Parlamentskorrespondenz Nr. 830 vom 24.09.2014

TTIP und CETA - Schlagabtausch über Vorgangsweise

Dringliche Anfrage der Grünen an Vizekanzler Mitterlehner - Abgeordnete legen Eckpunkte für Freihandelsabkommen fest

Wien (PK) – Die heftig geführte politische Kontroverse um die Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP) und Kanada (CETA) sowie um das geplante Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen zwischen der EU, den USA und 20 weiteren Staaten (TiSA) fand heute im Plenum des Nationalrats ihre Fortsetzung. Die Grünen nahmen den morgen beginnenden Gipfel zwischen der EU und Kanada zum Anlass, im Rahmen einer Dringlichen Anfrage an Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner die einzelnen Kritikpunkte nochmals aufzuwerfen. Einig war man sich, dass das Parlament das letzte Wort bei der Entscheidung über derlei Abkommen haben müsse.

Trotz emotionaler Debatte gelang es am Schluss doch noch, eine mehrheitlich unterstützte Linie zu finden. Ein von Abgeordnetem Christoph Matznetter (S) eingebrachter gemeinsamer Entschließungsantrag der Regierungsparteien, der auch namens der Grünen durch Werner Kogler ausdrücklich begrüßt und bei der Abstimmung mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP, den Grünen und den NEOS angenommen wurde, legt die Eckpunkte für die Vertragswerke aus österreichischer Sicht fest. Zentrale Forderungen sind dabei die verpflichtende Einhaltung der hohen Sozial-, Datenschutz- und Umweltstandards sowie ein Festhalten am Schutzniveau der öffentlichen Dienstleistungen. Weiters verlangt der Antrag eine Stärkung der Transparenz des Verhandlungsprozesses sowie den Zugang der Öffentlichkeit zu den Verhandlungsdokumenten und die Einbindung der interessierten Bevölkerung. Die Regierungsparteien gehen weiters von der Notwendigkeit aus, das Vertragswerk den nationalen Parlamenten zur Genehmigung vorzulegen und bekräftigen ihr Nein zu Sonderklagerechten für Konzerne.

Hebeln Sonderklagerechte politischen Spielraum aus?

Knackpunkt sind vor allem die Sonderklagerechte im Bereich des Investitionsschutzes (ISDS-Verfahren). Abgesehen davon, dass die Notwendigkeit, Streitfälle zwischen Investoren und Rechtsstaaten, wie es die Länder der EU, die USA und Kanada sind, vor Sonderschiedsgerichten und nicht vor ordentlichen Gerichten zu verhandeln, stark bezweifelt wird, steht die Befürchtung im Raum, die Souveränität der Länder, erforderliche Maßnahmen im Interesse des Gemeinwohls und zur Sicherheit der Bevölkerung zu treffen, könnte aus Furcht vor Milliardenklagen eingeschränkt werden. CETA, so die Warnung Werner Koglers (G) in seiner Begründung der Anfrage, soll die Blaupause für TTIP sein. Die Festlegung des ISDS-Verfahrens würde die Konzernjustiz durch die Hintertür einführen, was jeglichen rechtsstaatlichen Standards widerspräche.

Außerdem werde sich aufgrund unterschiedlicher Standards und mangelnder Kostenwahrheit im transatlantischen Warenverkehr ein Standortwettkampf entwickeln, der zu niedrigeren Verbraucher-, Gesundheitsschutz- und Umweltschutzstandards führe, so die weiteren Befürchtungen. Auch arbeits- und sozialrechtliche Standards könnten unterlaufen werden. Die Kritik Koglers an Freihandelsabkommen war daher auch grundsätzlicher Natur. Ihm zufolge wird fälschlicher Weise so getan, als ob unter den Vertragspartnern die gleichen Bedingungen herrschen. Das aber komme einer "Wochenend- und Sonnenschein-Ökonomie" gleich, formulierte er. Man habe nicht die Chance genützt, globale bessere Standards zu fixieren, warf der Grün-Mandatar den Verhandlern vor, weshalb solche Abkommen seiner Meinung nach in die Sackgasse, nämlich zu einem "perversen" statt zu einem fairen Handel, führen. So sei es ein "Wahnsinn", dass beispielsweise Lebensmittel den Globus hin- und hergeschoben werden, womit unnötig das Klima geschädigt werde.

