Parlamentskorrespondenz Nr. 235 vom 28.03.2012

Nationalrat gibt grünes Licht für Konsolidierungspfad

Opposition kritisiert Konsolidierungskurs als unrealistisch

Wien (PK) – Nach einer hitzigen, äußerst kontroversiellen Diskussion und namentlichen Abstimmungen gab heute das Nationalratsplenum mit den Stimmen der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP unter Berücksichtigung zweier von den Regierungsparteien eingebrachter Abänderungsanträge grünes Licht für die beiden Stabilitätsgesetze 2012 (1680 d.B. und 1685 d.B.). Ebenfalls mit S-V-Mehrheit passierten ein neuer Bundesfinanzrahmen 2013 bis 2016 und begleitenden Änderungen im geltenden Finanzrahmen sowie im laufenden Bundesfinanzgesetz (1681 d.B.) den Nationalrat.  

Das Spar- und Konsolidierungspaket sieht Einsparungen sowie Abgaben- und Steuererhöhungen im Ausmaß von 27,9 Mrd. € vor. Es enthält für die Jahre bis 2016 Budgeteinsparungen von 17,3 Mrd. €, Mehreinnahmen von 9,2 Mrd. € durch neue Steuern sowie Maßnahmen bei den Sozialversicherungen mit einem positiven Budgeteffekt von 1,4 Mrd. €. Das Defizit des Gesamtstaates (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen) soll bereits 2012 auf EU-konforme 3% des BIP und dann weiter auf null im Jahr 2016 sinken. Die vorgesehenen Steuererhöhungen sollen bereits am 1. April mit dem 1. Stabilitätsgesetz 2012 in Kraft treten, das 2. Stabilitätsgesetz 2012 mit Budgeteinsparungen soll ab Mai gelten.

Durch die Abänderungen zu den beiden Stabilitätsgesetzen ändert sich an den vom Budgetausschuss beschlossenen Eckdaten des Bundesfinanzrahmens und des Bundesfinanzgesetzes 2012 nichts.

Unter anderem wollen die Koalitionsparteien den verlängerten Dienstplan im öffentlichen Dienst nun doch nicht vollständig abschaffen und die Streitwertgrenzen bei Bezirksgerichten nicht, wie ursprünglich vorgesehen, ab 2013, sondern schrittweise bis 2016 auf 25.000 € anheben. Weiters wird die Härtefallregelung für den Bezug einer Invaliditätspensionen unbefristet verlängert und die Mindestbeitragsgrundlage im Bereich der Gewerblichen Sozialversicherung nur bis zum Jahr 2017 auf 654,83 € eingefroren und danach bis zum Jahr 2022 sukzessive auf die ASVG-Geringfügigkeitsgrenze abgesenkt. Durch Änderungen im Aktiengesetz wird es unter bestimmten Voraussetzungen nun doch möglich sein, in der "Cooling-off-Phase" von zwei Jahren ehemalige Vorstände in den Aufsichtsrat zu berufen, allerdings nicht als Aufsichtsratsvorsitzende. Bezüglich der Entlohnung von ManagerInnen in staatsnahen Unternehmen werden Klarstellungen im Stellenbesetzungsgesetz vorgenommen.

Das Baulandumlegungsverfahren wird hinsichtlich der steuerrechtlichen Folgen den agrarischen Zusammenlegungs- und Flurbereinigungsverfahren gleichgestellt. Darüber hinaus wird zur Vermeidung von Härten die Einschränkung der Möglichkeit, bei der Vermietung von Grundstücken und bei den Leistungen der Wohnungseigentumsgemeinschaften auf die Steuerbefreiung zu verzichten, vom 1. April 2012 auf 1. September 2012 verschoben. Zudem geht es um eine Änderung bei der Bundesabgabenordnung und beim Pensionskassengesetz, wodurch mittels der Anhebung der Grenze für Pensionen aus einer Pensionskasse mehr Personen die Möglichkeit gegeben werden soll, einmalig 20% statt 25% ihres Deckungskapitals pauschal zu besteuern.

Einwendungsdebatte und Kurzdebatte über Anfragebeantwortung

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer gab bekannt, dass die FPÖ eine Debatte über die schriftliche Beantwortung 10262/AB der Anfrage 10372/J an den Bundeskanzler betreffend "Satte Rabatte für Werbeinserate – Verhandlungsgeschick des BKA bei entgeltlichen Einschaltungen" verlangt hat. Die Diskussion darüber findet um 15 Uhr statt.

Begonnen wurde die Sitzung jedoch mit einer Einwendungsdebatte gegen die Tagesordnung. Das BZÖ verlangte, die ersten drei Punkte, die das Spar- und Konsolidierungspaket betreffen, von der Tagesordnung abzusetzen.

Der Nationalrat genehmigte darüber hinaus auch das Abkommen, wodurch die EU der Weltzollorganisation beitritt.

Spar- und Konsolidierungspaket – Opposition fordert "zurück an den Start"

BZÖ-Klubobmann Josef BUCHER (B) beantragte, die Punkte 1 bis 3, das "Sparpaket", eine einzigartige "Schröpfaktion" der Bundesregierung, wie der Redner kritisierte, von der Tagesordnung abzusetzen, an den Budgetausschuss zurückverweisen und neu zu verhandeln. "Alle ExpertInnen", so Bucher, seien sich im Ausschuss einig gewesen, dass das Konsolidierungspaket der Bundesregierung auf falschen Zahlen fuße. Bucher sprach von einer "Mogelpackung", die in einem noch nie dagewesenen Tempo durch das Parlament gepeitscht werden solle, in einem Tempo, das selbst den Bundespräsidenten verwundert habe.

Die ÖVP habe ursprünglich Reformen vorantreiben und das System verändern wollen - was nun aber schon am 1. April in Kraft treten soll, seien Teuerungen zu Lasten der Bevölkerung, während Reformen auf die lange Bank geschoben würden. Neun Milliarden Euro betragen die geplanten Steuererhöhungen, klagte Bucher und untermauerte seine Kritik an einer "unseriösen Vorgangsweise" mit dem Hinweis darauf, dass die Finanztransaktionssteuer und das Steuerabkommen mit der Schweiz und die diesbezüglichen Einnahmen nicht wie geplant durchsetzbar seien. "Zurück an den Start, Reformen und Systemveränderungen statt einer Bundesregierung, die den Menschen ständig auf der Nase herumtanzt", sagte der BZÖ-Klubobmann.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) schilderte eingangs die kritische Situation, in der sich die EU befinde und in der die Bundesregierung verantwortungsvoll handle. Demgegenüber versuche die Opposition unverständlicherweise, parteipolitisches Kleingeld zu machen. Matznetter wies auf das Beispiel Griechenlands hin, das sich seit 2010 nicht mehr refinanzieren könne und es hinnehmen musste, dass Experten aus dem Ausland ins Land kommen und dem Parlament vorschreiben, was es beschließen dürfe und was nicht. Eine solche Situation gelte es in Österreich zu verhindern, sagte Matznetter und unterstrich die Notwendigkeit, die finanzielle Handlungsfähigkeit und Unabhängigkeit Österreichs sowie seine Spitzenposition bei Wachstum und Beschäftigung zu sichern. Dafür steht diese Bundesregierung, hielt der Abgeordnete fest, der sich nachdrücklich dazu bekannte, die Budgetkonsolidierung ohne Erhöhung von Massensteuern und ohne Maßnahmen umzusetzen, die die Konjunktur bremsen. Stattdessen werde die Gruppenbesteuerung "nachgeschärft" und ein Lückenschluss bei der Immobilienbesteuerung herbeigeführt. Österreich erfülle seine EU-Verpflichtungen, stärke die Konjunktur und setze eine vernünftige Haushaltspolitik um. Das BZÖ hingegen sei nicht geeignet, Verantwortung für dieses Land zu tragen, meinte er.

Abgeordneter Jakob AUER (V) konnte die Aufregung des BZÖ-Klubobmanns Bucher nicht verstehen. Was die Bundesregierung vorgelegt habe, sei ein großes Reformpaket, mit dem das Haushaltsdefizit eingebremst und die Staatsschulden bis 2017 auf 60% des BIP reduziert werden. Es gehe darum, das Triple A-Rating zurückzugewinnen und dafür zu sorgen, dass Österreich Geld nicht für Zinsen, sondern für die Nutzung erneuerbarer Energieträger und andere sinnvolle Zukunftsinvestitionen ausgeben könne. Die Anhebung des Pensionsantrittsalters um ein Jahr bis 2020 bringe 1,4 Mrd. € für das Budget, rechnete der Obmann des Budgetausschusses vor und würdigte die enorme Arbeit, die die Bundesregierung, die BeamtInnen in den Ressorts und das Verhandlungsteam der Koalitionsparteien erledigt haben, um den ambitionierten Fahrplan für dieses Konsolidierungspaket einhalten zu können. Die Einwendungen des BZÖ gegen die Tagesordnung seien nicht nachvollziehbar, weil der parlamentarische Fahrplan einstimmig zwischen allen Klubs akkordiert worden sei. Der inhaltlichen Kritik Buchers an der Konsolidierungspolitik der Bundesregierung und am vorgelegten Stabilitätspaket begegnete Auer mit dem Hinweis auf jüngste optimistische Konjunkturprognosen, die zeigten, dass die politischen Rahmenbedingungen passen, um den Unternehmen und ihren hervorragenden MitarbeiterInnen eine erfolgreiche wirtschaftliche Zukunft zu ermöglichen.

