Parlamentskorrespondenz Nr. 333 vom 04.04.2011

EU-Vorhaben in den Bereichen Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Sozialminister Hundstorfer präsentiert Jahresvorschau

Wien (PK) – In einem 22 Seiten starken Bericht (III-224 d.B.) informiert Sozialminister Rudolf Hundstorfer über wesentliche, sein Ressort betreffende EU-Vorhaben. Die Grundlage für diese Vorschau bilden das Achtzehnmonateprogramm des Rates für den Zeitraum Jänner 2010 bis Juni 2011 sowie das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission. Was die für den Berichtszeitraum geplanten EK-Initiativen anbelange, werde das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in 12 Fällen federführend sein, heißt es im Bericht.

Europäische Kommission setzt fünf politische Prioritäten

Zu den fünf zentralen politischen Prioritäten des aktuellen Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission zählen die Bewältigung der Wirtschaftskrise und die Förderung des Aufschwungs, die Belebung des Wachstums und die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Kreation eines Raums der Freiheit, Sicherheit und des Rechts, die Stärkung der Rolle der Europäischen Union auf dem internationalen Parkett sowie die Aufnahme von Verhandlungen über einen modernen EU-Haushalt.

Was die Initiativen der Kommission anbelangt, soll ein Schwerpunkt auf die Unterstützung des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Konjunkturbelebung gelegt werden. Außerdem gehe es darum, die "Europa 2020"-Strategie in allen Aktivitätsbereichen der Union zu verankern.

Für das Ressort Soziales, Arbeit und Konsumentenschutz werden unter anderem die auf europäischer Ebene zu setzenden Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung, zum Schutz von KleinanlegerInnen und VerbraucherInnen beim Zugang zu Bankdienstleistungen und Krediten sowie zur angemessenen und nachhaltigen Altersvorsorge von unmittelbarer Relevanz sein.

Im Rahmen des zur Zukunft der EU-Köhasionspolitik gestarteten Konsultationsverfahrens ist laut Bericht bereits eine Stellungnahme Österreichs unter Beteiligung des BMASK an die Kommission ergangen. Für das erste Halbjahr 2011 erwarte man bereits erste Verordnungsvorschläge für den Europäischen Sozialfonds (ESF) und die Strukturfonds. Die endgültige Ausgestaltung dieser Verordnung sei für die zukünftige Bedeutung und Handlungsfähigkeit des ESF im Rahmen der aktiven Beschäftigungspolitik Österreichs zentral.

Schwerpunkte der ungarischen und polnischen Ratspräsidentschaft

Der Rat setzt sich unter spanischer, belgischer und ungarischer Präsidentschaft für die Forcierung von Wachstum und Beschäftigung sowie für die Stärkung Europas ein. Außerdem sollen Schwerpunkte auf Fragen der Bürgernähe und der Nachbarschaftspolitik gelegt werden, heißt es im Bericht.

Der inhaltliche Fokus der ungarischen Ratspräsidentschaft im Bereich Beschäftigung richtet sich auf das Thema Jugendbeschäftigung. Im Rahmen der EU-2020-Strategie wird die Umsetzung der Governance im Bereich Beschäftigung und Soziales im Zentrum stehen.

Der BESO-Rat befasst sich im Berichtszeitraum außerdem mit den Themen der beiden Leitinitiativen "Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten" und "Europäische Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung". Im Kontext der bereits vorliegenden Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020 wird er im Juni 2011 Schlussfolgerungen zum Themenbereich Beschäftigungsmöglichkeiten annehmen. Zuvor wird sich der BESO-Rat außerdem mit der Integration der Roma in Europa befassen.

Unter ungarischem Vorsitz wolle man überdies Schlussfolgerungen zur Reduktion der Kinderarmut annehmen und sich intensiv mit dem Bereich des Konsumentenschutzes auseinandersetzen: Hierbei bilde die mögliche finale Einigung über die Verbraucherrechte-Richtlinie einen wesentlichen Schwerpunkt, heißt es im Bericht. Unter polnischem Vorsitz wolle man sich außerdem mit der Überarbeitung der Pauschalreise-Richtlinie sowie der allgemeinen Produktsicherheits-Richtlinie auseinandersetzen und Arbeiten auf Basis des Weißbuches Pensionen starten.

Österreichische Position zu wesentlichen EU-Initiativen

Zu vier der insgesamt sieben im Bericht detailliert vorgestellten Initiativen äußerst sich Österreich grundsätzlich positiv.

