Parlamentskorrespondenz Nr. 144 vom 25.02.2014

Gesetzesvorschläge der Opposition beschäftigen Nationalrat

Themen: Finanzen, Bildung, Soziales, Verfassung und Verkehr

Wien (PK) - Insgesamt acht Gesetzesanträge von den Freiheitlichen, den Grünen und den NEOS zu verschiedensten Themenbereichen wurden im Rahmen von Ersten Lesungen in der heutigen Nationalratssitzung behandelt. Geht es nach der FPÖ, soll der Verfassungsgerichtshof (VfGH) Staatsverträge schon vor ihrer Kundmachung im Bundesgesetzblatt auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen können (79/A). Damit wollen die Abgeordneten Harald Stefan und Gernot Darmann eine in ihren Augen bestehende Rechtslücke schließen. In einem weiteren Gesetzesantrag treten FPÖ-Mandatare für die pensionsrechtliche Besserstellung von Zeitsoldaten ein (175/A).

Auf eine Änderung des Bundesstraßen-Mautgesetzes drängen wiederum die Grünen in einem Antrag, da ihrer Ansicht nach die derzeitige Rechtslage keine ausreichende Handhabe bietet, um auf Probleme, die regional durch den Ausweichverkehr bei Mautstrecken entstehen, flexibel reagieren zu können (115/A). Vertreter der Grünen haben zudem einen Entwurf für ein Mindestlohngesetz vorgelegt, in dem ein Mindestentgelt von 8,50 € pro Arbeitsstunde gefordert wird (144/A). Ein dritter Antrag der Grünen Fraktion zielt auf die Einführung eines Jahresarbeitszeitmodells für alle Lehrerinnen und Lehrer ab (145/A). Abgeordneter Harald Walser schlägt vor, dass für alle PädagogInnen eine Jahresnorm von 1.776 Stunden gelten soll, die sich ab dem 26. anrechenbaren Dienstjahr um 40 Stunden auf 1.736 Stunden reduziert.

Im Mittelpunkt der Initiativen der NEOS steht u.a. die Forderung nach einer Gleichstellung von Privatschulen staatlich anerkannter Volksgruppen mit konfessionellen Privatschulen (80/A), vor allem was die Bezahlung des Personals angeht. Den Finanzsektor betreffen zwei weitere Anträge der NEOS; zum einen drängen sie auf ein früheres Auslaufen der Gesellschaftssteuer (mit Ende 2014 statt Ende 2015), zum anderen auf die Abschaffung der Mindeststeuerpflicht für Kapitalgesellschaften mit Ende dieses Jahres (207/A und 208/A). Die Anträge wurden den entsprechenden Fachausschüssen zugewiesen.

FPÖ-Initiativen zur Prüfung von Staatsverträgen und Pensionsrecht für Zeitsoldaten

Gernot Darmann (F) sah die Forderung seiner Fraktion zur Vorabprüfung von Staatsverträgen durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) auf einer Linie mit der Meinung hochrangiger Verfassungsexperten wie dem VfGH-Präsidenten und dem Bundespräsidenten. Die anderen Parteien bekundeten ebenso, ausgeräumt werden müsse das Problem, vor das völkerrechtlich bindende aber verfassungswidrige Abkommen die Republik stellen. Albert Steinhauser (G) warnte, nach der jetzigen Rechtslage tappe Österreich leicht in eine "Verfassungsfalle". Peter Wittmann (S), Johannes Schmuckenschlager (V) und Nikolaus Scherak (N) verbanden ihre zustimmenden Anmerkungen lediglich mit dem Hinweis, es sei noch umfassend zu diskutieren, wie eine Beauftragung des VfGH mit einer Prüfung von Staatsverträgen vor deren Kundmachung im Detail aussehen sollte. Der Verfassungsausschuss wird den Gesetzesentwurf eingehend behandeln.

An den Verfassungsausschuss ging auch der FPÖ-Antrag auf komplette Pensionsabgeltung für Zeitsoldaten der 1980er und 1990er Jahre. Die im vormals für Zeitsoldaten dienstrechtlich vorgesehene Deckelung der Ansprüche auf 30 Beitragsmonate sei aufzuheben, erläuterte Mario Kunasek (F). Den Tausenden von betroffenen Personen, die längeren Dienst geleistet haben, seien somit im vollen Zeitumfang Pensionsleistungen zuzugestehen. Judith Schwentner (G) und Christoph Vavrik (N) verlangten ebenso, die bestehende Ungerechtigkeit durch Nicht-Anrechnung von Beitragszeiten müsse aus der Welt geschafft werden, gerade auch für jene früheren Zeitsoldaten, die in die Privatwirtschaft gewechselt sind. Bernd Schönegger (V) vertraute dabei auf eine sozialpartnerschaftliche Lösung unter Einbeziehung von Verteidigungs- und Sozialministerium. Otto Pendl (S) führte dagegen den derzeitigen Spardruck aller Ressorts ins Treffen. Abgesehen davon widersprächen fachspezifische Regelungen der ständigen Forderung nach einem einheitlichen Pensionsrecht, befand er.

