Parlamentskorrespondenz Nr. 146 vom 27.02.2013

Finanzgeschäfte und Landesschulrat im Visier

Niederösterreichischer Wahlkampf im Nationalrat

Wien (PK) – Die spekulativen Finanzgeschäfte des Landes Niederösterreich haben heute erneut den Nationalrat beschäftigt. Nachdem die Grünen das Thema bereits vergangene Woche auf die Agenda  des Hohen Hauses gesetzt hatten (siehe PK Nr. 117/2013), zog das Team Stronach heute mit einer weiteren Dringlichen Anfrage an Finanzministerin Maria Fekter nach. Dabei bekräftigte Abgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger nicht nur die Kritik ihrer Fraktion an der Vermögensverwaltung und am wachsenden Schuldenberg im größten Bundesland Österreichs, sie hinterfragte auch die Rolle der Finanzmarktaufsicht und stellte den Verdacht in den Raum, dass Finanzministerin Fekter die Spekulationsverluste, zumindest bis zu den Wahlen in Niederösterreich, decken wolle. Fekter verwies dem gegenüber auf die Unabhängigkeit der FMA und zeigte sich außerdem zuversichtlich, dass bis zur nächsten Nationalratssitzung im März eine Einigung über die verfassungsrechtliche Verankerung des Spekulationsverbots erzielt werden kann.

Team Stronach: Schwere Vorwürfe gegen Pröll und Fekter

Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (T) leitete die Begründung der Dringlichen Anfrage mit der Bemerkung ein, die Politik in Österreich sei von Freunderlwirtschaft, Parteibuchwirtschaft und Proporz gekennzeichnet. Daran habe sich auch in den letzten Jahren nichts geändert. Besonders heftige Kritik übte sie am niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll, der jegliche Auskunft über die Finanzmarktspekulationen in Niederösterreich verweigere. Für die Abgeordnete liegt die Vermutung nahe, dass die beteiligten Banken enorme Provisionen für die Spekulationsgeschäfte erhalten haben, wobei sie auch "Kick-Back-Zahlungen" an die ÖVP Niederösterreich nicht ausschließt.

Begonnen hat das "Desaster" in Niederösterreich nach Meinung von Kaufmann-Bruckberger zu jenem Zeitpunkt, als die Zweckwidmung für Wohnbaugelder aufgehoben worden sei. Ihrer Einschätzung nach wurden seither Verluste in der Größenordnung von 1,8 Mrd. € eingefahren. Selbst wenn die von Landeshauptmann Pröll genannte jährliche Rendite von 3,2 % stimme, was Kaufmann-Bruckberger stark bezweifelt, ist ihr zufolge ein Minus bei den Veranlagungen offensichtlich, da die Abzinsung der Wohnbaudarlehen berücksichtigt werden müsse.

Scharfe Kritik übte Kaufmann-Bruckberger auch an Finanzministerin Fekter. Es schaue so aus, als ob Fekter die massiven Verluste in Niederösterreich zumindest bis zum Wahltag am 3. März decken wolle, sagte sie. Für die Abgeordnete stellt sich außerdem die Frage, warum mit Klaus Kumpfmüller gerade jetzt ein "Fekter-Adlatus" an die Spitze der Finanzmarktaufsicht berufen wurde, wo unabhängige Prüfungen geboten seien. Warum werde nicht auch nach Niederösterreich – so wie nach Salzburg – eine Expertentroika geschickt, fragte sie.

Insgesamt ist der "Schuldenrucksack" in Niederösterreich Kaufmann-Bruckberger zufolge durch Misswirtschaft und Vergeudung von Volkseigentum auf mittlerweile 12,6 Mrd. € geklettert.

Fekter: Spekulationsverbot wird kommen

Finanzministerin Maria FEKTER wies in Beantwortung der einzelnen Fragen der Dringlichen Anfrage darauf hin, dass die Finanzmarktaufsicht eine unabhängige und weisungsfreie Behörde sei. Das Finanzministerium könne in die operative Bankenaufsicht nicht eingreifen und verfüge daher auch über keinerlei Informationen über konkrete Fälle, sagte sie. Es gebe auch keinen Hinweis darauf, dass die FMA ihren Prüfungsaufgaben unzureichend nachkomme.

