Parlamentskorrespondenz Nr. 965 vom 22.11.2012

Umfassende Sicherheitsdebatte im Innenausschuss

Zunahme der Sexualdelikte - Alarmglocken läuten

Wien (PK) – Angesichts der starken Zunahme bei Sexualdelikten, die bei der Debatte über den Sicherheitsbericht 2011 im Innenausschuss zur Sprache kam, kündigte Justizministerin Beatrix Karl Vorschläge zur Verschärfung der Strafen für Sexualstraftäter an. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erläuterte ihr Fünf Punkte-Programm für mehr Effizienz im Kampf gegen die Drogenkriminalität, da der Drogenkonsum bei den 14 bis 18-Jährigen stark zugenommen habe. Dem Grundsatz "Hilfe für Drogenkranke" bleibe sie treu, sicherte die Ministerin den Abgeordneten zu. Weitere Themenschwerpunkte der umfassenden Sicherheitsdebatte bildeten Probleme bei der Aufklärung von Einbrüchen in Einfamilienhäuser und Wohnungen sowie die Tätigkeit organisierter Banden aus dem Ausland, gegen die sie die internationale Kooperation mit Polizeibehörden der Nachbarländer intensiviere und ausweite, sagte die Innenministerin. Dem Vorschlag der FPÖ, die Schengengrenzen aus Sicherheitsgründen zumindest zeitweilig hochzuziehen, wies Mikl-Leitner zurück, weil dies den Export und die Reisefreiheit der BürgerInnen beeinträchtigen würde. - Die Debatte über den im Ausschuss mit S-V-F-Mehrheit zur Kenntnis genommen Sicherheitsbericht 2011 wird im Nationalratsplenum fortgesetzt werden.           

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) leitete seine Stellungnahme zum Sicherheitsbericht 2011 mit Lob für die Innenministerin wegen der hohen Aufklärungsrate bei Straftaten gegen die sexuelle Integrität ein. Angesichts einer dramatischen Zunahme bei den Straftaten sollten aber die Alarmglocken läuten, sagte der Abgeordnete und drängte auf entschlossene Maßnahmen. Sein Vorschlag lautete, den Unterschied zwischen "Missbrauch" und "schwerem Missbrauch" im Strafgesetzbuch zu beseitigen, sofern Unmündige betroffen seien, um besonderen Schutz für diese Gruppe zu signalisieren.

Kritik übte Westenthaler an "Schönfärberei" bei der Darstellung der Situation bei Einbruchsdiebstählen. Die Zahl der Einbrüche in unbewohnte Objekte sei enorm hoch und die unfassbar geringe Aufklärungsquote bei Einbrüchen in Einfamilienhäuser weiter gefallen. "Das muss sich ändern", sagte Peter Westenthaler. Mit 43,5 % sei auch sei auch die Wiederverurteilungsrate bei frühzeitig bedingt aus der Haft entlassenen Verurteilten viel zu hoch, sagte der Abgeordnete und kritisierte Experten und Gutachter, die immer wieder auf vorzeitige Entlassung plädierten, obwohl die Rückfallsquote hoch sei. Auch hier sah Westenthaler Reformbedarf. Schließlich verlangte Westenthaler Auskunft darüber, wie viele Sexualdelikte wegen Verjährung nicht verfolgt werden könnten.

Abgeordnete Gisela Wurm (S) ging auf das neue 5-Punkte-Programm der Innenministerin beim Kampf gegen die Suchtmittelkriminalität ein und warnte davor, vom bisherigen Grundsatz "Helfen statt Strafen" abzugehen. Angesichts der Absicht, Namensänderungen im Kindschaftsrecht neu zu regeln, plädierte die Rednerin für eine kongruente Vorgangsweise bei der beabsichtigten Änderung des Personenstandsgesetzes.

