Parlamentskorrespondenz Nr. 462 vom 21.05.2014

Budget 2014 und 2015 im Nationalrat: Standpunkte bleiben verhärtet

Gegenseitige Vorwürfe von Regierungsparteien und Opposition

Wien (PK) – Die weitere Debatte in der heutigen Sitzung des Nationalrats brachte keine Annäherung der Standpunkte. Die Opposition blieb bei ihrem Vorwurf, die Regierung habe falsche Zahlen vorgelegt, die Regierungsparteien bekräftigten, man werde die Strukturreformen weiterführen und leite mit den Budgets für 2014 und 2015 eine Trendwende zum strukturellen Nulldefizit ein.

SPÖ: Steuerreform mit Gegenfinanzierung soll spätestens 2016 wirksam werden

Kai Jan Krainer (S) warf insbesondere den Freiheitlichen vor, immer dieselben Argumente vorzubringen und vor allem mit unrichtigen Zahlen zu agieren. Sie haben wohl auch vergessen, dass ein "blauer" Finanzminister für die höchste Steuer- und Abgabenquote, die es je gab, verantwortlich war (2001: 44,9 %), rief er der Oppositionspartei entgegen. Derzeit betrage sie 43,8 %, wobei eine kontinuierliche Absenkung bis zum Jahr 2018 angestrebt werde. Krainer räumte ein, dass die Besteuerung auf Arbeit in Österreich sehr hoch ausfalle, da rangiere man in Europa unter den Top 5. Da gleichzeitig die Abgaben auf Vermögen und Kapital niedrig sind, trete er dafür ein, dieser Entwicklung noch mehr entgegenzusteuern. Erste Schritte seien bereits in Richtung mehr Steuergerechtigkeit gesetzt worden, weitere müssten aber noch folgen. Die SPÖ trete daher für eine Steuerreform mit einer Gegenfinanzierung ein, die u.a. eine Senkung des Eingangssteuersatzes auf 25 % vorsieht, und die spätestens Anfang 2016 in Kraft treten soll.

ÖVP: Stabile Finanzen und Schuldenabbau sind Garant für Wohlstand und positive Zukunft

Dorothea Schittenhelm (V) war überzeugt davon, dass die Beteiligung der ÖVP an den Regierungen in den letzten Jahrzehnten einen wesentlichen Einfluss auf die positive Entwicklung des Landes gehabt hat. Sie verwies dabei auf Erfolge in der Gesundheits-, Sozial- und Bildungspolitik oder bei der Verkehrsinfrastruktur. Außerdem sei allen BürgerInnen zu danken, die es durch ihren Fleiß erst ermöglichen, dass ihre Steuern sinnvoll eingesetzt werden können. Damit auch ihre Kinder und Enkelkinder in einem prosperierenden Land leben können, sei es wichtig, die Schulden weiter abzubauen, unterstrich sie. Ein besonderes Anliegen war ihr das Frauenbudget, aus dem u.a. die Gewaltschutzzentren und wichtige Beratungsangebote finanziert werden können. Ihre Klubkollegin Beatrix Karl (V) konzentrierte sich wiederum auf die Bereiche Wissenschaft und Forschung sowie auf Effizienzsteigerungsmaßnahmen im Justizsystem.

FPÖ: Keine Antworten auf Rekordverschuldung, Rekordarmut und hohe Arbeitslosigkeit

Enttäuscht von den Ausführungen Faymanns zeigte sich Harald Vilimsky (F). Er bezeichnete die Ausführungen des Kanzlers   als "Wassersuppe". Vom Chef des Landes hätte er sich erwartet, dass er angesichts der negativen Rekordwerte in Bezug auf Arbeitslosigkeit, Armut und Insolvenzen ein mutiges Impulsprogramm mit echten Reformen präsentiert, das Antwort auf die zahlreichen ungelösten Probleme gibt. Aber auch die ÖVP, die seit 28 Jahren an der Regierung sei und immer von Wirtschaftsbelebung und Schuldenreduktion rede, trage Mitverantwortung dafür, dass die BürgerInnen mittlerweile unter einer der höchsten Abgabenquote in Europa zu leiden haben. Sein Fraktionskollege Herbert Kickl (F) war überzeugt davon, dass es bald wieder Nachschussbedarf geben werde, da viele Ansätze im Budget – etwa bei den Pensionen – nicht halten werden. Von einem Ende der Belastungen bzw. einer Trendumkehr könne daher keine Rede sein, sagte Kickl. Besonders bedauerlich sei, dass die Familien wieder einmal "abgestraft werden", obwohl viele bereits von Armut bedroht sind, so der Freiheitliche.