Verteidigt wurde von Fekter auch die Bestellung von Klaus Kumpfmüller zum zweiten FMA-Vorstand. Kumpfmüller sei nach einer öffentlichen Ausschreibung und einem transparenten und objektiven Verfahren von einer weisungsfreien Begutachtungskommission ausgewählt worden, konstatierte sie.

Den Großteil ihrer Rede widmete Fekter dem geplanten Spekulationsverbot für die öffentliche Hand, wobei sie sich zuversichtlich zeigte, dass dessen verfassungsrechtliche Verankerung, die begleitenden gesetzlichen Bestimmungen und der zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abgeschlossene Vertrag in der nächsten Nationalratssitzung beschlossen werden kann.

Wie Fekter betonte, werden in Zukunft nicht nur riskante Finanzgeschäfte und Spekulationen mit Schulden ausdrücklich verboten sein, vielmehr habe man sich auch auf das Transparenzprinzip verständigt. Dazu gehören ihr zufolge nicht nur regelmäßige Informationen, etwa an Landtage, die Statistik Austria und den Staatsschuldenausschuss, sondern auch ein österreichweit einheitliches Rechnungswesen und eine Abkehr von der Kameralistik. Ebenso sei im Sinne eines Mehr-Augen-Prinzips eine Trennung zwischen jenen, die Finanzentscheidungen treffen, und jenen, die Kredite aufnehmen, vereinbart.

Generell wies Fekter darauf hin, dass Österreich von drei Ratingagenturen mit Triple-A bewertet werde und damit, was die Finanzpolitik anlangt, weit besser dastehe als die meisten europäischen Länder. Für sie ist die Behauptung von Abgeordneter Kaufmann-Bruckberger, wonach der Kurs zum Staatsbankrott in Österreich munter weitergehe, daher "hanebüchener Unsinn".

Breite Front gegen Pröll

Abgeordneter Christoph HAGEN (T) leitete seine Rede mit dem Satz ein: "Wo Pröll draufsteht, sind Geldverschwendung und Schulden drinnen". Er warf dem niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll nicht nur vor, Wohnbaugelder und andere Steuergelder "zu verzocken", sondern auch in Bezug auf das geplante Spekulationsverbot auf der Bremse zu stehen. Pröll wolle sich nicht in die Karten schauen lassen, mutmaßt er.

Für Hagen haben die niederösterreichischen Schulden bedrohliche Ausmaße erreicht. Zu 5,6 Mrd. € Landesschulden und 3,8 Mrd. € Gemeindeschulden kämen noch 3,2 Mrd. € an in ausgelagerten Gesellschaften geparkte Schulden hinzu. Kritisch setzte er sich auch mit der hohen Verschuldung vieler Gemeinden in Österreich auseinander.

Nach Meinung von Abgeordnetem Ewald SACHER (S) wurde die SPÖ in Zusammenhang mit der Vermögensveranlagung in Niederösterreich über den Tisch gezogen. Er erinnerte daran, dass ÖVP, SPÖ und FPÖ im Jahr 2001 gemeinsam beschlossen hätten, die niederösterreichischen Wohnbaudarlehen zu verwerten und den Erlös zu investieren. Dabei sei jedoch immer die Rede von sicheren Veranlagungen gewesen, betonte er. Allerdings habe es der Landtag verabsäumt, sich Einfluss auf die operativen Geschäfte zu sichern.

In weiterer Folge hat Finanzlandesrat Sobotka Sacher zufolge eine sehr spezifische und intransparente Veranlagungsstruktur aufgebaut. Die SPÖ habe vom ersten Tag an das hohe Risiko der Veranlagungen kritisiert und 2003 sogar ein Rechtsgutachten erstellen lassen, das klar besage, dass Spekulation mit Steuergeldern nicht zu den öffentlichen Aufgaben zähle und daher zu unterlassen sei, skizzierte er. Mittlerweile ist laut Sacher ein Substanzverlust in Milliardenhöhe entstanden, für den seiner Ansicht nach Sobotka allein zur Verantwortung zu ziehen ist.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) meinte, die Dringliche Anfrage sei nur als Teil der Wahlkampfstrategie des Team Stronach erklärbar. Inhaltlich sei dazu zu sagen, dass etwa die Hypo Niederösterreich mit Vorwürfen der Staatsanwaltschaft konfrontiert sei. Die Angelegenheit sei derzeit ganz klar Sache der Justiz. Die Hypo Niederösterreich habe aber immer Gewinne gemacht. Was die kritisierte Veranlagungsstrategie des Landes Niederösterreich betreffe, so kooperiere das Land in dieser Frage mit dem Rechnungshof. Es handle sich auch um keinen Verlust aus den Veranlagungen, wie das immer dargestellt werde, sondern um einen Minderertrag gegenüber der ursprünglichen Erwartungen. Es würden zudem von den Fonds laufend Gewinne gemacht. Man könne das alles im Rechnungshofbericht nachlesen. Die Wahlen am Sonntag würden sicher klare Verhältnisse schaffen, gab sich Stummvoll überzeugt.