Abgeordneter Harald Vilimsky (F) stellte Vergleiche in der Sicherheitsstatistik zwischen den vergleichbaren Städten Wien und München an und zeigte sich verwundert darüber, dass München bei 115.000 Straftaten jährlich eine Aufklärungsquote von 60 % verzeichne, Wien aber bei 555.000 Straftaten jährlich nur eine Aufklärungsquote von 35,1 %. Vilimskys Aufforderung an die Innenministerin lautete, sich von München etwas abzuschauen, um auf ebenso gute Ergebnisse zu kommen.

Widersprüche ortete Vilimsky bei Informationen der Bevölkerung über die Gefahr von Einbruchsdiebstählen zwischen Informationen aus der Versicherungsbranche und aus dem BKA. Seiner Meinung nach kenne die Einbruchskriminalität keine Sommerpause. Vilimsky klagte über die zunehmende Aktivität organisierter Kriminalität mit Balkanbezug sowie darüber, dass Österreich immer mehr zum Zielland illegaler Immigranten werde, dazu komme der Anstieg von Häftlingen ausländischer Herkunft, vor allem in Wien. Vilimsky empfahl der Innenministerin, wenigstens zeitweise die Schengengrenze hochzuziehen, um zu verhindern, dass Kriminelle aus Osteuropa nach verübter Tat jenseits der Staatsgrenze untertauchen können.

Abgeordneter Günter Kößl (V) widersprach seinem Vorredner und führte die Entwicklung bei den Einbruchsdiebstählen darauf zurück, dass mehr Fälle angezeigt wurden, mit der Öffnung der Grenzen habe dies nichts zu tun, sagte Kößl, der die gute Polizeiarbeit ausdrücklich lobte. Ausreißer in der Kriminalstatistik registrierte Kößl bei der Internetkriminalität und drängte angesichts einer Zunahme von 150 % auf Maßnahmen. Dies gelte auch beim Kampf gegen die Schlepperkriminalität.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) befasste sich mit Überwachungsmaßnahmen und hielt es für auffällig, dass die Zahl verdeckter Ermittlungen stärker zunehme als die Zahl der Delikte. Die hohe Genehmigungsquote bei Anträgen auf verdeckte Ermittlungen von Seiten der Gerichte lasse auf eine große Neigung der Richter schließen, Anträge der Staatsanwälte zu genehmigen, sagte Steinhauser, der um genaue Daten über verdeckte Ermittlungen im Jahr 2011 bat. Schließlich warnte der Redner auch davor, die Entwicklung bei Straftaten mit rechtsradikalem Hintergrund zu bagatellisieren.

Justizministerin kündigt Verschärfung des Sexualstrafrechts an

Bundesministerin Beatrix Karl kündigte Verschärfungen an. Die Mindeststrafen bei Vergewaltigung, qualifizierter geschlechtlicher Nötigung und Missbrauch wehrloser oder psychisch behinderter Personen sollen ab 1.4.2013 stark angehoben werden. Dem Vorschlag einer Zusammenführung der Delikte "Missbrauch" und "schwerer Missbrauch" bei Minderjährigen folgte die Justizministerin nicht, weil diese Abstufung aus ihrer Sicht gerechtfertigt sei.

Ausdrücklich verteidigte Ministerin Karl das Instrument der bedingten Entlassung, dem eine besondere Bedeutung bei der Wiedereingliederung von Rechtsbrechern in die Gesellschaft zukomme. Sie sehe hier keinen Reformbedarf.

Daten über Verfahren gegen Sexualstraftäter, die wegen Verjährung unterbleiben, bestünden nicht, teilte die Ministerin mit und hielt eine gesonderte Erhebung wegen des großen Aufwandes nicht für zweckmäßig. Außerdem erinnerte sie an die Anhebung der Verjährungsfrist im Sexualstrafrecht.

Die Gerichte genehmigen verdeckte Ermittlungsmaßnahmen im Bewusstsein der Problematik von Grundrechtseingriffen nur nach sorgfältiger Prüfung, sicherte die Ministerin zu und merkte an, dass Inhaltsüberwachungen bei Handygesprächen beim Kampf gegen die Drogenkriminalität unverzichtbar geworden sei.