Grüne Kritik an Haltung der Regierung und an intransparenten Verhandlungen

Auf der Seite der Regierung orten die Grünen zudem Uneinigkeit in dieser Frage. Während sich der Bundeskanzler gegen Konzerngerichte ausgesprochen habe, habe der Vizekanzler und Wirtschaftsminister das Investitionsschutzkapitel von Anfang an befürwortet, heißt es in der Anfrage, und der österreichische Botschafter desavouiere in Brüssel den Kanzler. Man blinke links und biege rechts ab, fasste Kogler die Haltung der Bundesregierung aus der Sicht der Grünen zusammen.

In der Anfrage wird ferner auf die Bindende Stellungnahme des EU-Ausschusses des Bundesrats verwiesen, in der festgestellt wird, der Mehrwert von derartigen Bestimmungen sei nicht erkennbar, solange nicht sichergestellt sei, dass Investoren keinen höheren Schutz dadurch bekommen, als ihnen vor nationalen Rechtsordnungen zustehen würde.

Die Grünen übertiteln ihre Anfrage aus den angeführten Gründen auch mit den Worten "Fairer Handel statt Konzernjustiz – Regierungsspitze mit Doppelspiel".

Kritisiert wird zudem die Intransparenz der Verhandlungen. Die Grünen sprechen von einem Ausschluss der Öffentlichkeit und einem privilegiertem Zugang für Unternehmerlobbys. Die Sozialpartner würden eingebunden, nicht aber NGOs und die Zivilgesellschaft. Kogler forderte dezidiert die Ratifizierung der Abkommen durch die nationalen Parlamente und erteilte jedem anderweitigen Versuch der EU-Kommission eine klare Absage.

Mitterlehner: Über Sonderklagerechte wird noch zu diskutieren sein

Der Vizekanzler warf in seiner Replik den Grünen Panikmache und unnötige Dramatisierung vor und appellierte, sich mit der Materie seriös auseinanderzusetzen. Das Vorgehen der Grünen diene nicht der Aufklärung sondern nur dem Wechseln von politischem Kleingeld, merkte er an.

Die Verhandlungen zu CETA würden beim kommenden Gipfel keineswegs offiziell abgeschlossen, die Texte würden lediglich öffentlich ausgetauscht, aber nicht paraphiert, stellte Mitterlehner klar. Österreich werde daraufhin seine Position erarbeiten, es folge die Diskussion im Rat der EU und dann im Europäischen Parlament. Der Minister ließ keinen Zweifel daran, dass CETA im Nationalrat ratifiziert werden muss, da es sich um ein gemischtes Abkommen handelt. Der Vizekanzler versuchte damit den oftmals geäußerten Befürchtungen, die Freihandelsabkommen würden an den Parlamenten vorbeigelotst, entschieden entgegenzutreten. Er ging davon aus, dass auch die neue EU-Kommissarin Cecilia Malmström diese Frage im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Karel De Gucht genauso sehen werde.

Hinsichtlich der Sonderklagerechte, die von den USA und Kanada gefordert werden, bemerkte der Vizekanzler, über die Mechanismen und das Ausmaß, inwieweit man eine solche Sondergerichtsbarkeit brauche, würden der Bundeskanzler und er noch diskutieren. Jedenfalls sei das Ergebnis des von der EU-Kommission eingeleiteten Konsultationsmechanismus im Rahmen der TTIP-Verhandlungen vor einem Abschluss des CETA-Vertrags abzuwarten, hielt er fest. Mitterlehner konnte daher keine uneinheitliche Vorgangsweise innerhalb der Regierung erkennen und konstatierte, in diesem Sinne habe sich auch der Österreichische Botschafter in Brüssel geäußert. Von Seiten der USA und von Kanada habe man aber wissen lassen, dass die Ablehnung des ISDS-Verfahrens Auswirkungen auf die jeweiligen Gesamtverträge habe, informierte er. In TiSA seien keine Sonderklagerecht vorgesehen.