Abgeordneter Martin STRUTZ (F) unterstützte die Einwendungen des BZÖ gegen die Tagesordnung und teilte die Einschätzung, dass die Bundesregierung dem Parlament ein Belastungspaket vorgelegt habe, das auf falschen Zahlen beruhe. Die Finanzministerin habe sich in ihrer Erwartung, Einnahmen aus einer EU-Finanztransaktionssteuer und einem Steuerabkommen zu sichern, sowohl von Seiten Deutschlands als auch der Schweiz eine Abfuhr geholt, dieses Konsolidierungspaket enthalte Einnahmenschätzungen, die nicht der Realität entsprechen. Darüber hinaus wies Abgeordneter Strutz auf die Kritik der Arbeiterkammern und des ÖGB hin, die mit dem Verlust von 10.000 Arbeitsplätzen in Folge des Sparpakets rechnen. Die fehlenden Einnahmen würden zu einer Finanzierungslücke von 2,5 Mrd. € führen, was schon in wenigen Monaten ein neues Sparpaket notwendig machen werde, sagte Abgeordneter Strutz und erinnerte an Vorschläge der FPÖ, endlich die Rechnungshofempfehlungen für eine Verwaltungsreform umzusetzen, um das Budget ohne Belastung der Bevölkerung zu sanieren.

Abgeordneter Harald WALSER (G) warf den Freiheitlichen und der Volkspartei vor, mit ihrer Politik die "Superreichen" zu unterstützen und erinnerte diese beiden Parteien an ihre Verantwortung für die Ernennung Karl-Heinz Grassers zum Finanzminister. Das vorliegende Konsolidierungspaket sei sozial unausgewogen und stimme nicht mit den Versprechungen überein, die die Koalitionsparteien den Menschen gemacht haben. Aus diesem Grund kommentierten Medien das Sparpaket als Zeichen für "Frechheit oder Unfähigkeit oder beides", sagte Walser. Während PensionistInnen zur Kasse gebeten werden, habe die Bundesregierung kürzlich geplant, für 8 Mrd. € "Luxuskarossen" für PolitikerInnen anzuschaffen, die eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 200 km/h fahren, obwohl dies nirgendwo in Österreich erlaubt sei. Damit leiste die Bundesregierung einer undifferenzierten Hetze gegen die EU Vorschub – in einer Zeit, in der die Menschen dringender denn je auf das Funktionieren einer europäischen Konsolidierungsgemeinschaft angewiesen wären. "Die Grünen treten für eine solidarische Verwaltungsreform ein und sind bereit, sinnvolle und sozial ausgewogene Maßnahmen mitzutragen", hielt der Redner fest.

Abgeordnete Angela LUEGER (S) erinnerte daran, dass die Staatsverschuldung nicht deshalb gestiegen sei, weil ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen über ihre Verhältnisse gelebt oder die Verwaltungskosten zugenommen hätten. Für die Finanz- und Wirtschaftskrise seien Banken und Finanzmärkte verantwortlich, die Bundesregierung sei gezwungen gewesen, die Konjunktur anzukurbeln und die Beschäftigung zu sichern. Jetzt gehe es darum, das Land von den Finanzmärkten unabhängig zu machen, und zwar in einer sozial ausgewogenen Form, hielt Lueger fest. Für die SPÖ sei es ausgeschlossen, das Budget nur ausgabenseitig zu sanieren. Daher enthalte das vorliegende Paket keine Erhöhung von Massensteuern und keine Nulllohnrunde für PensionistInnen wie in vielen anderen Ländern. Die Bundesregierung setze auf Offensivmittel für Bildung, Pflege und Forschung und sichere die Spitzenposition Österreichs bei Beschäftigung und Wachstum. "Wir brauchen dieses Stabilitätspaket jetzt", sagte die Abgeordnete.

Abgeordneter Werner AMON (V) zeigte sich überrascht von den Einwendungen der Opposition gegen die Tagesordnung und meinte, die Oppositionsparteien sollten sich entscheiden, ob sie bei ihrer Kritik an einer zu langsamen Vorgangsweise der Bundesregierung bleiben oder Kritik an zu raschen Entscheidungen vorbringen wollten. Die Regierung handle verantwortungsbewusst, um die Staatsfinanzen in Ordnung und die Steuer- und Abgabenquote möglichst gering zu halten. Die Freude der Opposition über Probleme bei dem Versuch, Schwarzgelder, die in der Schweiz veranlagt sind, zu besteuern, hielt der Redner für unverständlich, wenn man gleichzeitig über enorme Einkommen und Vermögen der Superreichen klage. Die Bevölkerung trage das Sparpaket jedenfalls mit und sei bereit, einen Beitrag zur Sanierung des Budgets zu leisten. 77% des Sanierungsvolumens resultierten aus Ausgabeneinsparungen, nur 23% aus höheren Einnahmen. "Dieses Paket ist sozial ausgewogen und eröffnet den Kindern ein neues Stück Zukunft!", schloss Werner Amon.

Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) sah sich angesichts der Ausführungen seines Vorredners in eine "Märchenstunde" versetzt und erinnerte Abgeordneten Amon an den Bruch des Vertrauensschutzes bei den Bausparverträgen. Die SPÖ erinnerte Vilimsky an die Mitverantwortung ihres ehemaligen Finanzsprechers Novotny als EZB-Ratsmitglied für die Politik der EU-Troika gegenüber Griechenland, wo demokratische Rechte des Parlaments ausgehöhlt werden. Die Einwendungen gegen die Tagesordnung unterstützte der Redner und wandte sich gegen die "unseriöse Vorgangsweise" beim Sparpaket, die ihn an den Satz Bismarcks erinnere: "Je weniger die Menschen wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie." Eine Währungskrise ortete der Redner nur in den USA und in der Eurozone – in Schweden, in der Schweiz oder in Norwegen gebe es keine Krise und das zeige, dass der Euro von Anfang an eine Fehlkonstruktion gewesen sei. Es sei daher falsch, Milliardenpakete zu schnüren, um die Spekulation in der Eurozone weiter funktionieren zu lassen und es Milliardären zu ermöglichen, ihre lukrativen Anleihegeschäfte fortzusetzen. "Zurück an den Start", forderte auch Vilimsky, der dem vorgelegten "Belastungspaket" eine klare Absage erteilte.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) wollte dafür sorgen, dass nirgendwo mehr Schwarzgeld veranlagt werden könne und Einkommen überall besteuert werden, nicht nur, wenn sie "schwarz" in der Schweiz deponiert werden. Auch Judith Schwentner kritisierte die Vorgangsweise bei der Beschlussfassung des Sparpakets und warf den SprecherInnen der Koalitionsparteien vor, sich als Handlanger und Erfüllungsgehilfen der Bundesregierung zu präsentieren, statt ihre Kontrollaufgaben wahrzunehmen. Das Konsolidierungspaket sei sozial nicht ausgewogen. Denn einerseits stünden Ausgaben für die Kommunalkredit AG von 800 Mio. € nur Solidaritätseinnahmen von hohen Einkommen in der Höhe von 440 Mio. € gegenüber und andererseits werde dem Grundsatz des Gender-Budgetings nicht Rechnung getragen. Schon jetzt würden Gratiskindergartenplätze in der Steiermark gestrichen. Die mit den Ländern vereinbarten Einsparungen ließen befürchten, dass solche Maßnahmen auch in anderen Bundesländern kommen werden. "Wo bleibt die soziale Ausgewogenheit für die davon betroffenen Frauen", fragte Judith Schwentner.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) skizzierte den Weg des Stabilitätsgesetzes in das Bundesgesetzblatt: Am Freitag nachmittags werde der Bundesrat über das Gesetz zu beraten beginnen und nach einer langen Sitzung wird es der Bundespräsident Samstag früh prüfen, ehe das Gesetz bereits am Sonntag in Kraft treten wird. Er sei gespannt, ob der Bundespräsident "bei diesem Unfug" mitspiele, sagte Westenthaler. Dazu komme, dass das Sparpaket nach den Absagen aus Deutschland und der Schweiz zu den Themen Finanztransaktionssteuer und Steuerabkommen "an allen Ecken ausrinnt". Das nehmen Bundesregierung und Koalitionsparteien aber nicht zur Kenntnis, klagte Westenthaler, sie übten sich offenbar in Selbsthypnose "und klammern sich an den Glauben an Dinge, die es in der Realität nicht gibt." Dazu gehöre auch die "Autosuggestion", die Bevölkerung stünde hinter dem Sparpaket, während alle Umfragen zeigten, dass dieses Paket von 2/3 der Menschen abgelehnt werde. Westenthaler machte auch darauf aufmerksam, dass die Bundesregierung erstmals ein Gesetz vorlege, bei dessen Erfüllung sie von anderen, nämlich von der Schweiz und der Europäischen Union abhängig sei, denn es liege nicht in der Hand Österreichs, Schweizer Konten zu besteuern oder eine Finanztransaktionssteuer in Europa einzuführen.

