Parlamentskorrespondenz Nr. 904 vom 13.11.2012

Parteiübergreifender Konsens in Anti-Atompolitik bekräftigt

Gemeinsam für europaweiten Ausstieg aus der Kernenergie

Wien (PK) – Gelegenheit, die Anti-Atompolitik Österreichs im Rahmen der heutigen Nationalratssitzung einmal mehr zu bekräftigen, bot ein Fünf-Parteienantrag, in dem sich die Abgeordneten auch für einen raschen europaweiten Ausstieg aus der Kernenergie aussprechen. Sie reagieren damit auf eine Petition, die von mehr als 700.000 BürgerInnen unterzeichnet wurde.

Geodaten - ein wichtiges Informationsangebot

Vorher befasste sich das Plenum jedoch mit einer Änderung des Geodateninfrastrukturgesetzes, welche das Ziel verfolgt, den Geltungsbereich dieses Gesetzes auf die Umsetzung der Geodateninfrastruktur-Richtlinie (INSPIRE) zu beschränken. Mit Geodaten können sämtliche Objekte auf der Erdoberfläche positionsgenau festgehalten werden. So werden in Zukunft alle öffentlichen Geodatenstellen der untersten Verwaltungsebene – auch die des privaten Rechts (u.a. Energie- und Wasserversorger oder öffentliche Verkehrsunternehmen) - nur mehr dann zu Geodatendiensten verpflichtet sein, wenn dies rechtlich vorgeschrieben ist. Die Vorlage passierte den Nationalrat einstimmig.

Abgeordneter Erwin HORNEK (V) erläuterte, dass durch die Novelle zur Geodateninfrastruktur die Verpflichtung zur Betreibung von Geodatendiensten neu geregelt werde. Bisher habe es in Österreich bei der Umsetzung der Geodatenrichtlinie der EU eine Übererfüllung gegeben. Geodatenbanken lieferten wichtiges Datenmaterial an einen breitgefächerten Interessentenkreis. Es müsse selbstverständlich der Schutz personenbezogener Daten gewährleistet sein. Geodaten würden auch ein immer wichtigeres Instrument für die Landwirtschaft. Nicht zuletzt aufgrund der guten Qualität österreichischer Geodaten komme es nur selten zu Rückzahlungsforderungen bei Agrarförderungen, stellte Abgeordneter Hornek fest. 

   

Abgeordneter Josef AUER (S) verwies darauf, dass der länderübergreifende Austausch von Geodaten eine Normierung der Datenerhebung erfordere. Geodatenbanken seien ein wichtiges Informationsangebot an die BürgerInnen in vielen Bereichen und beförderten damit ihre demokratische Teilnahme an Entscheidungen. Der Austausch von Umweltdaten, etwa über die Luftqualität, ermögliche es, länderüberschreitende Maßnahmen zu setzen. 

Abgeordneter Werner HERBERT (F) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion zur Novelle an, auch wenn nicht alle Anregungen seiner Fraktion berücksichtigt seien, wie etwa das Verbot der Zweckentfremdung von Daten oder die Löschung nicht mehr benötigter Daten. Auch gebe es keine genaue Definition aller für die Erhebung von Geodaten zuständigen Institutionen, merkte er kritisch an.

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) begrüßte den umfassenden Zugang der BürgerInnen zu Geodaten. Sie erhoffte sich aus der Regelung einen besonderen Nutzen für das Umweltbundesamt, das ohnehin mit sehr knappen Ressourcen auskommen müsse.

Auch Abgeordnete Martina SCHENK (B) sah den erleichterten Zugang zu Geodaten als positiven Effekt der Novelle und kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion an.

Bundesminister Nikolaus BERLAKOVICH bedankte sich für die einhellige Zustimmung zur Novelle. Es gehe um die geordnete Datenerhebung und ihre optimale Zugänglichkeit und Verfügbarkeit sowie um Qualitätssicherung. Auch die Umweltpolitik werde von einer verbesserten Datenlage profitieren, war der Minister überzeugt.

Abgeordnete Ruth BECHER (S) begrüßte die gesetzliche Regelung ebenfalls. Es habe sich gezeigt, dass an diesen Daten ein großes Interesse der Öffentlichkeit bestehe.     