Grüner Vorstoß zu Mautstrecken sowie…

Die akute Problematik des Ausweichverkehrs in Kufstein nahmen die Grünen zum Anlass, eine Verbesserung des bestehenden Vignettensystems in Österreich einzufordern. In einem Gesetzesvorschlag regt Georg Willi (G) eine temporäre Unterlassung der Vignetten-Kontrollen auf bestimmten Abschnitten der Autobahnen an. Besondere örtliche Verhältnisse wie im Fall Kufstein seien hier zu beachten, so Willi. Rückhalt bekam der Antragsteller von Carmen Gartelgruber (F) und Christoph Hagen (T). Dem Protest gegen das erhöhte Verkehrsaufkommen in Kufstein hätten sich lokale Vertreter unterschiedlicher Parteien angeschlossen, berichtete Gartelgruber. Hagen umriss mehrere Vorschläge zur Sonderbemautung für Autobahnabschnitte in Nadelöhr-Lage. Vorsichtig näherten sich die Regierungsparteien dem Grünen-Vorschlag. Johann Hell (S) und Andreas Ottenschläger (V) gaben zu bedenken, Ausnahmeregelungen zögen oft zahlreiche Folgeforderungen nach sich. Der Antrag wurde dem Verkehrsausschuss zugewiesen.

…zu Mindestlohn und LehrerInnen-Arbeitszeit

Ob Österreich einen gesetzlichen Mindestlohn benötigt, damit wird sich der Ausschuss für Arbeit und Soziales weiter beschäftigen. Im Plenum fanden die Grünen für ihr Mindestlohnmodell einzig bei der FPÖ Befürwortung. SPÖ, ÖVP, Team Stronach und NEOS verwiesen auf das österreichische System der Sozialpartnerschaft, das branchenspezifische Kollektivverträge in bewährter Praxis ausverhandle. Dietmar Keck (S) und Angela Fichtinger (V) meinten, vorgeschriebene Mindestlöhne würden den autonomen Verhandlungen zwischen ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen entgegenstehen; die ÖVP-Abgeordnete befürchtete zudem vermehrte Abwanderung von Unternehmen, falls die Politik zu hohe Löhne vorschreibt. Marcus Franz (T) warnte ebenso wie Gerald Loacker (N) vor einem Schaden für das Sozialsystem bei Einführung eines fixierten Mindestlohns. Dem Argument der Antragstellerin Birgit Schatz (G), mit gesetzlich abgesicherten Löhnen von stündlich 8,50 € werde die Konsumleistung deutlich erhöht, was neue Arbeitsplätze schaffe, konnte Loacker nichts abgewinnen. Höhere Löhne würden keineswegs automatisch eine verstärkte Inlandsnachfrage ergeben, wandte er ein. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) allerdings richtete den Mindestlohn-Gegnern aus, die Politik habe sehr wohl einzugreifen, wenn die Lohnverhandlungen der Sozialpartner zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis führen.

Wie kontrovers das bereits beschlossene neue LehrerInnendienstrecht immer noch diskutiert wird, zeigte sich heute bei der Debatte zum Grünen-Gesetzesantrag auf ein Jahresarbeitszeitmodell für PädagogInnen. Antragsteller Harald Walser (G) und NEOS-Klubobmann Matthias Strolz betonten, ein wirklich modernes Dienstrecht für Lehrkräfte müsse ausreichend Raum für schulautonome Schwerpunktsetzungen bieten. Der Fokus sei von reinen Unterrichtsstunden auf innovative pädagogische Formate wie Projektunterricht oder Exkursionen zu richten, skizzierte Walser seine Vorstellung. Für Strolz hat die Politik den Schulen nur fixe Rahmenbedingungen vorzugeben, innerhalb derer sie den Raum zur freien Gestaltung haben. Marcus Franz (T) wollte gemeinsam mit den LehrerInnen ein neues Dienstzeit- und Ferienmodell entwickelt wissen, das dem 21. Jahrhundert gerecht wird. Seitens der Koalitionsparteien versicherten Marianne Gusenbauer-Jäger (S) und Wolfgang Gerstl (V), Evaluierungen des im Vorjahr beschlossenen LehrerInnendienstrechts seien geplant. Gusenbauer-Jäger legte aber Wert darauf, die Verbesserungen für LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern durch das neue Dienstrecht anzuerkennen, immerhin stelle es einen Meilenstein im Bildungssystem dar.

