Parlamentskorrespondenz Nr. 707 vom 07.07.2011

Mehr Ganztagsbetreuung für SchülerInnen

Nationalrat schafft neues Berufsbild: FreizeitpädagogIn

Wien (PK) – Für den Ausbau der schulischen Tagesbetreuung und für ein neues Berufsbild FreizeitpädagogIn verabschiedete der Nationalrat heute ein Gesetzespaket (1209 d.B.) samt 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern (1253 d.B.). Sprecher von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ begrüßten ein flexibles, bedarfsgerechtes Betreuungsangebot unter Einbeziehung von Sport- und Kulturvereinen sowie die dadurch vergrößerte Wahlfreiheit der Eltern. Die Grünen erneuerten ihre schon im Unterrichtsausschuss erhobenen Einwände gegen den Einsatz von "PädagogInnen light".

Abgeordneter Harald WALSER (G) bedauerte aus seiner Sicht, dass mit dem vorliegenden Gesetzespaket eine Chance vertan worden ist. Wenn man eine derartige Summe investiere, so Walser, dann brauche es ein pädagogisches Begleitkonzept, das den verschränkten Unterricht in den Mittelpunkt stellt und ein stressfreies Lernen ermöglicht. Dies sei leider nicht der Fall, sagte Walser, und es gebe leider auch nicht die von den Regierungsparteien immer wieder vorgebrachte Wahlfreiheit. Den Eltern, die das pädagogische Konzept des verschränkten Unterrichts wünschen, fänden oft kein Angebot dafür. Walser kritisierte auch die zweisemestrige Ausbildung der FreizeitpädagogInnen als "PädagogInnen light", da es sich dabei um Lehrkräfte handle, die den Kindern nicht einmal bei Hausübungen helfen dürfen. Für die Grünen forderte Walser daher die Ausbildung aller Lehrkräfte auf Masterniveau.

Dem entgegnete Abgeordneter Elmar MAYER (S), dass es Bereiche gebe, wo man weder Bachelor noch Master braucht. In den örtlichen Freizeitvereinen seien viele engagierte Personen tätig, die nun in die schulische Nachmittagsbetreuung eingebunden werden können, warb er für das vorliegende Gesetz und den Hochschullehrgang für Freizeitpädagogik. Er widersprach seinem Vorredner auch insofern, als nach den neuen Bestimmungen auch ein verschränktes Modell angeboten werden kann. Ziel sei Leistung und eine chancengerechte Schule, sagte Mayer, und der heutige Schritt stelle einen wichtigen Meilenstein für die ganztägige Betreuung dar. Die Regierung stelle jährlich 80 Mio. €, insgesamt 320 Mio. €, zur Verfügung um die Tagesbetreuung ausbauen zu können, die auch auf regionale Bedürfnisse Rücksicht nimmt. Er zeigte sich darüber hinaus zufrieden, dass die 15a-Verträge mit den Ländern in so kurzer Zeit geschlossen werden konnten.

