Parlamentskorrespondenz Nr. 341 vom 26.04.2013

Erleichterungen für Kleinunternehmen bei Krankenversicherung

Sozialbericht und Sozialversicherungs-Änderungsgesetz im Nationalrat

Wien (PK) – Im Themenblock Arbeit und Soziales kam heute Nachmittag im Nationalrat zuerst der Sozialbericht 2011-2012 des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zur Sprache, der auf Verlangen der Grünen nach dem Sozialausschuss auch vom Plenum des Nationalrats behandelt wurde. Zudem standen eine Reihe von Anträge der Opposition auf der Tagesordnung. Dem Bericht ist unter anderem zu entnehmen, dass Österreich trotz der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise steigende Beschäftigungszahlen verzeichnen und die Arbeitslosenrate relativ gering halten konnte. Dennoch ging der Anteil der Löhne am Volkseinkommen weiter zurück. Seit 2005 ist überdies ein kontinuierlicher Anstieg der manifesten Armut festzustellen. Das durchschnittliche Pensionsantrittsalter lag zuletzt bei 58,3 Jahren. Der Bericht wurde mit den Stimmen der Regierungsfraktionen mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde.

In der Minderheit blieben sowohl die Anträge von FPÖ-Abgeordnetem Norbert Hofer betreffend Einstellung der Auszahlung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und Erweiterung des Arbeitskreises für Bedarfsorientierte Mindestsicherung, als auch ein Antrag des Freiheitlichen Abgeordneten Werner Neubauer betreffend Steuererleichterung für Bezieher einer deutschen Sozialversicherungspension.

Mehrheitlich abgelehnt wurde auch ein Antrag der Abgeordneten Ursula Haubner (B) betreffend Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

In der Minderheit blieb auch der Antrag der Grünen Abgeordneten Birgit Schatz betreffend eine Durchsetzung von Arbeitsrecht im Tourismus durch Überprüfung und personelle Aufstockung der Kontrollstrukturen.

FPÖ sieht Schönfärberei im Sozialbericht

"Schönfärberei" machte Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) im vorliegenden Sozialbericht aus, der zwar umfangreich doch inhaltlich äußerst selektiv gestaltet sei. So werde darin die im EU-Vergleich gute Arbeitslosenstatistik Österreichs hervorgestrichen, ohne genauer die Art der heimischen Jobs und den Anstieg an geringfügiger Beschäftigung oder Teilzeitarbeit darzustellen. Konkret auf die Arbeitsmarktsituation in Salzburg eingehend, sagte die FPÖ-Mandatarin, dass dort bereits 40% mehr Beschäftigte aus neuen EU-Staaten tätig seien und sie verband diesen Umstand mit der Gefahr des Lohndumpings, dem auch die aktuelle Gesetzeslage nicht Herr werde. Weiterer Kritikpunkt Belakowitsch-Jeneweins war die bedarfsorientierte Mindestsicherung, bei der sie mangelhafte Kontrolle, insbesondere von Beziehenden aus Drittstaaten, ortete.

SPÖ-Sozialsprecherin Renate CSÖRGITS widersprach vehement dieser negativen Einschätzung des Sozialberichts und erklärte, er sei vielmehr eine kritische Auseinandersetzung mit der österreichischen Sozialpolitik. Auch die Kritik an der bedarfsorientierten Mindestsicherung ließ Csörgits nicht gelten, stelle diese doch ein wichtiges Instrument zur Armutsbekämpfung und zum Wiedereintritt in das Arbeitsleben dar. Zudem arbeite man intensiv daran, Arbeitslose mit Wiedereingliederungs- und Qualifikationsmaßnahmen erneut in die Berufswelt zu integrieren, unterstrich die SPÖ-Abgeordnete, die dafür als Beispiel AMS-Maßnahmen zur Qualifizierung von Frauen anführte.

