Parlamentskorrespondenz Nr. 698 vom 20.09.2012

"Finanztransaktionssteuer wird kommen"

EU-Finanzkommissar Lewandowski trifft österreichische Abgeordnete

Wien (PK) – Bei seinen Gesprächen mit österreichischen Abgeordneten im Parlament über den mittelfristigen Finanzrahmen der Union trat der EU-Kommissar für Finanzplanung und Haushalt Janusz Lewandowski heute mit Nachdruck für eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene ein. Diese Steuer werde kommen, sie sei politisch machbar und werde auch von der Bevölkerung unterstützt, betonte er. Lewandowski warb dabei für eine koordinierte Initiative möglichst vieler Mitgliedstaaten und meinte, dies wäre besser als einzelne nationale Lösungen in dieser Frage. Klar war für den EU-Kommissar, dass ein Teil der Steuer dem EU-Haushalt zugutekommen sollte.

Was nun allfällige Beitragsrabatte Österreichs betrifft, plädierte Lewandowski für einen, wie er sagte, pragmatischen Zugang. Entscheidend sei die Nettoposition eines Landes, argumentierte er. Für Österreich sei diese Nettoposition außerordentlich gut und liege über jener von Deutschland, Schweden und den Niederlanden. Wenn Österreich nun einen Rabatt verlangte, würde dies ähnliche Forderungen auch in den anderen Staaten zur Folge haben. Diese Rabatte müssten dann aber auch von Österreich mitgetragen werden, was wiederum die Nettoposition des Landes verschlechtern würde, gab er zu bedenken.

Zur Gestaltung des EU-Finanzrahmens für die nächsten sieben Jahre meinte Lewandowski insgesamt, Europa brauche neben der Konsolidierung auch neue Hoffnung. Beim EU-Haushalt gehe es vor allem um die Frage, wie man in Zeiten knapper Kassen Wachstum und Beschäftigung finanzieren kann. Der Finanzkommissar plädierte für Umschichtungen der Strukturfonds, um Mittel zur Bekämpfung der Krise frei zu bekommen, war sich aber klar darüber, dass in jedem Bereich gekürzt werden müsse.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) meinte gegenüber Lewandowski, der Budgetrahmen Brüssels müsse im Einklang mit den Budgetkonsolidierungen in den einzelnen Mitgliedstaaten stehen, um auch von der Bevölkerung akzeptiert zu werden. Einig war sich Stummvoll mit dem Abgeordneten Christoph Matznetter (S) über die Bedeutung der Erhaltung des Beitragsrabatts für Österreich. Matznetter gab zu bedenken, Österreich sei ein Bündnispartner der EU bei der Gestaltung des Finanzrahmens, die Frage des Rabatts könnte "die Dinge aber sehr schwierig machen".

Den Kommissionsvorschlag zur Finanztransaktionssteuer begrüßte Matznetter ebenso wie Abgeordneter Bruno Rossmann (G). Der Grün- Mandatar wünschte überdies einen stärkeren Beitrag des Finanzrahmens zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und trat in diesem Zusammenhang auch für Umschichtungen von Mitteln etwa aus den Direktzahlungen für den Agrarbereich in Richtung von nachhaltigem Wachstum ein.

Abgeordneter Roman Haider (F) unterstützte den Vorschlag der zyprischen Präsidentschaft auf Nutzung von Einsparungspotenzialen und plädierte insgesamt für eine Kürzung des EU-Budgets. Nicht in Frage kam für den F-Abgeordneten ein durch EU-Steuern finanzierter EU-Haushalt. Bei der Agrarpolitik schlug Haider eine teilweise Renationalisierung vor, um, wie er sagte, eine Chance für die Erhaltung der kleinstrukturierten Landwirtschaft zu bieten. (Schluss)