Parlamentskorrespondenz Nr. 605 vom 26.06.2013

Hundstorfer: Panikmache ist das Falsche

Konkurs des Baukonzerns Alpine auch Thema im Bundesrat

Wien (PK) – Die Pleite des Alpine-Konzerns könnte laut FPÖ-Bundesratsfraktion zur "größten Insolvenz-Causa in der Wirtschaftsgeschichte der 2. Republik" werden, so der Wortlaut von zwei Dringlichen Anfragen, die die FPÖ heute im Bundesratsplenum an Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Sozialminister Rudolf Hundstorfer eingebracht hat. Im Zentrum ihrer Kritik stand die Wirtschaftspolitik der Regierung. Diese habe wesentlich zum Konkurs beigetragen, indem man im Land Investitionen für Infrastruktur und Bauten schrittweise minimiert habe, hieß es. Einmal mehr bemängelte die FPÖ im Bundesrat auch in dieser Angelegenheit, dass zu viele heimische Gelder etwa in die EU-Bankenrettung geflossen seien.

FPÖ ortet verfehlte Wirtschaftspolitik der Bundesregierung

Der Konkurs der Alpine ist die Spitze eines Eisbergs von Insolvenzen, Schließungen und Abwanderungen österreichischer Betriebe ins Ausland, argumentierte der Anfragesteller Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) und prognostizierte eine steigende Insolvenzrate in der Zukunft. Das sei das Ergebnis einer Wirtschaftspolitik, die aus Schulden und hohen Steuern bestehe und nun einer Analyse unterzogen werden müsse. Die beiden Konjunkturpakete in den Jahren 2009 und 2011 hätten lediglich Wachstum vorgetäuscht, sagte Pisec, denn die derzeitige Bundesregierung sei nicht in der Lage, Wachstum zustande zu bringen.

Auch das jüngst geschnürte Konjunkturpaket käme zu spät, da man von den Problemen in der Alpine schon länger gewusst habe. Zugute komme das Paket nur den großen Baufirmen, kritisierte Pisec weiter. Die Ursache der Unternehmensschließungen ortete der Redner in viel zu hohen Unternehmens- und Einkommenssteuern sowie Lohnzusatzkosten. Darunter würde der österreichische Wirtschaftsstandort leiden, meinte Pisec und forderte Bundesminister Mitterlehner dazu auf, die österreichische Wirtschaftspolitik zu überdenken.

In die Argumentation seines Fraktionskollegen reihte sich Antragsteller Bundesrat Gerd KRUSCHE (F/St), der von der größten Pleite seit dem Zweiten Weltkrieg in Österreich sprach.

Bezugnehmend auf das Konjunkturpaket meinte Krusche, dass der Konkurs der Alpine ein willkommener Anlass für die Bundesregierung zu sein scheine, Aktivität und Kompetenz vorzutäuschen. Dies vor allem im Angesicht der bevorstehenden Wahlen. Die Pleite sei auch keinesfalls überraschend gekommen, denn bereits letzten Oktober hätte sich diese angekündigt, so Krusche. Nun würde sich das fehlende Konzept der Bundesregierung hinsichtlich der Realwirtschaft rächen. Man habe falsch investiert, anstelle die heimischen ArbeitnehmerInnen zu versorgen, hätte man EU-Schuldenstaaten und den Finanzsektor mit Milliarden unterstützt, kritisierte Krusche. Der Redner zeigte sich auch überzeugt davon, dass das Konjunkturpaket eine Mogelpackung darstelle, denn ein Großteil des Geldes sei bereits längst akkordiert und beschlossen. Die Frage sei nun, wem das Paket zugutekomme, so Krusche.