Abgeordneter Werner AMON (V) konnte ebenfalls die Haltung von Abgeordnetem Walser nicht verstehen, zumal die Nachmittagsbetreuung in verschränkter Form oder als klassische Nachmittagsbetreuung angeboten werden kann. Außerdem könnten die Gruppen Schularten und Schulerhalter übergreifend eingerichtet werden, auch die Eröffnungszahlen seien gesenkt worden. Damit stelle man echte Wahlfreiheit sicher. Der Lehrgang für Freizeitpädagogik sei ein Mehr an Ausbildung, stellte er abschließend fest.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an und kritisierte die Argumentation Walsers als ideologisch, da die Grünen offensichtlich beabsichtigten, die Kinder ganztägig unter staatliche Kontrolle zu stellen. Die FPÖ trete für Wahlfreiheit ein, denn es müsse auch gewährleistet sein, dass Eltern ihren Kindern bei der Hausübung helfen können. Rosenkranz begrüßte insbesondere die flexible Gestaltung der Nachmittagsbetreuung, um sie den regionalen Möglichkeiten und Bedürfnissen anpassen zu können. Diese sozialen Kontakte zu den regionalen Vereinen seien ein ganz wichtiger Aspekt. Auch er vertrat die Auffassung, dass man nicht für jede Tätigkeit eine Bachelor- oder Masterausbildung braucht.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) signalisierte ebenfalls Zustimmung ihrer Fraktion, da man aufgrund der geänderten gesellschaftlichen Bedingungen mehr Angebote an Tagesbetreuung braucht. Sie räumte aber ein, dass im Bildungsbereich noch ganz große Lösungen fehlen, wie etwa die Vereinfachung der Schulverwaltung, ein neues Dienstrecht und die Entpolitisierung der Gremien. Haubner pochte auf die Entscheidungsfreiheit der Eltern, da nicht alles verpflichtend sein dürfe. Es werde aber darauf ankommen, wie die gesetzlichen Bestimmungen nun umgesetzt werden. Sie erhoffte sich, dass durch den Förderunterricht die Nachhilfe eingedämmt werden kann, gleichzeitig aber auch Begabte zu neuen Ideen motiviert werden. Wichtig sei daher ein gutes pädagogisches Gesamtkonzept für die Ganztagsbetreuung, betonte Haubner, die besonders die Kooperation mit regionalen Vereinen begrüßte.

Bundesministerin Claudia SCHMIED freute sich über die breite Zustimmung und gab Abgeordneter Haubner Recht, dass es nun um eine an Qualitätskriterien orientierte Umsetzung gehe. Ihr Ressort werde daher mit dem BürgermeisterInnen konkrete Maßnahmen in Angriff nehmen. Auch die Unterrichtsministerin hielt die Kooperation mit den Vereinen und damit die Nutzung des regionalen Angebots für einen wichtigen Aspekt. Dieses Modell ermögliche eine Durchlässigkeit durch das Angebot zur Ausbildung als Freizeitpädagogin, womit die Betreffenden gleichzeitig zusätzliche Qualifikationen erhielten. Die Ministerin wies in diesem Zusammenhang aber auch darauf hin, dass das Projekt zu einer Diskussion über die Sprengeleinteilung führen werde.

Abgeordnete Laura RUDAS (S) stellte fest, nachdem das Glas der Bildungspolitik jahrelang leer gewesen sei, werde dieses nun langsam durch Bundesministerin Schmied mit Reformen gefüllt. Die Ganztagsschulen bewertete sie als einen Schritt zu mehr Gerechtigkeit, da durch das Angebot auch der Bedarf an Nachhilfe gesenkt werden könne.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) verteidigte gegenüber den Grünen den Hochschullehrgang für FreizeitpädagogInnen und unterstrich insbesondere den Wert der Zusammenarbeit von Schule und Sportvereinen. Angesichts der Tatsache, dass 40% der SchülerInnen weniger als eine Stunde Bewegung am Tag machen, sei dies besonders zu begrüßen, da Bewegung auch kognitive Leistungen fördere. Die enge Verbindung zwischen Schule und Vereinen ist laut Schmuckenschlager besonders wichtig, da Kinder in den Vereinen vieles an sozialer Kompetenz lernten, die Schule aber den in Vereinen Tätigen Möglichkeiten zur Qualifikation biete.

Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) betrachtete das Gesetzespaket als einen wichtigen Schritt für die ländliche Region, denn dort fehlten oft Ganztagsangebote mit warmem Mittagessen und qualitativer Betreuung. In Zukunft könne aber die soziale Kompetenz der Kinder und Jugendlichen gefördert und ihnen auch eine attraktive Freizeitgestaltung angeboten werden. Deshalb sei die Einbeziehung regionaler Initiativen ein wichtiger Schritt wie der heutige Beschluss einen wichtigen Mosaikstein zu mehr Chancengleichheit darstelle.