Grüne verärgert über falsche Zahlen und mangelhafte Information durch Finanzminister

Die "Budgetlüge" sei mittlerweile zur schlechten Tradition geworden, urteilte Werner Kogler (G), da für manche Posten einfach falsche Ansätze genommen werden. Als Beispiel führte der G-Mandatar an, dass etwa für das Hypo-Desaster und die "Bankenlöcher" lächerliche 133 Mio. € veranschlagt wurden, obwohl man in Wahrheit wissen müsse, dass das Zehnfache davon schlagend werde. Und wenn man heuer 300 Mio. € mehr Einnahmen aus der Lohn- und Einkommenssteuer erwartet, warum wird das dann nicht ins Budget hineingeschrieben und auch nicht der EU mitgeteilt, fragte sich Kogler. Auch wenn der Vergleich gefährlich sei, aber die Tatsache, dass falsche Zahlen nach Brüssel geschickt werden, erinnere ihn an Griechenland.

Auch Bruno Rossmann (G) ging auf den Hypo-Skandal ein, der in Kärnten seinen Ausgang nahm. Es seien aber dann zwei ÖVP-Finanzminister dafür verantwortlich, dass nach der Notverstaatlichung Lösungen verschleppt worden sind, was zu enormen Kosten geführt hat, stellte er fest. Generell bezweifelte Rossmann, dass mit diesen Budgets eine Trendwende eingeleitet wird. Er schließe sich diesbezüglich der Meinung des renommierten Ökonomen Kurt Bayer an, der u.a. von konjunkturell verfehlten Budgets der versäumten Möglichkeiten spricht und die Fortsetzung der falschen Krisenpolitik der EU, die einseitig die Konsolidierung vor andere wichtige Ziele der Budgetpolitik stellt, kritisiert. Besonderes ärgerte sich Rossmann über die Informationspolitik des Finanzministers, der den Nationalrat nicht von sich aus über den Brief an die EU und dessen Inhalte in Kenntnis gesetzt habe. Aus diesem Grund stelle seine Fraktion auch den Antrag, dem Finanzminister das Vertrauen zu entsagen. Schließlich trat er noch mit Nachdruck für eine Vermögensbesteuerung ein, damit diejenigen SteuerzahlerInnen, die für die guten Ergebnisse in den letzten Jahren gesorgt haben, endlich eine Entlastung erfahren.

Team Stronach fordert Steuerreform

Georg Vetter (T) war der Auffassung, dass die Steuerlast und die damit zusammenhängende Bürokratie inzwischen unzumutbare Ausmaße erreicht haben. Inzwischen werde zum Beispiel der Akt des Firmenbuchs schon vor der Eintragung einer GmbH an die Steuerbehörde geschickt, um stichprobenartige Überprüfungen durchführen zu können, zeigte der Redner auf. Es sei daher nicht verwunderlich, wenn der Unternehmergeist in Österreich nicht sehr ausgeprägt ist und wenn sowohl Kapital als auch Intelligenz das Land verlassen. Wenn schon verschiedene Konzerne öffentlich über ein Abwandern nachdenken, dann sollte die Bundesregierung endlich einmal reagieren, forderte Vetter. Auch das vorgelegte Doppelbudget gebe wenig Anlass zu Hoffnung, da keine Steuerreform ohne Gegenfinanzierung enthalten sei. Er habe daher den Eindruck, dass der "Karren gegen die Wand gefahren" wird.