Bei der Abstimmung blieb der BZÖ-Antrag, die Tagesordnungspunkte 1 bis 3 abzusetzen, in der Minderheit der Oppositionsparteien und wurde abgelehnt.

Der richtige Weg zur Budgetkonsolidierung oder Realitätsverweigerung?

Die Diskussion zu den Stabilitätsgesetzen, an der sich mehr als 60 RednerInnen beteiligten, wurde vom Klubobmann der FPÖ, Abgeordnetem Heinz-Christian STRACHE eingeleitet. Er hielt es für "peinlich", dass das Sparpaket, das von der der Regierung als bestes aller Zeiten bezeichnet wird, nicht einmal bis zur heutigen Beschlussfassung gehalten hat. Wesentliche Inhalte, wie etwa die Finanztransaktionssteuer oder das Schweizer Abkommen, seien nämlich weggebrochen, zeigte der freiheitliche Klubobmann auf. Wenn dann trotzdem behauptet wird, dass man das 3-Milliarden-Loch schon irgendwie stopfen werde, dann sei das einfach nur Realitätsverweigerung. Strache befürchtete daher, dass die Bevölkerung mit neuen Belastungen, also Steuerhöhungen, rechnen wird müssen, da sich die Regierung weigere, nachhaltige Verwaltungs- und Strukturreformen durchzuführen. Das nun vorliegende "Belastungs- und Sparpaket" sei auch aus sozialpolitischer Sicht abzulehnen, da gerade bei den kleinen Leuten – siehe Bausparprämien und Zukunftsvorsorge - voll in den Topf hineingegriffen wird, kritisierte der Redner. Stattdessen sollten vielmehr die Sozialversicherungsträger zusammengelegt, die EU-Nettobeiträge eingefroren und ein Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll vorbereitet werden, damit auf Österreich keine Strafzahlungen in der Höhe von 700 Mio. € zukommen. Auch der Rechnungshof habe zahlreiche Einsparungspotentiale aufgezeigt, erinnerte Strache, die jedoch von der Regierung nicht genutzt würden.

Nur weil der deutsche Finanzminister Schäuble keine Chance für die Finanztransaktionssteuer sehe, solle man sich nicht gleich davon verabschieden, warnte Abgeordneter Josef CAP (S) - man werde nun erst recht dafür kämpfen. Keinen Anlass zur Depression gebe es auch bezüglich der Probleme mit dem Abkommen mit der Schweiz betreffend Schwarzgeldtransfers, meinte er, es müsse einfach alles versucht werden, um diese Ungerechtigkeiten zu beenden. Da es generell bei den Steuerschlupflöchern in der EU um Milliardenbeträge geht, sollte man auch eine europäische Einigung anstreben, forderte Cap, und nicht wie die Opposition den Kopf resignativ in den Sand stecken. Es sei natürlich klar, dass die Politik gefordert ist, Handlungskompetenzen zurückzuerobern, aber dafür brauche es ein Umdenken in allen Mitgliedsländern der Europäischen Union. Die österreichische Bundesregierung sei dabei jedenfalls an vorderster Stelle, wenn es darum geht, hier Schritte zu setzen und gemeinsame Lösungen im Sinne einer sozialen Gerechtigkeit zu finden. Das vorliegende Maßnahmenpaket trage die Handschrift dieser Bemühungen und enthalte - im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in der Euro-Zone - Vorschläge, die nicht nur sozial gerecht, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sind.

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) warf der Bundesregierung vor, schon mit einem sehr niedrigen Anspruch an das Sparpaket herangegangen zu sein, da davon auszugehen war, dass ein Drittel der Maßnahmen "heiße Luft" sind. Außerdem war ihrer Meinung nach klar, dass eine soziale Ausgewogenheit nicht gegeben ist, was auch im Laufe der parlamentarischen Beratungen nicht behoben wurde. Das Gegenteil sei sogar der Fall, urteilte die G-Mandatarin, das Sparpaket falle nun sogar noch schärfer aus als ursprünglich geplant war. Was die Finanztransaktionssteuer betrifft, die von den Deutschen aus innenpolitischen Gründen begraben werde, so sei nun vor allem die ÖVP gefordert, sich mit ihrer Schwesterpartei in Deutschland auseinanderzusetzen. Dieses Projekt dürfe nicht scheitern, unterstrich Glawischnig-Piesczek, es gebe die große Hoffnung der europäischen Bevölkerung, dass im Bereich der Finanzmarktregulierung endlich etwas passiert. Andernfalls müsse die österreichische Bevölkerung ehrlich darüber informiert werden, wo eingespart werden soll, zumal man offenbar nicht bereit sei, bei den Vermögenden, Reichen und Stiftungen anzusetzen. Wenig halte sie auch vom so genannten Schweizer Abkommen, führte die Rednerin weiter aus. Statt sich auf diese Weise schnell eine Mrd. € zu besorgen, sollte man sich ernsthaft bemühen, auf europäischer Ebene einen automatischen Datenaustausch über Steuersünder zu etablieren. Dieses Projekt scheitere derzeit jedoch am Widerstand von Österreich und Luxemburg, zeigte sich Glawischnig-Piesczek empört.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) war überzeugt davon, dass durch den heutigen Beschluss der zwei Maßnahmenpakete mit einem Umfang von etwa 28 Mrd. € der größte Beitrag zu einer Stabilitätspolitik, den es bisher in der Geschichte der Zweiten Republik gegeben hat, geleistet wird. Damit werde sichergestellt, dass trotz des Verlusts des Triple A bei einer Ratingagentur das Vertrauen der Investoren in die Zukunft des Landes wieder gewonnen wird. Dies belege auch die Tatsache, dass derzeit die niedrigsten Zinsen seit Jahren, nämlich 2,8%, bezahlt werden. Er finde es auch beachtlich, dass zwei so unterschiedliche Regierungsparteien, ein so ausgewogenes Stabilitätspaket, das nicht nur Strukturreformen, sondern auch zahlreiche Offensivmaßnahmen für Wachstum und Beschäftigung, aber keine Massensteuern enthält, zusammengebracht haben. Auch die dramatische Finanzkrise habe dazu beigetragen, dass eine Bewusstseinsänderung stattgefunden hat und mit dem Märchen aufgeräumt wird, der Staat könne ständig mehr ausgeben als einnehmen. Es gebe nichts Unsozialeres und Familienfeindlicheres als hohe Staatsschulden, argumentierte Stummvoll, weil dadurch die Belastungen auf die Kinder und Enkelkinder transferiert werden. Was die Finanztransaktionssteuer betrifft, so sei er sicher, dass sie in absehbarer Zeit in irgendeiner Form kommen wird, denn Europa könne es nicht akzeptieren, dass sich die Finanzwirtschaft völlig von der Realwirtschaft entkoppelt.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) sprach im Zusammenhang mit dem Stabilitätspaket von einer beispiellosen Schröpfaktion und einer Mogelpackung. Überdies sei klar, dass viele der 98 Maßnahmen eher Luftballons sind und daher platzen werden. Massive Kritik übte er daran, dass gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf die Bremse gestiegen und etwa bei der Bausparprämie, die ein Konjunkturturbo war, eingegriffen wird. ExpertInnen rechneten damit, dass allein dadurch 10.000 Jobs in der Baubranche gefährdet sind, zeigte Bucher auf. Völlig unseriös sei auch die Vorgangsweise, den möglichen Ertrag durch eine Finanztransaktionssteuer, die noch ganz unsicher ist, in ein Sparpaket einzurechnen. Das gleiche gelte für das Schweizer Abkommen, wo die Finanzministerin die Bevölkerung falsch informiere. Zusätzlich komme hinzu, dass das Paket nur Belastungen vor allem für den leistungsorientierten Mittelstand enthalte, die notwendigen Strukturreformen, die seit langem bekannt sind, aber wieder einmal auf die lange Bank geschoben werden.

Faymann und Spindelegger verteidigen Konsolidierungskurs

Bundeskanzler Werner FAYMANN gab einleitend zu bedenken, dass der Zinssatz für österreichische Staatsanleihen derzeit bei 2,8% liegt und somit fast so niedrig wie der einmal erreichte Tiefststand (2,6%) ist. Daraus könne man ableiten, dass die Investoren Österreich ihr Vertrauen schenken und die wirtschaftliche Entwicklung für stabil einschätzen. Sehr gut liege Österreich auch hinsichtlich der Beschäftigungszahlen, mit einer sehr niedrigen Arbeitslosenrate rangiere unser Land im Spitzenfeld und gehöre zu den Musterländern in Europa, stellte der Bundeskanzler mit Nachdruck fest. Dies sei alleine der Verdienst der fleißigen ArbeitnehmerInnen und der Unternehmen in Österreich sowie der guten politischen Rahmenbedingungen. Angesichts der härtesten Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren sei die Politik natürlich gefordert gewesen, ein sozial ausgewogenes Maßnahmenpaket vorzulegen, das im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern aber keine Erhöhung von Massensteuern, keine realen Kürzungen bei den kleinsten Pensionen und auch keine massive Reduktionen im Sozialbereich vorsieht. 