Grüne beklagen Schere zwischen Einkommen und Vermögen  

Differenziert betrachtete der Sozialsprecher der Grünen Karl ÖLLINGER den Bericht. Dieser enthalte einerseits wertvolle Daten etwa zur Einkommens- und Vermögensverteilung Österreichs. Diese Erhebungen könnten als Grundlage für die Politik dienen, Schritte gegen die immer weiter auseinanderklaffende Schere von Einkommen bzw. Vermögen in der Bevölkerung zu setzen. Andererseits vermisst der Grünen-Mandatar im Bericht jedoch Zielvorgaben des Sozialministeriums, mit denen den unterschiedlichen Entwicklungen im Volkseinkommen und besonders den finanziellen Rückgängen bei niedrigen Einkommensklassen Einhalt geboten werden könne. Bezugnehmend auf einen mitverhandelten Antrag der Grünen meinte der Abgeordnete, darin werde lediglich eine bessere Kooperation der Kontrollstellen für die Arbeit im Tourismus eingefordert, keineswegs ziele der Antrag auf ein einheitliches Kontrollsystem ab.

Die geringen Arbeitslosenzahlen Österreichs, auch bei Jugendlichen, sprach ÖVP-Sozialsprecher August WÖGINGER an, um zu unterstreichen, dass das heimische System der dualen Ausbildung und der BHS entscheidende Weichenstellungen für die Integration junger Menschen in den Arbeitsmarkt biete. Ein Manko in der österreichischen Arbeitswelt sei allerdings, dass das durchschnittliche Pensionsantrittsalter immer noch bei nur 58,3 Jahren liege, hielt Wöginger fest und er wies darauf hin, dass ein Jahr mehr Berufstätigkeit den Sozialversicherungen jährlich 1,1 Mrd. € zusätzliche Mittel einbringen würde. Letztendlich gelte es, in naher Zukunft ein faktisches Pensionsantrittsalter von 62 Jahren zu erreichen, so der ÖVP-Mandatar.

BZÖ weist auf prekäre Beschäftigungsverhältnisse hin

Für den Sozialsprecher des BZÖ Sigisbert DOLINSCHEK ist der debattierte Sozialbericht mit seinen Daten aus den Jahren 2011/12 ein gutes "Nachschlagewerk", nicht beachtet werde darin jedoch, dass die positiven Beschäftigungslage Österreichs vor allem mit der demographischen Entwicklung und auch durch teilweise prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu erklären sei. Jedenfalls müsse zu denken geben, dass die Arbeitslosenzahlen auch in Österreich laufend anstiegen und dass dagegen die Nettolohnquote nicht mehr steige. Hier müsse man vor allem gegen die starke Besteuerung der Arbeitskraft und den Lohnunterschied zwischen Frauen und Männer Maßnahmen ergreifen, bemerkte der BZÖ-Abgeordnete.

Aus dem Sozialbericht gehe hervor, dass 50% der österreichischen Haushalte nur 4% des Gesamtvermögens besäßen, während die reichsten 5% über 45% verfügten, beschrieb Abgeordneter Franz RIEPL (S) die heimische Vermögensverteilung. Daher habe die Politik soziale Gerechtigkeit herzustellen, zeigte er sich überzeugt und plädierte für höhere Steuerleistungen der Millionärsschichte, um wesentliche gesellschaftliche Bereiche wie Bildung und Gesundheit besser finanzieren zu können. Zudem schlug er dem Plenum vor, die MandatarInnen sollten alle ihre Vermögensverhältnisse veröffentlichen, damit die Bevölkerung sehe, dass es im Hohen Haus keine Steuersünder gebe.

STRONACH will faire Arbeit schützen

Abgeordnete Martina SCHENK (T) referenzierte zunächst auf den nicht zur Debatte stehenden Bericht des Sozialministeriums, der die Situation der über 42.000 Kinder und Jugendlicher behandelt, die zur Pflege chronisch Kranker herangezogen werden. Sie zweifelte die Sinnhaftigkeit der zur Thematik angekündigten zweiten Studie an, bilde doch der bereits erstellte Bericht ein klares Bild der Problematik. Auf Grundlage des verhandelten Sozialberichts wertete die Stronach-Mandatarin es als "Warnsignal", dass die Hälfte der im Tourismus Beschäftigten Teilzeikräfte seien und auch über den Armutsanstieg in Österreich seit 2005 zeigte sie sich besorgt. Daraus ergebe sich für die Politik ein großer Handlungsbedarf, nämlich die Kluft zwischen Arm und Reich durch den Schutz fairer Arbeit zu mindern, folgerte Schenk.