Abgeordneter Werner HERBERT (F) kritisierte, dass es das Spekulationsverbot nicht auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung geschafft habe. Der Grund dafür sei, dass der Landeshauptmann von Niederösterreich alles dazu getan habe, um Transparenz in der Finanzgebarung des Landes zu verhindern. In Niederösterreich seien Wohnbaufördergelder systematisch verzockt worden, die dabei angewandten Verschleierungsmechanismen mit Firmenkonstruktionen, lancierten Falschmeldungen und getarnten Geldbeschaffungsaktionen würden dem Vorgehen krimineller Organisationen entsprechen. Das Konzept sei nicht aufgegangen, die Zahlen würden eine deutliche Sprache sprechen, meinte Herbert. Es gelte jetzt, einen Kriminalfall aufzuarbeiten und die Verantwortlichen in die Pflicht zu nehmen, die Machenschaften müssten aufgeklärt werden und die politischen Konsequenzen folgen. Es zeige sich das Sittenbild einer politischen Machtausübung, die dem Land Schaden zufüge, er nenne nur das Beispiel der Sicherheitspolitik. Die Wahlen am Sonntag würden sicher die notwendigen Veränderungen herbeiführen.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) meinte, das Niveau der politischen Debatte in Niederösterreich setze sich nun im Hohen Haus fort. Pröll habe die Opposition eingeladen, zur FMA zu gehen, und sich dort über die Prüfungsergebnisse der niederösterreichischen Fonds zu informieren. Das Ergebnis sei klar. Das Land habe 8 Mrd. € erhalten, daraus seien nunmehr 4,4 Mrd. € geworden. Es sei zwar ein kleiner Teil des Verlustes wieder ausgeglichen worden, was von der ÖVP in eine Gewinnrechnung uminterpretiert werde. Es sei jedoch undenkbar, dass man durch die Fortführung der spekulativen Finanzgeschäfte jemals wieder zu den ursprünglich veranlagten 8 Mrd. € kommen werde. Solche Behauptungen seien reiner Unsinn, war Kogler überzeugt. Ein Untersuchungsausschuss wäre längst angebracht. Die Grünen würden sich weiter dafür einsetzen, dass alles aufgeklärt werde, kündigte der Abgeordnete an. Der Rechnungshof habe einen klaren Verlust von 1 Mrd. € konstatiert, darüber könnten kleine Gewinne einzelner Fonds nicht hinwegtäuschen. Die ÖVP solle endlich aufhören, bei diesen Vorgängen weiter "die Mauer zu machen" und nicht mehr Spekulationen verteidigen, die schlimmer seien als die Vorgänge im Land Salzburg.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) meinte, die Dringliche Anfrage sei chaotisch, die Grünen hätten bereits vor einer Woche eine faktenbasierte Anfrage zu den Vorgängen in Niederösterreich eingebracht. Nebenbei sei es das BZÖ gewesen, das schon vor Jahren durch eine Anzeige die Causa Hypo Niederösterreich ins Rollen gebracht habe. Das BZÖ arbeite, das Team Stronach erweise sich als überflüssig, insofern sei zu dieser Anfrage nichts weiter zu sagen.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) meinte, die Spekulation mit Wohnbaugeldern in Niederösterreich sei ein Thema, das großes Interesse finde, da die Verluste bereits 1,8 Mrd. € erreicht haben könnten. Dieses Geld hätte sehr viel besser in Zukunftsinvestitionen für die niederösterreichischen Gemeinden oder zur Unterstützung der Unternehmen und zur Sicherung von Arbeitsplätzen eingesetzt werden können. Ein Untersuchungsausschuss sei bisher verhindert worden. Die BürgerInnen hätten das Recht, Aufklärung über den Verbleib der Wohnbaugelder zu erhalten. Sicher sei jedenfalls, dass in Zukunft die Spekulation mit öffentlichen Geldern verhindert werden muss.