Es bestehe zwar noch kein Grund zur Entwarnung, der Umstand, dass sich in Europa die Situation insbesondere bei den Staatsanleihen wieder stabilisiert hat, lasse allerdings auf eine Ankurbelung des Exports in Österreich und auf eine Steigerung des Wachstums hoffen, äußerte sich Faymann optimistisch, der sich in Sachen Budgetkonsolidierung abermals für eine Mischung aus Sparen und Investieren und gegen Kaputtsparen aussprach. Zur Finanztransaktionssteuer hielt der Kanzler fest, Österreich werde mit vollem Einsatz dieses Ziel verfolgen, ungeachtet der deutschen Kehrtwende gebe es in ganz Europa immer mehr Staaten, die eine derartige Steuer wünschen.

Vizekanzler Michael SPINDELEGGER sah das Paket von den Zielen Sparen und Reduktion der Staatsverschuldung getragen und erkannte darin eine Reihe von inhaltlichen Reformen bei den Pensionen, im Gesundheitsbereich, im Förderwesen, bei der Verwaltung und im öffentlichen Dienst. Auf die Kritik der Oppositionsparteien erwiderte er, bei der Finanztransaktionssteuer gehe es darum, Partner in Europa zu finden, die Abgeltungssteuer mit der Schweiz wiederum werde ins Finale gebracht werden, Österreich habe schon Expertengespräche mit den zuständigen Schweizer Stellen vorbereitet.

Wichtig war für Spindelegger, dass das Sparpaket eine klare Absage an Belastungen des Eigentums der Bevölkerung enthält. Im Übrigen zeigte sich der Vizekanzler zuversichtlich und meinte, angesichts der guten Wirtschaftsprognosen bestehe kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, vielmehr gelte es nun, konsequent an der Umsetzung des Pakets zu arbeiten.

Uneinigkeit darüber, ob Konsolidierungspakt sozial ausgewogen und nachhaltig ist

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) ortete den Grund für den hohen Schuldenstand in einer, wie er sagte, überdimensionierten, politisch aufgeblähten Verwaltung aus rot-schwarzem Speck und bemängelte, Österreich verprasse damit jenes Geld, das man eigentlich für die Zukunft der nächsten Generation brauche. Einsparpotenziale bei Pensionen, Gesundheit und Verwaltung würden nach wie vor nicht genutzt, das Paket belaste die Bevölkerung vielmehr quer durch, in der Politik hingegen werde nicht gespart. In einem Entschließungsantrag forderte Gradauer deshalb eine unverzügliche Verkleinerung der Bundesregierung auf zehn MinisterInnen und zwei StaatssekretärInnen.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) führte die Explosion der Schulden auf die Finanzkrise und das dadurch notwendig gewordene Deficit- Spending zurück. Seiner Meinung nach geht es nun darum, die Schulden wieder abzubauen und dabei in besonderem Maße Wachstum, Beschäftigung und soziale Gerechtigkeit im Auge zu behalten. Wichtig war für Krainer vor allem, dass durchschnittliche ArbeitnehmerInnen steuerlich entlastet werden und jene, die ihr Geld überwiegend durch Kapitaleinnahmen verdienen, einen höheren Beitrag leisten. Bei der Finanztransaktionssteuer wiederum sah er noch Handlungsbedarf, zeigte sich aber zuversichtlich über die Chance auf eine Lösung in der EU.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) kommentierte das Sparpaket mit den Worten, "es wäre wesentlich mehr drinnen gewesen". Bei den Reformen stocke die Bundesregierung vor allem in jenen Bereichen, wo es um Milliarden geht, so etwa beim Gesundheitssystem oder in der Schulverwaltung. Bei den Pensionen hingegen reduziere man zulasten der Schwächsten, während bei den Altpolitikerpensionen überhaupt nichts weiter geht, klagte Kogler, der zudem auch mehr Gerechtigkeit im Steuerrecht forderte. Österreich sei nach wie vor ein Hochsteuerland für alle, die arbeiten, und gleichzeitig aber eine Steueroase für Superreiche, die ihre Milliarden in Stiftungen verstecken. Mit Nachdruck drängte Kogler überdies den Bundeskanzler, seinen europäischen Partnern klar zu machen, dass es in Österreich keine verfassungsmäßige Mehrheit für Rettungsschirm und Fiskalpakt geben werde, solange es bei der Finanztransaktionssteuer zu keinen Fortschritten kommt.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) betonte, Wachstum könne nur durch Reduktion der Staatsschulden entstehen. Das Reformpaket setze den nachhaltigen Konsolidierungskurs des Budgets fort, sei aber nur ein erster Schritt. Die Reformagenda bei Pensionen, Gesundheitssystem und Verwaltung müsse weiter im Auge behalten werden. Der Redner begrüßte insbesondere, die vorliegenden Maßnahmen würden Investitionen ermöglichen und den Wirtschaftsstandort weiterhin attraktiv halten, und erteilte "Steuerphantasien" zu Lasten der Wirtschaft eine klare Absage.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) kritisierte, die Regierung habe mit der Finanztransaktionssteuer eine Variable als fixe Größe ins Paket eingeplant. 500 Mio. € jährlich würden damit als Zuschuss zur Budgetkonsolidierung beschlossen, wo sich doch die Koalition bloß für eine Fortführung der diesbezüglichen Verhandlungen ausgesprochen hatte. Seinen Unmut äußerte Scheibner auch über den Zeitdruck bei der Beschlussfassung des Pakets, dies vor allem angesichts des seiner Meinung nach noch bestehenden Reformbedarfs. Er deponierte in diesem Zusammenhang die Forderungen seiner Fraktion nach Streichung einer Ebene in der Schulverwaltung, Reduktion der Zahl der Sozialversicherungsanstalten und Streichung der Hacklerpension für BeamtInnen.

Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) begrüßte in ihrer Wortmeldung insbesondere das einheitliche Pensionskonto und die Verbesserungen bei der Altersteilzeit und versicherte zudem mit Nachdruck, es werde keine Nullrunde bei den Pensionen geben, die Erhöhungen würden bloß etwas niedriger ausfallen. Die Arbeitsmarktoffensive bis 2016 wiederum wertete Csörgits als Beweis dafür, dass die Senkung der Arbeitslosigkeit und die Erhaltung der Beschäftigung weiterhin zentrale Ziele dieser Bundesregierung bleiben.

Abgeordnete Dorothea SCHITTENHELM (V) betrachtete das Konsolidierungspakte als alternativlos. Es gehe dabei nicht nur um trockene Zahlen, sondern vor allem um die Erreichung globaler Ziele zur Erhaltung der Lebensqualität der Österreicherinnen und Österreicher, sagte sie. Diese müssen die Sicherheit haben, dass ihnen auch in Zukunft die Leistungen des Gesundheits-, Pensions- und Pflegesystems zur Verfügung stehen werden, und dass die Familien abgesichert werden. Das erfordere Nachhaltigkeit der Sparmaßnahmen. Es sei gelungen, zirka 76% eines enormen Sparvolumens von 26,5 Mrd. € bis 2016 ausgabenseitig zu erzielen.

Gleichzeitig werde es aber zusätzlicher Mittel bedürfen, etwa durch die Rückholung unversteuerter Gelder aus der Schweiz. Dies werde der Finanzministerin sicher gelingen, zeigte sich Schittenhelm überzeugt. Weiters müsse man sicherstellen, dass die Wirtschaft florieren könne. Daher wende man Offensivmittel für den Arbeitsmarkt, für Bildung und Forschung auf. 100 Mio. € jährlich bis 2016 für thermische Sanierung würden jährlich ein Volumen von 800 Mio. € in Bewegung setzen, rechnete Schittenhelm vor. Zusätzlich werde mehr in Kinderbetreuungsplätze, die schulische Nachmittagsbetreuung und in die Neue Mittelschule investiert.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) ortete einen Widerspruch darin, dass die Regierung eine Abkehr von der Schuldenpolitik ankündigt, gleichzeitig die Staatsschuld in absoluten Zahlen bis 2016 aber weiter anwachsen soll. Wenn dieser Schuldenstand bis dahin nur 70% des BIP entsprechen soll, müsste die österreichische Wirtschaft jährlich um 2 bis 3% wachsen, was nach Aussagen von renommieren WirtschaftsexpertInnen nicht zu erwarten sei. Diese Rechnung gehe also keinesfalls auf, meinte Themessl. Dazu kämen eine Reihe von Belastungen für ArbeitnehmerInnen wie ArbeitgeberInnen, welche die Wirtschaft belasten und die Kaufkraft der niedrigsten Einkommen schwächen. Was am 1. April also in Kraft treten soll, könne nur als "sehr schlechter Scherz" qualifiziert werden, schloss Themessl.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) widmete ihren Redebeitrag den EinzelunternehmerInnen. Die Angehörigen dieser Personengruppe, die einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaft leiste, seien oft von Armut bedroht. Unverhältnismäßig hohe Sozialversicherungsbeiträge und  Selbstbehalte bei Arztbesuchen führten dazu, dass sie in Gefahr seien, aus dem sozialen Netz zu fallen. Hier müsse dringend etwas getan werden, forderte Lichtenecker. Gleichzeitig müsste das Steuersystem endlich in Richtung von Vermögens- und Umweltsteuern verändert und in Wissenschaft und Forschung investiert werden.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) kritisierte mit scharfen Worten, dass die Bundesregierung bereit sei, nicht weniger als 8 Mio. € in die Anschaffung von 105 Dienstfahrzeugen der Luxusklasse zu investieren, während man gleichzeitig die Menschen dieses Landes immer mehr belaste. Diese Entscheidung könne niemand verstehen, sagte Grosz, es handle sich dabei offenbar um die reine Befriedigung des Luxusbedürfnisses einzelner Mitglieder der Bundesregierung. Man müsse sich fragen, ob das nicht ein Zeichen dafür sei, dass das politische System dabei sei, geradewegs "an die Wand zu fahren". Er brachte in diesem Zusammenhang einen Entschließungsantrag ein, in dem gefordert wird, den Leasingvertrag für Dienstfahrzeuge rückabzuwickeln.

