Parlamentskorrespondenz Nr. 116 vom 19.02.2013

Faymann und Spindelegger verteidigen EU-Kompromiss

Misstrauensantrag und heftige Kritik der Opposition am Finanzrahmen

Wien (PK) – Die von den Koalitionsparteien beantragte Nationalratssondersitzung begann mit den EU-Erklärungen von  Bundeskanzler und Vizekanzler zu den Ergebnissen des Gipfels vom 7. und 8. Februar. Davor gab Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bekannt, dass der Klub der Grünen das Verlangen gestellt hat, die schriftliche Anfrage an die Finanzministerin betreffend "Niederösterreichische Spekulationen und Verluste in Milliardenhöhe" dringlich zu behandeln. Der Misstrauensantrag des BZÖ gegen die gesamte Regierung fand keine Mehrheit.

Faymann: Österreich ist unterm Strich Nettogewinner

Bundeskanzler Werner FAYMANN bezeichnete die Einigung der europäischen Regierungschefs auf einen mehrjährigen Finanzrahmen als ein gutes und faires Ergebnis sowohl für Österreich als auch für Europa. Der Budgetvoranschlag sehe vor, dass Österreich künftig einen Nettobeitrag von maximal 0,31 % des BIP zu zahlen hat, also nicht mehr 0,33 % wie in der vergangen Periode. Auch im Vergleich zu anderen Ländern, die ebenfalls Nettozahler sind, könne sich dieses Ergebnis sehr wohl sehen lassen, unterstrich Faymann. So müsse Deutschland etwa 0,38 % des BIP beitragen, obwohl Österreich pro Kopf reicher sei.

Generell müsse man beachten, dass die vorgesehen Finanzmittel für das Budget angesichts der Wirtschaftsleistung im EU-Raum nicht erhöht wurden, sondern etwa gleich geblieben sind, zeigte der Kanzler auf. Gleichzeitig sei es gelungen, nicht bei jenen Bereichen zu kürzen, die für die Innovationskraft und die Wettbewerbsfähigkeit einer Region entscheidend sind, also etwa Forschung, Wissenschaft und Infrastruktur. Aber dass jene Staaten, die mehr haben, auch mehr leisten müssen, dazu sei er immer gestanden, dies sei auch ein Beweis dafür, dass Österreich hinsichtlich seiner ökonomischen Performance zu den Besten in der Union gehöre. Ein wesentliches Ergebnis des EU-Gipfels sei, dass endlich ein Fonds ins Leben gerufen wurde, um den mehr als fünf Millionen arbeitslosen Jugendlichen in der EU Perspektiven zu bieten und das Wachstum in Europa wieder anzukurbeln.

Sehr stark eingesetzt habe sich Faymann auch für die Unterstützung des ländlichen Raums und die ländliche Entwicklung, wofür es ein sehr akzeptables Ergebnis gegeben habe, führte der Bundeskanzler weiter aus. Auch im Sinne der Wirtschaft könne man von einem guten Resultat sprechen, da die heimischen Betriebe von den diversen Infrastruktur-, Forschungs- und Entwicklungsfonds überproportional profitieren. Daher sei Österreich unterm Strich als Nettogewinner zu sehen, war der Bundeskanzler überzeugt.

Spindelegger: Akzeptables Ergebnis, aber kein Grund zum Jubeln

Vizekanzler Michael SPINDELEGGER zeigte sich grundsätzlich froh darüber, dass sich die europäischen Staaten allen Unkenrufen zum Trotz auf einen Finanzrahmen für die nächsten sieben Jahre einigen konnten, da die Alternative - Budgetprovisorien von Jahr zu Jahr – nicht sehr berauschend gewesen wäre. Natürlich sei es auf EU-Ebene – ebenso wie in den Nationalstaaten – erforderlich, angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen einen Sparkurs zu fahren, erklärte der Vizekanzler. Er könne daher die Kritik der Oppositionsvertreter und mancher EU-Parlamentarier absolut nicht nachvollziehen. Außerdem könne sich das Budget unter den gegebenen Voraussetzungen - 960 Mrd. € für die nächsten sieben Jahre – durchaus sehen lassen. 