Vorbehalte habe man allerdings, was die Umsetzung der Mutterschutz-Richtlinie anbelange: Die Verlängerung des Mutterschutzurlaubs über 16 Wochen lehne Österreich aus Kostengründen ab, außerdem präferiere man eine Trennung von Mutterschafts- und Elternurlaub. Die im Rahmen der Richtlinie diskutierte weitgehende Wahlfreiheit der Arbeitnehmerin bei Inanspruchnahme des Mutterschaftsurlaubs widerspreche zudem dem bewährten österreichischen Konzept eines verpflichtenden absoluten Beschäftigungsverbots acht Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, heißt es im Bericht. Eine zusätzliche Schutzfrist befürworte man nur im Falle von Früh-, Mehrlings- und Kaiserschnittgeburten.

Abwartend stehe Österreich der Richtlinie, mit der Mindestvorschriften zum Schutz der ArbeitnehmerInnen vor Gefährdungen durch elektromagnetische Felder im beruflichen Alltag implementiert werden sollen, gegenüber: Ehe der diesbezügliche Vorschlag vorliege, könne keine Position bezogen werden. Feststehe jedoch, dass eine Verschlechterung des Arbeitsschutzes durch eine Richtlinienänderung abzulehnen ist. Abwartend äußert man sich auch zur Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit: Den unbefristeten Leistungsexport von Arbeitslosengeld für arbeitslose selbständige Grenzgänger lehne Österreich aber in jedem Fall ab.

Dem Vorschlag der Kommission betreffend Ausrufung eines Europäischen Jahres für aktives Altern 2012 stimme man jedoch zu. Hier gehe es unter anderem darum, das Potenzial älterer Menschen bewusst zu machen und zu nutzen, so der Bericht.

Grundsätzlich unterstützen könne Österreich auch den Vorschlag zur Gleichbehandlungsrichtlinie, da die bislang bestehenden Lücken geschlossen, die bestehende Hierarchisierung der Diskriminierungsgründe ausgebaut und für alle bisher nicht erfassten Diskriminierungsgründe Maßnahmen zur Bekämpfung von Ungleichbehandlung (auch außerhalb der Arbeitswelt) geschaffen wurden. Österreich fordere aber Kohärenz mit der sogenannten "Antirassismusrichtlinie" ein. Außerdem stehe fest, dass ein Abgehen vom Gleichbehandlungsgebot in jedem Fall sachlich gerechtfertigt und notwendig sein muss, weshalb die Schaffung eng begrenzter, eindeutiger Ausnahmeregelungen unumgänglich wäre. 

Was die Überarbeitung der Arbeitszeitrichtlinie anbelange, könne Österreich die zwischen Rat und Europäischem Parlament im Vermittlungsverfahren vereinbarte Regelung des Bereitschaftsdienstes begrüßen, heißt es im Bericht. Nicht aktive Zeiten wären damit nicht auf das Höchstausmaß der Arbeitszeit anrechenbar. Auch sei der Vorschlag der Kommission, der eine unterschiedliche Anrechnung der Bereitschaftszeiten auf die wöchentliche Höchstarbeitszeit vorsehe, unterstützenswert. Was das Opt-Out anbelange, trete Österreich für eine Gesamtlösung und ein längerfristiges Auslaufen ein.

In Hinblick auf die geplante Änderung der Entsenderichtlinie, die entsandten ArbeitnehmerInnen den Anspruch auf jene Arbeitsbedingungen und Löhne sichert, die vergleichbaren ArbeitnehmerInnen im Beschäftigungsstaat zustehen, halte man es für grundsätzlich unterstützenswert, die Behördenzusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten zu verbessern, um wirksame Kontrollen gegen Sozialdumping durchführen zu können. Zur Erleichterung dieses Vorgehens soll ein elektronisches System für den Austausch von Informationen aufgebaut werden, ein diesbezügliches Pilotprojekt startet im zweiten Quartal 2011. Österreich erachte in diesem Kontext aber auch die Gewährleistung einer effektiven grenzüberschreitenden Rechtsdurchsetzung für notwendig. Die Neuverhandlung der Entsenderichtlinie dürfe außerdem nicht dazu führen, dass ArbeitnehmerInnenrechte eingeschränkt werden.

Zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU, die im Rahmen des zu erstellenden Nationalen Reformprogramms umzusetzen sind, bekenne sich Österreich ausdrücklich, heißt es im Bericht. (Schluss)