Unterschiedliche Interpretationen des Rechnungshofberichts 

Abgeordnete Dorothea SCHITTENHELM (V) dankte der Finanzministerin für die Beantwortung der Fragen. Abgeordnete Kaufmann-Bruckberger täte gut daran, den Rechnungshofbericht zu lesen. Die Wortwahl der Dringlichen Anfrage biete bloß ein Sammelsurium von Beschimpfungen. Das Team Stronach betreibe Wahlkampf für Frank Stronach, der die Leistungen Niederösterreichs schlecht rede und ganz offenbar nicht wisse, wovon er spreche. Er beschimpfe pauschal alle, die in den letzten Jahrzehnten ein wirtschaftlich erfolgreiches Bundesland aufgebaut haben. Es gebe zahlreiche Beispiele von Zukunftsinvestitionen in Niederösterreich, sagte Schittenhelm. Frank Stronach habe hingegen kein Programm vorzuweisen.

Abgeordneter Christian HÖBART (F) meinte, er könne die Rede aus der Vorwoche wiederholen. Man erlebe eine Märchenstunde. Er verwies auf das Nachrichtenmagazin "Profil", das schreibe, dass ein Verlust der absoluten ÖVP-Mehrheit in Niederösterreich ein Gewinn für die Demokratie in diesem Land sei. Es sei seine feste Überzeugung, dass das System Pröll seinen Zenit überschritten habe. Was die Veranlagungen betreffe, habe der Rechnungshof klar mit Rechnungsabschluss 2008 einen Verlust von einer Milliarde Euro festgestellt. Das Land Niederösterreich hätte nie durch einen Finanzlandesrat in ein Kasino verwandelt werden dürfen. Auch die Hypo Niederösterreich habe Verluste eingefahren, sagte Höbart, der auch das Skylink-Debakel erwähnte. Die Schulden des Landes, die in zwanzig Jahren von einer halben Milliarde auf gut 7 Mrd. € angewachsen seien, bedeute eine hohe Belastung zukünftiger Generationen, sagte der Abgeordnete und warf der ÖVP vor, kein geringerer Schuldentreiber als die Sozialdemokratie geworden zu sein.

Abgeordneter Bruno ROSSMANN (G) meinte, Landeshauptmann Pröll sei der "letzte Mohikaner", der noch glauben wolle, keine Verluste eingefahren zu haben. Er selbst sei der Empfehlung gefolgt, den Bericht des Rechnungshof zu lesen, und dieser weise klar einen Verlust von knapp einer Milliarde Euro aus. Das seien Gelder, die man in Fonds verzockt habe. Auch der Follow-Up-Bericht sage klar, dass die Verluste – nicht etwa Mindererträge – nicht aufgeholt wurden. Er habe festgestellt, dass die Verzinsung sicher nicht ausreiche, um wieder auf die ursprüngliche Summe zu kommen. Man könnte also diese Verluste wieder nur durch hochspekulative Veranlagungen aufholen, die Folgen solcher Veranlagungen kenne man jedoch. Die Regeln für das Spekulationsverbot, die vorgeschlagen wurden, würden aber nicht ausreichen, solche Spekulationen zu verhindern, wenn sie nicht vom entsprechenden Rechnungswesen begleitet würden. Auch die Kontrolle, die durch das Österreichische Koordinationskomitee erfolgen solle, reiche nicht. Dieses sei dieser Aufgabe nicht gewachsen. Es fehle auch an Transparenz durch ein modernes Rechnungswesen, meinte Rossmann und forderte die Finanzministerin auf, auf ihre Parteikollegen in den Ländern einzuwirken, damit ein Spekulationsverbot geschaffen werde, das diesen Namen verdiene.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) meinte, die Dringliche Anfrage sei zwar berechtigt, das Team Stronach glänze allerdings hier, wie auch in anderen Fällen, durch Abwesenheit. Was Niederösterreich angehe, so gebe es neben dem bereits oft genannten Landeshauptmann Pröll als einen Hauptverantwortlichen den Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka. Dieser habe bereits als Bürgermeister von Waidhofen an der Ybbs einen Schuldenberg hinterlassen. Der Verkauf von Wohnbaudarlehen sei zwar vor einigen Jahren gang und gäbe gewesen, allerdings habe Niederösterreich, im Unterschied zu anderen Ländern, mit dem Erlös spekuliert. Der Rechnungshof habe einen klaren Verlust konstatiert, auch wenn die ÖVP das Gegenteil behaupten wolle. Es sei daher nicht ehrlich, zu sagen, man habe einen Gewinn gemacht. Empörend daran sei, dass man mit Geld, dass zur Schaffung von Wohnraum gedacht war, in das internationale Finanzkasino eingestiegen sei.

