Parlamentskorrespondenz Nr. 706 vom 07.07.2011

Bundesförderung für das Gratiskindergartenjahr verlängert

Abgeordnete verlangen Bericht zur Situation von Pflegeeltern

Wien (PK) - In den Jahren 2011/12 und 2012/13 wird der Bund den Ländern jeweils 70 Mio. € für das verpflichtende Kindergartenjahr bereitstellen. Der Verlängerung einer entsprechenden Bund-Länder-Vereinbarung aus dem Jahr 2009 (1225 d.B.) stimmte der Nationalrat heute mit S-V-G-B-Mehrheit zu. Die Grünen kritisierten, dass der kostenfreie Besuch eines Kindergartens in einem Nachbarbundesland nicht möglich ist – ihren Entschließungsantrag 1591/A(E) lehnte die Mehrheit des Plenums aber ab.

Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) hoffte, dass es nicht die Gemeinden sein würden, welche die Kosten der Kinderbetreuungseinrichtungen allein zu tragen hätten. Die FPÖ stelle zudem einige Punkte in Zusammenhang mit dem Gratiskindergartenjahr in Frage, wie etwa die Notwendigkeit, den Besucht verpflichtend zu machen. So habe etwa die angekündigte bessere soziale und ethnische Durchmischung in Kindergärten nicht stattgefunden. Skeptisch war sie auch gegenüber Überlegungen, ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr einzuführen.

Abgeordneter Ridi Maria STEIBL (V) erläuterte, die Vereinbarung mit den Ländern über das Gratiskindergartenjahr werde mit dieser Vereinbarung verlängert. Für den Ausbau der Kinderbetreuung werde viel Geld aufgewendet und viele Initiativen gesetzt, führte sie aus. Der grenzüberschreitende Kindergartenbesuch sei allerdings ein Problem zwischen den Ländern und könne deshalb nicht vom Bund durch eine 15a-Vereinbarung geregelt werden. Es sei außerdem wichtig, dass in Zukunft die Betriebe in die Erweiterung des Betreuungsangebots eingebunden werden. Unter Federführung von Familienminister Mitterlehner würden hier viele innovative Projekte umgesetzt.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) verwies darauf, dass das verpflichtende Kindergartenjahr zwar eine wichtige Maßnahme sei. Ein einziges verpflichtendes Kindergartenjahr reiche aber nach Ansicht vieler Experten nicht, um sprachliche Defizite, die nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund betreffen, auszugleichen. Der Kindergarten sollte auch nicht einfach nur als Betreuungseinrichtung, sondern als Bildungseinrichtung begriffen werden, forderte Musiol. Als solche verdiene sie die beste Ausstattung und müsse höchsten Standards entsprechen. Deshalb sei es aber wichtig, ausreichend Mittel dafür zur Verfügung zu stellen. Die Regelungen für Kinder mit Behinderung seien nicht zufriedenstellend, viele besuchten nach wie vor keinen Kindergarten, weil es an entsprechenden Plätzen und Personal fehle. Sie brachte dazu einen Entschließungsantrag der Grünen ein, der Abhilfe verlangt. In einem weiteren Entschließungsantrag forderte die G-Abgeordnete ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER wies auf die geltende Rechtslage hin und erklärte, Österreich habe eine im internationalen Vergleich hervorragende Kinderbetreuung. Der Bund habe die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt, da ihm die Betreuung der Kinder ein wichtiges Anliegen ist. Auch für die Zukunft sei entsprechend vorgesorgt, sodass er die Kritik der Grünen nicht nachvollziehen könne.

In der Folge ging der Minister auf einzelne Details der diesbezüglichen Aktivitäten seines Hauses ein. Man habe ein System, das gut ausgestattet sei und trotz budgetärer Engpässe weiterhin ausgebaut werde, sodass man auch in Zukunft den internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauche.

Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S) verwahrte sich gegen die von den Grünen gezeichnete Weltuntergangsstimmung, die an der Realität völlig vorbeigehe und die sich das Land auch nicht verdient habe. Man setze die richtigen Schwerpunkte, von denen die Kinder entsprechend profitierten und gehe in die richtige Richtung, bilanzierte die Rednerin.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) signalisierte Zustimmung zu dieser zielführenden Maßnahme, zumal man selbst bereits vor geraumer Zeit diese Forderung erhoben habe. Alle Kinder, unabhängig von ihrer Herkunft, sollten dieselben Chancen haben, unterstrich die Rednerin. Daher befürworte man auch dieses verpflichtende Jahr, da es zum Wohl der Kinder sei. Sodann setzte sich die Rednerin generell mit der Familienförderung auseinander und verwies dabei auf die Vorschläge ihrer Fraktion. Konkret sollte, so schloss die Rednerin, bei der Sanierung des FLAF ein Zahn zugelegt werden.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) unterstrich die Notwendigkeit, allen Kindern, ungeachtet ihrer sozialen Herkunft, den bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen. Insbesondere verwies die Abgeordnete auf die verdienstvollen Aktivitäten des Bundeslandes Niederösterreich auf diesem Gebiet, die durch die Bundesförderungen maßgeblich unterstützt worden seien.

Abgeordnete Angela LUEGER (S) vertrat gleichfalls die Auffassung, man sei bei der Kinderbetreuung auf dem richtigen Weg, was im Übrigen auch neue Arbeitsplätze bedeute.

Abgeordneter Nikolaus PRINZ (V) sprach von einer guten Sache, die gratis für die Eltern, aber nicht umsonst für die Bildung der Kinder sei. Mit der heutigen Vorlage könne man weitere Verbesserungen erzielen, sie sei daher zu begrüßen.

Abgeordnete Anneliese KITZMÜLLER (F) sprach im Hinblick auf behinderte Kinder von einem wenig durchdachten Projekt, das die Regierung hier vorlege. Wenn man den Kindergarten als eine Bildungseinrichtung begreife, dann sei nicht einzusehen, warum die Eltern solcher Kinder den Transport in den Kindergarten selbst bezahlen müssten.

Die Bund-Länder-Vereinbarung wurde mehrheitlich angenommen. Keine Zustimmung fanden die Entschließungsanträge der Grünen.

Nationalrat verlangt Bericht zur Lage von Pflegeeltern

Dann bestätigte der Nationalrat negative Entscheidungen des Familienausschusses über Oppositionsanträge: Die FPÖ hatte die Auszahlung der halben Familienbeihilfe an Studierende verlangt, die die Zuverdienstgrenze zwar überschreiten, aber brutto nicht mehr als 12.000 € jährlich verdienen (1271/A(E); das BZÖ wollte den Mutter-Kind-Pass zu einem Eltern-Jugend-Pass weiterentwickeln (1606/A(E)). Abgelehnt wurde auch die Forderung des BZÖ nach arbeits- und sozialrechtlichen Verbesserungen für Pflegeeltern (1133/A(E)), dem Verlangen des Familienausschusses auf eine Studie zur Analyse der Situation von Pflegeeltern schloss sich das aber Plenum an.

Abgeordnete Anneliese KITZMÜLLER (F) meinte, Kinder seien unser höchstes Gut und unsere Zukunft, weshalb es unumgänglich sei, ihnen die bestmögliche Ausbildung zu gewährleisten. Daher sollte man die Zuverdienstgrenze für Studierende anheben, da die Familien enorme finanzielle Leistungen erbringen müssten und man die Leistung der Studierenden auch honorieren sollte. Man müsse an die Zukunft des Landes denken, weshalb es gelte, bessere finanzielle Bedingungen für Studierende und ihre Familien zu schaffen.

Abgeordnete Adelheid FÜRNTRATH-MORETTI (V) analysierte die gegenwärtige Studienlandschaft in Österreich aus sozialer Sicht. Dabei kam sie zu dem Befund, dass die Sorgen ihrer Vorrednerin unbegründet seien, zumal die Regierung die Höhe der Zuverdienstgrenze ohnehin bereits angehoben habe.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) kündigte an, man werde dem fehlerhaften Antrag der FPÖ nicht zustimmen, zumal er real zu einer weiteren Verschlechterung der Lage der Studierenden führen würde. Das Problem selbst sei evident, sodass man entsprechende Überlegungen anstellen müsse, um es zufriedenstellend zu lösen, wobei auf die soziale Gerechtigkeit entsprechend abgestellt werden müsse und die Rahmenbedingungen des Studierens an den Universitäten zu verbessern wären.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER beleuchtete den rechtspolitischen Hintergrund der gegenständlichen Problematik und erläuterte das Vorgehen der Regierung. Der Minister sah sich mit seiner Politik durch die Praxis bestätigt und in der Sache selbst auf dem richtigen Weg. Sodann legte das Regierungsmitglied einzelne Details der Materie genauer dar und zeigte sich optimistisch, die vorliegenden Probleme auf familienpolitischem Gebiet zufriedenstellend lösen zu können.

