Parlamentskorrespondenz Nr. 316 vom 10.04.2014

Parlamentarische Bundesheerkommission schlägt Alarm

Seledec: Das Geld fehlt an allen Ecken und Enden

Wien (PK) – Der Boden des Fasses sei nicht bloß erreicht, sondern bereits durchgeschlagen. Wenn die Mittel nicht wesentlich erhöht werden, dann werde das Bundesheer so nicht weiter existieren können. Mit drastischen Worten und großer Sorge umschrieb der Amtsführende Vorsitzende der Parlamentarischen Bundesheerkommission Walter Seledec heute die aktuelle Situation des Bundesheers anlässlich der Präsentation des Jahresbericht 2013 im Parlament. Gemeinsam mit den Präsidiumsmitgliedern Anton Gaal und Paul Kiss richtete er einen eindringlichen Appell an die Politik, die budgetäre Dotierung des Bundesheers zu verbessern, und warnte, derzeit fehle das Geld an allen Ecken und Enden, so könne es nicht weitergehen.

Seledec prangert "unglaubliche" Zustände an

Das klare Ergebnis der Volksbefragung vom 20. Jänner 2013 sollte auch ein klarer Auftrag an die Politik sein, unterstrich Seledec, konnte aber keinerlei Anzeichen in diese Richtung erkennen. Geld für das Bundesheer sei einfach nicht vorhanden, die Rücklagen seien so gut wie verbraucht. Parameter, die eine positive Trendumkehr erwarten lassen, gebe es nicht. Vielmehr sei bei den anstehenden Budgetverhandlungen mit weiteren Kürzungen zu rechnen, fürchtete er.

Die Soldatinnen und Soldaten und das Kaderpersonal bemühen sich in aufopfernder Weise, den Apparat am Leben zu halten, angesichts der prekären finanziellen Situation herrschen beim Heer aber "unglaubliche" Zustände, schlug Seledec Alarm. Wo man hinblickt, mangelt es. Die Fahrzeuge sind 30 Jahre alt, Truppentransport muss angemietet werden, Sanitätsstationen erinnern an Feldspitäler aus dem Jahr 1914, es gibt Unterkünfte mit 40 Mann pro Zimmer, nach 16 Uhr erhalten die SoldatInnen nur noch Kaltverpflegung, die Maßnahmen zur versprochenen Attraktivierung des Grundwehrdienstes können wegen  der angespannten Budgetlage bis jetzt noch nicht umgesetzt werden. Die Liste der von Seledec angeprangerten Missstände war lang.

Wo bleibt der Aufschrei der Öffentlichkeit ?

Dem Verteidigungsminister attestierte Seledec, sich der Lage bewusst zu sein. Klug sei gesprächsbereit und leiste gute Arbeit, er werde aber weder von der Politik noch von der Öffentlichkeit und den Medien unterstützt, die in der Lage offensichtlich keinen Grund für einen Aufschrei sehen. Dabei stehe Österreich, was die Zukunft des Heeres betrifft, vor einer Grundsatzfrage. Wenn man die budgetäre Situation nicht wesentlich verbessert, werde das Bundesheer in dieser Form nicht weiter bestehen können, war Seledec überzeugt.

Auch den rückläufigen Trend bei der Zahl der Beschwerdefälle beim Bundesheer interpretierte Seledec als Ausdruck der prekären Lage. Den SoldatInnen gehe es nicht mehr um "Kleinigkeiten", vielmehr herrsche die "nackte Angst". Man fürchte um die Zukunft einzelner Kasernenstandorte, sorge sich um den Arbeitsplatz und die Existenz und wisse nicht, wie es mit dem Bundesheer weitergeht.

Gaal führt budgetären Engpass auf Eurofighter-Kauf zurück

Ohne entsprechende Aufstockung der Mittel werde das Bundesheer in den nächsten Jahren nicht überleben können, teilte Anton Gaal die Sorgen des Amtsführenden Vorsitzenden. Wenn wir uns das Heer leisten wollen, das wir brauchen, dann müssen wir ein Verteidigungsbudget mit einem Anteil von 1 % des BIP anstreben, stand für den ehemaligen Wehrsprecher der Sozialdemokraten fest. Gaal sprach von einer aussichtslosen Situation, wobei er die finanziellen Engpässe vor allem auf den Kauf der Eurofighter zurückführte. Diese Kampfflugzeuge brauche niemand, sie seien die teuerste finanzielle Fehlentscheidung der Zweiten Republik gewesen. Es wäre an der Zeit, endlich den Mut aufzubringen, diese sündteuren Systeme zu hinterfragen.

Aufgrund der budgetären Gegebenheiten sei die Unzufriedenheit im Bundesheer so groß wie nie zuvor, klagte Gaal weiters und forderte vor allem eine zeitgemäße Unterbringung und Ausrüstung der SoldatInnen. Außer Streit stand für ihn dabei die Verpflichtung der Republik, dem Bundesheer mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, damit die Truppe ihre verfassungsmäßigen Aufgaben erfüllen kann.

Kiss: Umgang der Republik mit dem Bundesheer ist eine "Schande"

Es sei eine "Schande", wie die Republik in vielen Bereichen mit dem Bundesheer umgehe. Die Grundwehrdiener seien angesichts ihrer niedrigen Bezahlung nichts anderes als "Lohnsklaven" und würden mit Einrichtungen konfrontiert, die jeder Beschreibung spotten. Paul Kiss schloss sich mit seinem Befund nahtlos an die Kritik seiner Präsidiumskollegen an. Manches sei in falsche Bereiche investiert worden, man habe Geld vergeudet, stand auch für den ehemaligen ÖVP-Mandatar fest.

Kiss sah aber auch Positives. So sei die Anzahl der Beschwerdefälle rückläufig, in Bezug auf Menschenführung und Ausbildung habe man entscheidende Verbesserungen erreicht. Menschenverachtende Vorfälle, wie sie noch vor einigen Jahren immer wieder kritisiert wurden, gebe es heute in dieser Dichte definitiv nicht mehr. Kiss führte dies auch auf die Tätigkeit der Bundesheerkommission zurück und zog den Schluss, in manchen Bereichen habe steter Tropfen den Stein gehöhlt. (Schluss) hof