Parlamentskorrespondenz Nr. 268 vom 10.04.2012

NR-Sondersitzung zu U-Ausschuss: Aufklärung versus Profilierung

Transparenz- und Antikorruptionspaket soll vor dem Sommer kommen

Wien (PK) – Mit einer Dringlichen Anfrage der FPÖ an Finanzministerin Fekter "betreffend die Aufklärung von Korruptionsvorwürfen", die heute im Rahmen einer von der Opposition verlangten Sondersitzung des Nationalrats diskutiert wurde, machten FPÖ, Grüne und BZÖ ihren Protest gegen die Absicht der Regierungsfraktionen laut, im Untersuchungsausschuss die Causa Telekom in dieser Woche abzuschließen und sich dann dem nächsten Thema zuzuwenden. Die Oppositionsparteien haben angekündigt, weitere Sondersitzungen zu verlangen, sollten SPÖ und ÖVP auch in Hinkunft Beschlüsse in Bezug auf die Ladung von Auskunftspersonen in den Untersuchungsausschuss ohne Einvernehmen mit den anderen Fraktionen fassen.

Die RednerInnen der Opposition warfen den Abgeordneten von SPÖ und ÖVP "Blockadepolitik" vor, diese wiederum wandten sich dagegen, dass Personen von Abgeordneten unter dem Mantel der Immunität verdächtigt und beschuldigt werden, und stellten die Frage in den Raum, ob es sinnvoll ist, einen Untersuchungsausschuss parallel zu den Erhebungen durch die Staatsanwaltschaft zu führen. Alle Parteien versicherten, an der lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe interessiert zu sein, so auch Finanzministerin Fekter, die die Aufarbeitung sämtlicher Vorwürfe und Anschuldigungen durch ihr Ressort versprach. Zu Fragen nach aktuellen Verfahren gab sie aufgrund der Amtsverschwiegenheit keine Auskünfte. Jedenfalls soll laut Koalition das Transparenz- und Antikorruptionspaket, insbesondere auch eine Neuregelung für eine transparente Parteienfinanzierung, noch vor dem Sommer vorliegen.

In der Dringlichen Anfrage, die von Abgeordnetem Walter Rosenkranz (F) eingebracht wurde, kritisiert die FPÖ, dass sich SPÖ und ÖVP weigerten, noch offene Vorwürfe im Umfeld der Telekom zu klären, weshalb Ladungsbeschlüsse nun gegen die Stimmen der Opposition gefasst worden seien. Damit blieben brisante Themenbereiche ungeklärt. Der Lobbyist Peter Hochegger und mit ihm sein Unternehmen Valora habe sich zu einer Schnittstelle sowie zu einem Bindeglied zwischen der staatsnahen Telekom einerseits und politischen Parteien und Mandatsträgern andererseits entwickelt, heißt es in der Anfrage. Über Valora seien in Form von Scheinrechnungen immense Gelder von der Telekom an diverse Empfänger weitergeleitet worden. In 20 Einzelfragen wollen die Anfragesteller daher unter anderem wissen, inwieweit die Finanzbehörden auf bisherige Aussagen im Untersuchungsausschuss in Bezug auf Steuerbetrug, Steuerumgehung bzw. Täuschung reagiert haben. Die FPÖ interessiert sich auch, ob Ermittlungen gegen Tiroler ÖVP-PolitikerInnen im Hinblick auf Geschenkannahmen, insbesondere was Jagdeinladungen betrifft, eingeleitet wurden, sowie dafür, ob die Aussagen Hocheggers geprüft werden, wonach die Telekom Wahlkampfunterstützung für Parteien geleistet hat. Weitere Fragen beziehen sich auf die ÖIAG und die anderen Beweisthemen des U-Ausschusses bzw. welche PolitikerInnen in den damit in Zusammenhang stehenden Vorwürfen verwickelt sind.

Vor Beginn der Debatte ersuchte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die Abgeordneten eindringlich, nicht aus vertraulichen Akten des Untersuchungsausschusses zu zitieren oder zu verlesen. Daran hielten sich die Rednerinnen und Redner auch, einzig Abgeordneter Stefan Petzner (B) musste einmal an die entsprechenden Vorschriften erinnert werden.