Abgeordneter Herman LIPITSCH (S) gab zu bedenken, dass es zu wesentlichen Verschlechterungen für Studierende kommen könnte, würde man den Antrag der FPÖ betreffend höhere Zuverdienstgrenzen für Studierende umsetzen. Schließlich sei es derzeit unter bestimmten Umständen möglich, bis zu 13.000 € zum Studium dazuzuverdienen, ohne die Familienbeihilfe zu verlieren, skizzierte er. Allgemein erachtet es Lipitisch für wünschenswert, Studierenden ein rasches Studium zu ermöglichen, etwa durch sozial gerechtere Stipendien.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) warb für den Antrag des BZÖ, den Mutter-Kind-Pass zu einem Eltern-Jugend-Pass umzuwandeln. Das BZÖ fordert insbesondere eine jährliche ärztliche Untersuchung bis zum Ende der Schulpflicht und die Bereitstellung kostenloser Therapieangebote bei Auffälligkeiten. Es komme häufig zur Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen durch überforderte Eltern, argumentierte sie. Gleichzeitig sprach sich Schenk dafür aus, die Auszahlung der Familienbeihilfe an die Untersuchungen zu knüpfen.

Um grundsätzlich die Möglichkeit zu schaffen, im Rahmen des Mutter-Kind-Passes auch Untersuchungen in Bezug auf psychische Auffälligkeiten durchzuführen, brachte Schenk einen Entschließungsantrag betreffend Änderung des Mutter-Kind-Pass-Gesetzes ein.

Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) führte aus, wenn Pflegeeltern Verantwortung für Pflegekinder übernehmen, verdiene das großen Respekt. Pflegeeltern bräuchten bestmögliche Rahmenbedingungen. Allerdings gebe es von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen, konstatierete Aubauer. Um die Situation von Pflegeeltern zu untersuchen, sprach sie sich für die Erstellung einer Studie durch den Wirtschafts- und Familienminister aus.

Abgeordnete Edith MÜHLBERGHUBER (F) betonte, auch die FPÖ sei für eine Ausdehnung des Mutter-Kind-Passes und jährliche ärztliche Untersuchungen bis zum Ende der Schulpflicht. Der derzeitige Pass wird ihrer Meinung nach heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Viele Kinder würden an Entwicklungsstörungen, Essstörungen, Verhaltensauffälligkeiten und chronischen Krankheiten leiden. Es wäre wichtig, bereits auf erste Anzeichen zu reagieren, sagte Mühlberghuber.

Abgeordnete Rosemarie SCHÖNPASS (S) wies darauf hin, dass Pflegeeltern wertvolle Erziehungsarbeit für Kinder leisten, die nicht in ihrem eigenen Familienverband aufwachsen könnten. Sie begrüßte daher die vorgesehene Studie zur Analyse der Situation von Pflegeeltern. Den Antrag des BZÖ zur Ausweitung des Mutter-Kind-Passes bezeichnete sie hingegen als sehr vage und gab zu bedenken, dass der Mutter-Kind-Pass derzeit ohnehin überarbeitet werde.

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) meinte, es sei nicht möglich das Budgetbegleitgesetz "schönzureden". Schon jetzt müssen ihr zufolge 61 % der Studierenden 20 Wochenstunden und mehr arbeiten, um ihr Studium zu finanzieren. Durch die nunmehrige Kürzung der Familienbeihilfe würden die Betroffenen noch mehr arbeiten müssen, kritisierte sie.

Abgeordneter Gabriel OBERNOSTERER (V) bezog sich auf den Antrag der Abgeordneten Haubner (B), den FLAF in ein Jugend- und Familienzentrum umzugestalten. Wenn man Familienleistungen längerfristig sichern wolle, dann müsse man den FLAF evaluieren und sanieren, sagte er, wobei er hinzufügte, dass dieser angesichts von 0,5% Verwaltungskosten wirtschaftlich arbeite. Das IHS sei aber nun aufgefordert, den FLAF zu analysieren, und auf dieser Grundlage werde man die Reformen aufbauen.

Die auf der Tagesordnung stehenden Anträge der FPÖ und des BZÖ wurden schließlich mehrheitlich abgelehnt. Der von Abgeordneter Haubner in der Debatte eingebrachte Entschließungsantrag zur Änderung des Mutter-Kind-Pass-Gesetzes fand ebenso wenig ausreichende Unterstützung.

