Parlamentskorrespondenz Nr. 409 vom 28.04.2011

Nationalrat fixiert Radhelmpflicht für Kinder bis zum 12. Lebensjahr

StVO-Novelle verankert Rücksichtnahmegebot

Wien (PK) – Der Nationalrat gab heute auch grünes Licht für die Einführung der Radhelmpflicht für Kinder bis zum 12. Lebensjahr. Die entsprechende Novelle zur Straßenverkehrsordnung (StVO-Novelle) passierte das Plenum mit S-V-Mehrheit. Im Einzelnen werden damit auch Personen, die ein Kind beim Radfahren beaufsichtigen, verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass das Kind einen Sturzhelm trägt. Eine Verletzung dieser neu geschaffenen Helmtragepflicht stellt allerdings keine Verwaltungsübertretung dar. Weitere Neuerungen des Gesetzes sind u.a. die Möglichkeit, ein Halte- und Parkverbot auch mit am Straßenrand angebrachten gelben Linien zum Ausdruck zu bringen, die Einführung einer zweiten Haltelinie für einspurige Fahrzeuge sowie die in einem Abänderungsantrag zur Novelle präzisierte Verankerung eines Tempolimits von 10 km/h für RadfahrerInnen auf Radfahrerüberfahrten. Allgemein kommt es in der StVO auch zur Erweiterung des Vertrauensgrundsatzes durch Verankerung eines Rücksichtnahmegebots.

Der Antrag der Grünen betreffend rasche Umsetzung einfacherer und klarerer Regeln für den Radverkehr als Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit und zu einem klimafreundlicheren Verkehrsgeschehen wurde von den anderen Parteien mehrheitlich abgelehnt.

Schließlich gaben die Abgeordneten mit S-V-F-B-Mehrheit der Novelle zum Gefahrgutbeförderungsgesetz ihre Zustimmung. Die Novelle dient der Umsetzung der EU-Richtlinie und gilt in Zukunft auch für die Beförderung von gefährlichen Gütern auf Binnenwasserstraßen.

StVO-Novelle findet keine ungeteilte Zustimmung

Die StVO-Novelle stieß bei der Opposition auf gemischte Bewertung. Trotz positiver Elemente bleibe die Novelle hinter dem ursprünglichen Entwurf zurück und sei weder Fisch noch Fleisch, so die Kritik. Die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP hoben vor allem die Bestrebungen hervor, mit den Neuerungen wieder einen Schritt zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr, vor allem auch für RadfahrerInnen zu machen. 

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) meinte, die StVO-Novelle sei seit ihrer ersten Abfassung zu einem kleinen "Novellchen" geworden. Es zeige sich, dass hier kein Konsens bestehe, die Debatte scheine keinesfalls abgeschlossen, weshalb es sinnvoller wäre, mit einer Beschlussfassung noch zuzuwarten. Immerhin gebe es ein paar positive Aspekte in der Vorlage, doch ebenso müsse man negative Punkte konstatieren. Konkret monierte er, dass die verkehrsrechtliche Disziplin der RadfahrerInnen letztklassig sei. Hier müsse man sich endlich überlegen, wie man auch solche VerkehrsteilnehmerInnen zur Verantwortung ziehen könne. Gerade an diesen Stellen sei das Gesetz unausgegoren, weshalb seine Fraktion es ablehnen werde.

Abgeordneter Anton HEINZL (S) sagte, Sicherheit habe im Verkehr höchste Priorität, und dem trage die Vorlage auch Rechnung. Dieser Entwurf sei ein Beitrag zu mehr Bewusstseinsbildung, er sei daher zu begrüßen. Die Vorlage stoße auch auf die Zustimmung der RadfahrerInnen, zudem sei es gelungen, den Schilderwald zu minimieren, das in Rede stehende Gesetz solle somit die Mehrheit im Hause finden, sei es doch gelungen, mehr Sicherheit im Straßenverkehr in die Wege zu leiten.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) vertrat hingegen die Ansicht, diese Vorlage werde den erforderlichen Maßnahmen nicht gerecht. Es sei enttäuschend, dass der ursprüngliche Entwurf, an dem ExpertInnen zwei Jahre lang gearbeitet hätten, nicht den Weg ins Plenum gefunden habe, denn dieser Entwurf sei wesentlich besser gewesen als das Dokument, das nun in Rede stehe. Die Rednerin illustrierte ihre Anschauung anhand konkreter Beispiele und trat dafür ein, die Materie durch einen Rückverweisungsantrag neuerlich im Ausschuss besprechen zu können.

Abgeordneter Ferdinand MAIER (V) pflichtete Abgeordnetem Heinzl bei und sprach von einem guten Ansatz. Noch anstehenden Fragen sollte man gemeinsam klären, regte der Redner an.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) zeichnete ein differenziertes Bild des vorliegenden Textes. Es gebe zwar einige positive Ansätze, doch müsse man erkennen, dass eben auch negative Elemente darin enthalten seien. In Summe sei der Entwurf nicht Fisch, nicht Fleisch, er sollte daher noch einmal überarbeitet werden, weshalb seine Fraktion den Entwurf ablehnen werde.