Rosenkranz: Im Bereich der Telekom sind noch viele Fragen offen

Eingeleitet wurde die Debatte mit einer Wortmeldung von Abgeordnetem Walter ROSENKRANZ (F), der zunächst den Grund für die heutige Sondersitzung darlegte. Der von allen Parlamentsparteien eingesetzte Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen steht seiner Ansicht nach vor einem Scheideweg. Lange Zeit habe es Einvernehmen bezüglich der Ladung von Auskunftspersonen gegeben, nun verweigerten SPÖ und ÖVP ihre Zustimmung zu Ladungsanträgen, obwohl viele brisante Fragen betreffend das Beweisthema 1 "Telekom" noch offen seien. Im Konkreten gehe es dabei um die Ladung von Rudolf Habeler, einem Mitarbeiter des ÖAAB, sowie vom Landesgeschäftsführer der ÖVP, Martin Malaun. Beide könnten etwas zur Telekom-Causa sagen und wollten dies offenbar auch tun, meinte Rosenkranz. Darüber hinaus hätte seine Partei auch gerne Christian Pöttler und Ali Rahimi geladen. Im Gegensatz zu den Koalitionsparteien hätten sich die Oppositionsparteien niemals gegen bestimmte Auskunftspersonen ausgesprochen, auch wenn es sich dabei um ehemalige "eigene Leute" gehandelt hat. Der Untersuchungsausschuss, der bereits ein verheerendes Sittenbild aufgezeigt hat, leiste eine wichtige Arbeit und dürfe nicht behindert werden, forderte Rosenkranz. Es müssten daraus die richtigen Schlüsse gezogen und klare und transparente Regelungen bezüglich der Parteienfinanzierung eingeführt werden.

Sodann ging der FPÖ-Mandatar auf die einzelnen Fragen ein, die sich an die Finanzministerin Fekter richten. Generell sei es durch zahlreiche dubiose Scheinrechnungen zu Steuerhinterziehungen gekommen, wodurch dem Staat massiv geschadet worden sei. Er frage sich daher, was die Finanzministerin unternehmen wird, damit diese Gelder wieder in den Staatssäckel zurückfließen. Gefordert sei Fekter auch hinsichtlich der Aufsichtspflicht über die ÖIAG, führte Rosenkranz weiter aus. Schließlich müsse sie auch dafür sorgen, dass dem Untersuchungsausschuss und der Staatsanwaltschaft alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt werden, um die Kontrolltätigkeit ausüben zu können.

Fekter: Nicht alles, was gesetzlich erlaubt ist, ist auch anständig

In Beantwortung der Anfrage stellte Bundesministerin Maria Theresia FEKTER einleitend fest, dass ihr Ressort selbstverständlich jegliche Aktivität des Untersuchungsausschusses und die gesamte damit im Zusammenhang stehende Kontrolltätigkeit des Parlaments unterstütze. Sie trete für völlige Transparenz und die Aufarbeitung sämtlicher Vorwürfe und Anschuldigungen ein. Außerdem forderte sie klare Spielregeln und verbindliche Maßstäbe für die Politik, denn nicht alles, was gesetzlich erlaubt ist, sei auch wirklich anständig. Kein Zweifel bestehe zudem daran, dass gegen Gesetzesverletzungen und kriminelle Handlungen auf das Schärfste und mit allen gebotenen Mitteln der Justiz vorgegangen werden muss. Das Finanzministerium habe bereits zigtausende Seiten und Akten an das Parlament übermittelt, erklärte Fekter. Die Abgeordneten haben nun die Verantwortung, aus der ungeheuren Anzahl an Daten die Spreu vom Weizen zu trennen, die Wahrheit zu finden und Empfehlungen abzugeben. Das Finanzministerium werde den Bericht des Ausschusses selbstverständlich seriös auswerten und zum Anlass nehmen, um allenfalls die notwendigen Schritte zu setzen.

