Parlamentskorrespondenz Nr. 433 vom 22.05.2013

Nationalrat: Sprachförderung als Schlüssel zum Bildungserfolg

Barocke Prunkräume des Finanzministeriums gehen an Belvedere

Wien (PK)- Der Nachmittag heute im Nationalrat war Bildungs- und Kulturthemen gewidmet. Erster Punkt auf der Tagesordnung war der  Nationale Bildungsbericht 2012, der zu breiten Diskussionen über Bildungsstandards, Gesamtschule, LehrerInnenausbildung oder Unterrichtssprachen Anlass gab. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Anschließend ging es um Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetze im Bereich Kunst und Kultur, um die Förderung des Volkskundemuseums, die Eigenständigkeit des Völkerkundemuseums und die Prunkräume des Prinzen Eugen. Auch über die Steigerung des nationalen Musikanteils im Radio wurde debattiert.

Einhellige Zustimmung zu Nationalem Bildungsbericht 2012

Der Nationale Bildungsbericht 2012 bietet detaillierte Statistiken und Analysen des österreichischen Schulwesens, seiner Kosten und Problemfelder. Festgestellt wird darin, dass für die Schulwahl und Bildungskarriere von Kindern und Jugendlichen regionale, soziale und herkunftsbezogene Faktoren eine große Rolle spielen.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) bezeichnete den Nationalen Bildungsbericht als informativ, selbstkritisch und visionär. Er unterstreiche das Ziel, dass kein Kind auf der Strecke bleiben und die optimale Ausbildung erhalten solle. In den letzten fünf Jahren seien viele Schritte für eine moderne, offene Schule gesetzt worden, wie kleinere Klassen, eine verbesserte Sprachförderung, die Möglichkeit zum kostenlosen Nachholen eines Schulabschlusses, die Lehre mit Matura und die Definition von Bildungsstandards schon ab der Volksschule. Man habe auch Maßnahmen für eine neue Oberstufe gesetzt, etwa mit der neuen Matura und der Neuen Mittelschule. Mit einer neuen 15a-Vereinbarung werden die ganztägigen Betreuungsformen ausgebaut. Sicher brauche man noch Zeit, bis sich die Ergebnisse aller dieser Maßnahmen zeigen. Ihre weitere Umsetzung brauche bestens ausgebildetes Lehrpersonal, sagte Mayer und gratulierte der Ministerin zum bisher Erreichten.

Weniger zufrieden zeigte sich Abgeordnete Christine MAREK (V) über den Bericht. Er sei zu stark an Wissenschaftlern orientiert und nicht benützungsfreundlich. Auch die Einbindung der BildungssprecherInnen sei nur am Rande erfolgt. Eine der großen Baustellen der Bildungspolitik sei die Lesekompetenz. Leider habe man die Stabstelle Lesen vor drei Jahren ersatzlos abgeschafft. Ansetzen müsse man bei den Volksschulen, aber auch beim Vorbild der Eltern. Die ÖVP definiere Chancengleichheit unter dem Aspekt des individuell Besten für jedes Kind und trete daher für ein differenziertes Schulsystem ein. Beim Ausbau der Tagesbetreuung sei auf die gleichberechtigte Entscheidung des Standortes und die Einbindung der LehrerInnen zu achten, forderte Marek. Die große Herausforderung sei die Entwicklung der Volksschulen, wo die ausreichende Beherrschung der Unterrichtssprache zentrales Thema sei.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) stellte fest, für die Freiheitlichen sei das Bildungssystem am Wert der Freiheit und nicht an der Forderung nach Gleichheit auszurichten. Tendenzen, EU-kritische Stimmen auch im Bildungsbereich zensurieren zu wollen, seien inakzeptabel. Am schlechten Image des Lehrberufes, der oft beklagt werde, trage die Ministerin Mitschuld, die stets nur den Wert der Matura betone. Der ÖVP warf Rosenkranz in der Frage der Gesamtschule politischen Opportunismus vor. Insgesamt sei das Bildungssystem teuer und zudem zu sehr an einer Förderung der Schwachen anstatt der Talente ausgerichtet, meinte der Freiheitliche Bildungssprecher. Ein großes Problem ergebe sich aus dem hohen Prozentsatz an Kindern mit nicht-deutscher Alltagssprache, vor allem in städtischen Bereichen. Defizite ortete Rosenkranz auch bei der PädagogInnenausbildung, beim Dienstrecht und dem Fortbildungsangebot für LehrerInnen.

