Parlamentskorrespondenz Nr. 1202 vom 07.12.2011

Fragestunde mit Bundesminister Reinhold Mitterlehner

Breites Themenspektrum aus Wirtschaft, Familie und Jugend

Wien (PK) – Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eröffnete heute Morgen die 137. Sitzung des Nationalrats. Da Abgeordneter Ewald Stadler (B) auf sein Mandat verzichtet hat, wurde vor Eingang in die Tagesordnung Elisabeth Kaufmann-Bruckberger als neue Mandatarin des BZÖ angelobt. Die Sitzung begann mit einer Fragestunde, in der der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, Reinhold Mitterlehner, den Abgeordneten Rede und Antwort stand.

Frage des Abgeordneten Christoph Matznetter (S):

Basel III wird sich restriktiv auf die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen auswirken. Welche Maßnahmen werden insbesondere im Rahmen der Austria Wirtschaft Service (AWS) dagegen gesetzt?

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner

führte erläuternd aus, dass das Austria Wirtschaft Service auf die schon bisher bewährten Maßnahmen setze, wie etwa die Gewährung von ERP-Krediten (bis zu 600 Mio. €), die Übernahme von Garantien und Haftungen und auf die Bereitstellung von Venture Kapital. Außerdem habe man die Serviceleistungen des AWS effizienter gestaltet und z.B. die Durchlauf- und Bearbeitungszeiten verbessert. Zu einer weiteren Frage des Abgeordneten Konrad Steindl (V) betreffend Risikokapital-Investments merkte der Wirtschaftsminister an, dass sich die Situation durch Basel III verbessern wird. Außerdem werde die öffentliche Hand in bestimmte Fonds investieren, wodurch etwa 50 Mio. € für Venture Kapital zur Verfügung stehen werden. Dem B-Mandatar Ernest Windholz teilte Mitterlehner mit, dass Österreich auf EU-Ebene darauf dränge, bei der Vergabe von bestimmten Krediten an KMU eine Eigenunterlegung von 60 % (statt 80 %) als ausreichend angesehen wird; entsprechende Studien wurden den zuständigen Kommissaren übermittelt. Was die Einpersonen- und Kleinbetriebe angeht, so wurde die Vergabe von Kleinkrediten forciert, informierte Mitterlehner. Überdies soll deren sozialversicherungsrechtliche Position noch besser abgesichert werden (Frage von Abgeordneter Ruperta Lichtenecker, G). Dem Abgeordneten Josef Jury (F) versicherte der Ressortchef, dass es ihm ein Anliegen sei, die Steuer- und Abgabenquote zu senken.

Frage des Abgeordneten Peter Haubner (V):

Welche Strategien planen Sie im Export im Hinblick auf die sich eintrübende europäische Konjunktur?

Antwort: Der Wirtschaftsminister teilte dem Fragesteller mit, dass laut aktuellen Zahlen sowohl die Exporte (ca. 7-8 %) als auch die Importe ansteigen. Es müssen daher zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um die Exporte weiter zu diversifizieren, um die Abhängigkeit von Europa – 82 % der Exporte gehen in den europäischen Raum – zu reduzieren. Auch was die Produkte anbelangt, so versuche man, den Schwerpunkt eher weg vom Investmentgüterbereich und mehr hin zum Dienstleistungs- und Kreativbereich zu legen (Abgeordnete Elisabeth Hakel, S).

Ein Fokus werde auch auf den Sektor "green technologies" gelegt, da diese etwa in den USA oder in Singapur stark nachgefragt werden (Frage des Abgeordneten Christian Höbart, F). Bei der "Marke Österreich" gehe es vor allem darum, den Außenauftritt noch besser zu koordinieren, stellte Mitterlehner gegenüber dem Abgeordneten Peter Haubner (V) fest. Länder, die eine solche Strategie verfolgen haben mehr Erfolg im Export und im Tourismus, war der Minister überzeugt.

Was die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern angeht, so glaube er, dass damit kein entscheidender Kostenfaktor verbunden ist. Es handle sich um eigenständige Körperschaften, die für ihre Bereiche selbst Entscheidungen treffen können (Frage des B-Abgeordneten Gerald Grosz).