Sodann ging die Finanzministerin auf die einzelnen Fragen ein und wies im Zusammenhang mit der Abgabeneinhebung u.a. darauf hin, dass bei der Finanzpolizei Personal aufgestockt worden sei. Was den Stand einzelner Verfahren betrifft, so sei es ihr aus rechtlichen Gründen nicht möglich, Details aus den Akten bekannt zu geben. Weiters informierte sie darüber, dass vom Bundesministerium für Finanzen ausschließlich die Rechte der Republik Österreich als Alleineigentümerin der Österreichischen Industrie Holding AG in der Hauptversammlung wahrgenommen werden. Die ÖIAG ist an der Telekom Austria mit 28,42 % beteiligt; die verbleibenden 71,58 % befinden sich im Streubesitz. Das Finanzministerium habe keine Möglichkeit, Maßnahmen zur Aufklärung seinerzeitiger Malversationen im Bereich der Telekom zu setzen bzw. der ÖIAG diesbezügliche Weisungen zu erteilen, erläuterte die Ressortchefin. Darüber hinaus habe das Finanzministerium gegenüber der Telekom auch keine Auskunftsrechte, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Notierung an der Börse. Es sei vielmehr die Aufgabe der Organe der Telekom, die inkriminierten Sachverhalte umfassend zu klären und – falls notwendig – entsprechende Maßnahmen zu setzen. Fekter wies darauf hin, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der Telekom am 7. Oktober 2011 ein international renommiertes Wirtschaftsprüfungsunternehmen beauftragt hat, umfassende Untersuchungen durchzuführen, die sowohl der Aufklärung historischer Sachverhalte als auch der Prävention dienen sollen,.

Strache: Heutige Sitzung ist Notwehrakt der Opposition

Die von der Opposition initiierte Sondersitzung sei deshalb notwendig geworden, erklärte Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F), weil die Regierungsparteien den Versuch gestartet haben, einen Untersuchungsausschuss abermals abzudrehen. Die heutige Sitzung sei daher ein Notwehrakt, denn es könne nicht sein, dass SPÖ und ÖVP willkürlich agieren und wichtige Auskunftspersonen einfach nicht zulassen. Strache vermutete, dass vor allem die ÖVP daran interessiert ist, den Ausschuss zu beenden. Diese Vorgangsweise schade jedoch insgesamt dem Ansehen der Politik und des Parlamentarismus, bedauerte der freiheitliche Klubobmann. Die Bevölkerung habe ein Recht darauf, zu erfahren, warum z.B. Peter Hochegger 45 Millionen € von der Telekom erhalten hat und ob die Gelder dann an andere Personen weitergeleitet wurden. Hinterfragen müsse man natürlich auch die "7 Millionen € für Werner Faymann für ÖBB- und Asfinag-Inserate", forderte Strache. Die Freiheitlichen stehen jedenfalls für eine restlose Aufklärung aller Vorkommnisse sowie für klare und transparente Regelungen rund um die Parteienfinanzierung, die dringend notwendig sind, bekräftigte Strache abschließend.

Jarolim: Es besteht kein Anlass, den U-Ausschuss vorzeitig zu beenden

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) bekräftigte seitens der SPÖ, es bestehe nicht das geringste Anzeichen bzw. der geringste Anlass, den Untersuchungsausschuss vorzeitig zu beenden. Der Ausschuss sei eine gute Einrichtung und habe bereits viel aufgezeigt, betonte er. Es würden alle Punkte wie geplant durchgegangen. Gleichzeitig sprach sich Jarolim für den Beschluss eines "Transparenzpakets" noch vor dem Sommer aus.

Jarolim betonte, die SPÖ scheue sich in keinem Bereich, etwas offenzulegen. Er stellte allerdings den von Strache und Rosenkranz hervorgehobenen "Selbstreinigungsprozess" der FPÖ in Frage. "Niemand glaubt Ihnen das", meinte er und wies auf eine Reihe mutmaßlicher Verfehlungen früherer BZÖ- und FPÖ-Politiker hin. Seiner Meinung nach ist das "kein Zufall".

Kopf: Mit Sicherheit wird nichts abgedreht

Auch ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF versicherte, es gebe keine Pläne, den Untersuchungsausschuss vorzeitig zu beenden. "Da wird nichts abgedreht, mit Sicherheit nicht", unterstrich er. Es seien bereits einige schwerwiegende Vorwürfe zutage getreten, die restlos aufgeklärt werden müssten. Kopf sprach sich ausdrücklich auch für Gesetzesänderungen und strenge parteiinterne Regelungen aus.

Der Opposition warf Kopf vor, die Rolle des Untersuchungsausschusses zu verkennen und statt Aufklärung die eigene Profilierung in den Mittelpunkt zu stellen. Seiner Ansicht nach geht es nicht an, Finanzministerin Fekter im Rahmen der Dringlichen Anfrage zum Bruch der Amtsverschwiegenheit aufzufordern und sich gegenseitig im Schutz der Immunität zu "verunglimpfen". Der Untersuchungsausschuss sei kein Instrument der Oppositionsarbeit, sondern ein Kontrollinstrument des Parlaments, betonte er, er sei auch nicht dazu da, die Arbeit der Staatsanwaltschaft erledigen. Für die Zukunft will Kopf einen parallel zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen laufenden Untersuchungsausschuss gänzlich vermeiden, das führt seiner Meinung nach lediglich zu Vorverurteilungen und Rufschädigungen.

