Parlamentskorrespondenz Nr. 799 vom 08.09.2011

Der Müllberg wurde kleiner

Der Abfallwirtschaftsplan 2011 liegt dem Parlament vor

Wien (PK) - Im Jahr 2009 sind in Österreich 53,54 Mio. t Müll angefallen, um 500.000 t weniger als fünf Jahre zuvor. 14 % der Abfälle wurden verbrannt und 63 % auf andere Weise verwertet. Sowohl bei der getrennten Sammlung und Verwertung von Altstoffen als auch bei der Sammlung von Elektronikschrott nimmt Österreich im internationalen und europäischen Vergleich eine hervorragende Position ein. Daten zur aktuellen und zukünftigen Entwicklung der Abfallwirtschaft in Österreich dokumentiert der zweibändige Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2011 (III-267 d.B.), den der Umweltminister kürzlich dem Parlament vorgelegt hat. Dieser Bericht informiert auch über die Neuerungen der EU-Abfallrahmenrichtlinie und deren Umsetzung durch die Abfallwirtschaftsgesetz-Novelle 2010.

Neue Grundsätze der europäischen und österreichischen Abfallpolitik

      

"Vermeidung" ist das höchste Ziel in der europäischen Abfallpolitik. Den zweiten Rang in der "Abfallhierarchie" der neuen EU-Abfallrahmenrichtlinie nimmt die "Vorbereitung der Abfälle zur Wiederverwendung" ein. An dritter Stelle folgt das "Recycling (und sonstige - v.a. energetische – Verwertung) und schließlich – an letzter Stelle - die "Beseitigung" nicht verwertbarer Müllfraktionen. Abweichungen von dieser Hierarchie bei der Behandlung von Müll sind möglich, müssen aber jeweils mit Vorteilen für die Umwelt begründet werden. Diese neue europäische Abfallpolitik gibt der Europäischen Kommission ein Mandat zur Ausarbeitung von Maßnahmen zur Abfallvermeidung wie Produkt-Ökodesign-Politik, zur Änderung des Konsumverhaltens und zur Festlegung von Zielvorgaben. Die Mitgliedstaaten müssen Abfallvermeidungsprogramme erstellen und bis 2020 Abfallmaterialien (Papier, Metall, Kunststoff und Glas aus Haushalten) zu 50 % für die Wiederverwendung und das Recycling vorbereiten. Nicht gefährliche Bau- und Abbruchabfälle sollen zu 70 % wieder verwendet, recycliert oder stofflich verwertet werden. Ab 2014 wird die EU-Kommission die Erreichung dieser Zielvorgaben überprüfen.

Die Verbrennung fester Siedlungsabfälle gilt in der EU als Verwertung, zugleich wird aber das Prinzip der "Entsorgungsautarkie" und der Entsorgung in möglichst nahen Anlagen eingeführt, um den "Mülltourismus" zu unterbinden. 

Mit dem neuen Begriff "Abfallende" weist die Richtlinien-Novelle den Weg zur vorzeitigen Erklärung von Abfall zu "Nicht-Abfall" und ermöglicht nationale "Abfallende"-Regelungen in den Mitgliedsländern. Für körniges Gesteinsmaterial, Papier, Glas, Metall, Reifen, biogene Abfälle und Textilien sind EU-weite Regelungen vorgesehen. Für Eisen, Stahl und Aluminiumschrott wird per EU-Verordnung bereits ab 9. Oktober 2011 das jeweilige Ende der Abfalleigenschaft geregelt.  Die Verordnung enthält Bestimmungen über Fremdstoffanteil, Ölfreiheit, Radioaktivität, gefährliche Eigenschaften, Gasgehalt, Verwendbarkeit und Vorbehandlung.

Aktuelle Daten zur Entwicklung der Abfallwirtschaft in Österreich

Seit der Vorlage des letzten Bundes-Abfallwirtschaftsplans im Jahr  2006 konnte der Müllberg in Österreich bis 2009 um 500.000 t auf 53,54 Mio. t verkleinert werden. Zum Abfall zählen auch Aushubmaterialien von 23,47 Mio. t und Sekundärabfälle (1,82 Mio. t) wie Schlacken und Aschen aus der Müllverbrennung, Rückstände aus der mechanischen und biotechnischen Abfallaufbereitung, Tiermehl und -fett aus der Behandlung tierischer Abfälle sowie Shredderabfälle.

2009 entfielen 7,2 % des Abfallaufkommens auf Haushaltabfälle (Restmüll, Sperrmüll, Problemstoffe sowie Elektro- und Elektronikaltgeräte, Altstoffe und biogene Abfälle). Seit 2006 hat der Anteil dieser Abfälle um 13,9 % zugenommen. Die getrennte Erfassung von Problemstoffen, Elektro-und Elektronikaltgeräten, Altstoffen sowie biogener Abfällen konnte auf 24 % gesteigert werden.

Mit einem Anteil von 1,1 % an der Gesamtmenge zeigen die kommunalen Klärschlämme eine Zunahme, wobei aber gleichzeitig der Anfall an Fäkalschlämmen aus Senkgruben zurückgegangen ist, weil immer mehr Haushalte an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen wurden.

Eine konstant hohe Erfassung getrennt gesammelter Altstoffe beobachten die Autoren des Berichts in Gewerbe und Industrie mit einem Gesamtanteil von 4,2 %. Die Sammlung von Eisen- und Stahlabfällen (Schrott und Verpackungen) nimmt ab, während bei der Erfassung von Altpapier, Karton und Pappe große Steigerungsraten registriert werden.

