Parlamentskorrespondenz Nr. 889 vom 08.11.2012

Umfassende Finanzdebatte im Budgetausschuss

Fekter gegen Schuldenschnitt in Griechenland, für Lohnsteuerreform

Wien (PK) – Ehe der Budgetausschuss den BFG-Entwurf 2013 und die dazugehörige Änderung des Bundesfinanzrahmengesetzes 2013 bis 2016 plenumsreif machte, debattierten die Abgeordneten mit Finanzministerin Maria Fekter über die acht Untergliederungen (15, 16, 23, 44, 45, 46, 51, 58), aus denen der Voranschlag des Finanzressorts besteht. Die größten Auszahlungsbeträge sind mit 8,693866 Mrd. € (2012: 9,017256 Mrd. €) bei den Pensionen, mit 6,508013 Mrd. € bei Finanzierungen und Währungstauschverträgen (2012: 7,947146 Mrd. €), mit 2,429250 bei der Umsetzung des Bankenpakets (2012: 1,892832 Mrd. €), mit 2,260441 Mrd. € bei der Verwaltung des Bundesvermögens (2012: 2,623883 Mrd. €) und mit 1,193784 Mrd. € bei der Finanzverwaltung (2012: 1,219015 Mrd. €) verbucht. Der Zinsaufwand für die Staatsschuld soll 2013 dank einer günstigen Zinsenentwicklung auf 7,562 Mrd. € sinken (2012: 7,69 Mrd. €).

An Einzahlungen erwartet die Finanzministerin im kommenden Jahr 46,426214 Mrd. € aus öffentlichen Abgaben, 2,350178 Mrd. € aus Pensionsbeiträgen, 1,359594 Mrd. € aus der Verwaltung des Bundesvermögens, 1,246907 Mrd. € an Dividenden und Haftungsentgelten im Rahmen des Bankenpakets und 1,828279 Mrd. € aus der Kassenverwaltung.

Wirkungsziele der Finanzministerin

Unter dem Titel "Wirkungsziele" liest man im Budgetentwurf von der Absicht der Finanzministerin, im kommenden Budgetjahr Tele- und Teilzeitarbeitsplätze im Ministerium zu attraktivieren, eine 30-jährige Budgetprognose zu erstellen, weitere Voll-Doppelbesteuerungsabkommen abzuschließen, ein neues Einkommensteuergesetz auszuarbeiten, eine Reform des Finanzausgleichs vorzubereiten und die Einkommensdifferenz zwischen Frauen und Männern (gender pay gap) zu verkleinern. Hilfsbedürftige Banken sollen dank nachhaltiger Geschäftsmodelle in die Lage kommen, nicht mehr auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein; Banken mit staatlicher Partizipation sollen Dividenden zahlen können. Im Finanzschuldenmanagement wird eine risikoarme Finanzierung des Staates zu mittel- bis langfristig möglichst geringen Kosten angestrebt. Zeitliche Spitzen beim Finanzierungsbedarf sollen vermieden, eine gewichtete Kapitalbindungsdauer und ausgewogene Tilgungsprofile erreicht und bei den Bundesanleihen eine liquide Referenzkurve aufrechterhalten werden.

Probleme im Lohnsteuersystem

Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) eröffnete die Debatte mit einer Reihe von Detailfragen, bei deren Beantwortung Finanzministerin Maria Fekter mitteilte, dass sie beim Steuerabkommen mit der Schweiz mit keinen Änderungen rechne, für die Gemeinden 1,5 Mrd. € mehr als in den Vorjahren zur Verfügung stehen und von Seiten Griechenlands 79 Mio. € an Zinsen eingegangen seien. Die österreichischen Ausgaben für die Griechenlandhilfe summierten sich bis dato auf 1,5 Mrd. €. Im Lohnsteuersystem ortete die Finanzministerin gravierende Mängel, so werde Arbeit zu hoch besteuert, auch der Eingangssteuersatz sei zu hoch, der Mittelstand werde zu stark belastet und der Spitzensteuersatz setze bereits im Bereich des Mittelstandes ein. Außerdem problematisierte Fekter die 560 Sonderregelungen im Steuersystem und kündigte Vorschläge zur Lösung dieser Probleme an.