Fekter und Schieder: Paket enthält weitreichende Reformen, Handlungsspielräume zurückgewinnen 

Bundesministerin Maria Theresia FEKTER erklärte, das Stabilisierungspaket umfasse auch eine weitreichende Reformagenda, die in insgesamt 98 Gesetzen umgesetzt werde. Um den Konsolidierungspfad einhalten zu können, brauche man eine nachhaltige Kostendämpfung. Deshalb gebe es Maßnahmen, um das faktische Pensionsantrittsalter anzuheben und Doppelgleisigkeiten in der Verwaltung zu beseitigen. Es werde auch sichergestellt, dass das Wachstum der Gesundheitskosten das BIP-Wachstum nicht übersteigt, und das Förderwesen werde neu strukturiert. Gemeinsam mit den Ländern wolle man auf diesem Weg bis 2016 ein Nulldefizit erreichen.

Gleichzeitig sei dafür Sorge getragen worden, dass die Wirtschaft nicht belastet wird und keine Inflationseffekte eintreten. Bereits 2011 habe man das Budget aufgrund guter Wirtschaftsdaten besser als prognostiziert abschließen können. Deshalb zweifle sie nicht daran, dass auch dieses Budget erfolgreich umgesetzt werden könne. Sie zweifle auch nicht daran, dass es gelingen werde, mit der Schweiz eine Steuer für Steuerflüchtlinge zu vereinbaren, hier orientiere man sich an den Vereinbarungen, welche Deutschland und Großbritannien derzeit ausarbeiten.     

Staatssekretär Andreas SCHIEDER erläuterte, dass zu beschließende Paket sei notwendig, um Österreich von den immer unberechenbarer werdenden Finanzmärkten unabhängiger zu machen, Handlungsspielräume zurückzugewinnen und Wirtschaftswachstum zu fördern. Österreich sei bisher gut unterwegs. Es gehe jetzt auch um eine größere Gerechtigkeit des Steuersystems, weshalb bisherig Lücken geschlossen wurden. Es werde auch der längere Verbleib auf dem Arbeitsmarkt gefördert, die Verwaltung effizienter gemacht, und es gebe einen Solidarbeitrag der Spitzenverdiener und Vermögenden.

Die Vereinbarung einer Abgeltungssteuer mit der Schweiz sei eine Forderung der Steuergerechtigkeit, man könne auf dieses Geld sicher nicht verzichten, meinte Schieder. Die Bundesregierung werde auch weiterhin für die Finanztransaktionssteuer kämpfen, nur deshalb, weil in Deutschland zuletzt Zweifel an der Durchführbarkeit geäußert wurden, heiße das nicht, dass sie nun völlig vom Tisch sei oder man sich hier nicht mehr engagieren solle. Es gebe nach wie vor eine gute Chance, dass diese Steuer kommt, zeigte sich Schieder überzeugt.

Weitere Debatte bringt keine Annäherung

Abgeordneter Günther KRÄUTER (S) stellte die Bekämpfung der Steuerkriminalität in den Mittelpunkt seiner Wortmeldung. Es habe offenbar seit einigen Jahren ein Sittenverfall in der Steuermoral stattgefunden. Gerade die FPÖ habe Verbindungen zu einer Reihe von Personen, die mit dubiosen Geschäften in Verbindung zu bringen sind, und trage daher offenbar Mitverantwortung für diese negative Entwicklung. Kräuter sprach sich auch für eine Vereinbarung mit der Schweiz aus, aus den unversteuerten Geldern seien nach Meinung von ExpertInnen sofort 1,7 Mrd. € zu holen. 

Abgeordneter Fritz GRILLITSCH (V) wies darauf hin, dass Österreich auf 12 Jahre einer guten Wirtschafts- und Standortpolitik zurückblicken könne und damit gut durch die Krise gekommen sei. Nun werde es aber notwendig sein, diese Erfolge durch ein ausgewogenes Sparpaket abzusichern. Dazu würden alle ihren Beitrag leisten, auch die Bäuerinnen und Bauern. Österreich sei mit starken demographischen Verschiebungen konfrontiert, auf die man reagieren müsse. Persönlich bedeute es für ihn einen Wermutstropfen, dass in seiner obersteirischen Heimat Infrastrukturprojekte, die für die PendlerInnen und den Wirtschaftsstandort von großer Bedeutung wären, gestrichen wurden.

Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) bezweifelte, dass die Länder ihre Sparziele erreichen werden. Er verwies auf starke Kritik an der Bankensteuer, die mit dem Hinweis verbunden sei, dass eine Bankenkonkursordnung längst überfällig sei. Ohne eine solche Regelung schiebe man nur ungelöste Probleme im Bankensektor weiter vor sich her, zum Schaden der Realwirtschaft und der SteuerzahlerInnen. Podgorschek brachte daher einen Entschließungsantrag ein, der die Ausarbeitung einer Bankenkonkursordnung fordert.

Abgeordneter Peter PILZ (G) brachte seinerseits einen Entschließungsantrag ein, in dem er forderte, dass keine Anschaffung von Luxuslimousinen als Dienstfahrzeuge erfolge. Hier gehe es auch um ein Zeichen, dass die Regierung tatsächlich bereit sei, bei sich selbst zu sparen. Pilz meinte auch, der Betrag, den man mit der Abgeltungssteuer von der Schweiz holen wolle, sei viel zu gering angesetzt. Es sei die Rede von nur einer Milliarde Euro, obwohl es hier bis zu 12 Mrd. € zu holen gäbe, und es erfolge keine effektive Bekämpfung der Steuerhinterziehung.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) sah die Bezeichnung "Stabilitätspaket" als nicht gerechtfertigt an. Stabil sei nur das Festhalten an der Schulden- und Belastungspolitik und der Unwille zu Reformen. Ein Drittel der erwarteten Einnahmen des Pakets liege uneinbringbar in der Schweiz. Die Finanzministerin und der Wirtschaftsbund hätten Strukturmaßnahmen statt neuer Steuern versprochen. Davon sei, wie auch von der Ansage der SPÖ, die Reichen zur Kassa zu bitten, nichts mehr übrig. Geschröpft werde nur der Mittelstand. Menschen sollen einerseits länger arbeiten, man streiche aber Vergünstigungen für ältere ArbeitnehmerInnen. Das werde nicht funktionieren, sagte Widmann und forderte echte Reformen sowie die Abschaffung des Proporzes. Das BZÖ verlange zudem eine Volksabstimmung über den Euro-Rettungsschirm und ein Einfrieren der EU-Beiträge. Diesem Belastungspaket werde man nicht zustimmen, stellte er abschließend fest.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) hielt fest, dass es nicht die Österreicherinnen und Österreicher gewesen seien, die über ihre Verhältnisse gelebt hätten, sodass diese Krise entstanden sei. Vielmehr sei die Krise dem ungerechten Finanzmarkt geschuldet, weshalb eine Finanztransaktionssteuer unabdingbar sei.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) vertrat die Ansicht, zu diesem Sparpaket gebe es keine Alternative. Man konsolidiere damit die heimischen Staatsfinanzen und sorge so dafür, dass Österreich perspektivisch wieder ein ausgeglichenes Budget haben werde. Der Redner ging sodann auf einzelne Reformschritte ein und zeigte sich überzeugt, mit dieser Politik auf dem richtigen Weg zu sein.