Die vehemente Ablehnung von CETA und TTIP konnte der Minister nicht teilen. Weltweit gebe es rund 2.800 derartiger bilateraler Abkommen mit ISDS-Verfahren, Österreich habe rund 60 solcher Verträge abgeschlossen und davon immer profitiert, wenn diese ordentlich gemacht worden sind. Der Investitionsschutz schaffe für exportorientierte Länder Rahmenbedingungen, von denen nicht nur die Unternehmen sondern auch die ArbeitnehmerInnen Vorteile haben, gab er zu bedenken. Er werde keiner Herabsetzung europäischer Standards zustimmen, ebenso werde man darauf achten, dass keine Maßnahmen getroffen werden, die den Klimazielen entgegenstehen. Das "right to regulate" sichere den Staaten zu, über ihre Standards selbst zu bestimmen, was eine klare Verbesserung gegenüber anderen Abkommen darstelle. Kanada sei ohnehin ein Industriestaat mit ähnlich hohem Niveau wie Europa, fügte Mitterlehner hinzu. 

Der Minister räumte jedoch ein, dass die Verhandlungen insofern nicht optimal gelaufen seien, weil die Transparenz gefehlt habe. Sein Ministerium habe jedoch alles getan, um die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen und auch Nichtregierungsorganisationen und die Zivilgesellschaft einzubinden. Die Einbindung der Sozialpartner sei gesetzlich geregelt, reagierte er auf Vorwürfe der Grünen.

Glawischnig-Piesczek fordert demokratische Willensbildung ein

In der Debatte kam es zu keiner Annäherung der Argumente, die einzelnen Parteien beharrten auf ihren Standpunkten. So bewertete die Klubobfrau der Grünen Eva Glawischnig-Piesczek die Antwort des Vizekanzlers als unseriös. Der Bundeskanzler habe noch gestern die Sonderklagerechte im Parlament abgelehnt, das habe offensichtlich nichts mit der realen österreichischen Position zu tun, kritisierte sie scharf, denn der Vizekanzler unterstütze die Sonderklagerechte. Diese Vorgangsweise zeige einmal mehr, dass sich die Bevölkerung auf Aussagen der Regierung nicht verlassen könne. Bei der guten österreichischen Gesetzeslage seien Sonderkommissionen ohne übergeordnete Stellen absolut unnötig, fasste sie ihren Standpunkt zusammen. Glawischnig-Piesczek unterstrich nochmals die Notwendigkeit, bei derart weitreichenden Entscheidungen eine demokratische Willensbildung im Parlament herbeizuführen und die Zivilgesellschaft breit einzubinden. Sie befürchtete zudem eine Verschiebung von Handelsvolumen und wies in diesem Zusammenhang auf die unterschiedlichen Kulturen in Europa und Amerika hin. Es stelle sich die prinzipielle Frage, wie wir unsere Lebensmittel erzeugen und wie wir mit den Tieren umgehen.