Bundesministerin Doris BURES erklärte, man habe bei den letzten Verkehrssicherheitspaketen vor allem den motorisierten Verkehr im Fokus gehabt, nun befasse man sich mit dem Fahrradverkehr. Die bisherigen Pakete hätten Wirkung gezeigt, die Zahl der zu Schaden Gekommenen sei nennenswert zurückgegangen, auch im Kampf gegen Alko-Lenker habe man große Erfolge erzielt. Von diesen Fortschritten lasse man sich auch bei dem vorliegenden Entwurf leiten, erläuterte die Ministerin, die sodann auf einzelne Details einging und sich dabei insbesondere mit der Radhelmpflicht auseinandersetzte.

Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) sah in den einzelnen Punkten der Novelle wesentliche Schritte in Richtung von mehr Verkehrssicherheit und unterstützte insbesondere die Radhelmpflicht für Kinder, von der sie sich eine Verringerung der Zahl der Kopfverletzungen erwartete.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) begrüßte zwar die Radhelmpflicht für Kinder, zeigte sich aber irritiert über das Alterslimit von zwölf Jahren. Er meinte grundsätzlich, wegen der Vorbildwirkung sollten eigentlich alle, auch die Erwachsenen, einen Radhelm tragen. Als schlecht durchdacht bezeichnete der Redner überdies Bestimmungen des Gesetzes, wie etwa die vorgeschriebene Anfahrtsgeschwindigkeit von  10 km/h für RadfahrerInnen in Annäherung an Radwegekreuzungen, die seiner Meinung nach nicht kontrolliert werden könne.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) hob den Sicherheitsaspekt der Novelle hervor und unterstützte ferner ausdrücklich die Bestimmungen zugunsten von Straßenfesten.

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) lehnte die Novelle als praxisfern und "nicht beschließbar" ab und konnte keinerlei Aspekte der Hebung der Verkehrssicherheit für RadfahrerInnen erkennen. Sie kritisierte die Beibehaltung der Benützungspflicht für Radwege und die Einführung eines zusätzlichen Verkehrszeichens. Als Unsinn qualifizierte sie die Helmpflicht für Kinder, die ihrer Einschätzung nach auf fragwürdigen Studien beruhe. In einem Abänderungsantrag forderte die Rednerin nach dem Motto "Ja zum Helm, Nein zur Helmpflicht" eine Aufhebung des entsprechenden Radhelm-Paragrafen.

Abgeordneter Peter STAUBER (S) sah in der Novelle einen wichtigen Beitrag zur Hebung der Sicherheit der VerkehrsteilnehmerInnen, insbesondere der Kinder, und unterstützte ausdrücklich die Helmpflicht.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) kritisierte die Novelle als unausgegoren und argumentierte, eine Radhelmpflicht ohne Sanktionen sei bloß eine Radhelmempfehlung.

Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) begrüßte hingegen die Einführung der Radhelmpflicht für Kinder und zeigte sich verwundert über die Ablehnung durch die Grünen.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) lehnte die Radhelmpflicht für Kinder als "Murks" ab. Man sollte entweder eine generelle Helmpflicht für alle mit Sanktionen einführen oder die Maßnahme überhaupt bleiben lassen, meinte er.

Abgeordneter Josef AUER (S) bezeichnete die Argumente der Grünen gegen die Radhelmpflicht als nicht nachvollziehbar, bemerkte aber, die Zukunft werde zeigen, dass Verkehrsministerin Bures mit dieser Novelle auf dem richtigen Weg ist.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) sprach sich in Sachen Radhelmpflicht für Freiwilligkeit und gegen eine gesetzliche Verpflichtung aus und schlug hingegen eine Kampagne zur entsprechenden Bewusstseinsbildung vor.

Bei der Abstimmung wurde die StVO-Novelle nach Ablehnung des Rückverweisungsantrages der Grünen in dritter Lesung mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen.

Novelle zur Gefahrgüterbeförderung passiert Nationalrat

Auch die Novelle zum Gefahrgutbeförderungsgesetz soll zu mehr Sicherheit beitragen. Die Grünen meinen jedoch, die Bestimmungen seien nicht zu vollziehen.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) kündigte die Ablehnung durch ihre Fraktion an und argumentierte, durch zahlreiche Verweise des Textes auf künftige Bestimmungen sei die Materie nicht vollziehbar.

Abgeordneter Anton HEINZL (S) unterstützte hingegen die Vorlage, sah darin einen Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit und begrüßte vor allem die Einbindung der Schifffahrt und des Luftverkehrs.

Abgeordneter Hermann SCHULTES (V) unterstrich ebenfalls den Sicherheitsaspekt und meinte überdies, die praxisgerechte Formulierung der Bestimmungen führe nun dazu, dass das Gesetz auch für Feuerwehren und Traktoren "passt".

Abgeordneter Mario KUNASEK (F) signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion und brachte im Zuge seiner Wortmeldung einen Entschließungsantrag ein, in dem er die Erhaltung des ÖBB-Güterterminals Graz-Süd forderte.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) äußerte sich zustimmend und sprach von einem guten Gesetz.

Abgeordneter Johann RÄDLER (V) schloss sich den zustimmenden Wortmeldungen seiner Vorredner an und erwartete sich von dem Gesetzt ebenfalls mehr Sicherheit.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage mit S-V-F-B-Mehrheit angenommen, der F-Entschließungsantrag blieb in der Minderheit.

(Fortsetzung Nationalrat)