Parlamentskorrespondenz Nr. 440 vom 23.05.2013

Diskussion über direkte Demokratie in Europa und in Österreich

Grüne erzwingen Kurze Debatte im Nationalrat

Wien (PK) – Um das neue Instrument der direkten Bürgerbeteiligung in der EU, die Europäische Bürgerinitiative (EBI), ging es in der Kurzen Debatte in der heutigen Sitzung des Nationalrats. Die Grünen kritisieren vor allem die Regelungen für die Unterstützungsbekundungen und sprechen sich für einheitliche europäische Bedingungen zur Unterstützung einer EBI sowie einen Kostenersatz für die OrganisatorInnen aus. In diesem Zusammenhang hat Abgeordnete Daniela Musiol eine schriftlichen Anfrage an Innenministerin Mikl-Leitner zum Thema "Verbesserung der Rahmenbedingungen für Europäische Bürgerinitiativen" gerichtet. Mit der Beantwortung durch die Ministerin zeigte sich jedoch unzufrieden, weshalb ihre Fraktion eine Kurze Debatte darüber verlangt hat.

Grüne: Zu große Hürden für Europäische Bürgerinitiative

Bei der Europäische Bürgerinitiative gebe es aus Sicht der Grünen verschiedene Probleme erklärte Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) eingangs ihrer Begründung für die Kurze Debatte. So habe Österreich hohe Hürden eingeführt, da man Pass oder Personalausweis für eine Unterstützung brauche. Die Grünen hätten daher im Innenministerium angefragt, wie viele Menschen ohne solches Dokument von diesem Recht ausgeschlossen seien. Die Ministerin habe die Frage nicht beantworten können, kritisierte Musiol. Das Innenministerin hätte laut einer Entschließung des Nationalrats auch prüfen sollen, ob es andere Möglichkeiten einer gültigen Identifizierung geben könnte. Weiters gehe es um das System der Sammlung von Online-Unterschriften. Die Antwort der Ministerin im März 2013 sei gewesen, dass ihr bisher keine Unterstützungen von Europäischen Bürgerinitiativen vorliegen würden. Zur Frage der Verringerung der Hürden habe es nur "erste Überlegungen" gegeben, sagte Musiol mit Bedauern. Sie erachte das als nicht ausreichend und frage daher Staatssekretär Kurz, der stets für die direkte Demokratie eintrete, wie ernst ihm und der ÖVP das Thema tatsächlich sei. 

Kurz: Innenministerium wird Gesetzeslage evaluieren

Staatssekretär Sebastian KURZ hielt zu den Details der Anfrage fest, es seien insgesamt 20 Staaten der Union, welche Pass oder Personalausweis fordern, nicht nur einige wenige. Das Innenministerium prüfe die Frage, ob man auch den Führerschein zulassen könne, bei alten Führerscheinen bestehe aber die Schwierigkeit, dass dort die Staatsbürgerschaft nicht erfasst sei. Grundsätzlich sei man für alle Lösungsvorschläge offen, sagte Kurz. Hinsichtlich des zentralen Wählerregisters kritisierte er die Grünen, da sie im Parlament dagegen gewesen seien, genau das aber jetzt auf europäischer Ebene einforderten. Was die Evaluierung betreffe, so sei die Frist auf drei Jahre angesetzt. Derzeit sei jedoch nichts zu evaluieren, da es noch keine Unterstützungsunterschriften gebe. Er müsse auch anmerken, dass bei allen kleinen Schritten zu mehr direkter Demokratie, wie der Aufwertung der Vorzugsstimmen, sich stets die Grünen dagegen ausgesprochen hätten.

