Parlamentskorrespondenz Nr. 679 vom 09.07.2014

NEOS fordern Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten

Anfragebesprechung wirft Problem der Doppelversicherungen auf

Wien (PK) – Personen, die nicht ausschließlich selbstständig bzw. unselbstständig arbeiten, würden im derzeitigen Sozialversicherungsrecht mehrfach belastet, klagten die NEOS in der heutigen Sitzung des Nationalrats. Im Rahmen einer Kurzen Debatte über eine Anfragebeantwortung von Sozialminister Rudolf Hundstorfer warf Gerald Loacker der Regierung vor, auf die immer komplexer werdenden und sich ändernden Wirtschafts- und Lebensrealitäten nicht zu reagieren. Im Raum stand dabei vor allem auch die Forderung nach Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger.  

Ausgangspunkt der Anfrage der NEOS an den Sozialminister war der Umstand, dass bei Zusammentreffen von unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit Sozialversicherungsbeiträge getrennt an die jeweils zuständigen Sozialversicherungsträger bezahlt werden müssen. Ein Zusammenlegen der Sozialversicherungsträger würde dieses Problem von alleine lösen, da dann nur noch das Gesamteinkommen des Erwerbstätigen für einen einzigen Sozialversicherungsträger relevant wäre, argumentierte Loacker, vermisste bei den Regierungsparteien aber jegliche Bereitschaft, die Zahl der Sozialversicherungsträger zu reduzieren. Die Beantwortung durch Hundstorfer qualifizierte der Sozialsprecher der NEOS nun als nicht ausreichend, wobei er vor allem klagte, keinerlei Zahlen über Mehrfachversicherungen erhalten zu haben. So wisse man nicht einmal, wie viele Menschen in zwei verschiedene Kassen einzahlen. Loacker forderte insbesondere eine Harmonisierung der Sozialversicherungsträger sowie eine Befreiung von den Pensionsbeiträgen für arbeitende PensionistInnen.

128.000 Mehrfachversicherte in Österreich

Sozialminister Rudolf Hundstorfer empfahl Loacker, sich näher mit der Materie auseinanderzusetzen, und meinte im Übrigen, in der Praxis gebe es mit den Mehrfachversicherungen kaum Probleme. Rund 128.000 Menschen sind nach Angaben des Ministers in Österreich doppelt versichert. Das System des Erstattungsbeitrags funktioniere gut und ermögliche es, jene Beträge, die die Höchstbemessungsgrundlage überschreiten, zurückzuverlangen. Die Frage, ob Selbstständigkeit oder Unselbstständigkeit vorliegt, werde von den Schlichtungsstellen rasch behandelt.

SPÖ, ÖVP und FPÖ gehen auf Distanz zu den Behauptungen der NEOS

Die von Loacker in der Anfrage aufgezeigten Probleme konnte auch  Sabine Oberhauser (S) nicht erkennen, die das österreichische System der Pflichtversicherung ausdrücklich begrüßte. Die Sozialsprecherin der SPÖ brach zudem auch eine Lanze für die Sozialpartner und stellte mit Nachdruck fest, sie sei froh über eine starke Sozialpartnerschaft, die sich vor die Unselbstständigen stellt, um zu verhindern, dass diese Menschen in eine Scheinselbstständigkeit gedrängt werden, aus der sie keine Vorteile, sondern nur Nachteile haben.

Seitens der Volkspartei verwies Beatrix Karl auf die Komplexität der Regelungen im Bereich der Mehrfachversicherungen und gab zu bedenken, die von den NEOS geforderte Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger würde dieses Problem auch nicht lösen. Eine Vereinfachung sei trotzdem mehr als angebracht. Reformen sollten nach Meinung Karls vor allem auf eine Harmonisierung zwischen Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht angelegt sein.

Kritisch ging die freiheitliche Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein mit den NEOS ins Gericht, denen sie vorwarf, die Menschen zu verunsichern und ihnen einzureden, doppelte Beiträge zu bezahlen. Dies entspreche nicht der Realität, man zahle bloß bis zu einem Maximalbetrag, und zwar unabhängig von der Art des Sozialversicherungsträgers. Eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten würde jedenfalls Doppel- und Mehrfachversicherungen nicht verhindern, stellte Belakowitsch-Jenewein klar.

Auch Grüne und Team Stronach für Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger

Judith Schwentner von den Grünen äußerte ebenso wie Team Stronach- Abgeordneter Christoph Hagen Sympathie für das Anliegen der NEOS und bezeichnete die derzeitige Vielzahl an Sozialversicherungsträgern als absurd. Man könne zwar doppelt versichert sein, sei aber nur einmal krank, stellte sie übereinstimmend mit Hagen fest und forderte eine Diskussion über die Zusammenlegung der Anstalten.

Für die NEOS nahm Josef Schellhorn die Problematik der Doppelversicherungen zum Anlass, um auf die Dringlichkeit einer Steuerreform hinzuweisen. Grund für die Mehrfachversicherungen sei, dass es sich immer mehr Menschen wegen der hohen Steuer- und Abgabenbelastung nicht mehr leisten können, bloß von einer einzigen Arbeit zu leben, meinte er und stellte die Forderung "Mehr Netto vom Brutto" an den Schluss der Debatte. (Fortsetzung Nationalrat) hof

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