Rosenkranz gegen angelsächsisches Modell der freien Marktwirtschaft

Ebenso ablehnend äußerte sich für die FPÖ Barbara Rosenkranz. Der Vizekanzler habe heute "Nebelgranaten" geworfen, und es sei allein den Umweltorganisationen zu danken, dass das CETA-Abkommen beim kommenden Gipfel nicht unterschrieben und abgeschlossen wird. Das Abkommen sei deshalb so wichtig, weil damit Standards gesetzt werden, worauf sich zukünftige Abkommen berufen können, warnte Rosenkranz. Sie ging ebenfalls auf die wirtschaftskulturellen Unterschiede ein, indem sie der angelsächsischen Variante der freien Marktwirtschaft eine klare Absage erteilte und dem das europäische Modell der sozialen Marktwirtschaft mit dem Vorsorgeprinzip entgegenstellte. Wie ihre Vorrednerin bezichtigte sie die Bundesregierung, mit gespaltener Zunge zu sprechen. Das ISDS-Verfahren habe nur dann Sinn, wenn Verträge mit Ländern ohne gut ausgebaute rechtstaatliche Institutionen geschlossen werden, nicht aber mit Partnern, bei denen hohen rechtliche Standards gelten, argumentierte Rosenkranz. 

Nachbauer für gute Wirtschaftsbeziehungen unter fairen Bedingungen

Auch das Team Stronach bekräftigte einmal mehr seine Skepsis gegenüber CETA und TTIP. Grundsätzlich sei man für gute Wirtschaftsbeziehungen, sagte Kathrin Nachbaur, jedoch unter den Bedingungen eines fairen Wettbewerbs. Für die Klubobfrau müssten 3 Bereiche gesondert behandelt werden: Der eine betrifft die Zölle, wobei man sich überlegen müsse, ob der Agrarbereich ausgenommen werden sollte. Auch seien in diesem Zusammenhang die Subventionen im Auge zu behalten. Was die Standards betrifft, so sollte es den KonsumentInnen überlassen sein, was sie kaufen, die Basis dafür müsse aber eine genau Konsumenteninformation sein. Einen Investitionsschutz zwischen Ländern mit guten Rechtssystemen hält Nachbaur für entbehrlich, denn solche Verfahren würden in keiner Weise rechtsstaatlichen Standards entsprechen und die Souveränität aushöhlen. Die Rednerin kritisierte außerdem die mögliche Untergrabung der ArbeitnehmerInnenrechte, da CETA nicht alle Normen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO garantiere. Auch Nachbaur pochte auf die Ratifizierung solcher Abkommen im Parlament und vermisste die nötige Transparenz der Verhandlungen.

Strolz will bei TTIP Reset-Knopf drücken

Matthias Strolz von den NEOS plädierte dafür, bei TTIP den Reset-Knopf zu drücken. Den Grünen warf er aber vor, in ein "politisches Cocooning" zu verfallen, denn bei ihnen schwinge immer mit, der Handel sei böse. Mit solchen Ressentiments zu arbeiten, halte er für nicht in Ordnung, denn grundsätzlich bringe fairer Handel Wohlstand, rief er den Grünen entgegen. Strolz räumte aber zu den konkreten Punkten ein, es sei schwierig, über ein Thema zu diskutieren, wenn Informationen fehlen. Er ortete ebenfalls eine uneinheitliche Sprache innerhalb der Regierung und teilte in diesem Sinne die Kritik an der mangelnden Transparenz vollinhaltlich. Konkret würde er sich wünschen, dass Bereiche wie die Kulturförderung, das Urheberrecht, der Datenschutz und die Landwirtschaft aus derartigen Abkommen herausgenommen werden.

Cap ruft zu Schulterschluss gegen Sonderklagerechte auf

Die Rhetorik der Grünen helfe nicht, meinte Josef Cap (S), die Kritik müsse beim Versuch der EU-Kommission ansetzen, die nationalen Parlamente und das EU-Parlament zu umgehen. Er hoffe, dass sich Cecilia Malmström vor dem Europäischen Parlament entsprechend deklariert. Im Freihandelsabkommen sieht Cap grundsätzlich nichts Schlechtes, mit seiner Skepsis gegenüber den Sonderklagerechten hielt er jedoch nicht hinter dem Berg. Dazu brauche es einen nationalen Schulterschluss, appellierte er, denn in Wahrheit bedeute das ISDS-Verfahren die Umgehung unseres Rechtssystems. Die Stoßrichtung der Grünen, nämlich Misstrauen zu säen, sei kontraproduktiv, sagte Cap und forderte in diesem Zusammenhang mehr Kooperation ein.