Für die gleichen Chancen von behinderten und nicht behinderten Kindern trat einmal mehr Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) ein. Sonderschulen böten heute schon in großem Umfang Nachmittagsbetreuung an, weshalb viele Eltern ihre Kinder in Sonderschulen gäben. Huainigg forderte daher auch, an den anderen Schulen die Integrationsklassen auszuweiten und machte darauf aufmerksam, dass in den Gruppen der Nachmittagsbetreuung mit behinderten Kindern ein höherer finanzieller Bedarf entstehen werde. Er brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem die Unterrichtsministerin aufgefordert wird, bei den Infrastrukturmaßnahmen im Rahmen des Ausbaus der Ganztagsbetreuung auf die Barrierefreiheit zu achten. Abschließend appellierte er an Schmied, die schulische Integration nach der achten Schulstufe weiter zu führen. Über das in Begutachtung befindliche Gesetz gibt es seiner Meinung nach noch Gesprächsbedarf. Huainigg trat weiter dafür ein, behinderten Menschen den Lehrberuf zu öffnen.

Abgeordnete Sonja ABLINGER (S) konnte den Standpunkt von Abgeordnetem Walser nicht nachvollziehen, da das vorliegende Gesetzespaket den bisher von den Grünen geäußerten Forderungen entspreche. Ablinger unterstrich ihrerseits die Wichtigkeit der Kooperation mit Musikschulen.

Abgeordneter Erwin RASINGER (V) befürwortete die Ausweitung der Tagesbetreuung auch aus der Sicht des Arztes. Kinder und Jugendliche würden immer kränker, auch psychisch kränker, aufgrund von Bewegungsarmut hätten sie große Konzentrationsschwierigkeiten. Vor allem in Städten steige die Zahl der SchülerInnen mit Schizophrenie und Depressionen. Daher sei jeder Euro, der in eine strukturierte Betreuung investiert wird, auch aus der Sicht der Medizin zu begrüßen.

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) unterstrich die Bedeutung einer qualifizierten Nachmittagsbetreuung und sah keinen Grund, dagegen zu sein.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) zeigte sich zufrieden darüber, dass die Gruppengrenze auf 12 reduziert worden sei, denn das helfe dem ländlichen Raum. Ebenso lasse die Schularten und Schulerhalter übergreifende Gruppenbildung viel Flexibilität zu. Franz zeigte sich auch überzeugt davon, dass die Einbeziehung des kreativen Bereichs durch die Vereine zu einer besseren Qualität der Tagesbetreuung beitragen kann.

In einer zweiten Wortmeldung brachte Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) einen Entschließungsantrag ein, in dem die FPÖ fordert, das Bundesrealgymnasium in Wiener Neustadt in der derzeitigen Variante beizubehalten.

Bei der Abstimmung wurde sowohl das Gesetzespaket zum Ausbau der ganztägigen Schulformen als auch die diesbezügliche 15a-Vereinbarung mit den Ländern mehrheitlich angenommen.

Der Entschließungsantrag, der die Berücksichtigung der Barrierefreiheit bei den notwendigen Infrastrukturmaßnahmen zum Ziel hat, erhielt die Zustimmung aller Fraktionen. In der Minderheit blieb jedoch der Entschließungsantrag des Abgeordneten Rosenkranz hinsichtlich des BRG Wiener Neustadt.

Neue Rechtsgrundlagen für Religionsgemeinschaften

Eine Novelle zum Gesetz über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften (1256 d.B.) bringt neue Regeln für die Zu- und Aberkennung des Rechtsstatus von Religionsgemeinschaften wurde mehrheitlich verabschiedet.

Abgeordneter Harald WALSER (G) meinte, die Novelle sei keine rechtskonforme Antwort auf das Urteil des Verfassungsgerichtshof betreffend Anerkennung von Religionsgemeinschaften in Österreich. Da es in einem "Huschpfusch"-Verfahren auf den Weg gebracht wurde, stoße es auch auf keinen Zuspruch beim Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes, der vor allem den zu kurzen Begutachtungszeitraum beanstandet habe. Kirchenrechtsexperten sprechen in Hinblick auf die gegenständliche Novelle sogar von einer "Rückkehr zur Staatskirchenhoheit des 19. Jahrhunderts". Warum man bei dieser Materie derartige Eile an den Tag gelegt habe, sei nicht nachvollziehbar, stellte Walser fest. Herausgekommen wäre eine äußerst komplizierte Lösung und kein modernes Gesetz. Ziel einer solchen Novelle sollte es schließlich sein, Chancengleichheit hinsichtlich der Anerkennung als Religionsgemeinschaft für alle Bekenntnisgemeinschaften herzustellen. Die Grüne Fraktion werde deshalb ihre Zustimmung versagen.