Mitterlehner: Konjunkturpaket soll Dominoeffekte vermeiden

Wirtschaftsminister Reinhold MITTERLEHNER ortete eingangs befremdliche Darstellungen in den Ausführungen von Bundesrat Pisec und gab den Widerspruch zu bedenken, wie etwa die österreichische Bundesregierung die Alpine-Pleite mit einem spanischen Eigentümer verhindern hätte können. Ferner betonte der Wirtschaftsminister, dass Österreich trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten Wachstum verbuchen könne. Der Anstoß des Konjunkturprogramms sei auch nicht der Konkurs der Alpine gewesen, seine Intention bestehe auch nicht darin, Hilfsmaßnahmen zu tätigen, sondern Dominoeffekte zu vermeiden und eine Umstrukturierung in der Bauwirtschaft langsam einzuleiten, führte Mitterlehner aus. Durch das Konjunkturpaket werden insgesamt zirka 110.000 gesicherte und neu geschaffene Arbeitsplätze langfristig, sowie 75.0000 Arbeitsplätze kurzfristig geschaffen, berichtete der Minister und versicherte, dass man mit den Maßnehmen sehr budgetschonend vorgehe.

Hinsichtlich der Insolvenzentwicklung berichtete Mitterlehner, dass es im ersten Halbjahr 2013 einen Rückgang bei den Unternehmensinsolvenzen gegeben habe. Im Rahmen des Konjunkturpakets seien Maßnahmen getroffen worden, um Unternehmen, die besonders betroffen sind, mit entsprechenden Mitteln zu unterstützen. Daher sei davon auszugehen, dass größere Insolvenzen zu vermeiden sind.

Man liege mit den volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den Konjunkturmaßnahmen grundsätzlich richtig, betonte Mitterlehner. Österreich verzeichne beschäftigungspolitische Erfolge, die andere Länder nicht haben. Man müsse sich die Fakten ansehen, um eine sachliche Diskussion führen zu können, schloss der Minister.

Hundstorfer: Regionallösungen sollen gefunden werden

Sozialminister Rudolf HUNDSTORFER appellierte an die FPÖ, nicht im Sinne der Panikmache mit falschen Zahlen zu argumentieren. Nicht 15.000 ArbeitnehmerInnen seien von der Alpine-Pleite betroffen, sondern 4.905 MitarbeiterInnen. Natürlich sei es aber unbestritten, dass es sich dabei um keine einfach Sache handle, betonte der Sozialminister. Panikmache sei jedoch das Falsche, um mit der Situation sinnvoll umzugehen. Bei aller Tragik und Betroffenheit bemühe man sich, Regionallösungen zu forcieren. Faktum sei, dass sich die 4.905 betroffenen MitarbeiterInnen zur Stunde in einer dreißig tägigen Frist befinden und der Insolvenzentgeltfonds sämtliche Lohnkosten übernehme. Man gehe davon aus, dass innerhalb der dreißig Tage Frist viele der Betroffenen den berechtigten Austritt erklären werden. Ferner bestehe die Hoffnung, dass die Zahl derer, die später vom AMS weiterbetreut werden müssen, eine geringe ist. Für alle Betroffenen stehe selbstverständlich das volle Programm der arbeitsmarktpolitischen Angebote zur Verfügung. Entsprechende Insolvenzstiftungen seien vorbereitet. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Bauarbeiter direkt übernommen werden oder wieder sehr rasch einen Arbeitsplatz finden, so Hundstorfer.

Schließlich berichtete der Minister, dass gegenwärtig die Zahl der Beschäftigen in der Baubranche trotz der schwachen Konjunktur noch leicht ansteigend ist.

Bundesregierung nicht für Managementfehler Privater verantwortlich

Tatsache ist, dass man hier über die größte Pleite des Landes spricht, so Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) in ihrer Wortmeldung, wobei auch sie die These anhand von Expertenmeinungen bekräftigte, dass die Pleite schon länger abzusehen gewesen wäre. Was das Konjunkturpaket betrifft, beinhalte dieses nur vorgezogene Maßnahmen. Das sei im Grunde in Ordnung, die Frage sei nur, ob davon wieder nur die großen Baufirmen profitieren werden, gab die Rednerin zu bedenken.

