Parlamentskorrespondenz Nr. 314 vom 10.04.2014

Niessl: Bundesrat soll Vetorecht bei Finanzausgleich haben

Balance zwischen zentralistischen Notwendigkeiten und föderalistischen Zweckmäßigkeiten herstellen

Wien (PK) – Es ist wichtig, Mitglied einer großen Gemeinschaft, der EU zu sein, betonte Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl bei seiner Erklärung "Starke Regionen - unsere Zukunft", dem Motto seiner Vorsitzführung in der Landeshauptleutekonferenz, im Bundesrat. Er erinnerte daran, dass sich das Burgenland seit dem Fall des Eisernen Vorhangs vor 25 Jahren von einer Grenzregion zur Vorzeigeregion im Herzen eines neuen Europas entwickelt hat.

Sorgen macht Niessl der Konflikt in der Ukraine. "Manche sagen, die Ukraine ist weit weg. Das berührt uns nicht. Tatsache ist aber, dass die Entfernung zwischen Eisenstadt und Uzhhorod an der Grenze der Ukraine nur 555 km beträgt. Nach Bregenz sind es 672 km", so Niessl. Vor dem Hintergrund dieser internationalen Krise sei auch die große Bedeutung der EU für die Sicherheit und als Friedensprojekt zu sehen. Nicht hinnehmen dürfe man aber die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa, eine Ausbildungspflicht wäre eine gute Strategie dagegen.

Allgemein konnten Dank EU-Förderungen in den Regionen zwar Arbeitsplätze entstehen und der Export angekurbelt werden, aber als kritisch bezeichnet der burgenländische Landeshauptmann die Überregulierung, die auch die Regionen betreffe und in diesem Ausmaß nicht notwendig sei. Er wünscht sich nicht die Vereinigten Staaten von Europa, sondern ein Europa der Regionen und diese Regionen sollten entsprechende Kompetenzen haben und ihre VertreterInnen einerseits im Bundesrat und andererseits in den Gremien der EU vertreten sein. Der Ausschuss der Regionen müsse aufgewertet werden.

Zweckbindung der Wohnbauförderung wieder einführen

Als Beispiel für Abstimmungsbedarf zwischen Bund und Ländern nannte Niessl die Wohnbauförderung. Um der weiteren Verknappung von Wohnraum entgegenzuwirken, sollte die Zweckbindung der Wohnbauförderung wieder eingeführt werden. Ebenso sollte es möglich sein, auch soziale Einrichtungen oder Bildungsinstitutionen mit Wohnbauförderung zu errichten.

Stolz zeigte sich Niessl auf die Energiewende im Burgenland, mit der 2013 ein europaweit historisches Ziel erreicht werden konnte. Dieser Weg zur Stromautarkie durch Windkraft, Biomasse und Photovoltaik, die mehr Strom liefern als im Burgenland verbraucht werde, sei für ganz Europa einzigartig und ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Auch Umweltschutzorganisationen wurden bei den Planungen einbezogen, betonte Niessl. 2014 soll der Ausbau weitergehen und dabei noch mehr

Green Jobs geschaffen werden. Beim Thema Energie habe das Burgenland erst vor wenigen Tagen bewiesen, dass starke, selbstbewusste Regionen auch auf EU-Ebene "aufzeigen" können. Im EU-Ausschuss der Regionen wurde einstimmig eine burgenländische Stellungnahme zum Thema "Leistbare Energie für alle" beschlossen. Darin werden Wege aus der steigenden "Energiearmut" in Europa aufgezeigt, die sich an der erfolgreichen Energiewende im Burgenland orientieren, verdeutlichte Niessl.