Koalitionsparteien wie Opposition für Strukturreformen

In der weiteren Debatte stellte Johannes Jarolim (S) fest, Österreich weise gute wirtschaftliche Daten auf, das sei nicht zuletzt ein Resultat der Wirtschaftspolitik der Regierung. Die nächsten Schritte müssten die Weiterentwicklung der Steuerreform und die Entlastung der Lohnsteuerzahlenden sein. Der kritisierte Brief des Finanzministers stelle auch in Aussicht, den Steuerbetrug stärker zu bestrafen, eine Maßnahme, die er ausdrücklich begrüße. Das Budget sei auch mit der Bewältigung des Hypo-Debakels belastet, das die Kärntner Freiheitlichen zu verantworten hätten, stellten Jarolim und Elmar Mayer fest (S). Niemand wolle den Rechnungshof aushungern, sagte Mayer, ab 2017 brauche er zusätzliche Mittel. Notwendig sei es, schnell die Voraussetzungen für eine Steuerreform zu schaffen. SPÖ-Mandatar Otto Pendl plädierte für eine sachliche Diskussion und konzentrierte sich in seiner Rede vor allem auf den Sicherheitsbereich. Peter Wittmann (S) meinte, der Blick aus dem Ausland zeige, wie gut Österreich mit vielen Eckdaten dastehe. Der Budgetvollzug sei Jahr für Jahr besser als vorhergesehen. Es sei daher nicht gerechtfertigt, Vergleiche mit Griechenland anzustellen.

Werner Amon (V) bemerkte, sicherlich gebe es viele Wünsche ans Budget, aber letztlich müsse man Kompromisse finden. Die Opposition schaffe es hingegen nicht, Alternativen aufzuzeigen, sie erhebe nur Forderungen, die sich nicht rechnen würden. Auch Wolfgang Gerstl (V) brach eine Lanze für die österreichische Bundesregierung. Sie und die MitarbeiterInnen der Verwaltung versuchten Tag für Tag das Beste für Österreich zu erreichen, sagte er. Die beiden kommenden Budgets sollen eine Trendwende im Staatshaushalt einleiten, argumentierte Gerstl. Wenn die Opposition Strukturreformen verlange, dann sei sie eingeladen, Initiativen der Regierung zu unterstützen. Vorschläge gebe es zur Verbesserung der Aufgabenteilung von Bund und Ländern, oder von Gesetzgebung und Vollziehung, hielt er fest.

Martina Schenk (T) hielt zunächst den Regierungsparteien entgegen, der Finanzminister habe ein schwerwiegendes Glaubwürdigkeitsproblem. Schenk erinnerte dann daran, dass die Volksanwaltschaft stets bemängle, dass von ihr aufgezeigte Missstände, vor allem in der Verwaltung, nur schleppend behoben würden. Die Bundesregierung liefere mit dem Budget nur ein diffuses Zahlenwerk, kritisierte ihre Fraktionskollegin Waltraud Dietrich (T). Das Team Stronach fordere eine umfassende Verwaltungsreform zur Entlastung der BürgerInnen, sagte sie und brachte einen Entschließungsantrag dazu ein. In einem weiteren Antrag forderte das Team Stronach eine umfassende Steuerreform, die aber keine neuen Vermögenssteuern vorsieht.

Elmar Podgorschek (F) erwiderte Amon, unbestritten sei, dass die Steuer- und Abgabenquote sowie die Staatsschulden zu hoch sind. Die Kaufkraft sinke und die Einkommen steckten in der Progressionsfalle. Letztlich müsse den Menschen mehr Geld in der Tasche bleiben. Österreich brauche Strukturänderungen, wie auch der Rechnungshof immer wieder feststelle. Der Österreich-Konvent habe bereits Vorschläge dazu geliefert, sie würden jedoch nicht umgesetzt. Der Staat müsse umgebaut werden und endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Podgorschek forderte eine klar geregelte Finanzhoheit für die Länder und mehr direkte Demokratie als Korrektiv dazu.

Das Budget setze falsche Prioritäten, sagte Harald Walser (G). Das wäre leicht zu korrigieren, wenn man etwa auf unnötige Tunnelbauten oder die exorbitanten Summen für Dienstautos verzichte. Leider spare man im Bildungsbereich und leiste sich mit hohen Kosten ein dreifaches Schulsystem für die Zehn- bis Vierzehnjährigen. Auch der ländliche Raum würde von einer modernen Unterstufe profitieren. Johanna Dohnal habe vor 40 Jahren bereits die Ganztagsschule in Form einer integrierten Gesamtschule gefordert, nun spare die Sozialdemokratie genau dort. Die Reform der Schulverwaltung sei an der Mutlosigkeit der Regierung, sicherlich aber nicht an der Opposition gescheitert. (Fortsetzung Nationalrat) sue/sox