Abgeordneter Harald WALSER (G) verteidigte die Gesamtschule gegenüber der Kritik von Abgeordneter Marek. Niemand wolle eine Schule gegen die Interessen der SchülerInnen. Statt unpassender Ländervergleiche sollte man sich etwa an Südtirol orientieren. Er sehe die Forderungen der Grünen durch eine Anzeigenkampagne der Wirtschaftskammer Vorarlberg bestätigt, die eine gemeinsame Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen , ein flächendeckendes Angebot der Ganztagsbetreuung und eine Aufhebung der überholten Sprengeleinteilung fordert, sagte Walser. Der Abgeordnete beklagte die starke soziale Ungerechtigkeit beim Bildungszugang. Der ländliche Raum sei klar benachteiligt. Es brauche eine grundlegende Schulreform, eine Maßnahme dazu sei mehr Flexibilität der Schuleingangsphase, meinte der Abgeordnete. Er brachte dazu einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein.

Für Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) stand im Mittelpunkt der Bildungspolitik die bestmögliche Förderung aller Kinder, nicht überholte ideologische Debatten. Dazu brauche es ein differenziertes Angebot. Der Bericht sei eine gute Beschreibung des Ist-Zustandes, Visionäres könne sie darin nicht erkennen. Es gebe viele offene Baustellen, wie ein hoher Einsatz von Steuergeldern mit eher mittelmäßigem Ergebnis und viele erschreckende Mängel bei Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Über 200.000 mehrsprachige SchülerInnen seien einerseits eine Bereicherung. Es müsse aber auch sichergestellt werden, dass ausreichend Deutschkenntnisse erworben werden. Daher sei eine bessere Sprachförderung notwendig, sagte Haubner, die einen Entschließungsantrag mit der Forderung nach einem standortbezogenen Konzept der Sprachförderung und ihrer Finanzierung einbrachte. Geld fehle überall, und die großen Probleme der Bildungspolitik werde die Koalition in dieser Legislaturperiode jedenfalls nicht mehr lösen, bedauerte Haubner.

Für Abgeordneten Stefan MARKOWITZ (T) zeigte der Nationale Bildungsbericht vor allem Schwächen in Organisation und Verwaltung auf. Hier gebe es Einsparungspotenziale. Zum Thema Sprachförderung merkte er an, dass die Sonderschule sicher nicht der richtige Platz sei für Kinder, welche bei der Einschulung nicht ausreichend Deutschkenntnisse haben. Es gehe zwar bereits in die richtige Richtung, aber es müsse noch mehr getan werden. Nur plakative Aussagen reichten nicht. Österreich liege zwar bei den Kosten des Bildungssystems, nicht aber bei den Ergebnissen an der Spitze Europas. Eines der Grundprobleme seien die Mängel der Lehrerausbildung. Es sei ein erster Schritt gegangen worden, indem man die JunglehrerInnen besser bezahle. Das Image des Lehrerberufs müsste gehoben werden. Neben dem Erwerb der Grundkompetenzen müsse man auch die optimale Vorbereitung auf das Studium in den Mittelpunkt stellen.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) kam auf die Situation an den Hochschulen zu sprechen und meinte, das jüngste Urteil des OGH sei ein klarer Auftrag an das Parlament zur Verbesserung der Studienbedingungen und nicht ein Auftrag in Richtung einer Reduktion der Zahl der Studierenden. Österreich brauche mehr, und nicht weniger gut Qualifizierte, betonte sie und erteilte Zugangsbeschränkungen an den Universitäten eine klare Absage. Mit der Studienplatzfinanzierung habe man bereits einen ersten Schritt zu einer Verbesserung der Bedingungen an den Hochschulen gesetzt, in den nächsten Jahren müssen nun aber noch weiter Maßnahme folgen, war für Kuntzl klar.  

