Parlamentskorrespondenz Nr. 331 vom 25.04.2013

Mikl-Leitner verteidigt Präventionsprojekt Bündnis gegen Gewalt

Nationalrat: Wissenschaftliche Projektbegleitung für Grüne mangelhaft

Wien (PK) – Nach der Diskussion über den Dringlichen Antrag musste sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in der heutigen Nationalratssitzung im Rahmen einer Kurzen Debatte der Kritik der Grünen stellen. Diese hatten sich im Vorfeld unzufrieden mit der Beantwortung ihrer Anfrage hinsichtlich der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts "Bündnis gegen Gewalt" gezeigt.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) vermisste eine klare Stellungnahme der Ministerin über die konkrete Leistung der wissenschaftlichen Begleitung aller Gewaltpräventionsprojekte und forderte eine Veröffentlichung des Berichts auf der Website des Innenresorts. Die geplante Vernetzung von Gewaltschutzeinrichtungen und Organisationen sowie AkteurInnen der Gewaltprävention sei grundsätzlich positiv, räumte die Rednerin ein. Ihre Kritik galt jedoch einem aus ihrer Sicht diffusen Bericht der vom Ressort beauftragten Wissenschaftlerin, die freihändig mit der Organisation eines Symposiums und der Evaluierung von Projekten beauftragt worden sei, wobei viele Fragen zur Vergabe des Auftrags und zu den Kosten von über 200.000 € offen geblieben seien. Insbesondere bezweifelte Schwentner die Wissenschaftlichkeit des Projekts und vermutete, es sei dabei mehr um Public-Relations und die Verteilung eines Flyers gegangen als tatsächlich um wissenschaftliche Ergebnisse.

Mikl-Leitner: Präventionspolitik hat europaweit Vorbildwirkung

Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER unterstrich, Gewalt betreffe alle, daher sei es notwendig, präventiv vorzugehen, um insbesondere Frauen und Kinder vor Gewalt und Gewaltandrohung zu schützen. In den letzten Jahren sei unter dem Titel "Gewaltschutz und Opferschutz" unter Mitwirkung vieler Organisationen in Österreich eine Präventionspolitik betrieben worden, die europaweit Vorbildwirkung entfaltet habe. Dazu gehöre die Vernetzung aller AkteurInnen und der Erfahrungsaustausch zwischen Behörden und NGOs. Dies sei das Ziel des Projekts "Bündnis gegen Gewalt" gewesen, erklärte die Ministerin.

Es sei gelungen, das Wissen von Bund, Ländern und Gemeinden bei der Gewaltprävention zu bündeln. Dieses Projekt habe große Anerkennung gefunden, eine Koordinationsstelle sei beim Bundeskriminalamt eingerichtet und mehr als 700 Studien und Projekte evaluiert worden. Die Kosten von 200.000 € seien gerechtfertigt, weil die beauftragte Wissenschaftlerin ihr großes Wissen in das zweijährige Projekt eingebracht, vier Großkonferenzen vorbereitet und durchgeführt, Handbücher mit mehreren 100 Seiten verfasst, hunderte Projekte evaluiert und einen Leitfaden herausgegeben habe. Jeder Euro für dieses Projekt sei gut investiertes Geld, hielt die Ministerin fest und lobte die erfolgreiche Kooperation des Bundeskriminalamts mit Frau Professor Rotraut Perner.

Abgeordnete Otto PENDL (S) bekannte sich nachdrücklich zur Gewaltprävention und sagte, er halte die Ausgabe von Kosten in der Höhe von 200.000 € für die Evaluierung von 700 Projekten im Bereich von Bund, Ländern und Gemeinden für nachvollziehbar. Die Sicherheit der Menschen sei wichtiger als der Streit zwischen NGOs über die Verteilung von Förderungsmitteln, sagte der Abgeordnete. Geld für Gewaltprävention sei gut investiert, meinte auch Otto Pendl und unterstrich die Notwendigkeit, Frauen und Kinder präventiv vor Gewalt und Gewaltandrohungen zu schützen. Es sei vertretbar, ein Präventionsprojekt wissenschaftlich zu begleiten, bemerkte Pendl, empfahl der Ministerin aber für die Zukunft, solche Projekte künftig schon im Vorfeld transparenter zu gestalten.