Die ÖVP ziehe es vor, lieber die Berichtlegung des Rechnungshofs anzuzweifeln, statt die nötigen politischen Konsequenzen zu ziehen, sagte Widmann. Die Antwort müsse das Spekulationsverbot sein, meinte er und widersprach damit der Aussage der Grünen, wonach die derzeitigen Bestimmungen nicht reichen würden, um Spekulationen wie in Niederösterreich zu verhindern. Es sei daher notwendig, diese Regelungen noch vor dem 3. März zu beschließen, forderte Widmann. Andernfalls sei zu befürchten, dass nach einem ÖVP-Wahlsieg die Beschlussfassung weiter verhindert werde.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) hielt es für unverständlich, dass die niederösterreichische ÖVP Feststellungen des Rechnungshofs über Verluste bei der Veranlagung von Wohnbaugeldern nicht zur Kenntnis nehmen wolle. Die ÖVP sollte die Vorgänge aufklären und ein umfassendes Spekulationsverbot mitbeschließen, forderte die Abgeordnete. Der Verkauf von Wohnbaudarlehen um 8 Mrd. € habe zu Verlusten geführt, weil bei der Veranlagung der Mittel zu geringe Renditen erzielt werden konnten. Der Rechnungshof habe weiters festgestellt, dass die Verluste bislang nicht aufgeholt werden konnten. Königsberger-Ludwig verlangte einerseits Aufklärung der Vorgänge und andererseits mehr Transparenz beim Umgang mit Mitteln des Landes.

Abgeordneter Hermann SCHULTES (V) sprach von einer "faden Diskussion" und warf den Antragstellern vor, eine Anfrage "unter jeder Kritik" und nur mit der Absicht geliefert zu haben, ein "Wahlkampfspektakel" abzuhalten. Schultes brach eine Lanze für Landeshauptmann Erwin Pröll, von dem jeder Niederösterreicher wisse, dass er das Land ordentlich führe. Schultes erinnerte an den Bau von Kindergärten und Seniorenheimen und stellte außer Zweifel, dass die Landes-Veranlagungsgesellschaft (FIBEG) der Finanzmarktaufsicht ausführlich über ihre Tätigkeit berichtet hat. Niederösterreich wird seinen gewohnt erfolgreichen Weg fortsetzen, zeigte sich Schultes überzeugt.

Für Abgeordneten Elmar PODGORSCHEK (F) zeigte die Debatte klar, wie sehr sich die Bundes-ÖVP in Geiselhaft ihrer niederösterreichischen Landespartei befinde. Dass der Niederösterreichische Landeshauptmann wenige Tage vor einer Wahl jede Schuld von sich weise, sei verständlich. Man müsse den Tatsachen der Spekulationsverluste aber dennoch ins Auge blicken und die notwendigen Konsequenzen ziehen, lautete Podgorscheks Appell an die ÖVP. Sie wäre gut beraten, ein Spekulationsverbot und ein einheitliches Rechnungswesen einzuführen, wie dies auch das Ziel von Finanzministerin Fekter sei. In Niederösterreich gelte es "Könige und Fürsten" zu entthronen, schloss der Redner.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) registrierte anhand des Rechnungshofberichts einen Fehlbetrag von 996 Mio. € in einer Zeit, in der die Menschen dringend Investitionen in günstige Wohnungen brauchten. Moser vermisste Einblicke in die Details der verlustreichen Spekulationsgeschäfte und forderte, den Landeshauptmann, der diese leugne, zur Raison zu bringen. Gleichzeitig trat Moser nachhaltig für mehr Transparenz ein, es gelte dafür zu sorgen, dass die NiederösterreicherInnen wissen, was mit ihrem Geld geschieht. 