Hundstorfer: Österreich bei Arbeitslosenzahlen Europameister

"Europameister" sei Österreich mit seiner niedrigen Arbeitslosenquote, erwiderte Sozialminister Rudolf HUNDSTORFER auf Anmerkungen zur Entwicklung der Arbeitslosenzahlen. Selbst im krisengeschüttelten Jahr 2009 habe man mit 4,8% Arbeitslosen EU-weit den ersten Platz eingenommen. Zu Fragen der Staatsfinanzierung bezog er für eine stärkere Vermögensbesteuerung Position und an seine Vorrednerin gerichtet erläuterte Hundstorfer, mit einer zweiten Studie zur Pflegearbeit von Kindern und Jugendlichen würden in einer tiefergehenden Analyse zahlreiche noch offene Fragen dazu geklärt.

Abgeordnete Ridi STEIBL (V) strich die Notwendigkeit hervor, weitere Maßnahmen zur Vereinbarung von Beruf und Familie zu setzen. In diesem Zusammenhang zeigte sie Sympathien für den ebenfalls zur Diskussion stehenden Antrag von Abgeordneter Ursula HAUBNER (B), wonach Kindererziehungszeiten und die Pflege von Familienangehörigen bei der Gehaltseinstufung berücksichtigt werden sollen. Dies falle aber in die Kompetenz der Sozialpartner, die man daher miteinbeziehen sollte, sagte Steibl. Insbesondere begrüßte sie den Vorstoß der Minister Mitterlehner und Hundstorfer, eine Pflegekarenz einzuführen und wies darauf hin, dass der entsprechende Entwurf nun in die Begutachtung gehe. Gemeinsam werde somit ein Weg von der qualifizierten Kinderbetreuung hin zu bedarfsorientierten Maßnahmen beschritten, lobte Steibl die Regierungspolitik. 

Nur wenig für die Pensionistinnen und Pensionisten übrig zu haben lautete hingegen der Vorwurf von Abgeordnetem Gernot DARMANN (F) gegenüber der Bundesregierung. Er bezog sich dabei auf die Schwierigkeiten jener Personen, die eine Pension aus Deutschland beziehen und für die man nun letztendlich eine zentrale Beratungsstelle einrichten wird. Außerdem sei die Finanzministerin vom Parlament beauftragt worden, mit ihrem deutschen Amtskollegen Gespräche über Erleichterungen zu führen. Der diesem Beschluss zugrundeliegende Allparteienantrag stelle jedoch nur einen Minimalkonsens dar, greife zu kurz und komme zu spät, kritisierte Darmann, zumal bereits 2010 die Probleme bekannt gewesen seien und ein entsprechender FPÖ-Antrag von der Koalition niedergestimmt worden sei. Der FPÖ-Politiker wies weiters zur Untermauerung seiner These darauf hin, dass die PensionistInnen bis 2016 mit 25 Mrd. € zur Kasse gebeten werden.

Diesem Vorwurf widersprach Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) heftig, bevor sie sich dem Sozialbericht zuwandte. Der Bericht liste genau auf, was die Regierung gemacht habe und wo die Probleme liegen, sagte sie und betonte, Österreich habe in Zeiten der Krise die Sozialleistungen sogar erhöht – Beispiel Mindestsicherung – und damit zur Senkung der Armutsgefährdung beigetragen. Ein wesentlicher Teil der Sozialpolitik stelle aber die Lohnpolitik dar, damit die Menschen mit ihrem Einkommen auch ein Auskommen haben, meinte Königsberger-Ludwig, und dazu müsse man die Unternehmen ins Boot holen. Sie sprach sich ferner für die Senkung des untersten Einkommensteuersatzes sowie für vermögensbezogene Steuern aus, um mehr Verteilungsgerechtigkeit zu erzielen.

Abgeordnete Judith SCHWENTNER (G) betonte, der Sozialbericht beweise erneut, dass es zwischen Männer- und Fraueneinkommen eine riesige Schere gebe. Frauen verdienten bis zu einem Drittel weniger als Männer, kritisierte sie. Das liege nicht zuletzt daran, dass im Niedriglohnsektor überwiegend Frauen beschäftigt seien. Schwentner forderte einen gesetzlichen Mindestlohn, wobei sie als Richtwert 1.500 € pro Monat nannte. Ein wichtiges Anliegen der Grünen ist ihr zufolge zudem, dass die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik gleichmäßig auf Männer und Frauen aufgeteilt werden.