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) plädierte für den Ausbau der Schulautonomie und unterstrich, die Schulen sollten selbst entscheiden können, wie sie die hohen Bildungsstandards erfüllen. Ausdrücklich begrüßte die Rednerin auch die Einigung über die neue PädagogInnenausbildung, von der sie sich eine "neue Atmosphäre" an Österreichs Schulen erwartete. Zum OGH-Urteil bemerkte die ÖVP-Mandatarin, Zugangsregelungen und Studiengebühren seien internationalen Erkenntnissen zufolge das fairste Studiensystem, bedauerte aber, in Österreich gebe es in dieser Frage noch keinen Konsens. 

Schmied: Bildungspolitik ist ein permanenter Prozess

Bundesministerin Claudia SCHMIED berichtete rückblickend von 60 Regierungsvorlagen zum Thema Bildung und gab zu bedenken, die bereits beschlossenen Maßnahmen müssten nun abgesichert, stabilisiert und mit Leben erfüllt werden, zumal Bildungspolitik ein permanenter Prozess sei. Sie hob dabei beispielsweise die Berufs- und Bildungsberatung, die Leseförderung, die Beteiligung an Bildungsprogrammen und die Sprachförderung hervor. Bei den noch offenen Punkten gilt für Schmied, wie sie sagte, die Devise "unerschrocken, offensiv, weiter vorwärts", wobei sie vor allem auf den weiteren Ausbau der ganztägigen Schulformen sowie auf das Paket Schulverwaltung verwies. Großen Stellenwert maß die Ministerin dem neuen Dienst- und Besoldungsrecht zu, das sie als Investition betrachtete. Klar war für Schmied, dass die derzeitigen Einstiegsgehälter nicht attraktiv genug sind, dass es mehr Gestaltungswillen und Verantwortung seitens der DirektorInnen geben müsse und dass es überdies auch gelte, Anreize für QuereinsteigerInnen zu schaffen. Weitere Punkte des von der Ressortchefin angestrebten neuen Dienst- und Besoldungsrechte sind mehr Fairness beim Entlohnungssystem sowie eine stärkere Abgeltung von Vor- und Nachbetreuung. Zum Abschluss der Verhandlungen brauche es aber die Dienstgeber und die Dienstnehmer, meinte die Ministerin an die Adresse der Gewerkschaft gerichtet.

Abgeordnete Helene JARMER (G) wies auf die Probleme von gehörlosen Kindern im Unterricht hin und verlangte ein gesetzlich verankertes Recht auf Gebärdensprache in der Schule. Ihrer Meinung nach sollte durch eine entsprechende Ausbildung sichergestellt sein, dass sämtliche LehrerInnen auch über eine Kompetenz in Gebärdensprache verfügen.  

Abgeordneter Franz RIEPL (S) stellte fest, vieles sei in den letzten Jahren geschehen, um den Reformstau im Bildungsbereich abzubauen, und begrüßte in diesem Zusammenhang das Nachholen des Hauptschulabschlusses und des Lehrabschlusses, die Modulisierung der Abendschule sowie die Einführung der Lehre mit Matura. Vieles liege aber noch vor uns, meinte Riepl und schloss mit der Mahnung, Bildungsdefizite einer Gesellschaft zu korrigieren sei immer teurer als sie erst gar nicht entstehen zu lassen. 

Abgeordnete Anna FRANZ (V) konnte den Optimismus vieler ihrer VorrednerInnen nicht uneingeschränkt teilen und bemerkte unter Hinweis auf die schlechte Lesekompetenz der Jugendlichen, trotz einer Steigerung der öffentlichen Bildungsausgaben sei der Erfolg eher mäßig. Sie sah neben dem Elternhaus vor allem auch die Frühpädagogik gefordert und sprach sich insbesondere für eine Stärkung von Kindergarten und Volksschule aus.  

Abgeordnete Laura RUDAS (S) kritisierte die Selektion der Kinder mit 10 Jahren als zu früh und trat für gemeinsame und ganztägige Schulformen ein. Darüber hinaus appellierte sie an die Abgeordneten, die Bundesministerin bei der Reform des Dienst- und Besoldungsrechtes zu unterstützen, wobei sie betonte, die Materie gehe alle an und dürfe nicht allein Sache der Gewerkschaften sein.