Österreichs wettbewerbsfähige Unternehmensbesteuerung

Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) bezeichnete manche der Wirkungsziele der Finanzministerin als wenig ambitioniert und kritisierte ihre Wahl der Erfolgs-Indikatoren. Außerdem erkundigte sich der Abgeordnete nach den Plänen der Ministerin für den Umgang mit Rücklagen. Auf die Frage, welche Auswirkungen die Einführung einer GesmbH light auf den Abgabenerfolg haben könnte, erklärte die Finanzministerin, eine neue Stammkapitalregelung könnte frühestens im Jahr 2014 zu Mindereinnahmen von 25 Mio. € bis 35 Mio. € bei der Körperschaftssteuer führen.  

Das österreichische Unternehmensbesteuersystem sei international wettbewerbsfähig, habe sich bewährt und habe positive Auswirkungen auf Investitionen und Arbeitsplätze. Sie wolle daran nichts verändern, sagte die Ministerin, die Abgeordnetem Kai Jan Krainer darlegte, dass sie sich bei der Erfolgskontrolle an internationalen Standards orientiere und Österreichs internationales Ranking auf hohem Niveau erhalten wolle.

Dauerthema Banken

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) erkundigte sich bei der Finanzministerin nach der Situation bei den verstaatlichten Banken und erfuhr, dass bei der ÖVAG 2013 mit keinem weiteren Zuschussbedarf zu rechnen sei, die Kommunalkredit derzeit im Verkaufsprozess stehe, bei der KA-Finanz noch Liquiditätsnotwendigkeiten bestehen und bei der Hypo-Alpe-Adria derzeit das Beihilfenverfahren abgewickelt werde, das voraussichtlich in den ersten Wochen des kommenden Jahres abgeschlossen werden wird. Für die verkaufsfähigen Unternehmensteile werde ein Verkaufsverfahren eingeleitet. Eine große Zahl an rückläufigen Leasingfahrzeugen sowie Immobilien bezeichnete Fekter als nicht-verkäufliche Assets.

Grundlagen für die Arbeit an einem Insolvenzrecht für Banken bilden ein Vorschlag der EU-Kommission sowie einer von OeNB und FMA. Mit einer EU-Entscheidung in der Frage Bankeninsolvenz rechnet die Finanzministerin Mitte 2013. Möglichkeiten einer Kapitalaufstockung bei der Hypo-Alpe-Adria werden derzeit geprüft und sollen möglichst steuerschonend vorgenommen werden. Der Auffassung des Abgeordneten Rossmann, im Hinblick auf die Hypo Alpe Adria hätten im Voranschlag für 2013 Abschreibungen nichteinbringlicher Forderungen vorgenommen werden müssen, teilte die Finanzministerin nicht, Ministerin Fekter sah keinen Anlass für Abschreibungen.

Entscheidungen über ein neues Griechenlandpaket können erst nach Vorliegen des Troika-Berichts getroffen werden, den es noch nicht gebe, sagte die Ministerin.

Hoffnungsträger Transparenzdatenbank

Mit Abgeordnetem Konrad Steindl (V) zeigte sich die Finanzministerin einig in der Auffassung, dass die Transparenzdatenbank, die alle Gebietskörperschaften umfassen und den Bürgern einen Informationsservice bieten soll, der öffentlichen Hand die Möglichkeit geben werde, den Wildwuchs bei den Förderungen zu durchforsten und so die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs zu bewahren.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) bekannte sich nachdrücklich zu Maßnahmen für die Hebung der Abgabenmoral und würdigte in diesem Zusammenhang die Arbeit der Finanzpolizei. Positiv sah die Abgeordnete auch die Kooperation zwischen dem Finanzressort und der Justiz bei der Schulung von Richtern für den Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität. Bundesministerin Fekter zeigte sich stolz auf die großen Erfolge der Finanzpolizei, der es gelungen sei, mit Kosten von 20,7 Mio. € zusätzliche Einnahmen von 106 Mio. € zu erzielen. Die Finanzpolizei kooperiere erfolgreich mit anderen Behörden, sie wolle dort mehr Personal einsetzen, kündigte die Ministerin an und nannte die weitere Reduzierung von Steuerrückständen als eines ihrer Ziele. Abgeordnetem Günter Stummvoll (V) teilte die Ministerin mit, beim Transfer von Personal aus anderen Ressorts zur Finanzpolizei greife sie auf positive Erfahrungen aus ihrer Zeit als Innenministerin zurück. Sie sei fest davon überzeugt, dass es wichtig sei, Menschen jeweils dort tätig werden zu lassen, wo sie am sinnvollsten eingesetzt werden können.