S-Mandatar Ewald SACHER konnte der Darstellung seines Vorredners nichts abgewinnen. Angesichts des angesprochenen Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs bestehe schließlich Grund zur Eile, hielt er in Richtung G-Mandatar Walser fest. Dass der nunmehr vorliegende Entwurf dem Staat die Möglichkeit zusichere, Bekenntnisgemeinschaften vor Verleihung des Rechtsstatus der Religionsgemeinschaft zu überprüfen, halte er, so Sacher, außerdem für legitim. Mit dem heutigen Beschluss schaffe man darüber hinaus mehr Transparenz und Rechtssicherheit, schließlich würde der Rechtstitel Religionsgemeinschaft nunmehr per Bescheid an- bzw. aberkannt.

B-Abgeordneter Stefan PETZNER verwies wie G-Mandatar Walser auf die Bedenken des Verfassungsdienstes zum gegenständlichen Entwurf. Das BZÖ werde ihm deshalb nicht nähertreten, kündigte er an. Mit der heute zu beschließenden Novelle trage man, so Petzner, auch dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs nicht in entsprechender Weise Rechnung: Es bestehe schließlich die Wahrscheinlichkeit, dass sie allzu bald nachgebessert werden müsse. Petzner plädierte in diesem Zusammenhang für einen Neustart und den Beschluss eines Gesetzes, das der Überprüfung durch Höchstgerichte standhalten könne.

Abgeordneter Werner AMON (V) hielt den gegenständlichen Entwurf für sehr gut, denn er stelle nicht nur die Religionsfreiheit sicher, sondern garantiere auch, dass einem "Wildwuchs" an Sekten und pseudoreligiösen Gruppierungen vorgebeugt werden könne. Ein "Huschpfusch"-Verfahren habe es nicht gegeben, versicherte Amon.

F-Mandatar Walter ROSENKRANZ hielt die Einwände des Verfassungsdienstes für weniger schwerwiegend als von BZÖ und Grünen dargestellt. Die Regelungen, die man nunmehr beschließe, schützten den Staat, schränkten aber auch die Religionsfreiheit nicht ein, konstatierte er. Es werde schließlich sogar leichter möglich sein, Religionen aus anderen Erdteilen, die sehr lange bestünden, als Religionsgemeinschaft anzuerkennen.

Kulturministerin Claudia SCHMIED sprach von einer konsequenten Lösung, die dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs entspreche. Die staatliche Anerkennung als Religionsgemeinschaft gehe mit zahlreichen Rechten einher wie etwa der Möglichkeit zur Abhaltung eines Religionsunterrichts an österreichischen Schulen. Es gelte deshalb auf eine entsprechende Größe und Bestandsdauer der Gemeinschaften zu pochen, zeigte sie sich überzeugt.

Die gegenständliche Diskussion verdeutliche, wie schwer es sei, vor sektenartigen Bewegungen zu schützen, dabei aber Chancengleichheit in Hinblick auf die Anerkennung als Religionsgemeinschaft einzuräumen, meinte Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V). Er hielt die Begutachtungsfrist für ausreichend und wollte Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit des Entzugs des Rechtsstatus der Religionsgemeinschaft im Falle eines Mitgliederrückgangs zerstreut wissen.

Die Novelle des Bundesgesetzes über die Rechtspersönlichkeit von religiösen Bekenntnisgemeinschaften wurde in Zweiter und Dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Die griechisch-orientalische Kirche in Österreich

Einhellige Zustimmung fand hierauf ein S-V-Antrag zur Änderung des  Gesetzes über äußere Rechtsverhältnisse der griechisch-orientalischen Kirche in Österreich (1542/A).