Appell für Beschäftigung von Menschen mit Behinderung

Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) appellierte an die Unternehmen, verstärkt Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Seiner Ansicht nach ist es in der Wirtschaft noch zu wenig bekannt, dass der Kündigungsschutz für behinderte ArbeitnehmerInnen gelockert wurde. Dieser setze erst nach einer vierjährigen Probezeit ein und sei damit kein Hemmschuh mehr für die Anstellung behinderter Menschen, betonte Huainigg.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) setzte sich mit der Entwicklung der Sozialausgaben auseinander und wies darauf hin, dass die Sozialquote in Österreich seit den 90er-Jahren konstant bei rund 30 Prozent liege. Die Hälfte der Leistungen werden ihr zufolge für ältere Menschen ausgegeben, etwa für Personen und für Pflegegeld. Man müsse, so Haubner, Vorsorge treffen, dass Pensionen und Pflege auch in Zukunft gesichert seien. Nach Ansicht der Abgeordneten braucht es ein nachhaltiges Gesamtkonzept, um auch langfristig leistbare und qualitätsvolle Pflege zu gewährleisten. Überdies drängte sie auf eine Valorisierung des Pflegegeldes.

Abgeordneter Josef MUCHITSCH (S) meinte in Richtung Opposition, man könne durchaus kritisch sein und Verbesserungsvorschläge machen, man müsse aber zugestehen, dass im Bereich der Sozialpolitik viele Herausforderungen gelöst werden konnten. Das wird seiner Auffassung nach durch den Sozialbericht deutlich untermauert. Sozialminister Hundstorfer ist für Muchitsch eine "sozialpolitische Wasserwaage", die gerade rückt, wenn etwas schief liegt.

Abgeordnete Helene JARMER (G) kritisierte mangelnde Barrierefreiheit im Gesundheitsbereich und meinte, behinderte Menschen hätten ein Anrecht auf ein selbstbestimmtes Leben. Sie wüssten auch am besten, was sie benötigen. Zur Verbesserung der Situation von behinderten Menschen bräuchte es auch zusätzliche finanzielle Mittel, mahnte Jarmer und verwies etwa auf die Notwendigkeit Gebärdensprachdolmetscher in Spitälern zu stellen.

Sozialminister Rudolf HUNDSTORFER nahm in einer zweiten Wortmeldung zu einzelnen Abgeordneten Stellung und wies unter anderem darauf hin, dass der Anstieg der Arbeitsplätze zu zwei Drittel auf Vollzeitarbeitsplätze und nur zu einem Drittel auf Teilzeitarbeitsplätze zurückzuführen sei. In Richtung Abgeordnetem Darmann merkte er an, es würde bei der Bevölkerung nicht gut ankommen, würde der österreichische Staat jene Steuerzahlungen übernehmen, die BezieherInnen deutscher Pensionen zu leisten haben. Es sei aber eine Ombudsstelle eingerichtet worden, um die Betroffenen zu beraten. Zu den Ausführungen von Abgeordneter Schwentner hielt Hundstorfer fest, obwohl nur 44 Prozent der Arbeitslosen weiblich seien, würden 50 % der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik für Frauen verwendet.

ÖVP: keine Vermögenssteuer sondern Ursachen von Armut bekämpfen

Abgeordnete Adelheid Irina FÜRNTRATH-MORETTI (V) wandte sich strikt gegen die Einführung von Vermögensteuern. Diese würden in erster Linie den Mittelstand und UnternehmerInnen treffen, die Folge wäre ein Abbau von Arbeitsplätzen, warnte sie. Um Armut zu bekämpfen, helfe es nichts, neue Steuern einzuführen, sagte Fürntrath-Moretti, vielmehr müsse man bei den Ursachen ansetzen. Sie hob zudem die Bereitschaft von Unternehmen hervor, behinderte Menschen einzustellen.

Auch Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) wertete den Sozialbericht als wichtiges Nachschlagewerk. Die Politik sei angehalten, die Daten zu analysieren und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, unterstrich er und stellte die Unterstützung der ÖVP für sinnvolle sozialpolitische Maßnahmen in Aussicht.

Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) machte auf das Ziel der Politik aufmerksam, die ÖsterreicherInnen länger im Erwerbsleben zu halten. Das derzeitige durchschnittliche Pensionsantrittsalter sei mit 58,3 Jahren jedenfalls zu niedrig, betonte sie. Aubauer begrüßte in diesem Sinn das Projekt Rehabilitation vor Invaliditätspension. Erfreut äußerte sie sich auch über die Anlaufstelle für BezieherInnen deutscher Pensionen.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) bekräftigte, ohne stabile Wirtschaft gebe es keine gesicherten Sozialleistungen. Er richtete daher seinen besonderen Dank an alle, die "durch ihre Arbeit und ihren Fleiß" das Sozialsystem erst ermöglichten. Der Politik sei es gelungen, trotz Wirtschafts- und Finanzkrise "das Schiff stabil zu halten", sagte er.

Für Abgeordneten Fritz GRILLITSCH (V) zeigt der Sozialbericht klar auf, dass der Interessensausgleich in Österreich funktioniert. Man müssen den Weg zur Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich fortsetzen.

Der Sozialbericht wurde vom Nationalrat ebenso mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen wie die ablehnenden Berichte des Sozialausschusses über die Anträge der Opposition.

Erleichterungen für Kleinunternehmen bei Krankenversicherung

Das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2013 (SVÄG 2013) soll neben einer Reihe von Detailänderungen im Pensionsrecht vor allem Erleichterungen für Einpersonen- und Kleinunternehmen schaffen. Selbständige müssen künftig keine Krankenversicherungsbeiträge nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) mehr zahlen, wenn sie während des Bezugs von Wochengeld ihre Erwerbstätigkeit ruhend stellen bzw. unterbrechen. Zudem können sie während der Inanspruchnahme von Kindergeld eine geringfügige selbständige Erwerbstätigkeit ausüben, ohne unter die GSVG-Pflichtversicherung zu fallen. Für besondere Härtefälle wird ein Überbrückungshilfefonds eingerichtet, der Selbständigen Zuschüsse zu Pensions- und Krankenversicherungsbeiträgen gewähren kann. Die Novelle wurde angenommen.

Ein Antrag des Abgeordneten Karl Öllinger (G) auf Abänderung des ASVG, um einen erleichterten Zugang von Personen ohne Berufsschutz zur Invaliditätspension zu schaffen, blieb in der Minderheit.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) hielt fest, der vorliegende Gesetzentwurf enthalte einige positive Punkte für JungunternehmerInnen. Gleichzeitig kritisierte er allerdings, dass das Pensionsrecht nach wie vor ein Flickwerk bleibe.

Zu Vocks Bemerkung, dass offenbar auch Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) Teile des Gesetzes ablehne, stellte diese fest, sie und der ÖGB gingen nicht mit allen Punkten des Gesetzentwurfs konform, insgesamt sei sie aber "sehr zufrieden" und unterstütze daher die Beschlussfassung. Es gebe immer mehr Einpersonenunternehmen, es sei wichtig, diese sozial abzusichern, betonte sie.

Gemeinsamer Abänderungsantrag von Koalition und Grünen

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) bemängelte, dass nicht mehr Zeit zur Verfügung stehe, um über die vielen diffizilen Materien, die der Gesetzentwurf seiner Meinung nach enthält, zu diskutieren. Auch er zeigte sich mit einzelnen Punkten des Gesetzes unzufrieden, stellte aber die Zustimmung der Grünen zu einem Gros des Gesetzentwurfs in Aussicht. Besonders erfreut äußerte sich Öllinger darüber, dass es gelungen ist, die Bestimmungen über die Befreiung von Selbstständigen von Krankenversicherungsbeiträgen während des Bezuges von Wochengeld noch umzuformulieren. Damit sei gewährleistet, dass die Beitragsbefreiung im Falle einer Arbeitsunterbrechung in jedem Fall vier Monate betrage, skizzierte er und legte einen gemeinsamen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien und der Grünen vor.

Bedauern äußerte Öllinger darüber, dass seine Initiative, jenen gesundheitlich beeinträchtigten Personen eine Invaliditätspension zuzuerkennen, die keinem Berufsschutz unterliegen, jedoch nie mehr einen Arbeitsplatz erhalten werden, nicht mehrheitsfähig ist.