Auch Abgeordneter Peter Westenthaler (B) setzte sich kritisch mit Wirkungszielen auseinander, die hinter dem Ist-Zustand zurückbleiben. Die Finanzministerin bekannte sich demgegenüber nachdrücklich zu diesem neuen Instrument und trat dem Vorwurf entgegen, einige ihrer Wirkungsziele seien zu wenig ambitioniert. Sie wolle keine Visionen entwickeln, die nicht erreichbar seien, wenn etwa weniger Personal zur Verfügung stehe. An dieser Stelle schlug Abgeordneter Kai Jan Krainer vor, als Ziel zu formulieren, quantitative und qualitative Standards trotz Personaleinsparungen zu wahren.

Zur Frage des Abgeordneten Peter Westenthaler nach einem möglichen weiteren Schuldenschnitt in Griechenland führte die Finanzministerin aus, dieser Vorschlag des IWF stoße bei der EZB und bei den europäischen Staaten auf Widerstand, weil ein Schuldenschnitt öffentliche Gläubiger und damit die Steuerzahler treffen würde. Auch sie trete gegen einen weiteren Schuldenschnitt in Griechenland ein, sagte Fekter. Griechenland soll seine Auflagen erfüllen und dafür sorgen, durch Investitionen wirtschaftliche Dynamik zu gewinnen.

Ein Waldviertler Schuster als Bankier

Abgeordneter Rainer Widmann (B) erkundigte sich nach der Vorgangsweise der Finanzaufsicht im Fall der Requirierung privaten Beteiligungskapitals durch einen Waldviertler Schuhproduzenten und erfuhr von der Finanzministerin, für das Einsammeln von Sparkapital durch Unternehmer fehle es an einer liberalen Regelung. Dies sei ein Bankgeschäft und die FMA habe mit dem Betrieb Kontakt aufgenommen, weil es dort auch um den Schutz der Anleger gehe.

Wo bleiben die Reformen?   

Die Ablehnung des Budgetentwurfs für 2013 begründete FPÖ-Abgeordneter Alois Gradauer mit "desaströsen Zuständen" in den Staatsfinanzen, die er mit einem Defizit in Höhe von 6,7 Mrd. €, einer Abgabenquote von mehr als 44 % und einer Verschuldungsquote von 74,4 % des BIP illustrierte. Die Verschuldungsquote steige sogar auf 90 %, wenn man alle Haftungen des Staates einbeziehe, fügte Gradauer hinzu. Das sei unverantwortlich gegenüber nachfolgenden Generationen, sagte der Redner, der nachhaltige Reformen einmahnte und insbesondere auf die Umsetzung der 599 Reformvorschläge des Rechnungshofes drängte.

Dieser Darstellung widersprach die Finanzministerin mit dem Hinweis auf bereits umgesetzte Reformen im Umfang von 27 Mrd. € und der Umsetzung von 75 % der Vorschläge des Rechnungshofs, außerdem werde der Reformprozess ambitioniert fortgesetzt, sagte Fekter.

In einer weiteren Verhandlungsrunde befasste sich Kai Jan Krainer (S) schwerpunktmäßig mit dem Wirkungsziel "Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Österreichs durch ein einfaches, schlankes und gerechtes Steuersystem" und wiederholte seine Kritik an der Wahl der Finanzministerin bei den dafür maßgeblichen Indikatoren. - Die Finanzministerin zeigte sich hinsichtlich der Weiterentwicklung der wirkungsorientierten Budgetierung offen für Vorschläge von Seiten des Parlaments. Dann legte Abgeordneter Krainer dem Ausschuss vier Abänderungsanträge der Koalitionsparteien vor, die sich auf Klarstellungen bei der Änderung der Parteienförderung und damit im Zusammenhang stehende Änderungen im Bundesfinanzrahmen bezogen.

Abgeordneter Bruno Rossmann (G) mahnte beim Thema faires Steuersystem mehr Verteilungsgerechtigkeit ein. Abgeordneter Werner Kogler (G) drängte im Hinblick auf Vorarbeiten an einem Bankeninsolvenzrecht auf die Heranziehung von Eigentümern und Großgläubigern - die Finanzministerin stimmte dem insofern zu, als sie sich nicht vorstellen konnte, im Falle einer Bankeninsolvenz nur die Steuerzahler zur Kasse zu bitten.

Der Kritik des Abgeordneten Rossmann, die Schätzung der Steuereinnahmen seien in früheren Budgets präziser gewesen, hielt die Finanzministerin entgegen, die Steuerschätzungen seien in der Regel punktgenau und geben große Planungssicherheit. Abweichungen seien auf unvorhersehbare Konjunkturschwankungen zurückzuführen. Außerdem würden die Steuereinnahmen nach einem überaus transparenten System geschätzt. (Schluss)