Bei den Verhandlungen sei es natürlich sehr schwierig gewesen, einen Kompromiss zwischen 27 Partnern zu finden. Das österreichische Ergebnis sei daher akzeptabel, aber kein Grund zum Jubeln. Gemeinsam mit dem Regierungspartner habe man sich darauf verständigt, dass die Förderung der ländlichen Entwicklung von ganz zentraler Bedeutung sei. Es sei dann auch gelungen, die im ersten Entwurf vorgesehene Mittelkürzung um 30 % in diesem Bereich zum großen Teil abzuwenden, wodurch den Bio- und Bergbauern sowie den gesamten Einwohnern der ländlichen Regionen wieder eine gute Perspektive geboten werden könne. Ein Wermutstropfen sei aber sicher, dass Österreich in der Frage des Rabatts die zweite Komponente (die reduzierte Mehrwertsteuerabrufrate) verloren hat, räumte Spindelegger ein. Man dürfe aber nicht vergessen, dass Österreich zahlreiche Vorteile aus seiner EU-Mitgliedschaft ziehe, die diesen Verlust wieder wettmachen würden. Er sei überzeugt davon, dass dies auch durch die österreichischen Betriebe mit ihrer hohen Exportorientierung wieder aufgeholt werden könne. Es sei weiters klar, dass sich der Nettobeitrag entsprechend erhöhen werde, konstatierte der Vizekanzler. Österreich werde in Hinkunft etwa 1 Mrd. € pro Jahr leisten müssen, also im Mittelfeld der Nettozahler sein. Dies müsse man aber vor dem Hintergrund sehen, dass sich unser Land wirtschaftlich besser entwickelt habe als andere Regionen, gab Spindelegger zu bedenken.

Wenn man sich die Gesamtbewertung des Finanzrahmens ansehe, dann gebe es eine Reihe von positiven Merkmalen, wie etwa der gemeinsame Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit oder die höhere Dotierung von Bildungs- und Forschungsprojekten, wodurch sowohl junge Leute als auch österreichische Betriebe sicherlich profitieren werden. Ein Minus zu verzeichnen gebe es bei den so genannten benachteiligten Regionen, das Burgenland verliere deshalb zwei Drittel der bisherigen Zuwendungen. Er erwarte sich jetzt eine verantwortungsvolle Debatte über den Budgetvorschlag im Europäische Parlament und könne sich nicht vorstellen, dass am großen Rahmen noch etwas verändert werden könne.

Strache: Österreichisches Ergebnis ist ein Mega-Flop

Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) bezeichnete den Bundeskanzler als "Verhandlungsniete" und warf ihm vor, in Brüssel die Spendierhosen angehabt zu haben. Angesichts der zunehmenden sozialen Probleme in Österreich, der hohen Arbeitslosenraten etwa,  hätte er sich eine Halbierung des EU-Nettobeitrag erwartet. Die frei werdenden Steuergelder hätten viel besser in den Bildungssektor, in Beschäftigungsinitiativen oder Wiedereingliederungshilfen für Obdachlose investiert werden können. Ab 2015 werden die Österreicher aber 1,3 Mrd. € netto pro Jahr nach Brüssel schicken müssen, zeigte der Klubobmann der Freiheitlichen auf. Außerdem werden sich die Rückflüsse für die heimischen Landwirte jährlich um 72 bis 73 Mio. € reduzieren.

Mit diesem für die österreichischen Steuerzahler verheerendem Ergebnis werde Faymann als äußerst unfähiger Bundeskanzler in die Geschichte eingehen, urteilte Strache und überreichte einen "schottischen Sparsamkeitsrock". Blamabel sei auch das Verhalten von Vizekanzler Spindelegger gewesen, der eine Zeit lang mit Veto gedroht habe, nun aber dem Bundeskanzler Beifall klatsche und wieder einmal umgefallen sei. Ein ähnliches Fiasko befürchtete Strache in Bezug auf die geplante Finanztransaktionssteuer, wo im Gegensatz zu den ursprünglichen Plänen, die Einnahmen nicht in den Nationalstaaten bleiben würden, sondern in Richtung der Europäischen Union transferiert werden sollen. Die Freiheitlichen werden daher heute auch einen Neuwahlantrag einbringen, weil es an der Zeit sei, die Österreicher von dieser Regierung zu befreien. Das permanente Hick-Hack zwischen den Koalitionspartnern, das Vorwahlgeplänkel bis in den Herbst und der Arbeitsstillstand sei den Menschen nicht mehr länger zuzumuten, betonte Strache.