Abgeordnete Andrea GESSL-RANFTL (S) schloss aus dem Bericht auf die Notwendigkeit des Ausbaus des ganztägigen Betreuungsangebotes und der Ganztagsschule und forderte insbesondere die Aufhebung des Erfordernisses der Zweidrittelmehrheit in der Lehrerschaft bei der Entscheidung über eine verschränkte Ganztagsschule.

Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) stellte die Forderung nach einem chancengerechteren Bildungssystem in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen und hob die Förderung der individuellen Stärken und der Persönlichkeitsentwicklung, aber auch die Lehre mit Matura als wesentliche Schritte hervor. Hohe Erwartungen richtete Lohfeyer überdies an die neue PädagogInnenausbildung.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) bescheinigte der Bundesministerin eine Erfolgsbilanz und begrüßte insbesondere die Einführung der Neuen Mittelschule, den Ausbau der Ganztagsbetreuung, die neue Matura, die modulare Oberstufe sowie die neue LehrerInnenausbildung. In Anspielung an die Verhandlungen über ein neues Dienst- und Besoldungsrecht bemerkte er, nicht die Interessen der Gewerkschaft, sondern eine bessere Schule und mehr Chancen für alle Kinder müssten das zentrale Anliegen bei der Schulreform sein.

Der Bericht wurde bei der Abstimmung einstimmig zur Kenntnis genommen. Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend integrative Führung der Grundstufe 1 wurde ebenso abgelehnt wie der Entschließungsantrag des BZÖ bezüglich standortbezogene Sprachförderungskonzepte.

Verwaltungsgerichtsbarkeit Neu soll Vereinfachungen bei Denkmalschutz bringen

Durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur wird der neue mehrstufige Instanzenzug der Verwaltungsgerichtsbarkeit berücksichtigt. Es wurde einstimmig beschlossen, wie auch das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung des Königreichs Spanien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich, das die Zusammenarbeit bei filmischen Koproduktionen erleichtert.

Abgeordnete Sonja ABLINGER (S) nahm die Vorlage zum Anlass, auf die Bedeutung des Denkmalschutzes hinzuweisen. Sie hob dabei auch den nunmehr eingeführten Tag des Denkmals hervor und meinte, gerade bei der Denkmalschutzarbeit seien Vermittlung, Expertise und Kommunikation besonders wichtig.

Abgeordneter Bernd SCHÖNEGGER (V) würdigte die Einführung des zweistufigen Systems der Verwaltungsgerichtsbarkeit als mutige und längst überfällige Reform, die der Bevölkerung einen einfacheren und unkomplizierten Zugang zum Recht geben wird. Von den vorliegenden Gesetzesanpassungen im Bereich Kunst und Kultur erwartete sich der Redner nun vor allem einen massiven Ausbau des Rechtsschutzsystems.

Abgeordneter Josef JURY (F) hielt fest, die FPÖ werde sowohl dem vorliegenden Gesetzentwurf als auch dem Abkommen mit Spanien zustimmen. Kooperationen mit anderen Staaten seien wichtig für die Filmwirtschaft, betonte er. Zurückkommend auf die vorangegangene Bildungsdiskussion zeigte sich Jury über den Bibliotheks-Masterplan erfreut.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) betonte, die Grünen unterstützten die Einrichtung von Verwaltungsgerichten, die in diesem Zusammenhang vorgesehene Änderung der Verfahrensabläufe in Angelegenheiten des Denkmalschutzes ist seiner Ansicht nach aber nicht sehr glücklich gewählt. Derzeit liege die Letztentscheidung über die Aufhebung des Denkmalschutzes eines Gebäudes bei der Kulturministerin, skizzierte er, das sei auch gut, weil es in Denkmalschutzfragen viel Ermessens- und Interpretationsspielräume gebe und politische Verantwortung daher wichtig sei. In Zukunft werde jedoch ein Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichts entscheiden, bedauerte er.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (T) äußerte sich zustimmend zum vorliegenden Gesetzentwurf. Zum Thema Kultursponsoring brachte er einen Entschließungsantrag ein. Das Team Stronach wünscht sich, die steuerliche Absetzbarkeit von Kultursponsoring zu erweitern. Es würde dem Kulturland Österreich gut tun, wenn mehr privates Geld in Kultur investiert würde, sagte Markowitz.