Kernenergie bleibt für Abgeordnete weiterhin ein striktes "No-Go"

Die Unterstützung der Petition "Abschalten! Jetzt!" zum weltweiten Atomausstieg durch 703.063 ÖsterreicherInnen, nahmen die Abgeordneten Hannes Weninger (S), Hermann Schultes (V), Carmen Gartelgruber (F), Christiane Brunner (G) und Rainer Widmann (B) zum Anlass, einen gemeinsamen Entschließungsantrag einzubringen, der die konsequente Umsetzung der österreichischen Anti-Atompolitik mit dem Ziel eines möglichst raschen Ausstiegs aus der Kernenergie in Europa zum Inhalt hat. Der Antrag fand die Unterstützung aller Abgeordneten. Miterledigt wurden damit 6 weitere Anträge der Abgeordneten Hermann Schultes (V), Hannes Weninger (S), Eva Glawischnig-Piesczek (G), Norbert Hofer (F) und Werner Neubauer (F) zur Anti-Atompolitik, in denen die Abgeordneten insbesondere ihre Sorge im Hinblick auf grenznahe Atomkraftwerke in den Nachbarländern zum Ausdruck bringen (1722/A[E], 1978/A[E], 811/A[E], 1317/A[E], 1318/A[E] und 1837/A[E]).

Dem Plenum lagen zudem weitere Anträge der Opposition vor, die jedoch abgelehnt wurden. So fordert Abgeordneter Rainer Widmann (B),  angesichts der Risiken und Sicherheitsmängel rund um die grenznahen AKW Temelin und Mochovce und schwerwiegender rechtlicher Mängel bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen zur Errichtung neuer AKW-Blöcke in Temelin und im slowakischen Mochovce von der Bundesregierung die Einleitung europäischer Vertragsverletzungsverfahren gegen Tschechien und die Slowakei (1532/A[E] und 1533/A[E]). Widmann sieht weiters offene Sicherheitsfragen beim AKW Temelin (1736/A[E]) und kritisierte Wettbewerbsverstöße der Atomindustrie. Sie könne durch Milliardensubventionen und geringe Haftungen die Kosten für Atomstrom künstlich niedrig halten und agiere damit am Strommarkt wettbewerbsverzerrend (1855/A[E]), argumentiert er.

Auch Abgeordneter Werner Neubauer (F) ruft in einem Entschließungsantrag (1146/A[E]) die Bundesregierung auf zu klären, inwieweit die von der Slowakei durchgeführten UVP-Verfahren zur Fertigstellung neuer Reaktorblöcke 3 und 4 der AKW Mochovce und Temelin den EU-Vorschriften entsprechen. Er tritt auch für die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Tschechien wegen der aus seiner Sicht europarechtswidrigen Umweltverträglichkeitsprüfung bei der geplanten Erweiterung des AKW Temelin (2033/A[E]) ein. Zudem forderte er vom Umweltminister, bei der EU-Kommission zu erwirken, dass notwendige Abschaltungen von Atomkraftwerken allein im jeweiligen Betreiberstaat finanziert werden (2097/A[E]). Neubauer will auch eine Prüfung der Frage, wie die zukünftige Versorgung von Bundesgebäuden durch ökozertifizierte Anbieter mit garantiert atomstromfreier Energie sicherzustellen (1518/A[E]) sei. Sein Klubkollege Norbert Hofer warnt vor dem Plan der slowakischen Regierung, beim Ausbau des AKW Bohunice auch ein Atommüllrestlager im westslowakischen Jaslovske Bohunice, nur 60 Kilometer von der burgenländischen Grenze entfernt, zu errichten (1861/A[E]).

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) verwies auf die große Zustimmung der österreichischen Bevölkerung zum Verzicht auf Atomkraft und meinte, der Antrag sei ein Auftrag an die österreichische Regierung. Energiefragen seien ein Thema für die Zukunft, zeigte er sich überzeugt, die Gefahren sieht Neubauer vor allem auch in den "Schrottreaktoren" nahe an Österreichs Grenzen. Der Fünf-Parteien-Antrag müsse dazu führen, dass gegen diese Gefahr tatsächlich etwas unternommen werde, forderte er. Der Antrag dürfe nicht einfach der Gewissensberuhigung in der Atomfrage dienen, sondern müsse ein Signal einer aktiven Anti-Atompolitik sein. Kritisch beurteilte der Abgeordnete die Nichtbehandlung von zahlreichen Anträgen, etwa gegen Atomrestmülllager an den österreichischen Grenzen. Die Fakten seien bekannt, es sei daher massiver Handlungsbedarf für die Bundesregierung gegeben. Die Freiheitliche Partei werde dafür sorgen, dass die Regierung an ihren Taten gemessen werde, kündigte Neubauer an.   