Kurze Debatte über Inserate der Unterrichtsministerin

 

Abgeordneter Harald WALSER (G) übte Kritik an der Bewerbung der Neuen Mittelschule durch Unterrichtsministerin Claudia Schmied. Allein in den ersten drei Monaten dieses Jahres seien mehr als 300.000 € für "Propaganda" ausgegeben worden, bemängelte er. Noch dazu hat die Ministerin seiner Ansicht nach in der Inseratenkampagne Falschinformationen verbreitet. Einziger Nutznießer der Inserate seien Boulevardmedien wie die "Kronen Zeitung" gewesen.

Walser hätte, wie er sagte, statt einer Bewerbung der Neuen Mittelschule Werbung für neue Lehrkräfte oder eine klare Information über die modulare Oberstufe für sinnvoller erachtet. Generell kritisierte er den "Stillstand in der Bildungspolitik", wobei er klagte, dass derzeit "Betonierer" am Zug seien.

Unterrichtsministerin Claudia SCHMIED ging eingangs ihrer Wortmeldung auf Kritik der Grünen an ihrer Reisetätigkeit ein, die sie als Untergriffe qualifizierte. Es liege ihr als Unterrichtsministerin und Kulturministerin sehr am Herzen, auch in den Bundesländern und Regionen präsent zu sein, betonte sie.

Auch die Kritik der Grünen an ihrer Inseratenkampagne zur Neuen Mittelschule wies Schmied zurück. Sie habe in insgesamt sieben Inseraten kurz und prägnant über die Neue Mittelschule informiert und Hinweise auf weiterführende Informationen angeboten, skizzierte sie. Die Resonanz sei sehr positiv gewesen, das Informationsangebot auf großes Interesse gestoßen. Als wichtig wertete es Schmied, beim Ausbau der Neuen Mittelschule, auf Qualität zu achten.

Auch Abgeordneter Elmar MAYER (S) verteidigte die Inseratenkampagne zur Neuen Mittelschule und betonte, man müsse über Reformen im Bildungsbereich informieren. Er selbst trat vehement für eine gemeinsame Schule bis zur achten Schulstufe ein, wie dies, wie er meinte, von allen Experten empfohlen würde. Leider sei dies unter den gegebenen politischen Verhältnissen nicht machbar, sagte Mayer, Unterrichtsministerin Schmied setze daher auf schrittweise Reformen im Bildungsbereich.

Abgeordneter Reinhold LOPATKA (V) hielt fest, die Regierung sei bei der schrittweisen Umstellung der Hauptschule auf die Neue Mittelschule auf einem guten Weg. Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, die Qualität sicherzustellen, die Schulpartner einzubinden und die Finanzierbarkeit abzusichern, ist ihm zufolge ein Stufenplan erforderlich. Was die Frage der Inserate betrifft, wies Lopatka auf das in Aussicht genommene Medientransparenzgesetz hin. Eine unabhängige Kontrollbehörde werde die ordnungsgemäße Meldung von Inseraten prüfen.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) hielt der Unterrichtsministerin vor, generell geneigt zu sein, "ein gewisses Füllhorn über Medien auszuschütten". Er verwies in diesem Zusammenhang auch auf andere Inserate wie eines zur Verleihung des österreichischen Schulpreises 2010. Überdies hob er die Übernahme von Namenspatronanzen für Züge durch das Unterrichtsressort hervor. Zu den Inseraten über die Neue Mittelschule merkte Rosenkranz an, da es sich bei der Neuen Mittelschule um ein schlechtes Produkt handelt, müsse es offenbar umso intensiver beworben werden.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) verwies auf die vom Rechnungshof erstellten Kriterien für Regierungsinserate. Eine Forderung ist ihm zufolge die klare Trennung von Werbung und Information. Dem würden die Inserate von Unterrichtsministerin Schmied nicht gerecht. Brosz warf Schmied auch vor, Anfragen nur oberflächlich zu beantworten.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) hielt in Richtung der Grünen fest, mit einer Dienstautodebatte löse man kein einziges Bildungsproblem in Österreich. Überdies wies er in Anlehnung an die Wortmeldung von Abgeordnetem Lopatka darauf hin, dass auch Planungsstadträtin Vassilakou in Wien Werbeinserate schalten würde. Auch Kritik der FPÖ an den Inseraten von Schmied hielt er angesichts der flächendeckenden Plakatierung von FPÖ-Chef Heinz Christian Strache für nicht angebracht. Petzner forderte die Abgeordneten auf, sich in die Verhandlungen über das Medientransparenzgesetz einzubringen.

(Fortsetzung Nationalrat)