Frage des Abgeordneten Bernhard Themessl (F):

Was gedenken Sie gegen den eklatanten Fachkräftemangel in heimischen Betrieben zu unternehmen?

Antwort: Bundesminister Mitterlehner räumte gegenüber dem Fragesteller ein, dass im qualitativen Bereich ein Fachkräftemangel bemerkbar sei, und zwar vor allem in den technischen Berufen und im Tourismus. Neben einer Qualifikationsoffensive, für die das AMS und somit der Sozialminister zuständig ist, setze sein Ressort vor allem auf Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie (z.B. mehr Kinderbetreuungsangebote am Nachmittag) sowie auf zusätzliche Förderangebote für die Lehrlinge. Dem S-Abgeordneten Franz Riepl, der sich um die Ausbildungsqualität in der Lehre Sorgen machte, informierte der Minister, dass nun die Lehrabschlussprüfung verbessert und moderner gestaltet wird. Insgesamt stehen 302 Mio. € für die Berufs- und Lehrlingsausbildung zur Verfügung (Frage des Abgeordneten Franz Hörl, V). Mitterlehner sprach sich gegen die gesetzliche Festlegung eines Mindestlohns für Lehrlinge – eine Forderung des Abgeordneten Stefan Markowitz (B) – aus, dies müsse die jeweilige Branche selbst festlegen.

Der Abgeordneten Ruperta Lichtenecker (G) teilte der Ressortchef mit, dass im Rahmen der Krisenbekämpfung die Mittel für Forschung und Entwicklung beträchtlich erhöht wurden.

Frage der Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker (G):

Wie erklären Sie, dass es Ihnen in den fast zwei Jahren seit Beschlussfassung der "Energiestrategie 2020" nicht gelungen ist, einen Entwurf für das als Schlüsselmaßnahme angekündigte Energieeffizienzgesetz vorzulegen?

Antwort des Bundesministers:

Man arbeite intensiv daran, ein Energieeffizienzgesetz vorlegen zu können, unterstrich der Bundesminister. Die Verzögerung ergebe sich dadurch, dass man noch versuche, eine neue EU-Richtlinie einzuarbeiten, wobei teilweise die Länder die Kompetenz für sich reklamieren. Dieser Abstimmungsprozess mit den Ländern ist am Laufen, aber sehr zeitaufwändig. Es soll auf jeden Fall vermieden werden, dass österreichweit agierende Betriebe in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Vorgaben erfüllen müssen. Anfang Jänner soll ein Begutachtungsentwurf vorgelegt werden.

Die Regierung unterstütze weiterhin die Gebäudesanierung und Wärmedämmung mit 100 Mio. €, führte der Minister aus. Was die Mobilitätsfrage betrifft, so müssen die Länder dazu bewegt werden, ihre Förderungen zu erhöhen. (Fragen des V-Mandatars Franz Glaser) Generell gab der Minister jedoch zu bedenken, dass alle nationalen Anstrengungen in Richtung Energieeffizienz und erneuerbare Energien nur dann Sinn machten, wenn sich auch der Rest der Welt daran beteiligt (Frage des Abgeordneten Hannes Weninger, S).

In Bezug auf die geplante Schiefergas-Förderung in Poysdorf merkte Mitterlehner an, er freue sich, wenn österreichische Vorkommen gefunden werden, wobei bei der Förderung natürlich die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden müssen (Frage des Abgeordneten Rainer Widmann, B).

Frage des Abgeordneten Ernest Windholz (B):

Aus welchem Grund haben Sie als Wirtschaftsminister im Ministerrat einer Schuldenbremse ohne zeitgleiche Festschreibung einer Steuer- und Abgabengrenze in der Verfassung die Zustimmung erteilt?

