzielte, dass das Anti-Lohn- und Sozialdumpinggesetz auch auf Verfahren nach dem Bundesvergabegesetz anzuwenden sei.

Abgeordneter Robert LUGAR (B) zog die Aussage von Bundesminister Hundstorfer in Zweifel, wonach keine zusätzlichen Arbeitnehmer aus den östlichen Nachbarländern zu erwarten seien. Wäre das richtig, hätte man sich die Übergangsfristen gänzlich sparen können. Tatsächlich sei zu erwarten, dass aufgrund unterschiedlicher Lohnniveaus eine Wanderungsbewegung stattfinden werde. Dahinter stehe eine Politik des Ausgleichs zwischen den Ländern der EU, die letztlich zu sinkenden Löhnen führen müsse. Dagegen werde nur ein völlig wirkungsloses Gesetz beschlossen. 2005 habe die SPÖ selbst noch gegen Übergangsfristen gestimmt, sagte Lugar und warf den Sozialdemokraten ein "Doppelspiel" vor, mit dem sie die Interessen der österreichischen ArbeitnehmerInnen denen der europäischen Arbeitnehmerschaft opferten. "Gleichmacherei" in der EU auf Kosten Österreichs lehne er ab, dasselbe erwarte er sich auch von einem österreichischen Sozialminister, schloss Lugar.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) stellte eingangs seiner Rede gegenüber seinem Vorredner fest, die Übergangsfristen seien Teil des Beitrittsvertrags der neuen Länder gewesen, und die SPÖ habe diesem zugestimmt. Mit dem vorliegenden Gesetz reagiere man auf die bevorstehende Öffnung des Arbeitsmarkts. Österreich habe im Unterschied zu anderen Ländern konsequent an der siebenjährige Übergangsfrist festgehalten. Der österreichische Mindestlohn werde gesichert. Lohn- und Sozialdumping, das auch einen erheblichen sozialen und volkswirtschaftlichen Schaden verursache, werde verhindert. Das Gesetz biete eine gute Grundlage für fairen Wettbewerb in der österreichischen Wirtschaft. Er sei überzeugt, dass man mit ihm die kommenden Herausforderungen gut bewältigen werde. Man habe einen guten ersten Schritt zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping gesetzt.

Abgeordneter Andreas KARLSBÖCK (F) betonte, dass die FPÖ stets gegen Lohn- und Sozialdumping aufgetreten sei, deshalb sei man gegen die Aufhebung der Übergangsfristen mit 1. Mai. Das Gesetz sei vielleicht gut gemeint, aber nicht exekutierbar. Es brauche die Zusammenarbeit mit ausländischen Behörden, aber schon im Straßenverkehr zeige sich, dass sich schon bestehende Gesetze aufgrund mangelnder Kooperation ausländischer Behörden nicht durchsetzen lassen. Karlsböck sah scharfe soziale Spannungen auf Österreich zukommen. Das Sozialministerium habe seine Hausaufgaben nicht gemacht, etwa gebe es im Bereich der Lehrlingsausbildung viele Mängel. Berufe wie ZahnarztassistentInnen würden unter Druck geraten, da besser ausgebildete Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt drängen würden. Die Schwachen in Handel und Gewerbe würden belastet, weshalb die FPÖ für diesen Bereich weiterhin Forderungen stellen werde, kündigte Karlsböck an. 

Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) zeigte sich überzeugt, dass die Bundesregierung mit dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz eine gute Grundlage für den österreichischen Arbeitsmarkt und das Sozialsystem schaffe. FPÖ und BZÖ warf er vor, ungerechtfertigt schlechte Stimmung zu schüren. Man habe die Übergangsfristen erfolgreich dazu genützt, um eine gute Situation auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Man werde hier weitere Maßnahmen umsetzen, damit der Schutz der österreichischen ArbeitnehmerInnen noch besser werde. Das Gesetz sei eine wichtige Maßnahme für eine erfolgreiche Sozial- und Beschäftigungspolitik, mit dem man guten Mutes dem 1. Mai entgegensehen könne.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) sah das Gesetz als ersten Schritt in die richtige Richtung, weshalb die Grünen ihm zustimmen. Allerdings sei es noch wesentlich zu verbessern, daher habe seine Fraktion einen umfangreichen Abänderungsantrag gestellt. Nur eine Kontrolle des Grundlohnes sei zu wenig, es müsste auch das System der Zulagen kontrolliert werden, wie auch die Vergabe öffentlicher Aufträge nur an Firmen erfolgen sollte, die sich an die Spielregeln halten. Es sei notwendig, die Fragen des Lohndumpings auch auf die europäische Ebene zu heben. Nur Ängste zu schüren, wie es die FPÖ mache, sei sicher nicht genug. Zum Landarbeitsgesetz hielt Pirklhuber fest, es sei ein wichtiger Schritt, da es auch in der Landwirtschaft schwarze Schafe gebe. Die Auslagerung von Arbeitskräften in Scheinfirmen sei hier ein Problem, das stärker beachtet werden müsste. Im Bereich der Agrarpolitik sei viel zu tun, denn ein Preisdumping finde auch in der Produktion von Lebensmitteln statt, was sich auf das Einkommen der LandwirtInnen negativ auswirke. Es brauche insgesamt mehr gesellschaftliche Solidarität und großen Regelungsbedarf. Das Gesetz sei ein Anfang, meinte der Redner. 

