Parlamentskorrespondenz Nr. 97 vom 14.02.2012

Die im Wirkungsbereich des Bundeskanzlers liegenden EU-Vorhaben 2012

Gemeinsamer Bericht des Bundeskanzleramts und des Frauenministeriums

Wien (PK) – Dem Nationalrat liegt der gemeinsame Bericht des Bundeskanzleramts und des Frauenministeriums über EU-Vorhaben 2012, für die das Bundeskanzleramt (gegebenenfalls gemeinsam mit anderen Ressorts) zuständig ist, vor (III-297 d.B.). Er beruht auf dem Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2012 und dem 18-Monatsprogramm des Rates für 2011/2012.

In dem am 15. November 2011 angenommenen Arbeitsprogramm der EK finden sich unter dem Titel "Europäische Erneuerung" vier politische Prioritäten: Ein Europa der Stabilität und Verantwortung, Schaffung einer Union nachhaltigen Wachstums und der Solidarität, mehr Gewicht der Stimme der EU auf der internationalen Bühne sowie intelligente Rechtssetzung und Umsetzung. Für 2012 ist die Annahme von 129 Initiativen vorgesehen. Die dänische Präsidentschaft der ersten Jahreshälfte 2012 wird sich auf notwendige Maßnahmen angesichts der wirtschaftlichen und finanziellen Situation und den Mehrjährigen Finanzrahmen, die Stärkung des Binnenmarktes, Förderung von "green growth" für ein Grünes Europa und die Umsetzung des Stockholmer Programms für ein sicheres Europa konzentrieren. Auch Fragen der Gleichstellung von Frauen und Männern im Rahmen der EU 2020-Strategie sind für die dänische Ratspräsidentschaft prioritär.

Die Programme der Tagungen des Europäischen Rates 2012

Der Europäische Rat am 1. und 2. März 2012 wird die Themen

Europäisches Semester, Binnenmarkt und wachstumsfördernde Maßnahmen und Stabilität behandeln. Der völkerrechtliche Vertrag zur Koordination und Steuerung innerhalb der WWU berührt institutionelle Fragen und die Architektur der Eurozone. Im Zentrum des Vertrags steht der Fiskalpakt mit der "Schuldenbremse". Österreich begrüßt eine bessere fiskal- und wirtschaftspolitische Koordination in der Eurozone und unterstützt die Bemühungen, den Inhalt des Vertrags in den institutionellen Rahmen der EU 27 zu überführen. Darüber hinaus geht es auch um den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), die Vorbereitung des G-20-Gipfels, eventuell auch die Schengen-Erweiterung und die Frage des Status eines Bewerberlands für Serbien. Es werden auch die EU-Position für die UN-Konferenz über nachhaltige Entwicklung ("Rio+20") und ein Personalpaket behandelt.

Für die Ratstagung am 28./29. Juli sind die Befassung mit dem Europäischen Semester als Rahmen für die Umsetzung der Europa 2020 Strategie zur Behandlung vorgesehen, sowie der Euro-Plus-Pakt mit dem Schwerpunkt auf der Koordinierung der Steuerpolitik in der EU. Auch der Mehrjährige Finanzrahmen 2014 bis 2020, der ebenfalls an den Zielen von Europa 2020 ausgerichtet ist, wird debattiert werden. Österreich befürwortet dabei die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Als Nettozahler steht es hingegen auf dem Standpunkt, dass der bisherige Vorschlag der Europäischen Kommission  hinsichtlich der Verpflichtungen und Zahlungen der Mitgliedstaaten zu hoch ist.

Auf der Agenda der Tagung werden auch die Durchführung von AKW-Stresstests und die Befassung mit der Evaluierung des 2008 beschlossenen Europäischen Paktes zu Einwanderung und Asyl stehen. Voraussichtlich wird sich der Rat mit dem bisherigen Verlauf der Beitrittsverhandlungen mit Montenegro befassen.

Europäische Herausforderungen Institutionenreform und Datenschutz

Institutionelle Fragen betreffen neben dem "Fiskalpakt" auch den Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Regelung des Status der Europäischen Parteien. Zum 18-Monatsprogramm gehören ferner Bemühungen zu einer effizienteren Gestaltung der Gemeinschaftsstatistiken. Im Bereich Öffentlicher Dienst liegt ein Vorschlag zur Reform des EU-Beamtenstatus vor. Es geht um neue Gehaltsregelungen und Pensionsregelungen, die auf eine Verlängerung des aktiven Verbleibs in den Institutionen abzielen. 

Zum Thema öffentliches Auftragswesen hat Österreich legislative Maßnahmen für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionsverträgen grundsätzlich abgelehnt, da nach heimischer Auffassung der Handlungsspielraum öffentlicher Stellen nicht eingeschränkt werden sollte. Der Verordnungsvorschlag über den Zugang von Unternehmen und Waren aus Drittländern zum EU-Markt für öffentliche Aufträge wird grundsätzlich begrüßt, Österreich nimmt aber eine abwartende Haltung ein.

Im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie findet sich der europaweite Rahmen für elektronische Identifizierung, Authentifizierung und Signatur im Arbeitsprogramm der Kommission, sowie auch die Europäische Strategie für Internetsicherheit. Für heuer wird auch die Vorlage einer EU Cloud Computing Strategie erwartet. Die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) soll während der kommenden Präsidentschaften zügig modernisiert und der E-Government-Aktionsplan 2011-2015 unterstützt werden. Hier will Österreich seine Vorreiterrolle behalten.

Im 18-Monatsprogramm ist auch die Annahme eines neuen umfassenden Rechtsrahmens zum Schutz personenbezogener Daten in der EU enthalten. Österreich sieht dabei das in der Richtlinie 95/46/EG vorgegebene Niveau des Datenschutzes als grundsätzlichen Maßstab für ein allenfalls umfassendes Datenschutzrechtsinstrument an und steht auf dem Standpunkt, es dürfe nicht unterboten werden. Zahlreiche datenschutzrelevante Initiativen gibt es auch im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit. Auch hier ist die Einhaltung des Datenschutzes für Österreich ein zentrales Anliegen.

Im Rahmen der Kohäsions- und Regionalpolitik gilt der EU-Strategie für den Donauraum das besondere Interesse Österreichs, sie befindet sich derzeit in der Umsetzungsphase. Zu ihr soll es Ende 2012 einen ersten Fortschrittsbericht geben.

Die EU ist insbesondere um die verbesserte Vermittlung der Leistungen der Union an die Bürgerinnen und Bürger bemüht. Kommunikationspriorität haben dabei Themen wie Konjunkturaufschwung, Schaffung eines Europa der BürgerInnen und optimale Würdigung und Nutzbarmachung der EU-Politik.

Gleichstellung ist Teil der Europa 2020-Strategie

Im Rahmen der Strategie Europa 2020 sind auch eine Reihe von Vorhaben zur Gleichstellung von Frauen und Männern innerhalb der Europäischen Union formuliert worden. Hier geht es etwa um die Ausgewogenheit zwischen den Geschlechtern in der Beschäftigung, um gleiche Aufstiegschancen und um die Reduktion des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen. Die kommenden Präsidentschaften werden den Themenkomplexen Frauen und Wirtschaft, Geschlecht und Ausbildungsentscheidungen, Frauen und Umwelt sowie der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ihr besonderes Augenmerk schenken. Bei der 56. Sitzung der UN-Frauenstatuskommission vom 27. Februar bis 9. März 2012 will die dänische Präsidentschaft für ein starkes Engagement der EU sorgen. (Schluss)