Abgeordneter Werner HERBERT (F) konstatierte hingegen, die einzige Partei, die hinter den Österreicherinnen und Österreichern stehe, sei die FPÖ. Besonders bedauerte Herbert, dass die PolizistInnen, JustizwachebeamtInnen und Heeresangehörige zu den eindeutigen Verlierern dieses Pakets zählten, was sich auch auf das Land selbst negativ auswirken werde. Man solle dort sparen, wo es sinnvoll ist, und nicht in jenen Bereichen, die der Sicherheit des Landes dienten. Seine Partei lehne dieses Paket ab und werde eine namentliche Abstimmung verlangen, damit offenkundig werde, wer hier wen wirklich vertritt, kündigte Herbert an.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) zeigte sich empört darüber, dass auch bei der Volksanwaltschaft gespart werden soll, was ein Beispiel für das Sparen an den dümmsten Stellen sei. Die Notwendigkeit dieser Einrichtung erweise sich täglich auf´s Neue, und ausgerechnet hier habe die Regierung vor, die Kontrolle der Verwaltung finanziell zu beschneiden. In diesem Sinn brachte der Redner einen Abänderungsantrag ein, wonach die Mittel für die Volksanwaltschaft unangetastet bleiben sollen.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) widersprach der Darlegung des V-Abgeordneten Wöginger, denn es gebe sehr wohl Alternativen zu diesem Sparpaket. So könne man beispielsweise die Sozialversicherungsanstalten zusammenlegen, was eine beachtliche Kostenersparnis bedeuten würde. Das vorliegende Paket sei keineswegs sozial ausgewogen, es sei ungerecht und daher abzulehnen. So sei das Sparen bei zukunftsorientierten Verkehrsprojekten entschieden verfehlt. Auch sei es falsch, ausgerechnet bei der Sicherheit zu sparen. Mit diesem Paket lege die Regierung der Bevölkerung ein "faules Ei" ins Osternest, bemerkte er.

Abgeordneter Kurt GASSNER (S) brachte einen S-V-Abänderungsantrag ein, wonach die Publizistikförderungsregelungen präzisiert und Adaptierungen im Einkommenssteuergesetz, im Umsatzsteuergesetz und im Pensionskassengesetz vorgenommen werden. Demnach wird das Baulandumlegungsverfahren hinsichtlich der steuerrechtlichen Folgen den agrarischen Zusammenlegungs- und Flurbereinigungsverfahren gleichgestellt. Darüber hinaus wird zur Vermeidung von Härten die Einschränkung der Möglichkeit bei der Vermietung von Grundstücken und bei den Leistungen der Wohnungseigentumsgemeinschaften auf die Steuerbefreiung zu verzichten, vom 1. April 2012 auf 1. September 2012 verschoben. Zudem geht es um eine Änderung bei der Bundesabgabenordnung und beim Pensionskassengesetz, wodurch mittels der Anhebung der Grenze für Pensionen aus einer Pensionskasse mehr Personen die Möglichkeit gegeben werden soll, einmalig 20% statt 25% ihres Deckungskapitals zu besteuern.

Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) erklärte, man müsse sparen, um ein weiteres Anwachsen des Schuldenbergs zu verhindern. Die Regierung habe erkannt, dass es so nicht weitergehen könne. Zudem wies die Rednerin darauf hin, dass auch die SeniorInnen bereit seien, ihren Beitrag zu diesem Konsolidierungspaket zu leisten.

Abgeordneter Maximilian LINDER (F) sprach sich dagegen aus, das Pensionsalter ohne begleitende Maßnahmen anzuheben. Man habe es hier lediglich mit Belastungen, nicht aber mit Reformen zu tun, vielmehr mache man erst recht neue Schulden. Das ganze Paket sei sozial unausgewogen und daher abzulehnen, unterstrich der Redner.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) kritisierte ein Inserat des Landwirtschaftsministers als ungesetzlich, da dieses mit dem Foto des Ministers auf Kosten der SteuerzahlerInnen geschaltet worden sei. Man habe es zwar nicht mit dem schlimmsten Belastungspaket zu tun, doch sei evident, dass von Nachhaltigkeit keine Rede sein könne. Viele Maßnahmen erfolgten ohne Abschätzung der damit verbundenen Folgen, man erkenne, dass hier den Begehrlichkeiten der Wirtschaft gefolgt werde, die mit Steuergeldern befriedigt würden.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) meinte, dieses Paket sei nur durch Belastungen gekennzeichnet, von Reformen könne hingegen keine Rede sein. Es würden nur Steuern erhöht, von Nachhaltigkeit sei jedoch nichts zu erkennen. Vor allem gehe man die längst nötigen Reformmaßnahmen auch weiter nicht an, betonte der Redner, der sich insbesondere mit dem Pensionswesen auseinandersetzte.

Abgeordnete Laura RUDAS (S) bezeichnete die Budgetkrise als Folge der Finanzkrise. Es sei die Finanzindustrie gewesen, die Europa in diese Lage gebracht hat, und das müsse die Politik jetzt ausbaden. Mit dem vorliegenden Paket reagiere man allerdings sozial ausgewogen und nachhaltig, sodass man auf dem richtigen Weg sei. Zudem trage das Paket eindeutig die Handschrift der SPÖ. Österreich werde für seine guten Werte von ganz Europa beneidet, schloss die Rednerin.

Abgeordneter Karl DONABAUER (V) erklärte, man reagiere mit diesem Stabilitätsprogramm auf die aktuellen Entwicklungen und sichere die Zukunft des Landes damit nachhaltig ab. Man habe den richtigen Mix gefunden, um zu gewährleisten, dass Österreich auch weiterhin hervorragende Werte aufweisen und sich gut weiterentwickeln werde.

Abgeordneter Harald JANNACH (F) übte scharfe Kritik an den im Sparpaket enthaltenen Belastungsmaßnahmen für die Bauern. So koste die Erhöhung der Pensionsversicherungsbeiträge den LandwirtInnen 60 Mio. €, die Abschaffung der Steuerbegünstigung von Agrardiesel 50 Mio. €, rechnete er vor und verwies auf eine kritische Stellungnahme der Landwirtschaftskammer. Durch die Verteuerung von Agrardiesel kommt es ihm zufolge auch zu Wettbewerbsverzerrungen gegenüber LandwirtInnen in anderen EU-Ländern. Bei ÖVP-nahen Bauernorganisationen und -plattformen werde demgegenüber, so Jannach, "kein Euro gespart".

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) setzte sich ebenfalls kritisch mit der Agrarpolitik der Regierung auseinander. Für ihn ist es Realität, dass der Bauernbund auf allen Ebenen Geld erhält, während die kleinen Bäuerinnen und Bauern zahlen müssten. Seiner Ansicht nach bietet die bevorstehende EU-Agrarreform eine Chance, die Agrarpolitik gerechter zu gestalten. Allgemein sprach Pirklhuber der Regierung in Zusammenhang mit der Vorlage des Sparpakets Seriosität ab. Er wies darauf hin, dass etwa aus einer Finanztransaktionssteuer ab 2014 Einnahmen von 500 Mio. € jährlich veranschlagt seien, ohne dass notwendige Verhandlungen auf EU-Ebene erwähnt würden. Er selbst sieht Sparpotenzial durch die Streichung steuerlicher Begünstigungen bei Dienstautos, die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger und Eingriffe in Spitzenpensionen. In einem Abänderungsantrag forderte der Abgeordnete die Rücknahme der Kürzungen beim Umweltbundesamt.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) meinte, es wäre sinnvoll, durch richtige Reformen für Wachstum zu sorgen. Stattdessen werde die Bevölkerung aber "geschröpft, geschröpft und geschröpft". Huber zufolge ist es in Tirol selbst für gesunde Unternehmen nicht mehr möglich, Finanzierungen von den Banken zu bekommen. Er fürchtet außerdem, dass durch die vorgesehenen steuerlichen Maßnahmen im Immobilienbereich Mieten massiv verteuert werden und die Bauwirtschaft "einen Knick" bekommt. Auch die Streichung der Steuerrückerstattung für Agrardiesel erachtet er als "mehr als fragwürdig" und wettbewerbsverzerrend.

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) wertet es als notwendig, den Schuldenberg abzubauen und damit aus einem "Teufelskreis" herauszukommen. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wäre ihrer Meinung nach ein wichtiger Schritt. Was die Maßnahmen im Justizbereich betrifft, begrüßte Steßl-Mühlbacher den Entfall der Gerichtstage und verwies darauf, dass die Streitwertgrenzen bei Bezirksgerichten nun schrittweise bis 2016 angehoben würden. Wichtig ist für sie, dass in der Steiermark in jeder Großregion zumindest ein Bezirksgericht erhalten bleibt.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) machte geltend, Österreich habe die Wirtschafts- und Finanzkrise gut bewältigt, weil von Seiten der Politik entsprechende Gegenmaßnahmen gesetzt worden seien. Jetzt sei es notwendig, die Weichen in die Zukunft zu stellen, betonte er. Das, was vorliegt, ist für Höfinger "ein rundes Gesamtpaket", er erachtet es als nicht sinnvoll, Einzelmaßnahmen herauszupicken und zu kritisieren. Zu einzelnen Punkten des 2. Stabilitätsgesetzes 2012 brachte Höfinger einen Abänderungsantrag ein. Unter anderem wollen die Koalitionsparteien den verlängerten Dienstplan im öffentlichen Dienst nun doch nicht vollständig abschaffen und die Streitwertgrenzen bei Bezirksgerichten nicht, wie ursprünglich vorgesehen, ab 2013, sondern schrittweise bis 2016 auf 25.000 € anheben. Weiters wird die Härtefallregelung für den Bezug einer Invaliditätspensionen unbefristet verlängert und die Mindestbeitragsgrundlage im Bereich der Gewerblichen Sozialversicherung nur bis zum Jahr 2017 auf 654,83 € eingefroren und danach bis zum Jahr 2022 sukzessive auf die ASVG-Geringfügigkeitsgrenze abgesenkt. Durch Änderungen im Aktiengesetz wird es unter bestimmten Voraussetzungen nun doch möglich sein, in der "Cooling-off-Phase" von zwei Jahren ehemalige Vorstände in den Aufsichtsrat zu berufen, allerdings nicht als Aufsichtsratsvorsitzende. Bezüglich der Entlohnung von ManagerInnen in staatsnahen Unternehmen werden Klarstellungen im Stellenbesetzungsgesetz vorgenommen.