Regionalität als Erfolgsrezept für die Zukunft

Allgemein sieht der Landeshauptmann des Burgenlands die Regionalität als Erfolgsrezept für die Zukunft. Regionalität sei wichtig für Lebensqualität, bedeute Bürgernähe und habe viel zum Aufstieg aller Bundesländer beigetragen. Niessl betonte, dass  mehr Zentralismus, wie oft gefordert werde, nicht automatisch Einsparungen bringe. Auch seien die Länder nicht die Bremser einer Verwaltungsreform, wie immer wieder gerne gesagt werde, sondern immer bereit für Reformen. "Wir haben in der Vergangenheit Reformen für mehr Sparsamkeit und Effizienz umgesetzt. Das werden wir auch in der Zukunft tun, aber wir werden keinen Reformen zustimmen, die zu Lasten der BürgerInnen und SteuerzahlerInnen gehen", stellte Niessl klar und wies darauf hin, dass es besonders in den Bereichen Gesundheit, Bildung oder Sicherheit keine Verschlechterungen geben dürfe. Hier seien Angebote in der Nähe der Wohnorte notwendig.

Klar trat Hans Niessl für die Stärkung und Aufwertung des Bundesrats als Interessensvertretung der einzelnen Bundesländer ein und betonte das Subsidiaritätsprinzip. Der Bundesrat sollte gerade in jenen Bereichen aufgewertet werden, in denen es um wichtige Entscheidungen wie etwa den Finanzausgleich gehe. Ein neuer Finanzausgleich sollte - wenn er nicht den Vorstellungen der Länder entspricht - durch ein Vetorecht des Bundesrates verhindert werden können. Niessl sprach sich aber gegen eine Steuerhoheit der Länder aus, weil diese zu neun verschiedenen Steuersystemen führen würde. Für ihn ist der Bundesrat der föderale Gegenpol zum Parlament, wo es in vielen Bereichen starke zentralistische Tendenzen gebe. Die Balance herzustellen zwischen zentralistischen Notwendigkeiten und föderalistischen Zweckmäßigkeiten soll in Zukunft eine wichtige Aufgabe des Bundesrates sein.

Das Burgenland werde in Zukunft noch mehr auf Forschung und Entwicklung setzen und die Internationalisierung seiner Wirtschaft vorantreiben. Ein klares Bekenntnis gab der Landeshauptmann auch für die Schaffung von leistbarem Wohnraum für Junge und die Förderung des öffentlichen Verkehrs ab.

Das deutliche Eintreten von Landeshauptmann Hans Niessl für einen starken Bundesrat wurde von allen RednerInnen sehr begrüßt. Inge Posch-Gruska (S/B) sieht die Arbeit des Bundesrat auch als gelebte Bürgernähe und sprach sich für weitere effiziente Kooperationen der Bundesländer aus. Die Kombination von Ökonomie, Ökologie und sozialer Verantwortung sei besonders auf Länderebene möglich und trotz Finanzkrise müsse gezielt in Bildung und Soziales investiert werden. Walter Temmel von der ÖVP aus dem Burgenland betonte, dass sich das Burgenland mit Hilfe von Förderungen von EU und Bund zu einem Vorzeigebundesland entwickelt habe und auch ein Beispiel für das Zusammenleben verschiedener Volksgruppen sei.

Kritischer zeigte sich der Niederösterreicher Werner Herbert von der FPÖ. Trotz insgesamt positiver Entwicklung der Regionen gebe es etliche Probleme: Die Gemeinde hätten Löcher in ihren Budgets und die Errichtung von Shoppingcentern am Ortsrand führe zur Verödung der Ortskerne. Er warnte auch vor einer Ausdünnung der sozialen Infrastruktur und kritisierte die Schließung von Polizeiposten. Die Salzburger Grüne Heidelinde Reiter setzte sich für den Ausbau von Kooperationen zwischen den Ländern und auf EU-Ebene ein. Zur von Landeshauptmann Niessl angesprochenen Überregulierung sagte sie, es müsse eine Balance zwischen dem Gestaltungsspielraum vor Ort und einer übergeordneten Regulierung geben. Je nach Bundesland unterschiedliche Gesetze etwa im Umweltbereich seien keine Option. Bei den Verhandlungen zum Finanzausgleich wünscht sie sich neben lokaler Beteiligung ebenfalls die Einbindung des Bundesrats. (Fortsetzung Bundesrat) hlf


Format