Parlamentskorrespondenz Nr. 423 vom 23.05.2012

Barbara Prammers Rede vor dem mazedonischen Parlament

Erstmals sprach eine NationalratspräsidentIn vor der Sobranje

Skopje (PK) – Mit einer Premiere begann heute der offizielle Besuch von Präsidentin Barbara Prammer in der mazedonischen Hauptstadt Skopje: Zum ersten Mal sprach eine Präsidentin des österreichischen Nationalrates vor der Sobranje, dem Parlament der Republik Mazedonien. In den kommenden zweieinhalb Tagen steht eine Reihe von Gesprächen mit ParlamentarierInnen und Regierungsmitgliedern auf dem Programm. Den Abschluss am Freitag bildet ein Treffen mit Staatspräsident Gjorge Ivanov.

Zu Beginn des dreitägigen Besuchs der Nationalratspräsidentin gab es einen Informationsaustausch mit Prammers Amtskollegen Trajko Veljanovski. Von beiden Seiten wurden die guten bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Mazedonien auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene betont. Breiten Raum nahm zudem die Annäherung der jungen Republik an die EU ein.

Fragen der europäischen Integration sprach Prammer auch in ihrer Rede vor dem Parlament an. Der im heurigen März eröffnete hochrangige Beitrittsdialog (High Level Accession Dialogue) wurde Anfang Mai fortgesetzt. Österreich sei von der Bedeutung und von der Nützlichkeit dieses Dialogs überzeugt, weil er eine Brücke zu den eigentlichen Beitrittsverhandlungen schlage, sagte Prammer. Sie begrüßte das Engagement, mit dem das mazedonische Parlament an die großen legistischen Aufgaben in diesem Zusammenhang herangehe. Konkret werden in besagtem Dialog die Themenblöcke Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Reform der öffentlichen Verwaltung, Wahlreform und Stärkung der Marktwirtschaft behandelt. Prammer bot Zusammenarbeit an und unterstrich die Notwendigkeit, in einer Zeit zunehmender globaler Verflechtung die internationale Perspektive der Parlamente zu stärken. Gerade parlamentarische Diplomatie ermögliche einen offenen und direkten Meinungsaustausch und sei deshalb "bestmöglicher Ersatz für direkten Kontakt zwischen Völkern".

Auch zur Volksgruppenfrage, einem zentralen innenpolitischen Thema in Mazedonien, nahm die NR-Präsidentin Stellung. Sie begrüße die fortgesetzten politischen Bemühungen, die Rechte der Volksgruppen auf der Grundlage des "Ohrid-Abkommens" zu fördern, sagte Prammer. Dieses im Verfassungsrang stehende Abkommen beendete 2001 die bewaffneten Konflikte zwischen der ethnisch-mazedonischen und ethnisch-albanischen Bevölkerung und bildet die Basis zur Durchsetzung von Minderheitsrechten.

In ihrer Funktion als Vorsitzende des Nationalfonds der Republik Österreich und des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus sprach Prammer abschließend dem mazedonischen Parlament ihre Hochachtung für die vorbildliche Entschädigungsgesetzgebung sowie die Errichtung des einzigen Holocaustmuseums auf dem Balkan aus. Die Präsidentin wird dieses Museum im Rahmen ihres Besuchs ebenso besuchen wie das Museum des mazedonischen Unabhängigkeitskampfes. (Schluss)