NEOS-Anträge zur Unterstützung von Volksgruppen-Privatschulen und…

Einig über den Wert mehrsprachiger Bildung waren die RednerInnen bei der Diskussion über einen NEOS-Antrag, mit dem Privatschulen österreichischer Volksgruppen eine Subventionierung durch den Bund erhalten sollen. Tatsächliche Gleichstellung konfessioneller und anderer Privatschulen ergebe sich daraus zwar nicht, räumte Antragstellerin Angelika Rosa Mlinar (N) ein. Man reagiere damit jedoch auf die Kritik des Europarats, Österreich diskriminiere entgegen internationaler Abkommen Schulen mit Muttersprachenunterricht heimischer Minderheiten. Generell, hielt sie fest, sei Mehrsprachigkeit eine der wichtigsten Kompetenzen in Zeiten der Globalisierung und gehöre dementsprechend gefördert. Letztendlich würden auch immer mehr deutschsprachige Eltern eine mehrsprachige Ausbildung ihrer Kinder wünschen, bekräftigte Franz Kirchgatterer (S), der sich namens der Sozialdemokratie zur Unterstützung der Volksgruppen bekannte.

ÖVP-Mandatar Nikolaus Berlakovich unterstrich ebenfalls, der Bildungssektor sei für den Schutz von Volksgruppen von zentraler Bedeutung. Ungeachtet dessen ortete er im diskutierten Vorschlag der NEOS die Gefahr, zusätzliche Kosten könnten auf den Bund abgewälzt werden, obwohl hier die Verantwortung bei den Ländern liege. Auf die Kostenfrage konzentrierte sich der Freiheitliche Wendelin Mölzer. In seinen Augen muss das Fördersystem nicht-konfessioneller Privatschulen grundsätzlich breiter aufgestellt werden. Für eine Neuordnung der Mittelverteilung an Privatschulen machte sich schließlich Harald Walser (G) stark, um Förderungen vom Bund transparent und gerecht aufzuteilen und nicht-konfessionelle Privatschulen mit konfessionellen wirklich gleichzustellen. Der Antrag wird im Verfassungsausschuss noch genauer debattiert.

…Abschaffung von Gesellschaftssteuer und Mindest-KÖST mit Ende 2014

Die Forderung der NEOS nach einem vorzeitigen Aus für die Gesellschaftssteuer und nach einer Abschaffung der Mindestkörperschaftssteuer wurde in der Debatte von Abgeordnetem Nikolaus Alm bekräftigt. Er appellierte an die Regierungsparteien, kleinen Unternehmen nicht weiter das Leben schwer zu machen. Die steigende Mindest-Köst könnte seiner Meinung nach gerade für junge GmbHs zu einem Problem werden.

Bei den Regierungsparteien stieß Alm allerdings auf wenig Zustimmung. So sieht etwa Abgeordneter Hubert Kuzdas (S) hinsichtlich der Abschaffung der Mindest-Köst keinen Handlungsbedarf. An der Mindestkörperschaftssteuer gehe kein Unternehmen zugrunde, ist er überzeugt. Norbert Sieber (V) machte geltend, dass es sich bei der Mindest-Köst lediglich um eine Art Steuervorauszahlung handelt. Anfallende Verluste würden in den Folgejahren berücksichtigt. Durch das neue Gründungsprivileg für GmbHs würden in den ersten Unternehmensjahren überdies nur 500 € bzw. 1.000 € Mindest-Köst anfallen. Siebers Fraktionskollege Andreas Hanger wies darauf hin, dass die Gesellschaftssteuer ohnehin mit 1. Jänner 2016 abgeschafft werde. Oberstes Ziel muss seiner Meinung nach zudem ein ausgeglichener Haushalt im Jahr 2016 sein. Er sieht daher derzeit wenig Spielraum für Steuersenkungen. Abgeordneter Hermann Lipitsch (S) erklärte, ihm seien zusätzliche Fördermittel für den Arbeitsmarkt wichtiger als ein vorzeitiges Aus für die Gesellschaftssteuer. Beide Anträge wurden dem Finanzausschuss zugewiesen. (Fortsetzung Nationalrat) rei/gs