Abgeordneter Christian HÖBART (F) beurteilte das Sparpaket als "Armutszeugnis" der Bundesregierung und untermauerte seine Kritik mit Zitaten aus diversen Medien. So wies er etwa darauf hin, dass Kommentatoren das Sparpaket als "saft- und kraftlos" bezeichnen und der Regierung vorwerfen, "schnell Kasse" ohne einschneidende Reformen machen zu wollen. Man beschließe Wünsche und Hoffnungen, so Höbart in Anlehnung an die Medienkritik. Für ihn ist die Regierung rücktrittsreif.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) führte aus, die extreme Zersplitterung von Zuständigkeiten und der Finanzverantwortung sei der wesentlichste kostentreibende Faktor im Gesundheitsbereich. Als Hauptblockierer für notwendige Reformen macht er die Länder aus. Grünewald fordert daher, die Kompetenzen des Bundes im Gesundheitsbereich zu stärken und die Bundesverfassung entsprechend zu ändern. Das wäre seiner Ansicht nach auch zum Wohl der PatientInnen. Zur Bekräftigung seiner Forderung legte der Abgeordnete einen Entschließungsantrag vor.

Abgeordneter Kurt LIST (B) warf Verteidigungsminister Darabos vor, das Bundesheer in die schwerste Krise der zweiten Republik geführt zu haben. Durch die neuerlichen Sparmaßnahmen sei die Motivation der Bundesheerangehörigen am Tiefpunkt angelangt, erklärte er. Durch das Sparpaket würden Kadersoldaten bis zu 1.800 € im Jahr verlieren. Aber auch der Rest der Bevölkerung wird seiner Auffassung nach "zur Kasse gebeten". List forderte demgegenüber gravierende Strukturreformen.

Abgeordneter Otto PENDL (S) gab zu bedenken, dass, ginge es nach der Opposition, überhaupt nirgends gespart werden dürfte. Seiner Meinung nach liegt ein "vertretbares" Paket am Tisch. Alle, auch der öffentliche Dienst, würden einen Sparbeitrag leisten. Zur Streichung der 41. Wochenstunde merkte Pendl an, diese Maßnahme werde sozial abgefedert und betreffe kleine EinkommensbezieherInnen nicht.

Abgeordneter Josef JURY (F) sprach von einem "Belastungs- und Destablisierungsprojekt" der Regierung. Er ortet generell eine Umverteilung in Europa "vom gut situierten Norden in den instabilen Süden". Die Bevölkerung werde sich das à la longue aber nicht gefallen lassen, prophezeite er. Das Sparpaket ist für Jury auch ein "Anschlag auf den ländlichen Raum", überdies werde der Faktor Arbeit noch stärker belastet. Er appellierte an die Regierung, abzutreten und den Weg für Neuwahlen frei zu machen.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) befasste sich mit dem Thema Entwicklungszusammenarbeit und äußerte die Befürchtung, dass die Beiträge Österreichs zu internationalen Finanzinstitutionen gekürzt werden sollen. Österreich verliere dadurch weiter an internationaler Glaubwürdigkeit, kritisierte sie. Schwentner sprach sich in einem Entschließungsantrag dezidiert gegen Sparmaßnahmen in diesem Bereich aus.

Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) bekräftigte, die SPÖ setze sich für Gerechtigkeit und Budgetdisziplin ein. Das vorliegende Paket ist für ihn ein Kompromiss zweier unterschiedlicher Parteien. Das oberste Einkommenszehntel sei durch die Sparmaßnahmen überdurchschnittlich betroffen, skizzierte er. Kirchgatterer zufolge haben auch ExpertInnen im Budgetausschuss bestätigt, dass das vorliegende Paket sinnvoll und machbar sei.

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) hielt fest, das vorliegende Belastungspaket sei keine Zukunftsvision, sondern "eine reine Geldbeschaffungsaktion". 2,2 Millionen PensionistInnen, die hart gearbeitet hätten, würden aufgrund des Unvermögens der Regierungsparteien bestraft und zur Kasse gebeten. Als Beispiel verwies Neubauer auf die Kürzung der Bausparprämie. Er forderte stattdessen stärkere Eingriffe in Altpolitiker-Pensionen und bei den PensionistInnen der Oesterreichischen Nationalbank.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) beschrieb das 98 Gesetze umfassende Stabilitätspaket 2012 – 2016 als sozial ausgewogen. Zwar seien alle Bereiche der Gesellschaft von den Maßnahmen zur Konsolidierung von 27,8 Mrd. € betroffen, doch seien auch wichtige Zukunftsinvestitionen für den Bildungsbereich, die Arbeitsmarktpolitik, die Jugendbeschäftigung und den Pflegefonds mitkalkuliert worden. Als Beispiele für sozial verträgliche Einnahmen und Einsparungen nannte Hechtl die Erhöhung der Bankenabgabe, den Solidaritätsbeitrag, die Beibehaltung der Stiftungssteuer sowie der Gruppenbesteuerung und das Streichen von Steuerprivilegien. Der S-Abgeordnete wies darauf hin, dass Österreich europaweit die niedrigste Arbeitslosenquote und das weltbeste Gesundheitssystem habe, merkte jedoch an, dass zum Erhalt dieser Spitzenpositionen in Krisenzeiten rechtzeitig Maßnahmen gesetzt werden müssten. Seinen Dank richtete Hechtl im Besonderen auch an die Sozialpartner für deren positives Wirken, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

Im Gegensatz zu seinem Vorredner konnte Abgeordneter Josef A. RIEMER (F) im vorliegenden Budget keine einzige Lösung der österreichischen Schuldenproblematik erkennen. In dem Stabilitätspaket fehle es an kreativen Ansätzen oder Visionen, meinte Riemer, um Entwicklungen wie dem demografischen Wandel entsprechend zu begegnen. Statt dessen werde eine "Schröpfung" von Klein- und Mittelbetrieben vorgenommen oder in Zusammenhang mit dem Bausparen in bestehende Verträge eingegriffen, was in einem Vertrauensverlust resultiere, ließ Riemer kein gutes Haar an dem Spar- und Steuerpaket. In seinen Augen biete das Budget keinen Ausweg aus der Krise, kritisierte Riemer und fügte hinzu, die Regierung solle sich mehr für Österreich und weniger für die EU einsetzen.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) brachte drei Anträge seiner Fraktion ein. Der erste Antrag bezog sich auf die Parlamentshoheit über die eigene Datenverwaltung, die angesichts der im 2. Stabilitätsgesetz angestrebten bundesweit einheitlichen IT-Lösungen erhalten bleiben solle. Der zweite Antrag war zuvor bereits von seinem Parteikollegen Öllinger eingebracht worden und betraf die Schritte zur Pensionsanpassung. Brosz erläuterte nun formell korrekt die Kernpunkte des Antrags. Mit dem dritten Antrag, den der G-Mandatar einbrachte, zielte er auf die Sicherstellung der Finanzierung des Rechnungshofs ab, damit die Kontrolltätigkeit dieses Hilfsorgans des Nationalrates nicht eingeschränkt würde.

Als schönes, soziales und wirtschaftlich höchst erfolgreiches Land beschrieb Abgeordneter Dietmar KECK (S) Österreich am Beginn seines Redebeitrags. Das Stabilitätspaket wertete er als richtiges Instrument, um die positive Stellung des Landes zu bewahren. Ohne Massensteuern und Einsparungen im Bildungsbereich sei in dem Paket einer guter Mix von Ausgabenkürzungen und zusätzlichen Einnahmen entstanden, beschrieb der S-Mandatar das Maßnahmenpaket und sah darin eine klare sozialdemokratische Handschrift gegeben. Keck argumentierte seine positive Bewertung des Stabilitätspakets unter anderem mit der beibehaltenen Blockform in der Altersteilzeit und mit dem Erfolg, das Pensionsantrittsalter von Frauen nicht angehoben zu haben. Zwar hätte er sich noch weitere Maßnahmen wie die Einführung einer Erbschaftssteuer und einer Vermögenssteuer gewünscht, doch sei das Paket insgesamt sehr herzeigbar geworden, schloss der SPÖ-Politiker.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) vermisste soziale Ausgewogenheit und warf der Regierung vor, sich bloß um das kurzfristige Interesse, nicht aber um die langfristige Sicht und um die Daseinsvorsorge zu kümmern. In einem Entschließungsantrag forderte er ein Maßnahmenpaket zur Entlastung der AutorfahrerInnen, dessen zentrale Punkte u.a. die Senkung der Mineralölsteuer um ein Drittel, eine Zweckbindung der Mineralölsteuer für Verkehrsinfrastruktur, eine Inflationsanpassung beim Kilometergeld, die Einführung des Österreich-Tickets sowie ein Verzicht auf die PKW-Maut sind.