Abgeordneter Hermann SCHULTES (V) sah einen hohen Anspruch, der im Antrag zum Ausdruck komme und der vom gesamten Hohen Haus mitgetragen werden sollte. Bundesminister Berlakovich habe bewiesen, dass er in Europa wichtige Akzente für den Umgang mit Atomkraft setze. Der Stresstest für AKW sei auf seine Initiative hin durchgeführt worden und habe wichtige Aussagen erbracht. Es sei notwendig, dass sich die Staaten, die sich gegen die Nutzung der Kernenergie entschieden haben, zu Wort melden und andere Länder zum Nachdenken über die Kernenergie bewegen. Dazu gehöre auch, das Thema erneuerbarer Energien stets voranzutreiben und zu zeigen, dass man nicht nur Nein sage, sondern auch einen gangbaren Weg aufzeigen könne, betonte Schultes.

Grenznahe Kernkraftwerke als Risikofaktor

Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER wies darauf hin, dass dem tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus bei seinem Besuch im Hohen Haus die einheitliche Haltung aller Fraktionen des Nationalrats zur Atompolitik klar und eindeutig übermittelt wurde. 

Der von allen Fraktionen im Umweltausschuss beschlossene Anti-Atompolitik-Antrag sei ein Arbeitsauftrag an Bundesminister Berlakovich, hielt Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) fest. Sie begrüßte, dass einige der Forderungen aus der von mehr als 700.000 BürgerInnen unterschriebenen Petition, die die Grundlage für den 5-Parteien-Antrag gebildet hatte, in die Entschließung des Umweltausschusses Eingang fanden, wies allerdings darauf hin, dass es für die Bundesregierung nun umso mehr gelte, auf europäischer Ebene gegen Atomkraft aufzutreten. Brunner bezog sich in diesem Zusammenhang auf die vielen "Hochrisikoreaktoren" an Österreichs Grenzen, deren Abschaltung sie ebenso forderte, wie das Streichen von Subventionen von Atomstrom und den Stopp von Laufzeitverlängerungen. Letztlich, so Brunner, solle Österreich völlig atomstromfrei sein, wobei auch der Import von Nuklearenergie unterbunden werden müsse.

Seinen Stolz über den 5-Parteien-Antrag gegen Kernenergie brachte Abgeordneter Hannes WENINGER (S) zum Ausdruck. Damit habe man zu einem Kompromiss zwischen dem österreichischen Anti-Atom-Politik-Konsens und vielen diesbezüglichen Oppositionsanträgen, die teilweise in den Antrag einflossen, gefunden. Ausdrücklich dankte Weninger den Initiatoren dieser Initiative, Global 2000 und den über 700.000 UnterstützerInnen der Petition für Atomausstieg, denn dadurch sei ein Auftrag an alle PolitikerInnen des Landes ergangen, sich auch weiterhin auf europäischer und globaler Ebene gegen Atomkraft stark zu machen.

Für Abgeordneten Rainer WIDMANN (B) ist der gute Antrag des Nationalrats gegen Kernenergie nicht mit einer erfolgreichen Anti-Atom-Politik der jetzigen Bundesregierung gleichzusetzen. Er wertete die Mitbehandlung der Oppositionsanträge im Ausschussbericht über die gemeinsame Entschließung als eine de facto Ablehnung der Oppositionsinitiativen. Widmann kündigte daher an, in wenigen Monaten eine schriftliche Anfrage an Umweltminister Berlakovich zu richten, wie viele der Forderungen im Antrag schon umgesetzt sind. Besonderen Unmut äußerte der Mandatar über die Nichtbeachtung des BZÖ-Antrags auf Vertragsverletzungsverfahren gegen Temelin und Mohovce beim EuGH. Da die Regierung keine völkerrechtlichen Schritte gegen den Ausbau bestehender AKWs einleite, habe er sich gezwungen gesehen, eine Individualbeschwerde gegen eine Erweiterung Temelins beim EuGH einzubringen. Zu EURATOM meinte Widmann, dadurch werde der Ausbau erneuerbarer Energien keinesfalls vorangetrieben, es bedürfe deswegen nationaler Anstrengungen in diesem Bereich.