Haubner lässt Zustimmung offen, solange kein Ergebnis vorliegt

Die ÖVP nehme die Sorgen der BürgerInnen ernst, sagte Peter Haubner (V). Ob man dem Abkommen zustimme bleibe offen, solange das Ergebnis nicht vorliegt. Er wies jedoch darauf hin, dass sowohl die USA als auch Kanada wichtige Handelspartner sind und Österreich 6 von 10 € mit dem Ausland verdiene. Die bestehenden 62 bilateralen Abkommen stellen laut Haubner die Basis für das erfolgreiche Wirtschaften im Land dar. Haubner erwartet von TTIP und CETA für beide Seiten Handelserleichterungen und mehr Rechtssicherheit. Keineswegs dürfe es sich dabei um Deregulierungsabkommen und eine Aushöhlung der Standards handeln, hielt er unmissverständlich fest.

Die Forderungen nach Transparenz und Wahrung der hohen heimischen Standards zogen sich auch durch den weiteren Teil der Debatte. Einig waren sich Regierungsparteien und Opposition dabei vor allem darüber, dass das österreichische Parlament in letzter Instanz über die Abkommen zu entscheiden habe.

Grüne sehen CETA und TTIP als Trojanisches Pferd der US-Konzerne

Die Grünen blieben bei ihrer grundsätzlichen Kritik an TTIP und CETA, wobei Umweltsprecherin Christiane Brunner vor allem um den Schutz von Klima und Umwelt bangte und auch eine Gefahr für die Interessen der Landwirtschaft und der ArbeitnehmerInnen sah. Ihr Fraktionskollege Wolfgang Pirklhuber brachte die schweren Bedenken der Grünen mit den Worten auf den Punkt, CETA und TTIP seien das Trojanische Pferd, mit dem die US-Konzerne die europäischen Standards aushöhlen. Er verlangte eine Ratifizierung der Abkommen durch den Österreichischen Nationalrat und sprach sich vehement gegen Sonderklagerechte für Konzerne aus, blieb mit einem diesbezüglichen Entschließungsantrag allerdings in der Minderheit. Brunner wiederum warnte, das Parlament gebe seine Verantwortung aus der Hand, wenn es die Entscheidung über die Handelsabkommen Wirtschaftslobbyisten und Industrievertretern überlässt. Sie forderte in einem Entschließungsantrag eine umfassende Information der Bevölkerung sowie die Wahrung der Konsumentenschutzbestimmungen und Umweltstandards sowie der ArbeitnehmerInnenrechte. Zudem sollten ihrer Meinung nach schiedsgerichtliche Angelegenheiten zwischen Investoren und Staaten nicht Bestandteil der Vertragswerke werden. Auch diese Initiative der Grünen fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Freiheitliche fordern Neustart der Verhandlungen

Die FPÖ lehne Freihandel an sich nicht ab, stelle sich aber gegen neoliberale Auswüchse, die auf eine Entmachtung des Staates hinauslaufen, unterstrich Axel Kassegger und wandte sich vor allem gegen Sonderklagerechte für Großkonzerne. Reinhard Eugen Bösch (F) sah in einem "Zurück an den Start" die einzig vernünftige Lösung, während der außenpolitische Sprecher der FPÖ, Johannes Hübner, seine Skepsis gegenüber einer vollen Öffnung des Marktes zum Ausdruck brachte. Die heimische Landwirtschaft würde gegen die amerikanische Konkurrenz nicht bestehen, fürchtete er. Im Übrigen forderte Hübner eine Befassung des Österreichischen Parlaments mit den beiden Freihandelsabkommen.