Antwort:

Als Wirtschaftsminister liege ihm vor allem die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft am Herzen, deren Unterstützung angesichts der guten Exportquote auch gegeben ist. Der Forderung des Abgeordneten Windholz könne er wenig abgewinnen, weil dadurch die Handlungsfähigkeit des Parlaments extrem eingeschränkt würde. Man könne jedoch davon ausgehen, dass sich seine Partei dafür einsetzt, die Steuer- und Abgabenquote, die mit 44,4 % schon relativ hoch ist, nach unten zu bringen, und zwar in Verbindung mit einer effizienten Ausgabenreform. Von primärer Bedeutung sei jedoch eine positive Wirtschaftsentwicklung, um die Ziele hinsichtlich der Staatsschulden bis 2017 erreichen zu können (Frage des Abgeordneten Alois Gradauer, F). Es sei ihm deshalb auch ein großes Anliegen die Effizienz der Wirtschaftsförderung weiter voranzutreiben, wobei es gute Abstimmung zwischen Bund und Ländern geben soll (Frage des Abgeordneten Josef Lettenbichler, V). Ablehnend stand Mitterlehner hingegen der Einführung einer Vermögenssteuer gegenüber, weil sie nicht nur schwer einzuheben wäre, sondern auch die Leistungskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Landes schwäche (Frage des Abgeordneten Werner Kogler, G).

Frage der Abgeordneten Gabriele Binder-Maier (S):

Welche Maßnahmen, insbesondere auf der Einnahmenseite, werden Sie treffen, um die zukünftige Finanzierung des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) sicherzustellen?

Antwort:

Der FLAF habe in letzter Zeit eine Fülle von Leistungen aufgebürdet bekommen, betonte Minister Mitterlehner, wodurch nur mehr 50 % der Mittel konkret für die Familien ausgeschüttet werden. Er bemühe sich daher unter anderem, Leistungen, die nicht dazu gehören (z.B. Unterhaltsvorschüsse), wegzubringen, um den Spielraum des FLAF zu erhöhen. Eine Einnahmenerhöhung hielte er angesichts der wirtschaftlich schwierigen Zeiten für eine unangemessene und unrichtige Maßnahme. Der Weg gehe daher in Richtung Konsolidierung und besserer Koordinierung mit den Ländern, aber auch in Richtung Ausweitung der Leistungen (z.B. Familienbehilfe).

Zum Thema Kinderbetreuungsgeld informierte der Ressortchef, dass die beiden neuen Zusatzvarianten sehr gut angenommen werden. Im konkreten haben 14,46 % der Eltern von im Jahr 2011 geborenen Kindern das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld gewählt und 4,69 % die Pauschalvariante. Die Väterbeteiligung liegt bei diesen Modellen bei 26,53 % bzw. bei 31,44 %. Nicht zustimmen werde er der Abschaffung der Zuverdienstgrenze, da sonst der Mitnahmeeffekt größer wird (Frage des Abgeordneten Gerhard Huber, B).

Frage der Abgeordneten Ridi Maria Steibl (V):

Zu welchen Ergebnissen kommt die von Ihnen in Auftrag gegebene Studie des Instituts für Höhere Studien zur Struktur und Zukunft des Familienlastenausgleichsfonds?

Antwort:

Bundesminister Reinhold Mitterlehner bedankte sich für die Frage und ging auf die zentralen Ergebnisse der Studie ein: Aufgrund der kontinuierlichen Schwerpunktsetzung der Familienpolitik und der Übernahme von zusätzlichen Leistungen aus anderen Ressorts habe sich die Ausgabenseite viel stärker entwickelt als die Einnahmenseite. Die FLAF-Leistungen sollten daher auf Familienrelevanz geprüft werden. Bedingt familienrelevant sind z.B. Unterhaltsvorschüsse, Untersuchungskosten im Schulbereich oder diverse Versicherungsleistungen.

Um in Zukunft effizienter agieren zu können, brauche man daher mehr Transparenz und eine bessere Zuordnung der Leistungen, wodurch eine bessere Gesamtsteuerung möglich ist.

Zum Thema Jugendschutz führte der Ressortchef aus, dass man abermals einen Anlauf nehme, um eine gemeinsame Regelung zu finden (Abgeordnete Ursula Haubner, B). (Schluss Fragestunde/Fortsetzung Nationalrat)