Abgeordneter Peter MAYER (V) sah den 5-Parteien-Antrag gegen Atomkraft als großen Schritt auf dem Weg zu einem europaweiten Atomausstieg und hob die Bedeutung der AKW-Stresstests in diesem Zusammenhang hervor. Das immer noch größte Problem ortete Mayer bei Fragen zur Atommülllagerung, immerhin würden damit auch noch spätere Generationen massiv belastet. Als gangbare Alternative wertete der V-Mandatar den Ausbau erneuerbarer Energien. Die Bundesregierung habe dafür mit dem Ökostromgesetz bereits wichtige Akzente gesetzt, allein die Umsetzung stoße derzeit noch oft auf Probleme, meinte Mayer und erwähnte als Beispiel Schwierigkeiten beim Aufbau einiger Windkraftanlagen in Oberösterreich.

Abgeordneter Erich TADLER (T) zitierte aus einer Studie des Max-Planck-Instituts, die von einer derzeit höheren Wahrscheinlichkeit eines "Atom-Supergaus" ausgehe. Rund um Österreich würden immer noch 438 "AKW-Bomben" ticken, kritisierte Tadler und zeigte sich unzufrieden über die Art, wie die AKW-Stresstests umgesetzt wurden. Im Umweltverträglichkeitsprüfungs (UVP) – Bericht zum Atomkraftwerk Mochovce seien etwa die grenzüberschreitenden Auswirkungen eines Störfalls negiert worden, was einen Affront gegen Österreich darstelle. Zum 5-Parteien-Antrag der anderen Fraktionen meinte der Redner des Team Stronach, seine Partei schließe sich den Forderungen an, diese dürften jedoch nicht endgültig sein.

Berlakovich: Österreichs Sicherheit ist oberste Priorität

Umweltminister Nikolaus BERLAKOVICH zeigte sich erfreut über den Antrag des Nationalrats, bilde dieser doch eine wertvolle Unterstützung für die Anti-Atom-Politik der österreichischen Bundesregierung. Berlakovich merkte allerdings an, dass in vielen Ländern Atomkraft immer noch als billige Alternative zur Energiegewinnung gesehen werde, wodurch sich internationale Verhandlungen darüber oft schwierig gestalteten. Zur Frage der Atomreaktoren in anderen EU-Ländern sagte der Umweltminister, die Wahl der Energieformen sei weiterhin nationales Recht, ebenso müsse jedoch dem grenzüberschreitenden Sicherheitsanspruch Rechnung getragen werden. Er setze sich daher für die Teilnahme Österreichs bei Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung ebenso ein wie für die österreichische Beteiligung bei der Atommüll-Endlagersuche, etwa in Tschechien. Österreich widersetze sich der Nichteinhaltung der UVB-Richtlinie durch die Tschechische Republik, informierte Berlakovich die Abgeordneten, und gegen die Slowakei sei bereits ein entsprechendes Verfahren beim EuGH anhängig.

Zu den Stresstests bemerkte Berlakovich, diese von Österreich initiierten Überprüfungen hätten Lücken aufgewiesen, da nicht jedes AKW nach seiner Sicherheit bewertet wurde und die Prüfzeiten oft zu kurz gewesen seien. Er wies jedoch den Vorwurf zurück, die Stresstests hätten das "Weißwaschen" der Atomkraft bewirkt, immerhin habe die Atomlobby im Rahmen der Prüfungen viele Probleme eingestehen müssen. Der Bundesminister regte ein europäisches Nuklearsicherheitssystem an und wies darauf hin, dass Österreich mit anderen atomfreien Ländern Europas bereits eine Anti-AKW-Plattform gebildet habe, um den Elan des Atomausstiegs, wie ihn beispielsweise Deutschland in Angriff nehme, beizubehalten. Österreich verfügt Berlakovich zufolge außerdem über funktionierende Notfallpläne mit gut koordinierten Organisationen im Fall eines Reaktorunglücks, Österreich sei also optimal auf einen hoffentlich nie eintretenden Umstand vorbereitet, betonte Berlakovich.