Pilz: Es muss eine gemeinsame Korruptionsbremse gelingen

Abgeordneter Peter PILZ (G) widersprach seinem Vorredner vehement und wertete es in Anspielung auf eine Aussage Kopfs sehr wohl als Aufgabe des Untersuchungsausschusses, mit der Taschenlampe "in die Hosentaschen" der Parteien zu leuchten. Die Aufgabe des Untersuchungsausschusses, politische Verantwortung festzumachen, könne kein Staatsanwalt leisten, unterstrich er. Im Übrigen seien fragwürdige Rechnungen nicht vom Untersuchungsausschuss ausgestellt worden, sondern würden von diesem hinterfragt.

Für die morgige Sitzung des Untersuchungsausschusses kündigte Pilz "einen ganzen Packen" von Fragen in Bezug auf Geldflüsse zum Bauernbund an. Er bekräftigte in diesem Zusammenhang auch die Forderung der Grünen, aktive ÖVP-PolitikerInnen in den Untersuchungsausschuss zu laden, um diverse Vorwürfe aufzuklären. Er verstehe hier die Aufregung der ÖVP nicht, erklärte Pilz, schließlich gebe es auch in der ÖVP genug PolitikerInnen, die andere Verhältnisse wollten. Es gebe "eine ehrliche Mehrheit" in der Politik, es müsse, so Pilz, eine "gemeinsame Korruptionsbremse" gelingen. Sollten ÖVP und SPÖ Zeugenladungen im Untersuchungsausschuss weiter blockieren, stellte er weitere Sondersitzungen des Nationalrats in Aussicht.

Petzner: U-Ausschuss ist notwendige Therapie gegen grassierenden Korruptionskrebs

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) erklärte, er teile die vielfach geäußerte Kritik am Untersuchungsausschuss nicht. Nicht die Tätigkeit des Untersuchungsausschusses schädige das Ansehen der Politik und schwäche das Vertrauen der Bevölkerung, sondern jene Personen, die Gegenstand des Untersuchungsausschusses sind. Der Untersuchungsausschuss habe bereits viel Sinn gemacht und viel zur Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit beigetragen, bekräftigte er. Für Petzner ist der Untersuchungsausschuss eine notwendige Therapie "gegen den grassierenden Korruptionskrebs".

An SPÖ und ÖVP appellierte Petzner, Pläne zum Abdrehen des Untersuchungsausschusses in der Schublade zu lassen und aus den bisherigen Ergebnissen des Untersuchungsausschusses gesetzliche Konsequenzen in Form eines Anti-Korruptionspakets zu ziehen. Das BZÖ habe bewiesen, dass es tatsächlich aufklären und nichts unter den Teppich kehren wolle, konstatierte er und verwies auf zahlreiche Zeugenladungen aus dem früheren Umfeld des BZÖ in den Untersuchungsausschuss. Petzner ist überzeugt davon, dass "dieser ehrliche und konsequente Weg" von der Bevölkerung honoriert werde.

Die weitere Diskussion: Sorge um das Ansehen der Politik

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) kritisierte die Reaktion von Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger auf Korruptionsvorwürfe im Umfeld der ÖVP. Es sei angesichts der Aussagen Spindeleggers kein Wunder, dass es "Wutbürger" gibt, hielt er fest und warf Spindelegger vor, die Arbeit des Parlaments behindern zu wollen. Kritisch setzte sich Deimek auch mit der Wahlkampffinanzierung von ÖVP-Abgeordneter Karin Hakl auseinander. Der SPÖ hielt Deimek vor, der ÖVP "den Diener zu machen". Die FPÖ ist ihm zufolge dem gegenüber "seit 2005 sauber".