Cap: Alle sollten auf das österreichische Modell stolz

sein

Abgeordneter Josef CAP (S) gab gegenüber seinem Vorredner zu bedenken, dass der EU-Wirtschaftsraum und die Euro-Zone nicht aus Jux und Tollerei entwickelt wurde, sondern aus einer Notwendigkeit heraus. Gerade ein kleines Land wie Österreich könne nur dann seine Errungenschaften wie etwa im Gesundheitsbereich, im Sozialsektor, bei den Pensionen, bei der Beschäftigungen etc. verteidigen, wenn es Teil eines großen, starken Wirtschaftsgebildes sei, war Cap überzeugt. Wenn man sich vor dieser Einsicht verschließe, wie dies Strache ständig tue, riskiere man im Endeffekt, dass die Prinzipien des chinesischen Produktionsrhythmus oder das Selbstverständnis des indischen Sozialstaates bei uns Einzug halten. Jedes Land befinde sich im globalen Wettbewerb und deshalb müsse man auch über den Tellerrand hinausdenken.

Österreich sei das drittreichste Land in der EU und profitiere in hohem Ausmaß von den Fördertöpfen der EU, zeigte Cap auf. Gleichzeitig sei es aber auch wichtig, sich solidarisch an den Initiativen gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu beteiligen, weil es sonst auch zu einer massiven Wirtschaftsmigration kommen würde. Positiv bewertete Cap auch die Verfünffachung der Mittel für den ländlichen Raum, was ein großer Verhandlungserfolg sei. Auf der Verwaltungsebene sei es zudem gelungen, die Beamtengehälter zwei Jahre lang einzufrieren, eine Solidaritätssteuer einzuführen und insgesamt 5 % Personal abzubauen. Deshalb könne sich die österreichische Regierung auch vor die Steuerzahler hinstellen und belegen, dass verantwortungsvoll mit den Geldern umgegangen werde, war Cap überzeugt.

Glawischnig-Piesczek: Finanzrahmen ist Problem und keine Lösung

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) bedauerte, dass die Sondersitzung nicht dazu genutzt werde, um wirklich über die Zukunft der Union, die aktuellen Herausforderungen, den Finanzrahmen oder wichtige Investitionsvorhaben (erneuerbare Energien, Forschung etc.) zu reden, sondern auf die kleinliche, beschämende Diskussion – zahlt Österreich jetzt mehr oder weniger als Nettozahler - reduziert werde.

Glawischnig-Piesczek wies darauf hin, dass wichtige Finanzinstitutionen wie z.B. die OECD oder der IWF massiv den Sparkurs in den europäischen Ländern kritisierten, da dies zu einer wirtschaftlichen Rezession führen könne. Auch aus dieser Sicht sei daher der EU-Finanzrahmen ein Problem und keine Lösung. Die nun so stolz präsentierte Jugendbeschäftigungsgarantie sei ihrer Ansicht nach dermaßen halbherzig, da für insgesamt fast 6 Millionen junge Menschen ohne Arbeit in den nächsten sieben Jahren gerade mal 6 Mrd. € zur Verfügung stünden. Mit 150 € für jeden Jugendlichen könne dieses massive Problem aber sicherlich nicht ernsthaft angegangen werden, urteilte Glawischnig-Piesczek. Dafür wäre nach Auffassung der Grünen Klubobfrau pro Jahr das Doppelte notwendig. Sie habe Null Verständnis dafür, dass im EU-Budget nach wie vor 39 % der Gesamtmittel für den Agrarsektor, also im Wesentlichen für die Agrarindustrie ausgegeben werden. 80 % des Gesamtvolumens der Förderungen gehen nämlich an 20 % der Betriebe in Europa, hob die Mandatarin der Grünen hervor. Dies nütze nicht nur der österreichischen Landwirtschaft nichts, sondern produziere Probleme im Lebensmittelbereich am laufenden Band. Dennoch hätten sich die Vertreter der Regierungsparteien immer wieder gegen eine genaue Herkunftsbezeichnung von europäischem Fleisch gewehrt, kritisierte Glawischnig-Piesczek. 