Kulturministerin Claudia SCHMIED begrüßte die breite Zustimmung zur Gesetzesvorlage und zum Abkommen mit Spanien und sicherte Abgeordnetem Zinggl zu, ein besonderes Auge auf den Denkmalschutz zu werfen.

Zustimmung zum Abkommen mit Spanien kam auch von den Abgeordneten Elisabeth HAKEL (S), Johann HÖFINGER (V) und Christine MUTTONEN (S). Österreich könne zu Recht stolz auf den österreichischen Film sein, sagte Hakel, um den Erfolg fortzusetzen brauche es aber verlässliche Partner. Sowohl Hakel als auch Muttonen wiesen darauf hin, dass bereits im Jahr 1970 ein Abkommen mit Spanien geschlossen worden sei, nun werde dieses überarbeitet. Ähnliche Abkommen gibt es laut Muttonen unter anderem auch mit der Schweiz, Deutschland, Frankreich und Italien.

Der Nationalrat verabschiedete das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz Kunst und Kultur mit Stimmeneinhelligkeit. Auch das Abkommen mit Spanien über Beziehungen im audiovisuellen Bereich wurde einstimmig genehmigt. In der Minderheit blieb hingegen der Entschließungsantrag des Team Stronach betreffend Forcierung der steuerlichen Absetzbarkeit von Spenden an Kunst- und Kultureinrichtungen.

Prunkräume des Finanzministeriums werden Belvedere überlassen

Mehrheitlich wurde eine Änderung im Bundesmuseen-Gesetz 2002 vom Nationalrat gebilligt. Auf Antrag von SPÖ und ÖVP werden die Prunkräume des Finanzministeriums im Winterpalais von Prinz Eugen in der Himmelpfortgasse 8 der Österreichischen Galerie Belvedere übertragen. Debattiert wurde auch über zwei Freiheitliche Anträge zu Museumsthemen. Der Antrag betreffend die Erhaltung und Aufwertung des Volkskundemuseums in Wien wurde ebenso mehrheitlich abgelehnt wie der Antrag, der organisatorische Eigenständigkeit für das Museum für Völkerkunde forderte.  

Abgeordnete Heidemarie UNTERREINER (F) übte massive Kritik an der ihrer Meinung nach viel zu geringen Förderung des Volkskundemuseums durch das Kulturministerium. Das Museum, das ihr zufolge zu den bedeutendsten seiner Art in Europa gehört, mit 400.000 € im Jahr abzuspeisen, sei eine kulturpolitische Schande, meinte sie und stellte dem Betrag die für "Multi-Kulti-Projekte" gewährten Fördermittel gegenüber. Für Unterreiner sind Kunst und Kultur wichtige Träger von Identität, kappe man die Wurzeln der Menschen, nehme man ihnen Geborgenheit, warnte sie.

Als weiteres Anliegen der FPÖ nannte Unterreiner die Herauslösung des Völkerkundemuseums aus dem Kunsthistorischen Museum. Zudem sprach sie sich gegen eine Umbenennung des Völkerkundemuseums in Weltmuseum Wien aus. Die Öffnung der Prunkräume des Winterpalais von Prinz Eugen in der Himmelpfortgasse für die Öffentlichkeit wird von Unterreiner zwar grundsätzlich begrüßt, sie wies aber auf die hohen Kosten für das Museum hin.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) machte darauf aufmerksam, dass die Kosten für das neue Barockmuseum in der Himmelpfortgasse nicht aus dem Kulturbudget aufgebracht werden müssen, sondern vom Finanzministerium übernommen werden. Zu den Anträgen der FPÖ hielt er fest, er zolle der Arbeit des Volkskundemuseums Respekt, das Museum sei aber ein Vereinsmuseum und werde vom Kulturministerium ohnehin stärker als andere Vereinsmuseen gefördert. Im Übrigen sei die Eingliederung des Museums in die Bundesmuseen von den Vereinsorganen abgelehnt worden. Mit dem Begriff "Weltmuseum" für das Völkerkundemuseum soll Sacher zufolge zum Ausdruck gebracht werden, dass es um eine Begegnung verschiedener Kulturen aus aller Welt und um Weltoffenheit gehe.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) äußerte sich angesichts der hohen Kosten kritisch zur Öffnung der Prunkräume in der Himmelpfortgasse für die Öffentlichkeit. Nachdem man das Palais fünf Jahre lang um 200 Mio. € nach den Wünschen des Finanzministeriums saniert habe, müssten nun neuerlich 5,6 Mio. € für den Umbau und 2,5 Mio. € für den jährlichen Betrieb bereitgestellt werden, kritisierte er. Dabei habe niemand Bedarf an einem Barockmuseum angemeldet.