Abgeordneter Johann MAIER (S) stimmte Abgeordnetem Petzner zu, wonach der Untersuchungsausschuss Sinn mache und erfolgreich sei. Auch er stellte klar, dass die Themen des Untersuchungsausschusses abgearbeitet würden, es gebe keinen Plan, den Ausschuss abzudrehen. Korruption sei eine Gefahr für die Gesellschaft und letztendlich auch für die Demokratie, sagte Maier. Für Maier ist der Eindruck allerdings falsch, dass Österreich derzeit im Korruptionssumpf versinke. Er machte geltend, dass der Untersuchungsausschuss Korruptionsvorwürfe aus den Jahren 2000 bis 2006 aufarbeite, wobei die Ergebnisse ihm zufolge "ein erschütterndes Sittenbild" der damaligen Politik zeigen.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) wies auf das schlechte Ansehen der Politik in Österreich hin. Alle PolitikerInnen würden als "Gauner" disqualifiziert, in den Augen der Bevölkerung gebe es nur noch schwarze Schafe, beklagte er. Besonders auffällig ist für ihn, dass offensichtlich auch der Untersuchungsausschuss nicht zu mehr Vertrauen beiträgt. Laut einer Umfrage meinten 91% der Bevölkerung, dass sich durch den Ausschuss nichts ändern werde. Den Parteien würde, so Bartenstein, nicht zugetraut, für Sauberkeit in den eigenen Reihen zu sorgen.

Bartenstein appellierte an alle PolitikerInnen, ihr Verhalten zu ändern und mehr Respekt für einander aufzubringen. Die Kritik der Opposition an den Regierungsparteien wies er u.a. mit dem Argument zurück, dass es keine Blockade sei, wenn die Mehrheit des Untersuchungsausschusses nicht allen Ladungswünschen der Minderheit folge. Für ihn ist es außerdem ein "Geburtsfehler", dass der Untersuchungsausschuss parallel zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft tagt.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) rief den Konsens über die Aufklärung und den darauf beruhenden einstimmigen Beschluss auf die Einsetzung des Untersuchungsausschusses in Erinnerung und zeigte sich irritiert, "dass es jetzt auf einmal nicht mehr geht". Ohne die Ladung der entsprechenden Auskunftspersonen sei eine Aufklärung der Causa Telekom nicht möglich, ein Übers-Knie-Brechen der BUWOG-Affäre wiederum wäre ein Eigentor des Parlaments, gab sie zu bedenken und appellierte an ÖVP und SPÖ, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren, um einen Neustart des Untersuchungsausschusses im Sinne eines gemeinsamen Weges zu suchen.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) wandte sich vehement gegen Verhinderung von wichtigen Zeugenladungen und "Herumeiern" und bemerkte, der Untersuchungsausschuss werde darüber entscheiden, ob in Österreich jemals noch eine befreite Politik abseits und jenseits der Korruption stattfinden könne. Scharf ging Grosz vor allem mit der ÖVP ins Gericht und zog in diesem Zusammenhang Parallelen zur Democrazia Cristiana im Italien der 90er Jahre. Die Sondersitzung verstand er als Warnung, um den Untersuchungsausschuss wieder in Ruhe, qualitätsvoll, rasch und intensiv arbeiten zu lassen. Es gehe nicht an, dass man Aufklärung nur dann zulässt, wenn es die jeweils anderen Parteien betrifft, unterstrich er und forderte überdies einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel in der österreichischen Politik, ein strengeres Anfütterungsverbot sowie klarere Gesetze über Parteienfinanzierung und das Verhalten von PolitikerInnen im Allgemeinen.

Abgeordneter Christian HÖBART (F) warf den Regierungsparteien vor, den Untersuchungsausschuss abdrehen zu wollen, "weil es unangenehm wird", erinnerte an die Verwicklung der SPÖ in die Causa Telekom und sprach von einem rot-schwarzen Netzwerk beim Lobbying. Die FPÖ habe ab 2002 einen Selbstreinigungsprozess durchgeführt und sei mit den dubiosen Leuten "beinhart abgefahren", betonte Höbart und drängte auf mehr Moral in der politischen Landschaft und schärfere Anti-Korruptions- und Lobbyinggesetze.