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) sah angesichts des EU-Budgets keinen Grund zu übertriebenem Jubel, meinte aber, es dürfe keinen Zweifel daran geben, dass die Europäische Union ein unverzichtbares Projekt zur Sicherung von Frieden und Wohlstand darstelle und dass uns dieses Projekt auch etwas wert zu sein habe. Die EU müsse handlungsfähig bleiben, gehe es doch darum, die einzelnen Länder und Regionen wirtschaftlich stärker zu machen, in Zukunftsbereiche zu finanzieren, aber auch die heimische Lebensmittelproduktion sicherzustellen. Das Verhandlungsergebnis sei jedenfalls ein akzeptabler Kompromiss, resümierte Kopf und betonte, Österreich habe seine Ziele erreicht und insbesondere ein niedrigeres Gesamtbudget, die Stärkung der Zukunftsbereiche Forschung, Bildung und Infrastruktur sowie ein Bekenntnis zu beiden Säulen der Agrarförderung umsetzen können. Klar sei darüber hinaus, dass Österreich von der EU-Mitgliedschaft "unterm Strich" profitiere, hielt der VP-Klubobmann den Kritikern am Nettobeitrag entgegen.

Bucher: Regierung verspricht nicht vorhandene Gelder

Abgeordneter Josef BUCHER (B) warnte vor den wachsenden Schulden in Österreich und kritisierte, Kanzler und Vizekanzler hätten der EU für die nächsten sieben Jahre Geld versprochen, das im eigenen Land noch gar nicht erwirtschaftet worden sei. Das Gerede von Friedensprojekt und Solidarität könne er schon nicht mehr hören, sagte Bucher und stellte empört fest, das Geld der EU fließe in Wahrheit an Spekulanten und Banken, die Solidarität gehe an den Menschen und ihren Problemen vorbei. Für den BZÖ-Mandatar stellte sich dabei die Frage, wie lange sich Österreich die Zahlung von Milliardenbeiträgen an Brüssel noch leisten könne. Bucher bezichtigte den Bundeskanzler des "Verrats" an seiner Verantwortung für Österreich und bemerkte, Faymann biedere sich an die EU an, er mache sich in erster Linie über die Menschen in Spanien und Griechenland Sorgen anstatt sich um die Arbeitslosen in Österreich zu kümmern.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) wertete den neuen EU-Finanzrahmen als guten Kompromiss und meinte, Österreich habe unter schwierigen Bedingungen und durch konsequentes Verhandeln ein Maximum an Geld herausgeholt. Positiv hob Muttonen vor allem den Fonds zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hervor und unterstrich, die Union habe damit einen richtigen Schritt in die richtige Richtung gesetzt und gezeigt, dass sie die sozialen Probleme ernst nimmt. Erfreut zeigte sich Muttonen aber auch über Investitionen in Zukunftsbereiche wie Forschung, Bildung und Infrastruktur, wobei sie zu bedenken gab, gerade Österreich profitiere von den transnationalen Netzen in einem besonderen Maß.

