Parlamentskorrespondenz Nr. 896 vom 06.10.2011

Faymann bekräftigt Notwendigkeit einer Finanztransaktionssteuer

Der Bundeskanzler in der Fragestunde des Bundesrats

Wien (PK) – Bundeskanzler Faymann stand heute in der Fragestunde des Bundesrats den Mitgliedern der Länderkammer Rede und Antwort. Die Fragen reichten von der Anti-Atompolitik über den Euro-Rettungsschirm bis hin zur Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Inseraten der Bundesregierung. Dabei bekräftigte der Bundeskanzler einmal mehr die Notwendigkeit der Einführung der Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene. Er warnte vor negativen Folgen, sollte es keine Euro-Rettungsaktionen geben, und meinte zur Konsolidierung der Haushalte, allein durch Einsparungen werde die Wettbewerbsfähigkeit nicht gewährleistet werden, es brauche zukunftsträchtige Investitionen, vor allem in Forschung und Bildung.

Frage der Bundesrätin Ana BLATNIK (S/K)

: Wie stehen Sie dazu, dass die Länder Schweden und Tschechien weiterhin auf den Ausbau von Atomenergie setzen?

Antwort:

Bundeskanzler Werner FAYMANN hielt fest, dass die positive Wende in Sachen Energiepolitik noch nicht in allen Ländern erfolgt sei. Daraus folge, dass man weiterhin konsequent für einen Ausstieg aus der Kernkraft wirken müsse. In diesem Zusammenhang verfüge man auch über einen klaren Aktionsplan.

Auf eine Zusatzfrage der Bundesrätin Martina DIESNER-WAIS (V/N) unterstrich Faymann, dass man jedes europäische Treffen dazu nütze, für den eigenen Standpunkt zu werben. Bundesrat Johann ERTL (F/N) versicherte der Kanzler, mittels einer Kennzeichnungspflicht werde man klarstellen, wie viel Atomstrom tatsächlich importiert werde, wobei man auf dieser Basis dann den Import von Atomstrom gänzlich zurückdrängen könne. Dies gelte auch für den Verbund, stellte Faymann in Beantwortung einer Zusatzfrage von Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) fest.

Frage des Bundesrats Gottfried KNEIFEL (V/O):

Welche genaue Position werden Sie beim Europäischen Rat am 17. und 18. Oktober 2011 im Zusammenhang mit den dort zu treffenden politischen Entscheidungen über notwendige Maßnahmen zur Bewältigung der Staatsschuldenkrise vertreten?

Antwort:

Bundeskanzler FAYMANN verwies auf den erhöhten und verbesserten Euro-Schutzschirm, der auch bei kommenden Rat im Mittelpunkt der Beratungen stehen werde. Man werde dabei grundsätzliche Diskussionen führen, um feststellen zu können, wie weit der erforderliche Prozess fortgeschritten ist. Generell müsse erkannt werden, dass allein durch Einsparungen die Wettbewerbsfähigkeit nicht erlangt werden könne. Es brauche auch entsprechende Investitionen, etwa in Forschung und Bildung, um sich aus der Krise befreien zu können.

Auf eine Zusatzfrage des Bundesrats Gerald KLUG (S/St) erläuterte der Bundeskanzler die aktuellen Entwicklungen bei der Umsetzung der "Strategie 2020". Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V) versicherte Faymann, dass die gewählte Vorgangsweise beim Euro-Rettungsschirm die erkennbar beste Alternative sei.

Frage der Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/N):

Aus welchen Gründen wollen Sie die Maßnahmen zum Euro-Rettungsschirm nicht einer Volksabstimmung unterziehen?

Antwort:

Der BUNDESKANZLER sagte in diesem Zusammenhang, dass eine Überführung einer bestehenden Regelung in eine neue keine Gesamtänderung der Verfassung darstelle, vielmehr werde nur eine Maßnahme, die sich bewährt habe, fortgesetzt. Dies werde auch von jenen Ländern so gesehen, die an sich Plebiszite verpflichtend vorgesehen hätten, in dieser Frage aber gleichfalls keine Volksabstimmung abhielten. Diese Ansicht teilte der Kanzler auch Bundesrat Josef SALLER (V/S) mit.

Weitere Zusatzfragen von Bundesrat Reinhard TODT (S/W) und von Bundesrat Efgani DÖNMEZ (G/O) nahm der Bundeskanzler zum Anlass, vor den negativen Folgen zu warnen, die sich ergäben, wenn man die nötigen Rettungsmaßnahmen nicht setzen würde. Man müsse durch Sparen zusätzliche Mittel für Forschung und Bildung lukrieren, aber auch durch neue Einnahmen wie etwa durch die Schaffung einer Finanztransaktionssteuer.

Frage des Bundesrats Johann SCHWEIGKOFLER (S/T):

Wie beurteilen Sie den Kommissionsvorschlag zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer?

Antwort:

FAYMANN zeigte sich stolz, dass es in Österreich gelungen sei, diesen Vorschlag geschlossen zu unterstützen. Darauf habe der Kommissionspräsident auch öffentlich hingewiesen. Es sei ihm daher eine Ehre, Österreich in dieser Frage auf europäischer Ebene vertreten zu dürfen, denn der in Österreich eingeschlagene Weg sei der absolut richtige.

Bundesrat Martin PREINEDER (V/N) erfuhr vom Bundeskanzler, dass er bemüht sei, auch jene Länder in Sachen Finanztransaktionssteuer ins Boot zu holen, die bislang einer solchen Idee noch skeptisch gegenüberstünden. Sodann erläuterte Faymann Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) die Lenkungseffekte der in Rede stehenden Steuer. Generell müsse aber festgehalten werden, dass Probleme der Spekulation vielmehr mit Richtlinien und Kontrolle der Richtlinien gelöst werden müssten. Dies gelte vor allem in Fragen des Devisenhandels.

Frage des Bundesrats Magnus BRUNNER (V/V):

Wann werden Sie dem Parlament eine Regierungsvorlage zur Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit, mit der auch an die 100 Sonderbehörden im Bund und in den Ländern abgeschafft werden sollen, vorlegen?

Antwort:

Kanzler FAYMANN berichtete von den aktuellen Verhandlungen und sagte, Ziel sei es, den ersten Text zu diesem Vorschlag noch im November vorzulegen, damit noch heuer ein beschlussreifer Entwurf vorgelegt werden könne. Sodann erklärte er der Bundesrätin Monika KEMPERLE (S/W) die geplante Neuausrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, von der man sich eine merkbare Effizienzsteigerung erwarte. Bundesrat Hermann BRÜCKL (F/O) versicherte Faymann, zu befürchtenden Mehrkosten würden auch erkennbare Einsparungen gegenüberstehen.

Frage der Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N):

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Risiken der grenznahen AKW für die österreichische Bevölkerung durch faire Haftungsregeln abgedeckt werden und haben Sie diesbezüglich nach Verbündeten auf europäischer Ebene gesucht?

Antwort:

Bundeskanzler FAYMANN konstatierte, dass die Diskussion zur Kernenergie im Fluss sei. Derzeit teilten nur wenige Staaten die Position Österreichs, doch habe man durch die Erfahrungen mit Fukushima zusätzliche Verbündete gewonnen.

Bundesrat Werner STADLER (S/O) sagte Faymann, man werde auch weiterhin von innen für die erforderlichen Änderungen in der Energiepolitik werben. Nachhaltige Erfolge könnten aber nur im internationalen Maßstab erzielt werden. Bundesrat Friedrich HENSLER (V/N) erfuhr vom Regierungschef, dass Österreich sich dafür einsetze, dass Mittel für einen Ausstiegsplan zur Verfügung stünden. Dieses Anliegen werde man weiterverfolgen. Bundesrat Peter MITTERER  (F/K) erläuterte Faymann die österreichische Strategie in Sachen Krsko.

Frage des Bundesrats Ewald LINDINGER (S/O):

Welche sind die nächsten Schritte zur Umsetzung der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit?

Antwort:

In der zweiten Oktoberhälfte werde es ein Treffen mit den Landeshauptleuten geben, und wenn man sich auf die wesentlichen Punkte einigen könne, dann dürfe man noch heuer mit einem verbindlichen Text rechnen, informierte Bundeskanzler FAYMANN. Bundesrat Karl PETRITZ (V/K) erfuhr vom Bundeskanzler die zu erwartenden nächsten Schritte der Verwaltungsreform aus Sicht der Länder. Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St) versicherte der Kanzler, dass sich auf Gemeindeebene in zentralen Verwaltungsfragen wenig ändern werde. Es würden aber intensive Gespräche unter Einbeziehung von Städten und Gemeinden dazu geführt.

Frage der Bundesrätin Bettina RAUSCH (V/N):

Welche gesetzlichen Maßnahmen schlagen Sie für eine transparente Inseratenvergabe vor?

Antwort:

Die Inseratenvolumina sollten völlig transparent gestaltet werden, betonte FAYMANN. Die diesbezügliche Debatte habe bereits Resonanz gefunden, man befinde sich also auf dem richtigen Weg. Bundesrat Michael LAMPEL (S/B) bekam vom Bundeskanzler zu hören, dass die Presseförderung evaluiert werde, woraus dann zu ersehen sein werde, ob mit der gewählten Vorgangsweise die Ziele erreicht werden könnten, oder ob es Adaptierungen bedürfe. Dem Bundesrat Hans-Jörg JENEWEIN (F/W) erklärte der Kanzler, die Einmietung in den News-Tower habe sich bewährt, die Sache sei auch politisch wie juristisch längst geklärt. Bundesrätin Jennifer KICKERT (G/W) erfuhr von Kanzler Faymann, welche Kompetenzen der geplante Beirat für die Transparenz der Inserate haben solle. (Fortsetzung Bundesrat)


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