SPÖ und ÖVP: Balance zwischen Zugänglichkeit und Sicherheit

Seit April 2012 seien schon 14 Europäische Bürgerinitiativen gestartet worden, berichtete Abgeordnete Christine MUTTONEN (S). Die bisher erfolgreichste für den Schutz des Wassers sei von 1,5 Mio. Menschen unterstützt worden und die Unterschriftensammlung dazu noch nicht abgeschlossen. Es sei wichtig, dafür zu sorgen, dass alle eine Bürgerinitiative ohne großen Aufwand unterstützen können. Es müssen aber auch die Standards der Durchführung gewahrt und Manipulationen ausgeschlossen werden. Man habe in Österreich daher eine Balance zwischen Zugänglichkeit und Sicherheit gesucht. Sie vertraue darauf, dass im Innenministerium Vorschläge, wie man das Verfahren verbessern könne, erarbeitet werden.      

Abgeordneter Wolfgang GERSTL (V) meinte, die Grünen täten der Innenministerin mit ihren Vorwürfen sehr Unrecht. Derzeit gebe es noch keine Unterschriften zu überprüfen, es sei daher noch zu früh, um Aussagen zu treffen, ob das System funktioniere. Es müsse sichergestellt sein, dass sich jede Person nur einmal eintragen könne und ihre Identität eindeutig feststellbar sei. Das sei mit der zentralen Wählerevidenz sichergestellt, der gerade die Grünen bisher aber nicht zugestimmt hätten.   

Opposition: Direkte Demokratie in Österreich stärken

Abgeordneter Harald STEFAN (F) zitierte prominente Stimmen, wonach die EU letztlich zu einer europäischen Republik und zur Abschaffung der Nationalstaaten führen solle. Die Freiheitlichen seien gegen solche Ideen, sagte er. Die EU sei grundsätzlich nicht demokratisch verfasst, das zeige sich auch an der Europäischen Bürgerinitiative, die mit großen Hürden ausgestattet werde, ohne dass die Kommission auf ihre Ergebnisse überhaupt reagieren müsse. In Österreich habe die Regierung ein Demokratiepaket vorgelegt, das nichts Substanzielles enthalte, kritisierte Abgeordneter Stefan und meinte, wichtiger als eine zahnlose Europäische Bürgerinitiative sei die Weiterentwicklung der direkten Demokratie in Österreich. 

Dem Entschließungsantrag sei mit der Antwort aus dem Innenministerium nicht Genüge getan, befand Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G). Dieser fordere die Innenministerin auf, sich schon jetzt und nicht erst nach Ablauf von drei Jahren für die Weiterentwicklung der Europäischen Bürgerinitiative einzusetzen. Es gebe überhaupt eine Tendenz von Regierungsmitgliedern, Entschließungen des Nationalrats zu ignorieren. Eine weitere Frage sei, wie es um den Ausbau der direkten Demokratie stehe und wie gerade die ÖVP es damit halte. Hier sei nichts an Initiativen zu bemerken. Man könne unterschiedlicher Auffassung über die Weiterentwicklung der direkten Demokratie sein, aber zumindest sollten Anfragen richtig beantwortet und Entschließungsanträge umgesetzt werden, forderte Zinggl.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) forderte Staatssekretär Kurz und die ÖVP-Fraktion dazu auf, sich stärker für die Umsetzung ihrer Vorstellungen für den Ausbau der direkten Demokratie zu engagieren. Die Oppositionsparteien arbeiteten an einem Vorschlag, berichtete Scheibner und sprach die Hoffnung auf Unterstützung durch den Staatssekretär und die ÖVP aus. Ein entsprechend unterstütztes Volksbegehren soll einer Volksabstimmung zugeführt werden können. Der Redner plädierte auch für die Online-Unterstützung von Volksbegehren analog zur Regelung bei der Europäischen Bürgerinitiative. Inhaltlich einig seien sich die Parteien bei dem Abliegen, schriftliche Anfragen in der tagungsfreien Zeit einbringen zu können, lediglich die Regierungsparteien sähen noch Probleme, weil die Initiative dazu vom BZÖ komme, klagte Scheibner. (Schluss Kurzdebatte/Fortsetzung Nationalrat) red