Lugar: Österreich ist am schlechtesten ausgestiegen

Abgeordneter Robert LUGAR (T) sprach hingegen von einem Misserfolg und stellte fest, Österreich sei von allen Ländern am schlechtesten ausgestiegen. Man habe einen großen Teil des Rabatts eingebüßt und bekomme darüber hinaus nun weniger an Förderungen. Nach Ansicht Lugars hätte Österreich seine Zustimmung zu den Beitragszahlungen an Reformen der Europäischen Union knüpfen sollen. Angesichts der Verschwendung bei Förderungen, der hohen Gehälter der Brüsseler Beamten oder des "Wanderzirkus" der EU-Parlamentarier zwischen Brüssel und Straßburg bestehe dringender Handlungsbedarf seitens der Union, betonte Lugar. In einem Entschließungsantrag mahnte der Klubobmann von Team Stronach ein besonderes Engagement Österreichs gegen die Aufsplitterung der EU-Sitzungen zwischen Brüssel und Straßburg und für die Festlegung der belgischen Hauptstadt als einziger EU-Tagungsort ein.

Abgeordneter Werner AMON (V) erwartete sich vom neuen EU-Finanzrahmen wichtige Akzente vor allem in den Bereichen Forschung, Bildung und Infrastruktur und sprach von richtigen Schwerpunktsetzungen und einem durchaus akzeptablen Ergebnis. Klar war für Amon allerdings, dass arbeitspolitische Maßnahmen und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in erster Linie in den Aufgabenbereich der einzelnen Mitgliedstaaten fallen.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) warf Bundeskanzler und Vizekanzler vor, bei den Verhandlungen über den EU-Finanzrahmen die österreichischen Interessen außer Acht gelassen zu haben, und kritisierte grundsätzlich den Nettobeitrag Österreichs. Er forderte nur geringste Mittel für eine, wie er sagte, zentralistische Subventionsverteilungsbürokratie, um sinnvolle Koordination und Absprachen zu ermöglichen, und eine maximale Verwendung der eigenen Steuergelder dort, wo sie am effizientesten eingesetzt werden können, nämlich vor Ort in Österreich.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) erklärte, Österreich sei als eines von wenigen EU-Ländern in den letzten Jahren reicher geworden und müsse daher logischerweise mehr an die Union zahlen. Faktum bleibe allerdings, dass der Nettobeitrag gemessen am Bruttonationalprodukt sinke. Dies könne Österreich als großen Erfolg verbuchen, zeigte sich Krainer erfreut. Entscheidend war für den Redner nun, dass die Gelder europaweit für die Bekämpfung der hohen Arbeitslosigkeit eingesetzt werden.

Abgeordneter Bruno ROSSMANN (G) warnte, mit dem neuen Finanzrahmen werde man die Herausforderungen der Zukunft nicht lösen können, es brauche vielmehr eine höhere Dotierung des EU-Budgets. Die heute anstehenden Probleme könne man jedenfalls nicht mit den Ausgabenstrukturen von gestern angehen, stand für den Grün-Mandatar fest, der im Übrigen auch scharfe Kritik an der Austeritätspolitik der EU übte. Wenn Europa im globalen Wettbewerb einen führenden Platz einnehmen wolle, dann gelte es, die Strukturen zu verändern und stärker in Zukunftsbereiche zu investieren. Als nur einen Tropfen auf den heißen Stein bezeichnete Rossmann die Mittel für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in Europa. In Sachen Landwirtschaft wiederum trat der Redner für eine Umschichtung der Gelder von der ersten in die zweite Säule und insbesondere für eine verstärkte Förderung des ländlichen Raums ein. Eine Subventionierung der Agroindustrie lehnte Rossmann als rückwärtsgewandt ab.

Regierung weist Kritik zu Agrarförderungen zurück

Abgeordneter Jakob AUER (V) wies die Kritik der Grünen an der Höhe der EU-Agrarförderungen zurück und meinte, die Grünen hätten heute klar gesagt, dass sie nichts für die Bauern übrig haben. Der Regierung zollte Auer für das in Brüssel erzielte Verhandlungsergebnis hingegen Respekt. Die Verhandlungen seien perfekt vorbereitet gewesen und hätten zu einem entsprechenden Erfolg geführt, betonte er. Generell gab Auer zu bedenken, dass die österreichischen Landwirte ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor seien und durch Aufträge an die regionale Wirtschaft 530.000 Arbeitsplätze sicherten.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) hielt dem gegenüber fest, die Menschen, "die ums Überleben kämpfen", hätten kein Verständnis dafür, dass Österreich künftig mehr in die EU einzahlen müsse und gleichzeitig weniger herausbekomme. Seiner Ansicht nach ist Bundeskanzler Faymann bei den Verhandlungen umgefallen, überdies habe eine gemeinsame Regierungslinie gefehlt. Konkret kritisierte er etwa die deutliche Reduzierung der Agrarförderungen und die Verringerung des Beitragsrabatts. Das EU-Budget wird Widmann zufolge durch eine automatische Inflationsanpassung außerdem höher ausfallen, als in der Öffentlichkeit dargestellt werde.