"Themenverfehlung" ortete Bundesrat Klaus FÜRLINGER (V/O) im Zusammenhang mit den Wortmeldungen aus den Reihen der FPÖ. Er warf den Bundesräten Pisec und Krusche vor, auf dem Rücken der Betroffenen politisches Kleingeld schlagen zu wollen. Der Konkurs eines privaten Unternehmens könne nicht mit der österreichischen Bundesregierung in Zusammenhang gebracht werden, stellte Fürlinger fest. Bei der Alpine hätte es Missmanagement und Fehler gegeben und man hätte Dumpingpreise angeboten. Ungeachtet dessen hätten beide anwesende Minister alles darangesetzt, dieser Krise engagiert mit einem Konjunkturpaket, das unmittelbar Hilfe schaffe, zu begegnen.

Bundesrat Klaus KONRAD (S/St) sprach von einem "Vorwahlkampflüftchen", das die FPÖ veranstalte. Die Regierung habe rasch Maßnahmen gesetzt, die helfen, zeigte er sich mit seinem Vorredner einer Meinung. Konrad wandte sich entschieden gegen das Schüren von Angst und wies auf den Entgeltsicherungsfonds hin, aber auch auf die Beratungstätigkeit der Arbeiterkammer. Selbstverständlich sei jeder und jede Arbeitslose zu viel, aber was die FPÖ aufführe, sei unverhältnismäßig.

Man habe es heute leider mit einer "erbärmlichen Debatte" zu tun,  kritisierte Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W). Wenn so eine Firma Pleite geht, sei das schrecklich, aber nur die anderen anzupatzen, ohne selbst konstruktive Ideen einzubringen, sei zu wenig. Schreuder erinnerte an die zahlreichen Vorschläge der Grünen, er wollte aber bei einem solchen "billigen Politikspiel", wie es heute stattfinde, nicht mitmachen. Er sei jedenfalls froh, dass es ein Konjunkturpaket gibt.

Der Alpine-Konkurs gehe sehr wohl die Politik etwas an, verteidigte Bundesrat Christian HAFENECKER (F/N) die Dringliche Anfrage seiner Fraktion. Das Konjunkturpaket bestehe aus Mitteln, die bereits beschlossen wurden und doppelt und dreifach gewidmet seien. Man solle den Menschen auch nicht vorgaukeln, dass sich das Paket refinanziere. Das Paket werde den Trend nicht umkehren, es sei lediglich eine Beruhigungspille, sagte Hafenecker und kritisierte zudem die hohe Steuerbelastung in diesem Land sowie die Gruppenbesteuerung. Die Ostöffnung habe nicht das gebracht, was versprochen wurde, so der FPÖ-Bundesrat. Die "Ostblase" sei geplatzt, daher müsse ein Paradigmenwechsel herbeigeführt werden.

Bundesrätin Angelika WINZIG (V/O) hielt es für eine "Frechheit", einen kausalen Zusammenhang zwischen einem Managementfehler eines Privatunternehmens und der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung herzustellen. Der Wirtschaftsbund werde den Betrieben zur Seite stehen und sie nach Möglichkeit unterstützen, versicherte Winzig.

Bundesrat Rene PFISTER (S/N) sah die Schuld ebenfalls bei den Managementfehlern des Unternehmens, und wies darauf hin, dass das AMS sowie die Politik sofort Maßnahmen ergriffen haben. Mit dem Konjunkturpaket gebe man der Bauwirtschaft und den Beschäftigten wieder Zukunft, sagte er und erinnerte daran, dass dafür frisches Geld zur Verfügung gestellt werde, zum Beispiel aus den Versteigerungserlösen für die Funkfrequenzen. (Schluss Dringliche Anfrage/Fortsetzung Bundesrat) keg/jan


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