Abgeordneter Erich TADLER (o.F.) griff einen entsprechenden Vorschlag von Staatssekretär Kurz auf und verlangte in einem Entschließungsantrag eine Zweckbindung von 10 % der Lohn- und Einkommenssteuer für vom Steuerpflichtigen gewählte Ausgabenbereiche.

Abgeordneter Robert LUGAR (o.F.) beklagte, das Geld für dieses seiner Meinung nach ausschließlich durch die Bankenrettung und die Griechenlandhilfe notwendig gewordene Sparpaket werde nun einzig und allein von den SteuerzahlerInnen geholt. Die Regierung streue der Bevölkerung Sand in die Augen, indem sie die noch nicht umgesetzte Finanztransaktionssteuer bereits fix einplant, kritisierte der Redner weiter und meinte überdies, die vorliegenden Maßnahmen seien nicht geeignet, die Schulden zu kürzen.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) bemängelte, die Zahlen, auf denen das Sparpaket beruht, würden nicht stimmen, die Finanztransaktionssteuer und das Steuerabkommen mit der Schweiz seien nicht sicher, der Regierung gehe es bloß darum, sich über die nächsten Nationalratswahlen hinüber zu retten und so zu tun, als ob man spare.

Abgeordneter Mario KUNASEK (F) lehnte die Einsparungen beim Bundesheer vehement ab und forderte hingegen eine Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs und einen Stopp der Pilotprojekte von Verteidigungsminister Darabos, die, wie er sagte, außer hohen Kosten nichts bringen.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) meldete massive Bedenken gegen die Rückgängigmachung der Befreiung von der Mineralölsteuer für öffentliche Verkehrsbetreiber an und fürchtete Tariferhöhungen bei Bahn und Bus als Folge dieser Maßnahme. Sie forderte deshalb in einem Abänderungsantrag eine Beibehaltung der Mineralölsteuerbefreiung für die Öffis.

Debatte über eingebrachten Abänderungsantrag der Koalition

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) zeigte sich empört über einen umfangreichen, in schwer lesbarer Handschrift abgefassten Abänderungsantrag der Regierungsparteien zum Sparpaket und beantragte eine Vertagung der Verhandlungen, um die Durchsicht des Dokuments zu ermöglichen.

Präsidentin Barbara PRAMMER kündigte eine Rückverlegung der Abstimmung zumindest nach dem fünften Tagesordnungspunkt an und meinte grundsätzlich, es sei von der Geschäftsordnung nicht verboten, handschriftliche Abänderungen einzubringen.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) ersuchte in einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung um die Klärung der Frage, ob der Antrag nach Unterzeichnung durch die Abgeordneten noch ein weiteres Mal handschriftlich verändert worden sei.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) bekräftigte seinen Antrag auf Vertagung zur weiteren Klärung.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) schloss sich den Bedenken seiner Vorredner an und plädierte für eine Prüfung der geschäftsordnungsmäßigen Konformität des Abänderungsantrags.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) teilte als Erstunterzeichner des Abänderungsantrages mit, die Umnummerierungen der Artikelbezeichnungen in dem Dokument seien auf Anraten der Parlamentsdirektion vorgenommen worden.

Präsidentin Barbara PRAMMER präzisierte dazu, der Antrag sei zum Zeitpunkt der Klärung der Umnummerierungen noch nicht eingebracht gewesen.

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) sprach von Unsauberkeiten und beantragte die Abhaltung einer Präsidiale.

Präsidentin Barbara PRAMMER teilte nach einer kurzen Unterbrechung der Sitzung mit, dass jeder Unterzeichner eigenhändig nun abermals paraphiert habe, auch seien die handschriftlichen Ergänzungen vor der Erstunterzeichnung durchgeführt worden.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) wandte ein, die Debatte sei bereits geschlossen, sodass der Antrag nicht mehr behandelt werden könne.

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) vermutete, die Endfassung des Antrags sei nicht von den Antragstellern unterschrieben worden, die Frage der verfassungsmäßigen Korrektheit des Zustandekommens obliege nun dem Bundespräsidenten.

Präsidentin Barbara PRAMMER betonte, die Originalunterschriften hätten sich bereits auf dem Dokument befunden, sie seien dann durch nochmalige Paraphierung bloß bestätigt worden.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) interpretierte die Vorgangsweise mit der Bemerkung, die Antragsteller hätten eine Blanko-Unterschrift abgegeben, handschriftliche Abänderungen seien nachträglich hinzugefügt worden, dies sei ein "gefundenes Fressen" für den Verfassungsexperten des Bundespräsidenten.

Präsidentin Barbara PRAMMER stellte abermals klar, die Unterschriften am eingebrachten Antrag seien korrekt, bei der Einbringung des Antrages habe das Dokument so ausgesehen, wie es sich jetzt darstelle.

Abstimmung über die Konsolidierungspakete

Bei der Abstimmung wurden das 1. und das 2. Stabilitätsgesetz 2012 unter Berücksichtigung der beiden S-V-Abänderungsanträge sowie das Bundesfinanzrahmengesetz 2013 bis 2016 und damit in Zusammenhang stehende Gesetzesänderungen vom Nationalrat mit Stimmenmehrheit angenommen. Zuvor waren Vertagungs- und Rückverweisungsanträge des BZÖ abgelehnt worden.

Auch die von den Oppositionsparteien vorgelegten Abänderungsanträge und Entschließungsanträge blieben in der Minderheit. Unter anderem hatte die FPÖ die unverzügliche Verkleinerung der Bundesregierung, die Schaffung einer Bankenkonkursordnung und ein Maßnahmenpaket zur Entlastung der AutofahrerInnen gefordert. Die Grünen drängten auf eine Änderung der Gesetzgebungskompetenzen im Gesundheitswesen und wandten sich gegen Budgetkürzungen zu Lasten der Entwicklungshilfe. Das BZÖ lehnt neue BMW-Dienstwagen für die Regierung ab. Weiters ging es um die Streichung verschiedener Maßnahmen aus dem Sparpaket und mehr Ressourcen für den Rechnungshof und die Volksanwaltschaft.

Das Abstimmungsprocedere dauerte fast eine Stunde. Grund dafür waren neben einer Reihe von Abänderungs- und Zusatzanträgen zwei von der FPÖ beantragte namentliche Abstimmungen. Dabei votierten die Abgeordneten mehrheitlich für die Kürzung der Bausparprämie (99 Ja-Stimmen, 65 Nein-Stimmen) sowie jene Bestimmungen im Sparpaket, die den Öffentlichen Dienst betreffen (103 Ja-Stimmen, 64 Nein-Stimmen).

Auch über den Entschließungsantrag des fraktionslosen Abgeordneten Erich Tadler betreffend persönliche Widmungen im Steuerwesen wurde namentlich abgestimmt: Er wurde lediglich von drei Abgeordneten unterstützt, 162 Abgeordnete stimmten dagegen.

EU wird Mitglied in Weltzollunion

Weiters genehmigte der Ausschuss einstimmig eine Änderung der Gründungskonvention der Weltzollorganisation, die darauf hinausläuft, der Europäischen Union die Mitgliedschaft in der Weltzollunion zu ermöglichen.

Abgeordneter Franz ESSL (V) erläuterte das vorliegende Abkommen und begrüßte es, dass nun auch die EU die Möglichkeit der Vollmitgliedschaft in der Weltzollorganisation erhält.

Abgeordnete Petra BAYR (S) stellte fest, mit sechzigjähriger Verspätung hole das Parlament heute die Genehmigung eines Abkommens nach, das noch von Figl und Körner unterzeichnet wurde. Sie wies weiters auf die gegenüber den Fünfzigerjahren geänderten Verhältnisse hin und gab zu bedenken, heute würden im Zollbereich vor allem auch Fragen wie die Biodiversität, die Unterbindung illegaler Geldflüsse oder die Sicherung der Daseinsvorsorge im Mittelpunkt des Interesses stehen.

Ernest WINDHOLZ (B) bekannte sich in Zollfragen zu einer internationalen, auch über die EU hinausgehenden Vorgangsweise und appellierte an Finanzministerin und Wirtschaftsminister, die Wirtschaft jeweils rechtzeitig und im Detail über alle Änderungen im Zollrecht zu informieren, um den Betrieben die Abwicklung von Zollverfahren zu erleichtern.

Der Staatsvertrag wurde einhellig genehmigt.

(Fortsetzung Nationalrat)