Abgeordneter Kurt GASSNER (S) zeigte sich überzeugt, dass weder der Neuwahlantrag der FPÖ, noch der Misstrauensantrag des BZÖ gegen die Regierung eine Mehrheit finden werde. Seiner Auffassung nach wurde eine guter Weg in der Mitte zwischen jenen gefunden, die ein höheres EU-Budget wollten, und jenen, die sich für Kürzungen ausgesprochen haben. Man könne nicht gleichzeitig für ein sparsames EU-Budget und die Beibehaltung der Agrarförderungen in der bisherigen Höhe sein, mahnte er. Um die Förderkürzungen bei der ländlichen Entwicklung zu kompensieren, kann sich Gaßner etwa eine innerstaatliche Deckelung und teilweise Umschichtung der Direktzahlungen vorstellen. Auch beim Österreichischen Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) könnte man ihm zufolge den Sparstift ansetzen und Förderungen für Bauern hinterfragen, die bienenschädliche Pestizide ausbringen oder mit Nitraten das Grundwasser verseuchen.

Abgeordneter Christoph HAGEN (T) kündigte die Zustimmung des Team Stronach zum Misstrauensantrag des BZÖ an. Nicht nur der Bundeskanzler und der Vizekanzler seien angesichts der verfehlten EU-Politik der Regierung rücktrittsreif, sagte er. Vorgezogene Neuwahlen werden von Hagen allerdings abgelehnt, der Nationalrat sei schließlich für fünf Jahre gewählt. Er sprach sich stattdessen für die Einsetzung einer Expertenregierung aus. Ein von Hagen eingebrachter Entschließungsantrag zielt auf eine Reduktion der Gehälter der EU-Beamten und eine Reform der Personalstrukturen in der EU unter privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten ab.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) betonte, die Zahlen und Fakten würden für die EU sprechen. Österreich habe wie kaum ein anderes Land als Standort von der EU profitiert. Die österreichischen Unternehmen nutzten die Chance, die ihnen die EU biete. Was die Budgeteinigung betrifft, meinte Haubner, er persönlich hätte sich auch mehr Mittel für Forschung und Innovation, für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gewünscht, es sei aber ein Kompromiss erzielt worden, mit dem man zufrieden sein könne.

Abgeordneter Harald JANNACH (F) hielt seinem Vorredner entgegen, es gebe eine Berufsgruppe, die nicht von der EU profitiert habe: die Landwirte. Deren Einkommen habe sich seit 1995 real um 30 % verringert, jeder dritte landwirtschaftliche Betrieb habe seither zugesperrt, skizzierte er. Nun würden die Agrarförderungen weiter gekürzt. Wie hoch das Minus für die Bauern sein wird, ist ihm zufolge aber noch immer nicht klar, in der Öffentlichkeit würden immer andere Zahlen genannt. Jannach verwies außerdem darauf, dass die österreichischen Landwirte auch durch die Streichung des Steuerbegünstigung für Agrardiesel, die Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge, die neue Einheitswertregelung und die Umwidmungsabgabe stark belastet seien.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) wertete die hohe Jugendarbeitslosigkeit als eines der gravierendsten Probleme in der EU. Fast 5,6 Millionen Jugendliche unter 26 hätten keine Arbeite beziehungsweise keinen Ausbildungsplatz, konstatierte sie. Dabei seien nicht nur Länder wie Griechenland, Spanien und Portugal mit großen Problemen konfrontiert. Schatz erachtet vor diesem Hintergrund die vorgesehenen 6 Mrd. € in sieben Jahren zur Bekämpfung der Jungendarbeitslosigkeit für nicht ausreichend. Der in der EU eingeschlagene Budgetsparkurs werde Europa in der Krise halten, ist sie überzeugt.