Team Stronach fürchtet um Qualität der heimischen Lebensmittel

Österreich könne es sich bei seiner hohen Exportquote nicht leisten, auf ein Freihandelsabkommen zu verzichten, war sich seitens des Team Stronach Rouven Ertlschweiger klar. Er kritisierte aber mangelnde Transparenz und meinte, gerade die Politik der Geheimhaltung mache die Menschen zu Recht stutzig und schüre Ängste. Vorbehalte gegen die Liberalisierung bei den Lebensmitteln führten seine beiden Fraktionskollegen Robert Lugar und Leopold Steinbichler ins Treffen, wobei letzterer auf ein Qualitätssiegelgesetz drängte und beklagte, ausländische Produkte würden in der Praxis oft als österreichische Lebensmittel verkauft. Lugar hingegen sprach von der Gefahr, gesundheitsschädliche Lebensmittel aus den USA könnten durch das Abkommen nach Europa importiert werden.

NEOS begrüßen Freihandelsabkommen, vermissen aber Transparenz

Die NEOS wiederum bekräftigten ihre grundsätzlich positive Einstellung zu den Freihandelsabkommen, mahnten aber mehr Transparenz über den Verhandlungsverlauf ein. Rainer Hable appellierte an die Grünen, Handel und Markt nicht immer negativ zu sehen, Josef Schellhorn wiederum erteilte jeglicher Panikmache eine Absage und ging in diesem Zusammenhang mit Team Stronach und Grünen scharf ins Gericht. Umweltsprecher Michael Pock wies auf die Notwendigkeit höchster Umweltstandards bei den Abkommen hin und meinte, im Zweifel müssten Umweltschutz und Gesundheit Vorrang haben. Was den Investitionsschutz betrifft, schlug er die Gründung eines internationalen Gerichtshofs für diesbezügliche Streitigkeiten vor.

Regierungsparteien für Wahrung der heimischen Standards und Entscheidung durch die nationalen Parlamente

Gleiche Bedingungen für alle im Sinne eines fairen Handels forderte seitens der Volkspartei Jakob Auer, Konzerne dürften nicht einseitig Bedingungen diktieren. Positiv bewertete August Wöginger die Idee der Freihandelsabkommen und betonte, Österreich setze auf größtmögliche Transparenz. Einer Meinung mit Auer war er sich darüber, dass sowohl das Europäische Parlament als auch die nationalen Parlamente zustimmungspflichtig sind. Wenn der Vertrag für Österreich nicht gut ist, dann werden wir ihn auch nicht unterzeichnen, stand dabei für ihn fest. Dies bestätigte auch VP-Mandatar Fritz Grillitsch, der klare Spielregeln und einen fairen Wettbewerb für die heimische Landwirtschaft einforderte. Wenn es gelingt, die hohen heimischen Standards beizubehalten, dann wird das Freihandelsabkommen ein Fortschritt sein, zeigte sich auch ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka zuversichtlich. Dass das Vertragswerk nicht am Österreichischen Parlament vorbei beschlossen werden dürfe, stand für ihn dabei außer Zweifel.

Für die Sozialdemokraten pochte Cornelia Ecker ebenfalls auf die Einhaltung der hohen heimischen Sozial-, Umwelt- und Lebensmittelstandards und betonte, Europa als größter Markt der Welt sollte die Vorgaben machen und nicht die USA. Ihr Fraktionskollege Hannes Weninger gab zu bedenken, in entscheidenden Punkten, so etwa hinsichtlich der Rolle des staatlichen Einflusses, stehe das US-System in einem Widerspruch zur europäischen Kultur. Das Gesamtprojekt des Freihandels dürfe nicht durch Panikmache gefährdet werden, warnte SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter, der vielmehr in den Abkommen eine große Chance für die österreichische Wirtschaft sah.

(Schluss Dringliche Anfrage/ Fortsetzung Nationalrat) jan/hof