ÖVP-Sprecher für Inneres und Sicherheit Günter KÖSSL bekräftigte, jeder zur Gewaltprävention aufgewandte Euro sei gut eingesetzt, das gelte auch für die Mittel zur Finanzierung des Projekts "Bündnis gegen Gewalt", bei dem anerkennenswerte Arbeit geleistet worden sei. Das Innenministerium und das Bundeskriminalamt hätten für die wissenschaftliche Begleitung eine international auf Grund ihrer praktischen und theoretischen Expertise anerkannte Persönlichkeit ausgewählt, wodurch die wissenschaftliche Evaluierung polizeilicher Maßnahmen unfraglich gegeben sei, so Kössl.

Opposition kritisiert abermals Vergabepraxis durch Innenressort

Für FPÖ-Bildungssprecher Walter ROSENKRANZ (F) waren der wissenschaftliche Wert des debattierten Projektberichts und dessen Honorar von 210.000 € dagegen nicht nachvollziehbar. Wenngleich er Perner ihre fachliche Qualifikation ungeachtet ihrer möglichen ÖVP-Nähe nicht absprechen wolle, müsse man doch auf kritische Bemerkungen aus der Wissenschaft zu dieser geistigen Dienstleistung Bedacht nehmen, befand der FPÖ-Mandatar und er meinte zudem, es gebe bereits Strafermittlungen in dieser Angelegenheit.

Der gegenständliche Abschlussbericht sei eigentlich ein "Geständnis", eröffnete Grün-Sicherheitssprecher Peter PILZ und erläuterte, in dem Schriftstück stelle Perner dar, dass sie auf Grund fehlender Vorgaben aus dem Innenministerium keine konkrete Leistung habe erbringen können. Pilz schilderte im Detail den dargestellten Ablauf der Ereignisse, bei denen Perner mehrmals für Pressekonferenzen zum Projekt "Bündnis gegen Gewalt" herangezogen worden sei, obwohl es dazu keine ausgearbeiteten Projektinhalte zu präsentieren gegeben habe. Auch diesbezügliche Anfragen der Projektbeauftragten an das Ministerium seien unbeantwortet geblieben. Schlussendlich habe das Kuratorium Sicheres Österreich "Siegerprojekte" ausgewählt und Perner angehalten, diese zu vorzustellen, sagte Pilz und resümierte, der fragliche Auftrag sei erneut ein Beleg für die Vergeudung von Steuergeld durch das Innenministerium.

Dieser Vermutung schloss sich auch BZÖ-Justizsprecher Gerald GROSZ an, denn das Innenministerium müsse sich wie auch andere ÖVP-geleitete Ressorts immer wieder Vorwürfe bezüglich seiner Vergabepraktiken gefallen lassen. Mit ihren ungenauen Anfragebeantwortungen habe die Innenministerin das Kontrollrecht des Parlaments "mit Füßen getreten", so Grosz. Er hielt zudem die strafrechtliche Relevanz unnötiger Ausgaben fest und appellierte an die Staatsanwaltschaft, in der Sache aktiv zu werden.

Als Fraktionssprecher für Inneres und Sicherheit äußerte sich Stronach-Politiker Christoph HAGEN kritisch zum Verbleib der Leistung bei dem vergebenen Auftrag und rief in Erinnerung, dass die Auftragnehmerin Mitglied im Personenkomitee für den Niederösterreichischen Landeshauptmann Pröll gewesen sei. Da helfe es nicht, die Vergabe "schönzureden", erklärte Hagen. (Schluss Kurzdebatte/Fortsetzung Nationalrat) red