Abgeordneter Elmar MAYER (S) skizzierte, die orientalischen Kirchen seien in Österreich seit über 250 Jahren präsent. Die Gesetzesänderungen, die man heute beschließe, ermöglichten ihnen die Einrichtung neuer Diözesen und Gemeinden. Damit reagiere man auf einen berechtigten Wunsch der Orthodoxie, zeigte sich Mayer überzeugt.

V-Mandatar Hermann GAHR schloss sich den Ausführungen seines Vorredners an und hielt darüber hinaus stellte fest, dass die Novelle eine Gleichstellung der Orthodoxie mit anderen christlichen Kirchen vorsehe.

Abgeordneter Harald WALSER (G) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zum vorliegenden Gesetzesentwurf an und zeigte sich über die Einigung, die die orientalischen Kirchen in der Diaspora zuwege gebracht haben, erfreut. Das ermögliche die rechtliche Gleichstellung aller christlichen Kirchen in Österreich – eine Entwicklung, die längst überfällig gewesen sei.

Kulturministerin Claudia SCHMIED ging auf die Vorgeschichte der Gesetzesnovelle ein: Die Konstitution einer orthodoxen Bischofskonferenz 2010 habe schließlich dazu beigetragen, dass die diesbezügliche Novelle möglich geworden sei. Besonderen Dank sprach Schmied in diesem Zusammenhang Metropolit Michael Staikos aus.

Der Gesetzentwurf wurde schließlich mit Stimmeneinhelligkeit in Zweiter und Dritter Lesung angenommen.

FPÖ will Volkskundemuseum und Völkerkundemuseum aufwerten

Mehrheitlich abgelehnt wurde der Entschließungsantrag der FPÖ zur Aufwertung des Volkskundemuseum zu einem Bundesmuseum und zur Trennung des Völkerkundemuseum vom Kunsthistorischen Museum, das die Freiheitlichen ebenfalls zu einem eigenständigen Bundesmuseum aufwerten wollen (1567/A[E]). Auf eine Initiative der Grünen geht die vom Nationalrat einstimmig verabschiedete Entschließung für eine Grundlagenstudie über die soziale und finanzielle Lage von KulturarbeiterInnen zurück, der sich das Plenum einstimmig anschloss (1598/A [E]).

Abgeordnete Heidemarie UNTERREINER (F) hielt das Konzept der Verschmelzung des Volkskunde- mit dem Völkerkundemuseum, hinter dem die Idee einer Multikulturalisierung und damit ein "beinharter Anschlag auf die eigene Volkskultur" gestanden sei, für "kläglich gescheitert". Nun bestehe aber die Möglichkeit, das Volkskundemuseum erneut als eigenständige Kulturinstitution zu etablieren – eine Forderung, die ihre Fraktion auch für das Völkerkundemuseum erheben wolle. Letzteres habe nach der Eingliederung in das KHM schließlich ebenfalls an Bedeutung verloren, beklagte sie.

Von einem Scheitern des Zusammenführungsplans wollte S-Abgeordnete Sonja ABLINGER nicht sprechen. Er liege lediglich auf Eis, stellte die Mandatarin richtig. Das Volkskundemuseum auf eine identitätsstiftende Institution reduzieren zu wollen, greife zu kurz und sei deshalb abzulehnen. Was die Forderung der Grünen anbelange, zeigte sich die Abgeordnete erfreut, dass eine gemeinsame Entschließung zuwege gebracht werden konnte, die auf eine Evaluierung der Situation von KulturarbeiterInnen abzielt.

Auch Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) verlieh seiner Freude über die angesprochene 5-Parteien-Entschließung Ausdruck: Personen, die in Kulturinitiativen tätig seien, gelte es schließlich mehr Augenmerk zu schenken. Er hoffe deshalb, dass man der Forderung der gegenständlichen Entschließung auch tatsächlich nachkommen werde. Kritik übte der G-Mandatar außerdem am Umgang der Bundesregierung mit dem Völkerkundemuseum: Hier lasse man viel Potential brach liegen, zeigte sich Zinggl überzeugt.