Abgeordneter Günther KRÄUTER (S) replizierte, man dürfe nicht den Blick auf das Wesentliche verlieren, nicht jedem Bock, den ein Tiroler Landeshauptmann schießt, müsse man parlamentarisch nachjagen, vielmehr gelte es, sich um die Korruption im großen Stil zu kümmern. Handlungsbedarf sah Kräuter vor allem bei der Kontrolle der Telekom, zumal die ÖIAG seiner Meinung nach in diesem Bereich dramatisch versagt habe. Der Redner bedauerte auch, die Öffentlichkeit würde sich oft zu viel vom Untersuchungsausschuss erwarten, zeigte sich jedoch überzeugt, dass man die Wahrheit auch durch Zeugen, die nicht Beschuldigte sind, herausfinden werde.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) sprach von grundsätzlichen Auffassungsunterschieden über die Arbeit des Untersuchungsausschusses und stellte klar, es gehe darum, politische Konsequenzen zu ziehen, nicht aber Urteile zu finden, dies obliege den Gerichten. Vertrauen in die Politik werde jedenfalls nicht durch "Oppositionskabarett", sondern durch sachliche Arbeit und Aufklärung erzeugt.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) warf der Volkspartei vor, die Aufklärung im Untersuchungsausschuss zu verhindern und einen Neustart im Sinne von strengeren Anti-Korruptions- und Parteifinanzierungsgesetzen zu blockieren. Mit Nachdruck deponierte er überdies die Forderung seiner Fraktion nach einem Minderheitenrecht auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) gab zu bedenken, Gewinner bei einem Untersuchungsausschuss seien nicht die politischen Parteien, sondern immer nur die Menschen, die ein Interesse an der Aufklärung des "Saustalls" haben. Er rief ÖVP und SPÖ auf, ihre Blockade zu beenden und sämtliche Punkte des Untersuchungsausschusses abzuarbeiten, die gesetzlichen Konsequenzen aus den Ergebnissen in Sachen Parteienfinanzierung zu ziehen und Parteibuchwirtschaft unter Strafe zu stellen.

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) warnte vor einem Abdriften in Zirkus und Show und stellte fest, gerade diejenigen würden am lautesten schreien, die am meisten zu verbergen haben. Die Rednerin sprach in diesem Zusammenhang insbesondere die Geldflüsse von der Telekom an das BZÖ und die FPÖ an.

Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) übte heftige Kritik an Abgeordnetem Pilz, den sie als Selbstdarsteller bezeichnete und darüber hinaus beschuldigte, die Würde des Hauses zu verletzen und VP-Abgeordnete pauschal zu verurteilen.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) warf der ÖVP vor, durch Angriffe auf das BZÖ vom eigenen Fehlverhalten ablenken zu wollen. Vehement protestierte er abermals gegen das Abdrehen des Untersuchungsausschusses und schloss mit den Worten "Pfui Teufel".

Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) betonte, gerade weil der Untersuchungsausschuss so gut arbeite, sei es keine gute Idee, ihn jetzt abzudrehen. Die Aufklärung unabhängig von politischer Parteizugehörigkeit sollte gemeinsames Ziel aller sein, auch gelte es, die Lehren aus den Ergebnissen des Ausschusses zu ziehen. So ortete Kuzdas etwa massives Kontrollversagen seitens der ÖIAG.

Abgeordneter Robert LUGAR (o.F.) sprach sich abschließend dafür aus, die Arbeit des Untersuchungsausschusses möglichst rasch zu beenden. Der Redner begründete dies mit der Beobachtung, dass in der Öffentlichkeit jeden Tag ein anderer Politiker als "korrupt" präsentiert werde. Das liege nicht im Interesse der Politik und der Demokratie. Denn es sei zu befürchten, dass die Menschen tatsächlich glauben könnten, alle PolitikerInnen wären korrupt, und deshalb das Vertrauen in die Politik insgesamt verlieren könnten. Dieses Vertrauen der Menschen werde die Politik aber brauchen, wenn sie die gravierenden politischen Probleme des Landes, etwa bei der Finanzierung des Pensionssystems, lösen wolle. Statt Tag für Tag PolitikerInnen in den Medien als korrupt darzustellen, sollte man Gesetze schaffen, die die Parteien vom Einfluss der Lobbyisten befreien. Denn bei der Korruption, über die täglich berichtet werde, gehe es nur in wenigen Fällen um persönliche Bereicherung, im Vordergrund stehe das Bemühen, Geld in die Parteikassen zu bekommen. Lugar schlug daher vor, Parteispenden generell zu verbieten und statt dessen "viel Geld in die Hand zu nehmen" - er nannte den Betrag von 100 Mio. € -, um die Parteien besser zu fördern und sie aus der Abhängigkeit von Lobbyisten, Firmen und Interessenvertretungen zu befreien. Dann wären die Parteien nur noch einem Geldgeber, nämlich dem Steuerzahler verpflichtet, schloss Abgeordneter Lugar. (Schluss)