Innenministerin intensiviert Kooperation mit Nachbarländern

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner teilte den Ausschussmitgliedern mit, die Zahl der Einbruchsdiebstähle gehe generell zurück und auch im bisherigen Verlauf des Jahres 2012 um 0,4 % abgenommen. Dennoch liegen Einbruchsdelikte im Fokus der Polizeiarbeit, die sowohl mit repressiven als auch präventiven Maßnahmen schwerpunktmäßig gegen Einbrecher vorgehe. Ein spezielles Problem stellten unbewohnte Einfamilienhäuser dar, wo sich die Aufklärung von Einbrüchen als besonders schwierig erweise, weil die Anzeigen oft erst Tage nach dem Einbruch erstattet werden.

Den Vergleich der Kriminalitätsstatistiken Münchens und Wiens wies die Innenministerin zurück, weil die Daten nicht vergleichbar seien. München verzichte auf Berücksichtigung von Fahrlässigkeitsdelikten in der Kriminalitätsstatistik und erstelle auch seine Aufklärungsstatistik nach einer völlig anderen Methode als Wien. Außerdem verzerre die große Zahl von Taschen- und Trickdiebstählen in Wien die Aufklärungsquote, informierte Ministerin Mikl-Leitner.

Die Kriminalität in der Grenzregion bereite auch ihr Sorgen, räumte die Ministerin ein und informierte an dieser Stelle über die intensivierte Kooperation mit den Sicherheitsbehörden der Nachbarländer, über Schwerpunktaktionen der Polizei und über die verstärkte Information der Bevölkerung, etwa über die Zweckmäßigkeit des Einbaus von Licht- und Bewegungsmeldern, sowie von Sicherheitstüren. Bei der Darstellung der Tätigkeit der Soko-Ost, sprach die Ministerin von einer Erfolgsstory. Grenzkontrollen konnte die Innenministerin nichts abgewinnen, weil dies die Exportwirtschaft und die Reisefreiheit der Menschen beeinträchtigen würde. Die Täter bei Dämmerungseinbrüchen kommen zu 73 % aus Südosteuropa, bei inländischen Tätergruppen handle es sich hauptsächlich um Menschen, die sich Geld beschaffen müssen, weil sie Spiel- oder Drogensüchtig seien, sagte die Ministerin. Ein diesbezügliches Maßnahmenpaket werde umgesetzt.

Beim Kampf gegen die Suchtgiftkriminalität sah die Ministerin die Notwendigkeit, rascher zu reagieren, weil sich die Drogenkriminalität in der Altersgruppe der 14- bis 18-jährigen zuletzt verdoppelt habe. Daher der Grundsatz "rascher – schneller – effizienter". In ihrem Bemühen um Frühintervention arbeite sie eng mit der Justizministerin und dem Gesundheitsminister zusammen, sagte Mikl-Leitner, berichtete über den Einsatz von 255 speziell geschulten Beamten und kündigte an, für Wien zusätzliche Präventionsbeamte auszubilden. An dem Grundsatz "Hilfe und Unterstützung für drogenkranke Menschen" halte sie selbstverständlich fest, betonte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.

Mit der Schlepperkriminalität werde sehr viel Geld verdient, erfuhren die Abgeordneten und wurden von der Ministerin über vermehrte Aufgriffe und über die erfolgreiche Arbeit der "Taskforce Schlepperei", sowie über die weiter intensivierte und geographisch ausgeweitete internationale Kooperation beim Kampf gegen die Schlepperei informiert. Außerdem kündigte Mikl-Leitner die Einsetzung zwei Sonderkommissionen an.

Bei Straftaten im Zusammenhang mit dem Rechtsextremismus sei die Zahl der Delikte gesunken, teilte die Ministerin mit und machte darauf aufmerksam, dass die Ausforschung einer rechtsextremen Homepage sich in der Kriminalstatistik mit 240 Delikten niedergeschlagen habe.

Zur beabsichtigten Änderung des Personenstandsgesetzes liege ein Abänderungsantrag zum Thema Kindschaftsrechtsänderung vor, teilte Mikl-Leitner Abgeordneter Wurm abschließend mit. (Fortsetzung Innenausschuss)