Parlamentskorrespondenz Nr. 769 vom 29.10.2013

Prammer ruft zur konstruktiven Zusammenarbeit auf

Mahnende Worte der Nationalratspräsidentin an neu gewählte Angeordnete

Wien (PK) – Nach ihrer deutlichen Wiederwahl zur Nationalratspräsidentin rief Barbara Prammer in der heutigen konstituierenden Sitzung die Abgeordneten dazu auf, konstruktiv im Dienste und zum Wohle des Landes zusammenzuarbeiten, und sah den Nationalrat vor allem gefordert, sich in seiner neuen Zusammensetzung um eine parlamentarische Debatten- und Streitkultur zu bemühen, die den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger gerecht wird. Eine solche Kultur verlange einerseits politische Leidenschaft, setze aber andererseits auch Respekt vor anderen Meinungen voraus, gab sie zu bedenken.

"Es wird an uns liegen, Politik als das zu verkörpern, was sie ist, nämlich als Auseinandersetzung mit der Frage, wie unsere Gesellschaft organisiert werden soll", mahnte Prammer an die Adresse der Abgeordneten gerichtet. Es werde an allen liegen, durch Sachkenntnis und Bereitschaft zum Kompromiss Handlungsfähigkeit und Lösungskompetenz zu beweisen. Die wieder gewählte Präsidentin forderte aber auch persönlichen Anstand ein und betonte, es werde schließlich auch an den Abgeordneten liegen, dazu beizutragen, dass Politik im öffentlichen Ansehen jenen Stellenwert erhält, den sie braucht.

Generalsanierung des Parlamentsgebäudes – eine der großen Aufgaben

Als eine der großen Aufgaben der kommenden fünf Jahre bezeichnete Prammer die Generalsanierung des Parlamentsgebäudes. Diese sei unverzichtbar, sie habe zu erfolgen und müsse ein gemeinsames Anliegen aller sein, bekräftigte sie. Der Nationalrat werde in absehbarer Zeit über Umfang und Form des Projekts sowie über die Höhe der dafür benötigten Steuergelder zu entscheiden haben, kündigte sie an. Klar war für die Präsidentin dabei, dass der Beschluss vom Sinn für Sparsamkeit, aber auch vom Bekenntnis zu einem zeitgemäßen Parlamentarismus getragen sein werde.

Prammer für Demokratiereform

Die neue Legislaturperiode werde aber auch im Zeichen der Demokratiereform stehen, gehe es doch darum, die Einbindung der BürgerInnen in die politischen Entscheidungsprozesse zu verbessern. Die direkte Demokratie schließe die repräsentative Demokratie aber nicht aus, sondern ergänze sie vielmehr, unterstrich Prammer und meinte, politische Willensbildung müsse aber auch in Zukunft auf parlamentarischem Boden stattfinden. Sie trat vor allem dafür ein, durch Nutzung der vielfältigen Mittel der Geschäftsordnung das Parlament zu stärken. Die Minderheitsrechte wiederum sind, wie Prammer sagte, im internationalen Vergleich gut ausgestattet. Mehrheitsentscheidungen machen das Wesen der Demokratie aus und haben per se nichts Anrüchiges, gab sie zu bedenken, fügte aber hinzu, dies schließe eine Diskussion über die Reform der parlamentarischen Spielregeln nicht aus.

Zentrales Anliegen Prammers war zudem die Weiterführung der Öffnung des Parlaments im Sinne von Transparenz und Kontrolle. An die Medien wiederum appellierte sie, dem Parlament zwar kritisch, aber immer fair gegenüberzustehen.

Lobende Worte für neues Präsidium von SPÖ, ÖVP und FPÖ

Im Vorfeld der Wahl zum neuen Nationalratspräsidium haben die Klubobleute von ÖVP, SPÖ und FPÖ für ihre Kandidaten für das Präsidentenamt geworben. So bezeichnete Andreas Schieder (S) Nationalratspräsidentin Prammer als eine erfahrene Parlamentarierin und Kämpferin für den Parlamentarismus, die international anerkannt und engagiert sei. Sie habe für die Öffnung des Parlaments und für die Professionalisierung des Hauses gesorgt und habe ihr Amt immer unparteiisch ausgeübt.

Auch Vizekanzler Michael Spindelegger (V) fand lobende Worte für die Amtsführung Prammers. Er kündigte auch die Unterstützung von Norbert Hofer als Dritten Nationalratspräsidenten an und würdigte Karlheinz Kopf als Kandidaten für das Amt des Zweiten Präsidenten als einen Parlamentarier, der immer darum bemüht gewesen sei, Lösungen über die eigenen Parteigrenzen hinweg zu finden.

Mit der Charakterisierung als engagierten, kompetenten Sachpolitiker, der in seinem bisherigen Wirken fair, besonnen und verlässlich gewesen sei, warb Klubobmann Heinz Christian Strache (F) für die Wahl Norbert Hofers zum Dritten Nationalratspräsidenten. Das Nominierungsrecht der drei stärksten Parlamentsparteien für das Nationalratspräsidium bezeichnete Strache als eine richtige demokratische parlamentarische Gepflogenheit, die ein hohes Gut darstelle.

Grüne Skepsis gegenüber Kopf und Hofer

Kritische Töne brachte zu diesem Teil der Diskussion die Klubobfrau der Grünen Eva Glawischnig-Piesczek ein. Sie unterstützte uneingeschränkt Barbara Prammer als Nationalratspräsidentin, die in entscheidenden Fragen immer auf der Seite des Parlamentarismus gestanden sei, wie sie betonte. Skepsis jedoch äußerte sie gegenüber den Kandidaten Karlheinz Kopf und Norbert Hofer. Bei Kopf vermisste Glawischnig-Piesczek die nötige Handschlagqualität, weshalb sie ihm aufgrund ihrer Erfahrungen aus der Zeit seiner Funktion als ÖVP-Klubobmann einen "Misstrauensvorschuss" gab. Gegenüber Hofer hatte sie inhaltliche Bedenken, insbesondere was die Fremden- und Asylpolitik betrifft. (Fortsetzung Nationalrat) jan/hof