Das Volkskundemuseum hält auch Zinggl für "total unterdotiert". Er sprach sich für eine Zusammenlegung des Museums mit dem Völkerkundemuseum zu einem eigenständigen Museum aus. Als ersten Schritt forderte Zinggl in einem Entschließungsantrag ein eigenständiges Völkerkundemuseum unter dem Namen Weltmuseum Wien.

Abgeordnete Silvia GRÜNBERGER (V) unterstrich, Prinz Eugen habe nicht nur als Bauherr die Stadt Wien geprägt, sondern auch zahlreiche Kulturschätze hinterlassen. Die Prunkräume in der Himmelpfortgasse könnten ihrer Meinung nach zu einem neuen kulturellen Hotspot in der Innenstadt werden.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) wertete die Sanierung des Winterpalais von Prinz Eugen in der Himmelpfortgasse um 200 Mio. € und die zusätzlichen Kosten für die Einrichtung und den Betrieb des Museums hingegen als unnötige Steuergeldverschwendung. Darüber hinaus plädierte er für eine faire Verteilung der Kulturförderungen und kündigte in diesem Sinn die Zustimmung des BZÖ zu den FPÖ-Anträgen an. Museen, die nicht in das linke Weltbild passen, werden seiner Ansicht nach unterdotiert.

Kulturministerin Claudia SCHMIED wies Kritik an Finanzministerin Fekter zurück und begrüßte die Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium ausdrücklich. Es sei völlig korrekt und transparent, dass das Finanzministerium der Österreichischen Galerie Belvedere ein Zusatzbudget für die Prunkräume in der Himmelpfortgasse zur Verfügung stelle, sagte sie. Generell hielt Schmied fest, ihre Devise sei nicht nur in der Bildungs- sondern auch in der Kunst- und Kulturpolitik "Gestalten". Sie hob in diesem Zusammenhang auch die Budgeterhöhung für Kunst und Kultur hervor.

Abgeordnete Claudia DURCHSCHLAG (V) meinte, es wäre "töricht", würde man die Gelegenheit nicht nutzen und die Prunkräume des Palais in der Himmelpfortgasse nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen. Sie erwartet sich positive Auswirkungen auf den Tourismus.

Auch Abgeordneter Josef A. RIEMER (F) wertete die Öffnung der Prunkräume für die Öffentlichkeit an sich als positiv, die hohen Kosten müssten seiner Ansicht nach aber nachdenklich stimmen. Wie seine Fraktionskollegin Heidemarie Unterreiner kritisierte er außerdem die Unterdotierung des Volkskundemuseums und die Umbenennung des Völkerkundemuseums in Weltmuseum Wien.

Schließlich sprachen sich auch die Abgeordneten Gertrude AUBAUER (V) und Anna HÖLLERER (V) für die Öffnung der Prunkräume in der Himmelpfortgasse für die Öffentlichkeit aus, wobei sich Abgeordnete Aubauer ausdrücklich darüber erfreut äußerte, dass die Räumlichkeiten weitgehend barrierefrei zugänglich sind. Abgeordnete Höllerer geht davon aus, dass das neue Museum ein Ort des Dialogs zwischen dem kulturellen Erbe Österreichs und zeitgenössischer Kunst wird.

Die Änderung des Bundesmuseen-Gesetzes wurde vom Nationalrat mit Stimmenmehrheit beschlossen. Ebenfalls mehrheitlich nahmen die Abgeordneten die ablehnenden Berichte des Kulturausschusses über die beiden Anträge der FPÖ zur Kenntnis. Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Völkerkundemuseum als eigenständiges Bundesmuseum blieb in der Minderheit.

Mehr österreichische Musik in österreichischen Radioprogrammen?