Erneuerbare Energien im Aufwind

Durch die Nuklearkatastrophe in Fukushima sei auch im Ausland der verstärkte Wunsch nach einem endgültigen Atomausstieg geweckt worden, analysierte Abgeordneter Rudolf PLESSL (S). Er gab jedoch zu bedenken, dass die Kosten von AKW-Stilllegungen über 10 Mrd. € betragen und mehr als 40 Jahre dauern würden. Österreich habe sich daher richtig für den verstärkten Aufbau erneuerbarer Energieformen wie Wasser- und Windkraft entschieden, Niederösterreich plane beispielsweise weiterhin den Bau neuer Windkraftanlagen. Plessl sprach sich außerdem für eine Erneuerung der Stromnetze und der Förderung von Elektromobilität aus.

Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) meinte, mit dem Antrag sei auf Initiative von 700.000 BürgerInnen von allen Fraktionen ein wichtiges Zeichen der Anti-Atom-Politik gesetzt worden. Sie bedauere jedoch, dass das Anti-Euratom-Volksbegehren, das noch vor der Fukushima-Katastrophe zum Abschluss kam, nicht die für die weitere Behandlung notwendigen 100.000 Unterschriften erreicht hatte. Gartelgruber forderte, Österreich müsse für EU-weite AKW-Stilllegungen eintreten, und sagte an den Umweltminister gerichtet, Atomkraftwerksbetreibern mehr Zeit zur Nachjustierung der Anlagen zu geben, sei "kontraproduktiv". Referenzierend auf einen Antrag der FPÖ, appellierte die Mandatarin, der Ausbau des Kraftwerks Bohunice soll unbedingt verhindert werden.

Die überfraktionelle Anti-Atom-Politik Österreichs dürfe nicht für parteipolitische Profilierungen benutzt werden, erwiderte darauf Abgeordneter Michael HAMMER (V). In dem einhellig beschlossenen Antrag auf Atomausstieg hätten auch zahlreiche Resolutionen von Gemeinden Beachtung gefunden, nun gelte es, den Umweltminister in seinen Bemühungen, international substantielle Verbesserungen zu erwirken, zu unterstützen. Aktuelle Umfragen belegten, so Hammer, dass die Angst vor einem Atomunfall die größte Befürchtung in der Bevölkerung sei. Angesichts der bei den AKW-Stresstests aufgezeigten Mängel, sei es nun an der Politik, verstärkt auf erneuerbare Energie zu setzen, fand der V-Mandatar.

Atomenergie ist keine billige Energie

Auch Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) erinnerte an die Vielzahl parteiübergreifender Resolutionen aus Gemeinden Österreichs, die mit dem vorliegenden Antrag miterledigt wurden. Da die Frage zur Endlagerung von Atommüll immer noch offen sei, wäre ein atomfreies Europa die einzige Lösung in Bezug auf nukleare Sicherheit. Nicht gelten ließ Pirklhuber das Argument, Atomstrom stelle eine billige Energieversorgung sicher, da etwa Haftungskosten bei Atomunfällen nicht mitberechnet seien. Weiters verlangte der G-Abgeordnete, zu EURATOM eine Vertragsrevisionskonferenz einzuberufen.

Mit dem 5-Parteien-Antrag zeige sich erneut Österreichs Vorreiterrolle in der Bekämpfung der Atomlobby, begrüßte Abgeordnete Andrea GESSL-RANFTL (S) die Initiative. Sie hob die Bedeutung des Ausbaus der Energiegewinnung durch Sonne, Wind und Biomasse hervor und erwähnte auch den Aktionsplan der Bundesregierung, durch den die Sicherheitsreserven bei Atomkraft in der EU, der Ukraine und der Schweiz überprüft wurden. Bedauerlich fand Gessl-Ranftl, dass Tschechien der europäischen Linie, Atomstrom zurückzufahren, nicht folge. Sie unterstrich, wirtschaftliche Interessen dürften niemals über Umwelt- und Sicherheitsbelangen stehen.

"Vernichtend" seien die EU-weiten AKW-Stresstests gewesen, beschied Abgeordneter Kurt LIST (B), außerdem seien Unglücksszenarien auf Grund menschlichen Versagens oder durch Terrorangriffe nicht beachtet worden. Konkret in Bezug auf das slowenische Kernkraftwerk Krško äußerte List starke Bedenken für die Sicherheit Österreichs und verlangte eine sofortige Abschaltung der Anlage. Die Bundesregierung müsse zudem ein Veto bei der EU gegen die Atompläne Tschechiens einlegen, um die Erweiterung Temelins zu verhindern. Es ginge nicht an, dass von Regierungsseite den Atomkonzernen kein Einhalt geboten werde, zeigte sich List entrüstet und verwies auf das BZÖ-Maßnahmenpaket gegen Atomkraft, mit dem eine atomfreie Zukunft möglich würde.