Abgeordnete Adelheid Irina FÜRNTRATH-MORETTI (V) verwies auf eine Fülle positiver Maßnahmen in der Novelle, insbesondere zur sozialen Absicherung der vielen Ein-Personenunternehmen und der KMU. Sie begrüßte die erweiterte Befreiung von Unternehmerinnen von der Beitragspflicht zur Sozialversicherung bei Bezug von Wochengeld oder Kindergeld. Auch die zinsenfreie Nachzahlung der Beiträge in Raten und die Überbrückungshilfe für JungunternehmerInnen seien gute Maßnahmen.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER war es wichtig zu ergänzen, dass die Novelle eine praktischere Regelung der Pensionskonten schaffe. Die Regelung der Widerspruchsmöglichkeit bei der ersten Kontogutschrift schaffe eine unbürokratische Möglichkeit für Anspruchsberechtigte, ihre Rechte zu wahren. Es werde außerdem aus Rücklagen des Härtefonds ein Fonds für Härtefälle bei Kleinstunternehmen geschaffen. Die Kritik der FPÖ daran sei für ihn nicht nachvollziehbar, die Maßnahme diene schließlich genau dem von den Freiheitlichen "Kleinen Mann".

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) erinnerte daran, dass der Topf für Härtefälle für die so genannten Trümmerfrauen geschaffen worden sei. Seit einigen Jahren gebe es keine Neuanträge mehr, und die Verwendung des Geldes, das dort noch liege, sei grundsätzlich positiv zu bewerten. Die Aufhebung der Parallelrechnung befand Dolinschek ebenfalls für in Ordnung, meinte aber, die Änderung der Regelung für Langzeitversicherte zwinge ab nächstem Jahr einer Gruppe von Personen, trotz erreichter Beitragszeiten zwei Jahre länger zu arbeiten. Er sehe darin eine eklatante Ungleichbehandlung.

Abgeordneter Dietmar KECK (S) wies darauf hin, dass auch Österreich die Wirtschaftskrise zu spüren bekommen habe. Es mache ihn daher stolz, dass man im Unterschied zu anderen Ländern in Österreich die Budgetkonsolidierung nicht auf Kosten der sozial Schwachen betreibe. Mehr Beachtung müsse man in Zukunft neuen Formen der Selbständigkeit schenken, vor allem den Ein-Personen-Unternehmen. Die Maßnahmen zu deren Gunsten sehe er als richtig an.

Abgeordneter Karl DONABAUER (V) zollte der Arbeit des Sozialministers grundsätzliche Anerkennung. Immer wieder werde gesagt, es gebe zu viele Sozialversicherungsträger gebe. Das Problem liege seiner Ansicht nach jedoch weniger in der Zahl, als bei den unterschiedlichen Leistungen. Er hoffe, dass hier weitere Harmonisierungen erfolgen werden. Der Härteausgleich wurde vor einem Jahrzehnt aus der Sorge heraus geschaffen, die Pensionsreform könne soziale Benachteiligungen schaffen, die benötigte Summe war aber niedriger als zuerst gedacht. Die geplante Verwendung des Restbetrags befand Donabauer für richtig.

In einer weiteren Wortmeldung sagte Abgeordneter Bernhard VOCK (F), er entnehme den Wortmeldungen der SPÖ-Abgeordneten und des Bundesministers, dass der ÖGB offenbar nicht mehr die kleinen Leute vertrete. Er sei grundsätzlich für die Unterstützung der Jungunternehmer, die Mittel für den Härtefonds hätte man aber besser Rücklagen der Wirtschaftskammer entnommen, merkte er an.

Abgeordneter Walter SCHOPF (S) hob das neue Widerspruchsverfahren zur Kontoerstschrift des Pensionskontos als eine bedeutsame Neuerung hervor. Auch die Schaffung eines Anspruchs von Rehabilitationsgeld für Vertragsbedienstete der Länder begrüße er wie die Maßnahmen für EPUs. Schopf betonte, die Arbeitsinspektorate würden sehr engagierte Arbeit leisten, vor allem mit ihren Überprüfungen der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften. Er weise Angriffe, wie es sie in letzter Zeit gegeben habe, daher entschieden zurück, sagte Schopf.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) begrüßte die Maßnahmen für Kleinunternehmen, da diese das Rückgrat der heimischen Wirtschaft bilden würden. Die Novelle setze gute Schritte, um dieses zu stärken.

Die Novelle und der Abänderungsantrag dazu wurden in getrennter Abstimmung mit Mehrheit angenommen. Der Antrag der Grünen blieb in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat) red