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) erinnerte an das Jahr 2008, als die Krise die finanzpolitische Goldgräberstimmung der vorangegangenen Jahre beendete und verlangte nachdrücklich, Spekulationen einen Riegel vorzuschieben und künftige Verluste auf Kosten der SteuerzahlerInnen zu verhindern. Der Redner erinnerte an negative Erfahrungen mit Fremdwährungskrediten auf kommunaler Ebene und warnte an dieser Stelle vor dem Einfluss der Banken. Der Wahlkampf sei zuletzt in die falsche Richtung gegangen, er sehe keinen Anlass, von einer Diktatur in Niederösterreich zu sprechen und das Land generell schlecht zu reden, schloss Windholz.

Abgeordneter Hermann LIPITSCH (S) warnte vor den Teams, die wiederkommen würden, wenn Pröll und Dörfler wiedergewählt werden: Sobotka in Niederösterreich und Scheuch in Kärnten. Angesichts der Spekulationsverluste in Niederösterreich machte der Redner auf die Konsequenzen aufmerksam, auf fehlende Mittel für die Errichtung neuer Wohnungen, die die Menschen so dringend brauchten. Eine Lanze brach Lipitsch für die Erhaltung des Zukunftsfonds in Kärnten, der dringend für Investitionen in Wohnungen für die KärntnerInnen sowie für Bildungs- und Arbeitsplatzprojekt gebraucht werde. Dem Team Stronach warf der Redner vor, nicht für neue Werte einzutreten, sondern lediglich Börsenwerte zu vertreten. 

Abgeordnete KAUFMANN-BRUCKBERGER (T) hielt es für richtig, dass heute zum wiederholten Mal im Nationalrat über Spekulationen in Niederösterreich gesprochen wurde. Die Rednerin problematisierte die enormen Haftungen der SteuerzahlerInnen für ausgegliederte Betriebe und erteilte der Ausgliederungsstrategie nach den negativen Erfahrungen der letzten Jahre eine klare Absage. Es habe sich gezeigt, dass in solchen Gesellschaften Landes- und Gemeindeschulden geparkt werden. Die Finanzministerin sei aufgerufen, für Transparenz in den Landesfinanzen sowie dafür zu sorgen, dass liquide Mittel der öffentlichen Hände zur Schuldentilgung verwendet werden und nicht für spekulative Veranlagungen.

Kurzdebatte über Missstände im niederösterreichischen Landesschulrat

Abgeordneter Harald WALSER (G) erinnerte bei der Besprechung der Anfragebeantwortung (12979/AB) von Unterrichtsministerin Claudia Schmied zu einer schriftlichen Anfrage der Grünen einmal mehr an gravierende Missstände beim Landesschulrat für Niederösterreich, mit denen sich der Nationalrat in den letzten Monaten wiederholt befassen musste. Walser nannte Vorwürfe wegen politischer Spitzeltätigkeit, Mobbing sowie private Geburtstagsfeiern in Bundesschulen und wies auf eine ehemalige Landesschulinspektorin hin, die unter dem zynischen Titel "Begabtenförderung" eine "höchst diskrete" Rolle in einer politischen Informationskette für den Landeshauptmann gespielt habe. In diesem Zusammenhang verlangte Walser die Einleitung eines Verfahrens gegen den Landesbeamten, der diese Informationskette eingerichtet hat. Walser sprach von besorgniserregende Zuständen im "Fürstentum Pröll" und kritisierte scharf, dass ein VP-Gewerkschafter unter Missbrauch vertraulicher E-Mail-Adressen LehrerInnen zu Wahlkampfveranstaltung eingeladen habe. Diese Aktion sei typisch für das "System Pröll", meinte Abgeordneter Walser. 