V-Mandatarin Silvia FUHRMANN erinnerte daran, dass man alle Varianten für das Völkerkundemuseum geprüft habe und zur Erkenntnis gelangt sei, dass in Zeiten knapper Budgets die Schaffung eines eigenständigen neunten Bundesmuseums nicht möglich sei. Es gelte, was die Förderung dieser Kulturinstitution anbelange, außerdem auch an die Stadt Wien heranzutreten. Der Abänderungsantrag zu den freien Kulturinitiativen sei entstanden, weil man das Anliegen für wichtig halte. Sollte die geforderte Studie Verbesserungspotentiale zum Vorschein bringe, werde man sich ihrer entsprechend annehmen, versicherte sie.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) erinnerte an eine vom Hohen Haus am 7. Juli 2010 mehrheitlich angenommene Entschließung, deren Forderung man bislang nicht nachgekommen sei. Er brachte daher einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, in dem die Aufarbeitung dieses Versäumnisses bis Jahresende eingemahnt wird.

Kulturministerin Claudia SCHMIED meinte, sie nehme die Aufträge des Parlaments überaus ernst. Die von Abgeordnetem Zinggl angesprochene gemeinsame Entschließung habe jedoch nicht die Einrichtung eines eigenen Bundesmuseums für Völkerkunde zum Gegenstand gehabt. Bei der diesbezüglichen Evaluierung wäre man außerdem zum Ergebnis gelangt, dass eine solche Lösung angesichts der budgetären Gegebenheiten nicht möglich sei. Die Zusammenführung von Volks- und Völkerkundemuseum unter dem Dach des Kunsthistorischen Museums, die man angestrebt habe, liege nunmehr auf Eis, da das Volkskundemuseum in diesem Rahmen keinen Raum für inhaltliche und organisatorische Eigenständigkeit sehe, informierte die Bundesministerin.

Auf die Bedeutung von Kulturinitiativen im ländlichen Raum kam S-Mandatarin Elisabeth HAKEL zu sprechen. Die Menschen, die hier tätig seien, wären meist mit einer "beschämenden" Entlohnung konfrontiert, monierte sie. Dass man nun eine Evaluierung der Situation von Kulturschaffenden im Rahmen einer interministeriellen Arbeitsgruppe ermögliche, sei vor diesem Hintergrund natürlich zu begrüßen.

Abgeordneter Josef JURY (F) replizierte auf die Wortmeldung von S-Mandatarin Ablinger und stellte fest, dass die Wahrung nationaler Identität nichts Verwerfliches sei. Was den Antrag der Grünen und die darauf aufbauende Entschließung anbelange, wolle man gerne die Zustimmung erteilen. Allerdings sollte man auch darüber nachdenken, Kultursponsoring steuerlich zu begünstigen, zeigte sich Jury überzeugt.

Auch Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) ging auf die Situation von Kulturschaffenden in kleinen Kulturinitiativen ein. Ihre Tätigkeit gelte es entsprechend anzuerkennen, zumal sie einen ungemein wertvollen Beitrag für unsere Gesellschaft leisteten. Die heute zu verabschiedende Entschließung sei deshalb zu begrüßen, schloss Höfinger.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) signalisierte gleichsam Zustimmung für die in Aussicht genommene Vorgangsweise und plädierte für die Unterstützung des größten Freilichtmuseums Stübing, zu welchem Zweck er einen Entschließungsantrag einbrachte.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) widersprach der Ansicht, das Projekt "Museum neu" sei gescheitert. Vielmehr warte der entsprechende Plan weiterhin auf seine Realisierung. Man setze dabei nicht auf künstliche Ausgrenzung, sondern auf eine intensive Auseinandersetzung mit anderen Kulturen, weshalb man den F-Antrag ablehne.

Die Berichte des Kulturausschusses wurden mehrheitlich bzw. einstimmig zur Kenntnis genommen. Die B-Entschließungsanträge blieben in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat)