Parlamentskorrespondenz Nr. 929 vom 13.10.2011

Verkehrsausschuss: Von der Schienen-Control bis zur Flugsicherung

Berichte und Abkommen passieren den Ausschuss

Wien (PK) – Ein breites Spektrum an Themen – von der Bahn bis zur Flugsicherung in Zentraleuropa – behandelte der Verkehrsausschuss in seiner heutigen Sitzung. Zunächst wurde der Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH (III-258 d.B.) einstimmig und der Bericht der Verkehrsministerin über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bahn (III-276 d.B.) mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen. Weiters genehmigte der Ausschuss einstimmig die gesetzlichen Grundlagen für die Errichtung des Funktionalen Luftraumblocks "Zentraleuropa" (1396 d.B. , 1394 d.B .). Ein Antrag des BZÖ betreffend Umsetzung der Rechungshof-Empfehlungen zur ÖBB (892/A)) wurde ebenso vertagt wie Initiativen von FPÖ, Grünen und BZÖ auf Aufrechterhaltung der ÖBB-Verbindung Graz-Linz (762/A(E ), 1259/A(E ), 752/A(E )). Vertagt wurden auch Anträge von Grünen und BZÖ zum Thema Schulbusse (67/A(E ), 1245/A(E )). Vertagt wurden schließlich auch Initiativen der Grünen betreffend Verkehrssicherheit (293/A(E )), klimagerechter Kfz-Verkehr (1263/A(E)) und Einführung eines LKW-Mautzuschlags im Unterinntal (1336/A(E)) sowie Anträge des BZÖ betreffend dreispuriger Ausbau der A 4 (1649/A(E)) und der FPÖ betreffend Änderung des Führerscheingesetzes(1683/A(E )).

Bures: 96,4 % aller Personenzüge sind pünktlich

Von positiven Auswirkungen der wirtschaftlichen Erholung im Jahr 2010 auf die Marktentwicklung im Bereich des Schienengüterverkehrs, aber auch hinsichtlich der Fahrgastzahlen spricht der Bericht der Schienen-Control GmbH ((III-258 d.B .), der vom Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Das Papier macht u.a. auch auf von der EU festgestellte Mängel bei der Umsetzung des 1. Eisenbahnpakets sowie auf Defizite bei den Kompetenzen der Schienen-Control im Schlichtungsverfahren aufmerksam. Im Zusammenhang mit dem Bericht der Schienen-Control wurde auch der Bericht über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bahn (III-276 d.B.) behandelt, der Bestellungen in der Höhe von 731 Mill. € für das abgelaufene Jahr ausweist und mit den Stimmen der Regierungsparteien zur Kenntnis genommen wurde.

In der Debatte brachte Abgeordnete Gabriela Moser (G) ihre Sorge um die Regionalbahnen zum Ausdruck und meinte, das Beispiel Niederösterreich lasse "kalte" Stilllegungen befürchten. Es sei nicht einzusehen, dass die Anhebung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen und die entsprechende diesbezügliche Gewinnsituation nicht zu einer Erweiterung des Angebots geführt habe. Kritik übte sie in diesem Zusammenhang auch an der Einstellung der IC-Verbindung Linz-Graz. Zweifel äußerte sie ferner an der vom Bericht propagierten Pünktlichkeit der Züge, die ihrer Einschätzung nach nur durch fahrplanmäßige Fahrzeitausweitungen zustande gekommen ist.

Abgeordneter Christoph Hagen (B) zeigte sich ebenso wie Abgeordneter Gerhard Deimek (F) nicht zufrieden mit der neuen Systematik des Berichts über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen und vermisste insbesondere Vergleichsmöglichkeiten  sowie Angaben über Öko-Bonus oder die Kosten der Schüler- und Lehrlingsfreifahrten. Deimek forderte in Bezug auf die Regionalbahnen einen Systemwechsel, bei dem sowohl Länder als auch Gemeinden stärker in die Pflicht genommen werden.

Abgeordnete Karin Hakl (V) bemängelte, dass die Vergabe der gemeinwirtschaftlichen Leistungen nicht öffentlich ausgeschrieben wurde. Ihr Fraktionskollege Abgeordneter Martin Bartenstein reagierte irritiert auf den Umstand, dass auf der Westbahnstrecke zwischen Wien und Salzburg keine gemeinwirtschaftlichen Leistungen mehr bestellt werden, zumal er dies im Zusammenhang mit dem von ihm ausdrücklich begrüßten Neuauftritt der privaten Westbahn als Konkurrenz zur ÖBB sah.

Abgeordneter Johann Hell (S) hielt zum Thema Regionalbahnen fest, man müsse sich dabei die Frage stellen, ob es sich wirklich für alle Strecken lohnt, Schienenverkehr abzuwickeln, oder ob auf manchen Strecken eine Kombination aus Schiene und Straße nicht besser wäre.

Verkehrsministern Doris Bures bekannte sich mit Nachdruck zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs als Ziel der Infrastrukturinvestitionen des Bundes. Was die gemeinwirtschaftlichen Leistungen betrifft, verwies sie zunächst auf die 71 Millionen bestellten Kilometer und stellte klar, wenn auf einer Strecke keinerlei Gewinnchance bestehe, dann werde ein gemeinwirtschaftlicher Leistungsvertrag abgeschlossen. Für Strecken wie die Westbahn zwischen Wien und Salzburg, die eigenwirtschaftlich geführt werden könne, gebe es hingegen keine Zuschüsse.

Die von der Opposition kritisierte fehlende Vergleichbarkeit bei den gemeinwirtschaftlichen Leistungen begründete sie mit dem gänzlich neuen System, bei dem unter Wahrung von Transparenz und Kontrollierbarkeit nunmehr Leistungen abgegolten und nicht wie bisher Subventionen gezahlt werden. Die Frage einer Ausschreibung habe sich nicht gestellt und sei nicht einmal durch die EU-Liberalisierung vorgesehen.

Zum Thema Zugverspätungen teilte Bures mit, dass mit Stand September 2011 96,4 % aller Personenzüge pünktlich waren, im Personenfernverkehr betrage die Pünktlichkeitsquote derzeit 86,3 %, im Personennahverkehr 96,9 %, "fast wie in der Schweiz", wie die Ministerin meinte. Bures kündigte weiters auch an, dass es bis 2014 keine Langsamfahrstrecken mehr geben werde.

"Bahn-Anträge" der Opposition vertagt

Nicht durchsetzen konnte sich Abgeordneter Christoph Hagen (B) mit seinem Antrag betreffend Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs zur ÖBB (892/A(E )), der v.a. Ruhestandsversetzungen und Pensionsberechnungen ins Auge fasst.

Verkehrsministerin Doris Bures bekräftigte, es sei ihr Ziel, die Beschäftigten bei der ÖBB länger im Betrieb zu halten und das Pensionsantrittsalter schrittweise anzuheben. Als Trendwende wertete sie dabei den Umstand, dass das durchschnittliche Pensionsantrittsalter bei der ÖBB im letzten bereits um ein Jahr erhöht werden konnte.

Der Antrag wurde unter Hinweis auf die angekündigte Überarbeitung des Dienstrechts mit S-V-Mehrheit vertagt.

Mit S-V-Mehrheit vertagt wurden auch die von den Abgeordneten Rainer Widmann (B), Werner Neubauer (F) und Werner Kogler (G) eingebrachten Entschließungsanträge (752/A(E ), 762/A(E ), 1259/A(E )) betreffend Absicherung der ÖBB-IC-Verbindungen Linz-Graz und Graz-Salzburg. Bures betonte dazu, auf den genannten Strecken würden täglich 250 Züge verkehren, man habe die für die Pendler wichtigen Verbindungen, so etwa Bischofshofen-Salzburg, sogar verstärkt. Die Einstellung der direkten IC-Verbindung Linz-Graz sei im Übrigen eine Entscheidung des Landes Oberösterreich gewesen. - Abgeordneter Johann Rädler (V) begründete die Vertagung mit Bestrebungen der ÖBB, eine Lösung zu finden.

Einstimmigkeit über funktionalen Luftraumblock "Zentraleuropa"

Einstimmig genehmigte der Ausschuss die gesetzlichen Grundlagen für die Schaffung eines funktionalen Luftraumblocks "Zentraleuropa" betreffend die Flugsicherungsdienste. Der Beschluss der Abgeordneten galt der Beendigung der nach EU-Recht nicht mehr anwendbaren CEATS-Vereinbarung über die Flugsicherungsdienste (1396.d.B.) sowie die Zustimmung zu einem Übereinkommen mit Bosnien-Herzegosina, Kroatien, Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Slowenien über die Errichtung eines EU-konformen Funktionalen Luftraumblocks "Zentraleuropa" (1394 d.B .)

Verkehrsministerin Doris Bures sprach in diesem Zusammenhang von einer Win-Win-Situation und wies ebenso wie Abgeordnete Gabriela Moser auf ökologische und wirtschaftliche Vorteile durch Verkürzung und Vermeidung von Warteschleifen hin.

Mehr Sicherheit in Schulbussen...

... verlangten Grüne und BZÖ in zwei Anträgen (67/A(E ), 1245/A(E)), die jeweils vertagt wurden. Konkret traten die Abgeordneten Gabriela Moser (G) und Sigisbert Dolinschek (B) in ihren Initiativen dafür ein, bei der Beförderung von Kindern in Schulbussen die Zählregel 1:1 anzuwenden und dadurch Kinder Erwachsenen gleichzustellen, was. wie sie argumentierten, der Platznot bei Schultransporten vorbeugen würde und damit im Sinne der Verkehrssicherheit sei.

Abgeordneter Josef Auer (S) und Bundesministerin Doris Bures stellten in kurzen Wortmeldungen dar, in welcher Weise die Verkehrssicherheit von Omnibussen in den letzten Jahren schrittweise deutlich verbessert werden konnte und bekannten sich zur Fortsetzung dieser Politik. Den Vorwurf der Abgeordneten Gabriela Moser, die Verbesserung der Sicherheit von SchülerInnen im Kraftlinienverkehr würde auf die lange Bank geschoben, wies die Ressortleiterin entschieden zurück.

Grüne Anträge für Verkehrssicherheit und klimagerechten Verkehr

In die Warteschlange verwies der Ausschuss mit seinem S-V-Vertagungsbeschluss auch ein von der Abgeordneten Gabriela Moser präsentiertes Maßnahmenpaket (293/A(E )) für mehr Verkehrssicherheit, dem das Ziel der so genannten "Vision Zero" für Unfalls- und Opferzahlen zugrunde liegt. Der Bogen spannt sich dabei von einer Anhebung der Strafen für Geschwindigkeitsübertretungen über eine weitere Absenkung des Alko-Limits bis hin zum Vorschlag einer "Gelben Karte" für WiederholungstäterInnen.

Gleichfalls vertagt wurde ein weiterer Entschließungsantrag (1263/A(E)) Mosers, der auf die Umsetzung der Empfehlungen des Umweltkontrollberichts für einen umwelt- und klimagerechteren Kfz-Verkehr pocht.

In der Debatte wiesen die Abgeordneten Gabriela Moser (G), Gerhard Deimek (F) und Christoph Hagen (B) übereinstimmend auf zunehmende Probleme bei der Einhaltung des Handy-Verbots beim Lenken eines Fahrzeugs hin. Laut Abgeordnetem Nikolaus Prinz (V) zeigten die positiven Tendenzen in den Verkehrsstatistiken der letzten Jahre deutlich, dass die Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit wirken. Verkehrsministerin Doris Bures unterstrich ihren Einsatz zur Fortsetzung des laufenden Prozesses für mehr Sicherheit auf den Straßen und für ein besseres Miteinander aller Formen der Mobilität. Die Kontrollen des Handy-Telefonierens wurden intensiviert, berichtete die Ministerin und teilte mit, dass sich auch die Möglichkeit, Fahrzeuge von Lenkern zu beschlagnahmen, die die Straßenverkehrsordnung nicht einhalten, bewährt habe, insbesondere gegenüber Autorasern aus dem Ausland. Dem Vorwurf der Abgeordneten Moser, der Bahnverkehr würde ausgedünnt, trat die Verkehrsministerin mit dem Hinweis auf zunehmende Transportleistungen und steigende Fahrgastzahlen bei den ÖBB hin. Dem Ziel, alle Verkehrsträger optimal miteinander zu verknüpfen, dient auch die Einrichtung einer Sektion ihres Ressorts, die sich speziell mit diesem Thema befasse, berichtete Bures.

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) sprach sich gegenüber Abgeordneter Moser für eine ausgewogene Verkehrspolitik aus, die nicht nur Rad- und Bahnfahrer, sondern auch jene Menschen berücksichtige, die mit dem Pkw auf den Straßen unterwegs sein müssen. Die Tempodisziplin habe sich auf den Straßen deutlich verbessert, lobte der Abgeordnete.

LKW-Maut Unterinntal, A 4-Ausbau: Oppositionsanträge vertagt

Keine Mehrheit fand in der Folge ein Vorstoß der Grünen auf Einhebung eines LKW-Mautzuschlags im Unterinntal (1336/A(E )), wobei Abgeordnete Gabriela Moser argumentierte, dies wäre nach der EU-Wegekosten-Richtlinie zulässig, Österreich sollte daher seinen Spielraum nützen.

Die Abgeordneten Karin Hakl (V) und Christoph Hagen (B) klagten hingegen über die Belastung der Tiroler mit vielen und hohen Mautabgaben und wandte sich dagegen, im Unterinntal eine Maut einzuführen, die keine Verkehrsverlagerung bringen werde, aber eine Senkung des BIP um 0,17 Prozent befürchten lasse, wie Hakl vorrechnete. Der kleine Glaserbetrieb mit einem möglicherweise alten Lkw werde übermäßig von einer solchen Maut belastet, exemplifizierte die Abgeordnete und verlangte Verhandlungen mit Bayern über eine Korridormaut von München bis Verona.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) schloss sich der Forderung nach einer Korridormaut an, merkte aber an, dass eine solche Mautlösung die Ausschöpfung aller nationalen Mautmöglichkeiten voraussetze. Ihr sei bewusst, dass die Wirtschaft unter dem schlecht ausgehandelten Transitvertrag leide, sagte die Abgeordnete.

Die Forderung des BZÖ nach einem dreispurigen Ausbau der A 4 (Ostautobahn) (1649/A(E )) wurde vom Antragsteller mit dem Hinweis auf das tägliche Verkehrschaos auf der Ostautobahn begründet. Den Vertagungsantrag des Abgeordneten Peter Stauber (S) unterstützte Abgeordneter Martin Bartenstein (V) mit dem Hinweis darauf, dass dieses Ausbauprojekt bereits in Planung sei.  

Führerscheinmitnahme bei Traktorfahrten: FPÖ will Gesetzesänderung

Als praxisfern und bauernfeindlich kritisierte Abgeordneter Harald Jannach (F) die derzeitige Gesetzesbestimmung, wonach bei Fahrten mit dem Traktor und anderen landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen stets der Führerschein mitzunehmen ist. Sein Antrag auf Einführung einer Ausnahmebestimmung im Führerscheingesetz für Fahrten im Umkreis von 10 km vom dauernden Standort des Fahrzeugs (1683/A(E)) wurde zwar mit vertagt, in der Debatte zeigten sich die Abgeordneten Sigisbert Dolinschek (B), Johannes Schmuckenschlager (V) und der Antragsteller aber darin einig, dass man so rasch wie möglich eine praxistauglichere Lösung einführen sollte. (Schluss)