Abgeordneter Franz HÖRL (V) führte aus, Österreich sei mit seinen Naturschutzgebieten und dem hohen Anteil an erneuerbarer Energie ein Vorzeigeland in Europa. Minister Berlakovich dankte er, mit den Stresstests die europaweite Überprüfung von AKWs initiiert zu haben. Die erfassten Mängel vieler Atomanlagen hätten zahlreiche Länder zu Reparaturmaßnahmen veranlasst, wodurch Europa ein Stück sicherer werde. Hörl regte an, gerade in Bezug auf die 2020-Ziele zur Energiewende Formen der erneuerbaren Energiegewinnung noch weiter auszubauen und forderte besonders die Abgeordneten des BZÖ und der Grünen auf, gemeinsam für ein atomfreies Österreich aktiv zu sein, anstatt die Regierungspolitik zu bemängeln.

Abgeordnete Susanne WINTER (F) meinte, Tschechiens Pläne zum Ausbau und zur Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken, um das Energiesystem zu stabilisieren, führe die Energieautarkie ad absurdum. An die Grünen gewandt sagte die F-Mandatarin allerdings, diese litten an "Realitätsverlust", da nicht mitbedacht werde, dass ein Atomausstieg für viele Länder auch einen Schaden für die Wirtschaft mit sich bringe. In Richtung der SPÖ vermeldete Winter, sie halte Forderungen nach EU-Bürgerinitiativen gegen Atomkraft für nicht zielführend, weil sich die Europäische Kommission lediglich damit zu befassen habe, eine EU-weite Bürgerinitiative jedoch keinen verpflichtenden Charakter hat. Als einzige Grundlage für eine wirksame Atompolitik Österreichs und der EU erachtete Winter die Erkenntnis, dass in einer endlichen Welt kein unendliches Wachstum möglich sei.

Abgeordneter Peter STAUBER (S) hob hervor, mit dem gemeinsamen Antrag hätten die Fraktionen nicht nur bei einer sensiblen umweltpolitischen Materie Konsens erzielt, sondern auch die Bedeutung einer sicheren und saubere Umwelt gerade auch im ländlichen Raum betont. Als "Lichtblick" für den südlichen Teil Österreichs betrachtete er die Entscheidung Italiens gegen den Wiedereinstieg in Atomkraft, besorgniserregend sei im Gegensatz dazu der Hochrisikoreaktor Krško, so Stauber, der den Minister ersuchte, weiterhin die Problematik des slowenischen AKWs in der EU zu thematisieren.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) bezeichnete Österreich als Vorbild und Vorreiter in der Anti-Atompolitik. Wichtig seien nun Alternativen zur Atomenergie in Form von erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz, meinte er zudem und präsentierte in diesem Zusammenhang das Projekt des Energieparks Bruck an der Leitha. Der Redner rief den Minister weiters dazu auf, den vorliegenden gemeinsamen Antrag als Waffe zum Wohle aller und gegen die Atom-Lobby einzusetzen.

Abgeordneter Erwin HORNEK (V) trat für die Forcierung von erneuerbarer Energie, insbesondere Solarenergie ein und unterstrich ebenfalls den parteienübergreifenden Konsens in der Atomfrage.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) kritisierte hingegen die gegenständliche Debatte als "heuchlerisch" und sprach in Anspielung an energiepolitische Vorhaben in der Steiermark von "mieser Geschäftemacherei". Teurer Ökostrom werde ans Ausland verkauft, um billigen Atomstrom zu importieren, empörte er sich. Der Redner wies auch auf die seiner Meinung nach bestehende Gefährdung durch grenznahe Atomkraftwerke hin und warf der Regierung diesbezüglich Untätigkeit vor.

Abgeordneter Walter SCHOPF (S) interpretierte den Antrag als wichtigen Schub nach vorne und argumentierte, angesichts der AKW-Ausbaupläne in Tschechien sei die Initiative aktueller denn je. Der Mandatar aus dem Mühlviertel forderte insbesondere eine sofortige Abschaltung der Reaktoren im Nachbarland unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Rechtsmittel. (Fortsetzung Nationalrat)