Aushubmaterialien haben mit 43,4 % den größten Anteil am gesamten

Abfallaufkommen und sind seit 2006 vermehrt angefallen.

Ausschlaggebend dafür ist die vermehrte Bautätigkeit der ÖBB, erfährt der Leser des Abfallwirtschaftsplans 2011.

Bau-Abfälle nahmen zuletzt einen Anteil von 12,7 % ein und zeigen im Zusammenhang mit der Entwicklung des Tief- und Hochbaus eine starke Steigerung.

Der Anfall von Aschen, Schlacken und Stäuben mit einem Anteil von 2,4 % an der Gesamtabfallmenge lässt eine differenzierte Entwicklung erkennen: Abfälle aus der Verbrennung von Kohle gehen zurück, während das Aufkommen an Holz- und Strohaschen wegen vermehrter Verwendung von Biomasse zur Energieerzeugung deutlich ansteigt. Zugenommen hat auch das Aufkommen an Aschen, Schlacken und Stäuben infolge der verstärkten Verbrennung von Abfällen.

2009 wurden 91.200 Altfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von 85.000 t entsorgt und zu 84 % stofflich verwertet. Ein Großteil der mehr als 250.000 aus dem Bestand ausgeschieden Pkw wurden nicht in Österreich verschrottet, sondern als Gebrauchtfahrzeuge exportiert.

2009 erfassten Sammelstellen 75.600 t Elektro- und Elektronikaltgeräte aus Haushalten und Gewerbe. Mit 9,32 kg pro Einwohner übertrifft Österreich den in der EU-Richtlinie über Elektro- und Elektronikaltgeräte für 2007 vorgegebenen Zielwert von vier kg pro EinwohnerIn und Jahr deutlich.

Holzabfälle hatten 2009 einen Anteil von 8,3 % an der gesamten Abfallmenge. Diese Abfälle werden in der Holz-, Papier- und Zellstoffindustrie stofflich verwertet. Sägenebenprodukte dienen als Strukturmaterial in der Kompostierung oder werden als Hackschnitzel oder Biomasse für die Nah- und Fernwärmeversorgung verwendet.

Das Aufkommen an tierischen Nebenprodukten betrug 2009 1,739 Mio. t, 29.000 t davon bargen Risiken für Mensch und Tier und wurden nach entsprechender Behandlung verbrannt. Weitere 97.000 t wurden in Biogas- oder Kompostierungsanlagen verarbeitet oder als organische Dünge- oder Bodenverbesserungsmittel verwendet. 1,613 Mio. t dieser Abfälle konnten zu Hunde- und Katzenfutter, Tierfett, Knochen-, Blut- und Federnmehl, Leder oder Gelatine verarbeitet werden.

Das Aufkommen von Asbestabfällen hat seit 2004 stark zugenommen. Asbest kam als Baumaterial vor allem von 1960 bis 1990 zum Einsatz und erreicht nun das Ende seiner Nutzungsdauer. Seit 1. Juli 2007 ist der Import von Asbestabfällen untersagt.

Der Anfall an verunreinigten Böden, Schlacken, Aschen und Stäuben aus der Industrie nahm 2009 um 250.000 t auf 957.000 t ab und damit die Menge gefährlicher Abfälle, die speziellen Behandlungsanlagen zugeführt werden mussten.

Abfallanlagen

Für die Verwertung und Beseitigung von Abfällen standen zuletzt 2.200 Anlagen bereit, wobei zu beachten ist, dass ein großer Anteil der Abfallverwertung und -beseitigung innerhalb der Betriebe erfolgt.

Im Jahr 2010 verfügte Österreich über 10 Verbrennungsanlagen für Siedlungsabfälle, 49 weitere thermische Behandlungsanlagen, 43 chemisch-physikalische Behandlungsanlagen, 93 Aufbereitungsanlagen für spezielle Abfälle (Fette und Frittieröle, Asbestabfälle, Chemikalien, Batterien), 40 Anlagen zur Behandlung von Elektro- und Elektronikaltgeräten, 9 Shredderanlagen für Metallabfälle, 400 Aufbereitungsanlagen für Baurestmassen, 16 biotechnische Behandlungsanlagen zur Vorbehandlung von Restmüll, 466 Kompostierungsanlagen, 157 Biogasanlagen, 182 Anlagen zur Sortierung und Aufbereitung getrennt erfasster Altstoffe, 48 Anlagen zur Verwertung getrennt erfasster Altstoffe 48 und 666 Deponien.

Prognosen zur Entwicklung der Abfallmenge

Der Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2011 enthält auch eine Einschätzung der Entwicklung des Aufkommens sowie der Verwertung und der Beseitigung der Abfallströme bis 2016. Das gesamte Müllaufkommen wird für 2016 auf 56 Mio. t geschätzt. Als größte Fraktion werden auch 2016 Aushubmaterialien mit 25,863 Mio. t erwartet. Dazu kommen an zweiter Stelle Abfälle aus dem Bauwesen (7,395 Mio. t.) und in weiterer Folge Holzabfälle (5,033 Mio. t.), Haushaltsabfälle (3,933 Mio. t.), Altstoffe aus Gewerbe und Industrie (2,524 Mio. t. ) sowie Aschen, Schlacken und Stäube (1.422 Mio. t.). (Schluss)