Nur von BZÖ und FPÖ unterstützt und damit mehrheitlich abgelehnt wurde ein Antrag des Abgeordneten Stefan Petzner betreffend Steigerung des nationalen Musikanteils im Radio durch ein Quotensystem, wie es etwa in Frankreich zur Anwendung kommt.

Als erster Redner in der Debatte warb Abgeordneter Josef A. RIEMER (F) für den Antrag und wies darauf hin, dass es auch in Frankreich eine Regelung gibt, wonach mindestens 60 % europäische KünstlerInnen und 40 % französische InterpretInnen in den Radioprogrammen vorkommen müssen. Die Selbstverpflichtung des ORF habe sich nicht bewährt, argumentierte der Redner und meinte, eine Quotenregelung würde auch unbekannten österreichischen KünstlerInnen die Möglichkeit geben, zu attraktiven Sendezeiten vom Publikum gehört zu werden. Beispiele würden bewiesen, dass jungen MusikerInnen dadurch die Chance gegeben werde, einen Hit zu landen.

Demgegenüber stellte Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) fest, dass die französische Regelung an die Sprache, aber nicht an die Nationalität gebunden sei. Alles andere würde nämlich dem Europarecht widersprechen. Umgelegt auf Österreich, würde die Festlegung auf die deutsche Sprache dazu führen, dass sich deutsche Produktionen gegenüber österreichischen im Vorteil befinden. Durch die Selbstverpflichtung 2009 (Musik-Charta) habe der Anteil an österreichischen MusikerInnen in den Radioprogrammen gesteigert werden können, wenn auch nicht im gewünschten Ausmaß, räumte sie ein. Die Charta sei nun bis 2014 mit einer höheren Quote verlängert worden.

Der Misserfolg Österreichs beim Eurovisionssongcontest ist für Abgeordneten Stefan PETZNER (B) Beweis dafür, wie schlecht es um die österreichische Popmusik bestellt ist. Den Grund dafür ortete er im ORF, der sich konsequent weigere, österreichische Popmusik zu senden. Petzner hielt die Musik-Charta zwar für gut gemeint, sie erfülle jedoch nicht ihren Zweck, da sich die festgelegte durchschnittliche Quote auf alle Radioprogramme des ORF verteile und vor allem die Volksmusiksendungen den österreichischen Anteil heben. Ö3 jedoch erfülle diesen Auftrag nicht. Petzner zeigte sich überzeugt davon, dass man mit gutem Willen eine europarechtlich saubere Regelung in Anlehnung an Frankreich erzielen könne.

Der Vergleich mit Frankreich funktioniere nicht, entgegnete Abgeordnete Silvia GRÜNBERGER (V), da französische InterpretInnen auch in französischer Sprache komponieren, ÖsterreicherInnen sich aber in erster Linie auf englische Texte verlegt haben. Eine Quotenregelung auf österreichische MusikerInnen abzustellen, sei europarechtlich nicht durchführbar, stellte Grünberger fest und bewertete die Selbstverpflichtung des ORF als einen richtigen Weg. Sie stimmte jedoch ihrem Vorredner zu, dass Ö3 bei der Erfüllung der Quote weit im Hintertreffen liege, der höhere Anteil an österreichischen KünstlerInnen in erster Linie durch die Landesstudios und Ö1 erzielt werde.

Für Abgeordneten Stefan MARKOWITZ (T) wiederum geht der Antrag Petzners in die richtige Richtung. Man müsse hier vor allem an die heimischen MusikerInnen denken, die überleben wollen, sagte er und kritisierte ebenfalls den Umgang von Ö3 mit österreichischen KünstlerInnen. Wer gehört wird, dessen CDs werden auch gekauft, betonte der Redner.

Für Abgeordneten Wolfgang ZINGGL (G) liegt das Problem eher darin, dass Tourneen nicht finanziert werden und für junge KünstlerInnen Studios fehlen. Einmal mehr mahnte er eine Neuregelung des Urheberrechts ein. Zinggl verwies auch auf die Regelungen, die die Musikwirtschaft mit dem ORF getroffen hat.

Bei der Abstimmung wurde der gegenständliche Antrag mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und den Grünen mehrheitlich abgelehnt. (Fortsetzung Nationalrat) red