Parlamentskorrespondenz Nr. 119 vom 19.02.2014

Mitterlehner will um weitere Hochschulmilliarde kämpfen

Erster Wissenschaftsausschuss mit dem neuen Minister

Wien (PK) – Der neue Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner will sich um mehr finanzielle Mittel für den Bereich Wissenschaft und Forschung bemühen. Für diesen Bereich werden bis zum Jahr 2018 zusätzlich 1,6 Mrd. € benötigt, sagte er bei einer aktuellen Aussprache im Wissenschaftsausschuss des Nationalrats. Er werde in diesem Sinn um die nächste Hochschulmilliarde kämpfen. Diese sei notwendig, um für die Universitäten Kontinuität zu gewährleisten. Von der aktuellen Kürzung der Ermessensausgaben sind Mitterlehner zufolge Universitäten und Forschungseinrichtungen nicht betroffen, er will im Ministerium sparen.

Auf der Tagesordnung der Sitzung des Wissenschaftsausschusses standen auch ein Bericht des Wissenschaftsministers über aktuelle EU-Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich, der erste Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für Studierende, die Einrichtung einer Medizinischen Fakultät an der Uni Linz, die Zulassung von Doktoratsstudien an der Weiterbildungsuniversität in Krems sowie Oppositionsanträge zu den Themen Fachhochschulen, Studienbeihilfe und Ausbau der Autonomie der Universitäten.

Eingangs der aktuellen Aussprache ging Mitterlehner nochmals auf die Abschaffung des Wissenschaftsministeriums als eigenständiges Ressort ein und bekräftigte, dass er die Strukturen des früheren Ministeriums übernommen und alle bestehenden Abteilungen und Sektionen beibehalten habe. Er habe auch bereits Gespräche mit der gesamten "Community", etwa der Universitätskonferenz, den Rektoren und der ÖH, geführt, um Probleme, Stimmung und Anliegen auszuloten. Dass die Universitäten mehr Mittel brauchen, ist für Mitterlehner evident: Durch eine deutliche Steigerung der Zahl der Studierenden und eine massive Ausweitung des Studienangebots ohne parallele Personalaufstockung habe sich der Betreuungsschlüssel von Lehrenden und Studierenden in den letzten zehn Jahren von 1:98 auf 1:122 verschlechtert.

Mitterlehner appellierte in diesem Sinn an die Abgeordneten, ihn in seinen Bemühungen zu unterstützen. Es werde "ein Bohren dicker Bretter", meinte er, der Wissenschaftsbereich brauche aber, trotz der Hypo Alpe Adria, mehr Geld. In Aussicht gestellt wurde vom Minister darüber hinaus eine Änderung des umstrittenen Wahlrechts für ÖH-Wahlen.

Pilotversuch zur Studienplatzfinanzierung zeitigt erste Erfolge

Von den Abgeordneten wurde in der aktuellen Aussprache eine breite Palette von Themen angeschnitten, angefangen von den Protesten der ÖH gegen den Akademikerball über die Studienplatzfinanzierung bis hin zur mangelnden Anrechnung von Auslandssemestern für ein in Österreich absolviertes Studium. Allgemein begrüßt wurde das Bekenntnis Mitterlehners zur notwendigen Budgetaufstockung im Wissenschaftsbereich. NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak vermisst allerdings einen konkreten Plan zur Erreichung des angestrebten BIP-Anteils für den tertiären Sektor.

In Beantwortung der Fragen teilte Wissenschaftsminister Mitterlehner den Abgeordneten unter anderem mit, dass der in fünf Fachbereichen gestartete Pilotversuch zur Studienplatzfinanzierung bislang positive Ergebnisse gebracht habe. So konnte durch eine bessere Information von potentiellen StudienanfängerInnen, zusätzliche  Planstellen und andere Maßnahmen der Betreuungsschlüssel im Bereich Pharmazie im Wintersemester 2013/14 auf 1:86 – nach 1:101 im Wintersemester 2012/13 – verbessert werden. Im Fachbereich Wirtschaft kamen im Wintersemester 2013/14 nur noch 125 Studierende auf einen Lehrenden, ein Jahr davor war der Schlüssel noch bei 1:171 gelegen. Mitterlehners Ziel ist es, die Frage der Studienplatzfinanzierung in irgendeiner Form in die nächste Leistungsvereinbarung mit den Universitäten miteinzubeziehen. Auch das Thema Auslandssemester soll bei den Verhandlungen zur Leistungsvereinbarung zur Sprache kommen, um dessen Akzeptanz zu erhöhen.

Die Belastung der österreichischen Universitäten durch ausländische Studierende wurde unter anderem von den Abgeordneten Andrea Kunzl (S), Rouven Ertlschweiger (T), Wolfgang Zinggl (G) und Gerhard Deimek (F) angeschnitten. Mitterlehner will das Thema weiter auf europäischer Ebene diskutieren, er ist aber wenig zuversichtlich, dass sich das Herkunftslandprinzip – Zulassung zu einem Studium nur, wenn man im Heimatland zugelassen ist – oder Ausgleichszahlungen durchsetzen lassen. Die Situation hat sich nach Meinung des Ministers etwas entschärft, weil die starken Jahrgänge aus Deutschland bewältigt sind, angesichts des drohenden Ärztemangels in Österreich sieht er es allerdings nach wie vor als Problem, dass ein wesentlicher Teil der MedizinstudentInnen an österreichischen Universitäten nicht in Österreich bleiben will.

Gegenüber Abgeordneter Katherina Kucharowits (S) sicherte Mitterlehner zu, dass im Zuge der bevorstehenden Anhebung der Familienbeihilfe auch die Studienbeihilferegelung angepasst wird. Es werde nicht dazu kommen, dass aufgrund einer höheren Familienbeihilfe die Studienbeihilfe gekürzt werde, betonte er.

Um mehr private Investoren für Kooperationen mit Universitäten und Forschungseinrichtungen zu gewinnen, kann sich Mitterlehner eine Anpassung des österreichischen an das deutsche Stiftungsrecht vorstellen. Das Erasmus-Programm wurde ausgeweitet und verbessert, hielt er gegenüber den Abgeordneten Asdin El Habbassi (V) und Harry Buchmayr (S) fest. Der Bauleitplan Süd zur Sanierung von Universitäten werde, was die Prioritäten betrifft, nicht verändert, die Einhaltung des Zeitplans hänge aber von den zur Verfügung stehenden Mitteln ab.

Dem von den beiden FPÖ-Abgeordneten Gernot Darmann und Andreas Karlsböck geäußerten Verdacht, die Österreichische Hochschülerschaft habe für Demo-Busse und Demo-Workshops Fördergelder missbraucht, will Mitterlehner nachgehen. Gesetze und Verordnungen müssten eingehalten werden, meinte er, grundsätzlich sehe er es aber nicht als Aufgabe der Aufsichtsbehörde, sich inhaltlich in die Tätigkeit der ÖH einzumischen. Diese sei als Selbstverwaltungskörper autonom und weisungsfrei. Ähnlich sieht er die Sachlage auch beim heftig kritisierten Gehalt des Facultas-Geschäftsführers. (Fortsetzung Wissenschaftsausschuss) gs