Parlamentskorrespondenz Nr. 15 vom 11.01.2013

Schikanen und Beschimpfungen Dauerbrenner bei Heeresbeschwerden

Parlamentarische Bundesheerkommission legt Jahresbericht 2011 vor

Wien (PK) – Schikanen im Rahmen der Grundausbildung sowie Beschimpfungen der Rekruten durch Vorgesetzte zählen neben Personalangelegenheiten nach wie vor zu den häufigsten Beschwerdegründen im Bundesheer. Wie aus dem nunmehr vorliegenden Jahresbericht 2011 der Parlamentarischen Bundesheerkommission (III-377 d.B.) hervorgeht, erhöhte sich die Zahl der von der Kommission eingeleiteten Beschwerdeverfahren von 337 im Jahr 2010 auf 504 im Jahr 2011, 32 Verfahren waren dabei amtswegige Überprüfungen. 78 % der Beschwerden wurde Berechtigung zuerkannt.

40 % der Beschwerden betrafen Bereich Ausbildung/Dienstbetrieb

Personalangelegenheiten stellten mit 48 % den häufigsten Grund für Beschwerden dar, 40 % aller Beschwerden betrafen den Bereich Ausbildung/Dienstbetrieb. Die weiteren Beschwerdegründe bezogen sich vor allem auf fehlerhaftes, unfürsorgliches Verhalten von Ranghöheren, mangelhafte Infrastruktur, Ausrüstungsmängel sowie mangelnde ärztliche Versorgung. 46 % der beschwerdeführenden Personen waren Unteroffiziere, 17 % Rekruten, 16 % Chargen, 11 % Offiziere und 10 % sonstige Personen. Im Bereich Ausbildung/Dienstbetrieb wurden 49 % der Beschwerden von Grundwehrdienern eingebracht.

Im Einzelnen berichtet die Bundesheerkommission u.a. von 84 Beschwerden im Zusammenhang mit Missständen im Rahmen der Ausbildung  und 39 Beschwerden betreffend Beschimpfungen oder unangebrachte Ausdrucksweisen. 19 Beschwerdeführer brachten Beschwerden in Bezug auf Missstände im Auslandseinsatz ein, 15 Beschwerden hatten die militärärztliche Betreuung zum Gegenstand, in 15 Fällen beschwerten sich Soldatinnen, fünf Beschwerden wiederum bezogen sich auf Mängel bei Unterkünften und Infrastruktur. In 32 Fällen leitete die Parlamentarische Bundesheerkommission amtswegige Prüfverfahren ein.

Bericht ortet Verbesserungsbedarf beim Kasernenhofton

Detailreich liefert der Bericht auch Beispiele für einzelne Beschwerdefälle. So reichte etwa die Palette an unangebrachten Ausdrücken von "Kasperl", "Depp" und "Sautrottel" bis hin zu Sätzen wie "Du hast einen Intelligenzquotienten wie eine Bodenfliese" oder "Ich werd' euch wetzen, bis ihr Blut speibts". In einem Fall wurden Rekruten, die wegen eine Stehbefreiung bei der Exerzierdienstausbildung einen Sessel mitnehmen mussten und der weiteren Ausbildung sitzend zu folgen hatten, als "Möbelixkompanie" bezeichnet. Für eine Beschwerde sorgte auch das Verhalten eines Vizeleutnants, der die mögliche Einteilung von Rekruten für den Assistenzeinsatz an der Grenze mit den Worten ankündigte: "Ich bin hier der Diktator, und ich entscheide".

Bei den Schikanen wiederum listet der Bericht Gruppenstrafen wie körperliche Übungen auf, etwa Fingergymnastikübungen mit weggestreckten Armen oder Verharren in der Liegestütz-Ausgangsstellung, mit denen Fehler einzelner Soldaten wie das Fallenlassen einer Patrone oder das Vergessen eines Ausrüstungsgegenstandes geahndet wurden.  

Amtswegige Prüfung bei einigen Vorfällen mit medialem Echo

Die von der Bundesheerkommission eingeleiteten amtswegigen Prüfverfahren betrafen u.a. Vorfälle, die in der Öffentlichkeit durch Medienberichte Aufmerksamkeit hervorriefen. So etwa das Verhalten einer Fachoberinspektorin einer Dienststelle des Bundesheeres, die einen behinderten Vertragsbediensteten regelmäßig mit Ausdrücken wie "Krüppel", "Idiot" und "Depp" beschimpft hatte. Die Kommission stellte hier eine grobe Verletzung der Dienstpflichten fest. Zu einem amtswegigen Prüfverfahren führte auch der Fall eines in einem Lehrsaal einer militärischen Liegenschaft gedrehten Pornofilms, bei dem die Lebensgefährtin eines Bundesheerbediensteten als Darstellerin eindeutig identifizierbar war. Gegen den Bundesheerbediensteten, der den Zugang zum Lehrsaal durch Weitergabe des Schlüssels ermöglicht hatte, wurde seitens der Dienstbehörde wegen des Vertrauensverlustes und der Schädigung des Ansehens des Bundesheers ein Kündigungsverfahren eingeleitet.

Maßnahmen reichen von Aufklärung bis zu disziplinärer Ahndung

Sämtliche Beschwerden wurden jeweils einer umfassenden Überprüfung zugeführt, betont der Bericht und weist auf die im Rahmen der Dienstaufsicht gesetzten Maßnahmen hin, deren Bogen von einer aufklärenden Information über personalrechtliche Veranlassungen bis hin zur disziplinären Ahndung reichte. Als erfreulich wird dabei auch der Umstand hervorgehoben, dass strafrechtliche Konsequenzen in immer weniger Fällen von festgestellten groben Missständen erforderlich waren.

Migrationshintergrund: Bundesheer Vorbild für gelungene Integration

Zum Thema Soldaten mit Migrationshintergrund hält der Bericht fest, Beschwerden mit rassistischem oder fremdenfeindlichem Hintergrund seien Einzelfälle, die bedauerlicherweise punktuell passierten. Das Bundesheer sei aber ein Vorbild für gelungene Integration, wie sie in der Gesellschaft noch nicht vorzufinden ist, heißt es weiter. So gelinge es im Bundesheer, die unterschiedlichen sozialen und beruflichen Lebensentwürfe der Soldaten in einer Einheit zu verschmelzen und Integration zu leben, betonen die Verfasser des Berichts. (Schluss) hof