Abgeordneter Josef MUCHITSCH (S) wandte sich gegen "Angstmache" in Bezug auf den Arbeitsmarkt. Zwar gehe man davon aus, dass 25.000 Arbeitskräfte aus den östlichen EU-Ländern Arbeit suchen würden, man dürfe aber nicht vergessen, dass bereits mehr als 69.000 Arbeitskräfte aus dieser Region in Österreich problemlos beschäftigt seien. Es gebe bereits gute Kontrollinstrumente und man baue bestehende Einrichtungen aus, um einem Lohn- und Sozialdumping entgegenzutreten. Von Seiten der EU werde Österreich als das Land eingestuft, das am besten auf die Öffnung des Arbeitsmarktes vorbereitet sei.

Der G-Abänderungsantrag zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz fand keine Mehrheit. Das Gesetz wurde in der Fassung der Regierungsvorlage mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit in zweiter und dritter Lesung angenommen. Der Entschließungsantrag der Grünen, das Lohn-und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz auch auf Verfahren nach dem Bundesvergabegesetz anzuwenden, wurde mehrheitlich abgelehnt.

Rot-Weiß-Rot-Card kommt, ihre Wirkung bleibt umstritten

 

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) meinte, für diese Bundesregierung müsse es die rote Karte geben, da sie die Interessen der österreichischen Bevölkerung konsequent ignoriere. Die Erfahrung zeige, dass nur seine Fraktion im Interesse der Bürger wirke, denn sie wolle Gesetze, die Hand und Fuß hätten und exekutierbar seien. Dieser Entwurf weise Hintertüren auf und sei daher das falsche Signal.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) meinte hingegen, man achte mit der "Rot-Weiß-Rot-Card" darauf, dass hochqualifizierte Arbeitskräfte nach Österreich kämen. Eine Menge Auflagen sorgten dafür, dass es nur dann zum Zuzug komme, wenn in den betreffenden Bereichen ein echter Mangel bestehe. Im Gegensatz zur FPÖ sei die Politik der Regierung konstruktiv und problemorientiert, während sich die Freiheitlichen in destruktiver Polemik erschöpften.

Abgeordnete Alev KORUN (G) erinnerte daran, dass ihre Fraktion schon vor Jahren ein Konzept für eine kriteriengeleitete Zuwanderung erarbeitet habe, das nun von der Regierung übernommen werde, wenngleich diese es in der Praxis mehrfach aufweiche, sodass letztlich von der Grundidee zu wenig übrigbleibe. Vor allem kritisierte die Rednerin, dass die Regierung weiterhin an dem unseligen Gastarbeitermodell festhalte, weshalb ihre Fraktion diesem Entwurf nicht zustimmen werde.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) verteidigte die Vorlage als zweckmäßig und angemessen. Er erläuterte die Inhalte des Entwurfs und zeigte sich zuversichtlich, dass damit die gewünschten Effekte erzielt würden. Generell solle man Chancen nützen und nicht Ängste schüren, hielt der Redner fest.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) bezeichnete die geplante "Rot-Weiß-Rot-Card" als verfehlte Maßnahme, denn dadurch werde der Grundstein zu weiterer Massenzuwanderung gelegt, was die sozialen Spannungen im Lande weiter schüren und zu neuerlichem Lohndumping führen werde.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER forderte die Kritiker des Entwurfs auf, diesen auch zu lesen. Hier würden weder Tür und Tor geöffnet, noch auch nur eine Hintertür aufgemacht. Man habe lediglich die bisherigen Regelungen zu Schlüsselkräften entsprechend adaptiert, von einer drohenden Massenzuwanderung könne keineswegs die Rede sein. Die Befürchtungen der Opposition seien unberechtigt, Zuwanderer hätten ein überaus strenges Regulativ zu erfüllen, und wer sich daran halte, der solle auch das Recht haben, in unserem Land zu leben und zu arbeiten, schloss das Regierungsmitglied.

Die Abgeordneten Erwin SPINDELBERGER (S) und Oswald KLIKOVITS (V) warben gleichfalls für die Annahme der in Rede stehenden Vorlage. Erstere hielt zudem fest, dass Ausländer mehr in die Sozialtöpfe einzahlten, als sie aus diesen bezögen, während zweiterer daran erinnerte, dass die Ausländer dazu beigetragen hätten, in unserem Land Wohlstand und Wachstum zu erzeugen.

Die beiden Vorlagen wurden mehrheitlich angenommen. (Fortsetzung Nationalrat)