Bundesministerin Claudia SCHMIED stellte grundsätzlich fest, dass weder der Landeshauptmann noch der Präsident des Landesschulrats noch SchulinspektorInnen das Recht haben, LehrerInnen zu parteipolitischen Tätigkeiten aufzufordern. LehrerInnen wiederum dürfen solchen Aufforderungen nicht nachkommen. "Parteipolitische Informationen haben im Schulwesen nichts verloren", sagte die Ministerin, die sich im Übrigen klar für eine Bundeskompetenz für das Unterrichtswesen aussprach. Hinsichtlich der Geburtstagsfeier in einer Bundesschule stellte die Ministerin fest, sie stehe den betreffenden Personen kritisch gegenüber und versprach zudem, den Vorgängen beim Thema parteipolitisch motivierte E-Mails nachzugehen.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) dankte der Ministerin für ihre klaren Feststellungen zu den Verhältnissen in Niederösterreich und für ihre Ankündigung, hinsichtlich der von Abgeordnetem Walser aufgezeigten Vorkommnisse tätig zu werden. Als "Rechtsbruch" bezeichnete es Mayer, einer Schule schulfrei zu geben, wenn Landeshauptmann Pröll dort einen Turnsaal eröffnet. Solche Vorfälle sollten auch christlich-sozialen Politikern zu denken geben. "Stellen wir solche Auswüchse gemeinsam ab", schlug der Redner vor und gab der Unterrichtsministerin Recht: "Alle Schulkompetenzen gehören zentral in Bundeskompetenz".

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) warf den Grünen vor, längst bekannte und abgehandelte Fälle wieder aufzurollen, bloß um den niederösterreichischen Wahlkampf ins Hohe Haus zu verlegen. Die Grünen hätten bereits umfangreiche Antworten erhalten, würden diese aber ignorieren und stattdessen sämtliche Mitglieder des niederösterreichischen Landesschulrates pauschal beschuldigen und kriminalisieren, stellte Höllerer fest. Derzeit finde eine Umstrukturierung im Bereich der Schulaufsicht des Landes statt, die Dienstpflichten seien allen bewusst und würden auch eingehalten, meinte die Rednerin weiter. Sollten in der Vergangenheit Unregelmäßigkeiten aufgetreten sein, die sich auf eine einzige Person konzentrieren, dann werden diese aufgeklärt, war Höllerer überzeugt. Insgesamt könne sich die niederösterreichische Schulpolitik sehen lassen, Landeshauptmann Pröll habe gezeigt, dass bei ihm Bildungspolitik im wahrsten Sinn des Wortes groß geschrieben wird, betonte die VP-Mandatarin mit Nachdruck.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) kam auf das von der Anfragebeantwortung thematisierte anhängige Verfahren zurück und sprach von einer "Querschnittsmaterie der Kriminalität und des Disziplinarrechts". Kein Verständnis fand Fichtenbauer für den Umstand, dass der Landesschulinspektorin das Große Ehrenzeichen verliehen wurde.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) kommentierte die Wortmeldung Höllerers mit der Bemerkung, jede Form der Kritik und des Aufzeigens von Missständen sei in Niederösterreich offenbar Majestätsbeleidigung. Irritiert zeigte sich Brosz auch über das Verhalten der ÖVP im niederösterreichischem Wahlkampf, wobei er im Zusammenhang mit einer Vorzugsstimmenkampagne von Wählertäuschung sprach.

Bundesministerin Claudia SCHMIED stellte gegenüber dem Abgeordneten Fichtenbauer klar, im Jahr 2010, als das Ehrenzeichen verliehen wurde, seien ihr persönlich noch keinerlei kritikwürdige Anhaltspunkte hinsichtlich der Landesschulinspektorin vorgelegen.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) qualifizierte die Vorfälle als "Sittenbild" der Verquickung von parteipolitischem Einfluss und fehlendem Unrechtsbewusstsein. Parteipolitik habe in der Schule nichts verloren, folgerte Haubner, ortete dringenden Handlungsbedarf und meinte, die Kompetenz im Bildungsbereich gehöre zum Bund und nicht in den Bereich der Länder. Sie forderte weiters eine Abschaffung der Landesschulräte sowie mehr Autonomie für die Schulstandorte bei der Entscheidung von Leitungsfunktionen.

Abgeordnete Stefan MARKOWITZ (T) verlangte eine Aufklärung der Missstände und erhob zudem die Forderung "Politik raus aus der Schule". Wir brauchen für unsere Kinder die besten LehrerInnen und DirektorInnen, für deren Bestellung sollte einzig und allein die Leistung und nicht das Parteibuch zählen, unterstrich er. (Fortsetzung Nationalrat) hlf/red