BZÖ bringt Misstrauensantrag gegen Regierung ein

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) brachte den angekündigten Misstrauensantrag seiner Fraktion gegen das gesamte Regierungsteam ein. Die Regierung sei bei den Verhandlungen in Brüssel auf ganzer Linie gescheitert, argumentierte er, das Verhandlungsergebnis schade Österreich nachweislich. Währenddessen blieben die "Misswirtschaft" der EU-Institutionen und der Banken weiter gesichert. Um die Ablehnung des Verhandlungsergebnisses zu bekräftigen, legte Grosz einen weiteren Entschließungsantrag vor, in dem die Regierung auch aufgefordert wird, über den EU-Finanzrahmen auf EU-Ebene neu zu verhandeln.

Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (T) hielt fest, es seien die Steuerzahler, die beim EU-Kompromiss verloren hätten. Dänemark, Schweden und die Niederlande seien bei den Verhandlungen deutlich besser ausgestiegen als Österreich, sagte sie. Dass die EU künftig mehr Mittel für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit bereitstellt, wurde von Kaufmann-Bruckberger zwar begrüßt, sie kritisierte aber, dass Österreich aus diesem Topf keinen einzigen Cent bekommen werde, obwohl die Jugendarbeitslosigkeit auch hierzulande steige.

In einer zweiten Wortmeldung korrigierte Abgeordneter Jakob AUER (V) einige Aussagen von Abgeordnetem Jannach und wies unter anderem darauf hin, dass Österreich auf EU-Ebene stets für die Beibehaltung der Milchquoten eingetreten sei. Er verteidigte überdies die neue Einheitswertregelung.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) warf Bundeskanzler Faymann und der Regierung vor, im Stile eines "Rosstäuschers" das Verhandlungsergebnis von Brüssel als Erfolg zu verkaufen, obwohl Österreich künftig höhere EU-Beiträge zahlen müsse und einen geringeren Beitragsrabatt bekomme, weniger Geld für kleine Bauern zur Verfügung stehe und Agrarfabriken höhere Förderungen erhielten. Er äußerte die Hoffnung, dass das EU-Parlament ein Veto gegen die Einigung einlegen wird. Das gesamte Volk sei, so Huber, "verraten, belogen und verkauft" worden.

Zweiter Nationalratspräsident Fritz NEUGEBAUER erteilte Abgeordnetem Huber für die mehrfache Verwendung des Wortes Lüge einen Ordnungsruf.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (T) ging auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa ein und zeigte sich verwundert darüber, dass nur Länder, die mehr als 25 % Jugendarbeitslosigkeit haben, EU-Gelder erhalten sollen. Ein von ihm eingebrachter Entschließungsantrag hat mehr Transparenz bei der Mittelvergabe für Klein- und Mittelbetriebe im Rahmen der europäischen Fonds zum Ziel.

Abgeordneter Erich TADLER (T) bekräftigte, das Verhandlungsergebnis zum EU-Budget sei und bleibe ein schlechtes. Er kritisierte zudem die laufende Vertagung von Oppositionsanträgen im Landwirtschaftsausschuss und sprach sich für eine faire Partnerschaft zwischen Konsumenten und Bauern aus.

Bei der Abstimmung fand der vom BZÖ eingebrachte Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung keine Mehrheit. Auch der Entschließungsantrag des BZÖ betreffend nationaler Schulterschluss zum EU-Finanzrahmen und die Entschließungsanträge des Team Stronach betreffend Einstellung des milliardenteuren "Wanderzirkus" zwischen Brüssel und Straßburg, betreffend transparente Reform des europäischen Personalwesens nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten und betreffend transparente Mittelvergabe für kleine und mittlere Unternehmen blieben in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat) hlf/red