Parlamentskorrespondenz Nr. 1171 vom 04.12.2014

Mikl-Leitner informiert Bundesrat über Asylpolitik

Save Lives Project sieht Flüchtlingsquote in der EU vor

Wien (PK) – Über die die aktuellen Herausforderungen in der Asylpolitik informierte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner in der Aktuellen Stunde in der heutigen Sitzung des Bundesrats. Da sich die krisenhafte Situation im Nahen Osten nicht so bald entspannen werde, war es sehr wichtig, dass sich die Bundesländer auf ein neues und gerechtes System der Grundversorgung geeinigt haben, betonte die Ministern. Gleichzeitig sei aber auch mehr Solidarität in Europa gefragt. Sie werde daher heute in Brüssel das Modell "Save Lives Project" vorstellen, das eine Flüchtlingsquote in der EU vorsieht.  

Neustrukturierung der Grundversorgung und das Modell für die EU

Durch die anhaltend dramatische Situation in Syrien, im Irak und anderen Krisenregionen steige die Zahl der Kriegsflüchtlinge in ganz Europa, stellte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner einleitend fest. Tagtäglich müssen tausende Menschen ihre Heimat verlassen, da sie von Verfolgung, Vergewaltigung und Ermordung bedroht sind. Dies stelle natürlich auch die österreichischen Behörden vor große Herausforderungen. Die Ministerin dankte den MitarbeiterInnen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, die alleine im letzten Monat 2.400 Entscheidungen zu treffen hatten. Damit diese Behörde weiterhin so gut funktioniert, wurde das Personal um 87 MitarbeiterInnen aufgestockt.

Erfreut zeigte sich Mikl-Leitner auch darüber, dass die Landeshauptleute den Vorschlag zur Neustrukturierung der Grundversorgung für Kriegsflüchtlinge angenommen haben. Das sei der Anfang vom Ende der unwürdigen Herbergssuchen in Österreich, so die Innenministerin. Das neue System sieht vor allem vor, die Erstaufnahmestellen Traiskirchen und Thalham zu entlasten. Bisher war es so, dass AsylwerberInnen, egal in welchem Bundesland der Antrag gestellt wurde, in eines dieser Aufnahmezentren gebracht wurde. Nun sollen Verteilerquartiere eingerichtet werden, um unnötige Transfers zwischen den Bundesländern zu vermeiden. Nach den ersten zwei, drei Tagen können dann die AsylwerberInnen sofort in die Privatquartiere wechseln. Mit dieser Systematik soll auch sichergestellt werden, das alle Bundesländer die 100 %-Quote erfüllen.

Da es auf europäischer Ebene eine enorme Schieflage in Bezug auf die Verteilung von Flüchtlingen gibt – 10 Länder müssen über 90 % der Asylanträge bewerkstelligen -, habe sie das Modell "Save Lives Project" vorgeschlagen, das heute in Brüssel präsentiert wird. Dabei gehe es vor allem darum, dass bereits in den Drittstaaten durch die UNHCR die Schutzbedürftigkeit der Menschen geprüft wird. Den verfolgten Menschen bliebe damit nicht nur die lebensgefährliche Flucht über das Mittelmeer erspart, auch den Schleppern würde damit der Nährboden entzogen. Außerdem sollen die Flüchtlinge dann mittels einer Quote gerecht in den einzelnen Staaten verteilt werden.

Humanitäre Hilfe, aber keine Überforderung der Bevölkerung

Österreich brauche in Bezug auf die Asylpolitik sein Licht nicht unter den Scheffel stellen, meinte Bundesrat Franz Perhab (V/St). Man habe in der Vergangenheit - von der Ungarnkrise bis zum Kosovo-Konflikt - immer wieder bewiesen, dass hilfesuchende Menschen Schutz in unserem Land finden. Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten und speziell in Syrien stellen nun aber eine besondere Herausforderung für ganz Europa dar, konstatierte Perhab. Die Innenministerin habe sich bereits dafür eingesetzt, dass es zu einer fairen Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU kommt. Auch sei es sehr erfreulich, dass durch die Einrichtung des Bundesamts für Fremden- und Asylwesen die Verfahren in Österreich drastisch verkürzt wurden und dass sich die Bundesländer auf ein Flüchtlingskonzept Neu einigen konnten. Ebenso wie Bundesrat Klaus Fürlinger (V/O) zeigte sich Perhab erfreut darüber, dass endlich einen Lösung zwischen den Bundesländern gefunden wurde und es nun einer gerechten Aufteilung der Flüchtlinge kommt. Was den viel diskutierten Zugang zum Arbeitsmarkt betrifft, so sei er als Wirtschaftsvertreter nicht a priori dagegen. Allerdings müsse man auch sehen, dass viele subsidiär Schutzbedürftige, die nach drei Monaten einen Job annehmen könnten, diese Möglichkeit gar nicht nutzen. Generell gehe es in der Asylfrage seiner Meinung nach darum, die Bevölkerung nicht zu überfordern und gleichzeitig den humanitären Aspekt nicht aus den Augen zu verlieren.

Gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Österreich und in Europa

Hunderttausende Menschen in Syrien mussten bereits ihre Heimat verlassen, erklärte Bundesrat Christian Füller (S/St). Es sei daher die Pflicht jedes zivilisierten Staates, sich mit diesen Problemen auseinanderzusetzen und schutzbedürftige Personen aufzunehmen. In Österreich gehe es dabei um rund 29.000 Menschen, informierte Füller, angesichts von über 2.000 Gemeinden sollte deren Unterbringung eigentlich kein Problem sein. In diesem Zusammenhang gab er zu bedenken, dass Länder wie die Türkei, der Libanon, der Irak und Jordanien jeweils mehrere 100.000 Flüchtlinge aufgenommen haben. Gleichzeitig müsse man die Initiative der Innenministerin auf EU-Ebene unterstützen, für eine gerechtere Verteilung der Asylwerber in Europa zu sorgen. Er fürchte jedoch, dass es in dieser Frage nicht so schnell zu einer Einigung kommt, zumal es in Österreich schon schwierig war, einen Kompromiss zwischen neun Bundesländern zu finden. Positiv sei jedoch, dass aufgrund der Reformen in den letzten Jahren die Asylverfahren sehr schnell abgewickelt werden; Österreich liege damit EU-weit an der Spitze. Kritisch befasste sich Füller mit der Position der Freiheitlichen in der Flüchtlingspolitik, die ein so schwieriges und komplexes Thema oft missbrauchen, um politisches Kleingeld zu schlagen. Er würde sich vielmehr wünschen, dass alle Parlamentsparteien an einen Strang ziehen. Auch Bundesrätin Ingrid Winkler (S/N) bezeichnete es als beschämend, wenn mit der Angst und dem Leid von Menschen Politik gemacht werde. Sie war überzeugt davon, dass Österreich, das eine lange Tradition in der Aufnahme von Schutzbedürftigen hat, auch die aktuelle Bewährungsprobe bestehen wird.

Mehr Personal für die Polizei und Maßnahmen gegen das Schlepperwesen

Bundesrat Werner Herbert (F/N) wehrte sich gegen die Kritik an seiner Partei, die wieder einmal die üblichen rot-schwarzen Plattitüden enthalte. Die Freiheitlichen sehen sich als Mahner, die sich für die Interessen der österreichischen Bevölkerung einsetzen. Da in der Vergangenheit die falschen sicherheitspolizeilichen Schritte gesetzt wurden, konnte das Flüchtlingsproblem jene Dimensionen annehmen, die es heute hat, urteilte Herbert. Es sei einfach eine Tatsache, dass die Zahl an AsylwerberInnen um 34 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist und dass zwei Drittel davon Männer sind. Gleichzeitig gebe es eine Zunahme an kriminellen Schlepperaktivitäten, die die Notlage von Menschen in Kriegsgebieten ausnützen. Die Freiheitlichen treten natürlich dafür ein, dass jeder Mensch, der aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention Anspruch auf Schutz hat, diesen auch temporär bekommen soll. Davon könne aber keine ständiges Bleiberecht, vielleicht auch noch für die nächsten Generationen abgeleitet werden. Außerdem kritisierte Herbert, dass die heimische Bevölkerung nicht ausreichend in die Asylpolitik eingebunden wird. Schließlich forderte er noch einen Ausbau der polizeilichen Ressourcen, um die Vielzahl an Aufgaben, die mit der Flüchtlingsfrage zusammenhängen, bewältigen zu können. Was die EU-Ebene betrifft, so hielt es Hans-Jörg Jenewein (F/W) für nicht erstrebenswert, Quoten auszuverhandeln, da sie laut Medienberichten auf Grundlage des BIP errechnet werden soll. Das bedeutet dann, dass Österreich in Zukunft noch mehr Flüchtlinge aufnehmen muss, befürchtete Jenewein.

Mehr Menschlichkeit und Solidarität mit den Kriegsflüchtlingen

Bundesrat Marco Schreuder (G/W) plädierte für eine sachliche und ernsthafte Asyldebatte, die nicht alle Themen miteinander vermische. Es sei hochproblematisch, wenn ständig Fragen der Zuwanderung oder der Kriminalitätsbekämpfung mit der Flüchtlingsfrage in Zusammenhang gebracht werden. In der heutigen Diskussion gehe es um Menschlichkeit und Solidarität mit jenen Personen, die in größter Not ihre Heimatländer verlassen müssen und Schutz suchen. Wenn in einem Land wie der Libanon, das so groß wie Oberösterreich ist und 4,5 Millionen Einwohner hat, 1,2 Millionen syrische Flüchtlinge leben, dann sei natürlich die globale und europäische Solidarität gefragt, unterstrich Schreuder. Er trat auch dafür ein, dass den Menschen nicht erst dann geholfen wird, wenn sie nach der lebensgefährlichen Überquerung des Mittelmeers europäischen Boden betreten, sondern schon viel früher. Sein Fraktionskollege Efgani Dönmez (G/O) sprach sich für eine gerechtere Verteilung der Asylwerber in Europa aus; der Vorschlag der Innenministerin sei daher voll zu unterstützen.

Was die nationale Bewältig der Flüchtlingsfrage betrifft, so war sich Schreuder nicht sicher, ob der Vorschlag der Landeshauptleutekonferenz wirklich einen großen Fortschritt bringt. Es gebe aber auch einige Gemeinden und Städte, wo die Unterbringung sehr gut funktioniert, wie z.B. Neudörfl, Sankt Gilgen, Altmünster oder Wien, erinnerte der Bundesrat der Grünen. Da viele Kommunen aber ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, schlug Efgani Dönmez vor, auf Bezirksebene Quartiere zu schaffen. Ein wichtiges Anliegen war ihm auch die Verbesserung des Betreuungsschlüssels, der momentan 1 zu 170 beträgt; da könne man nicht mehr von Qualität reden. Außerdem seien die AsylwerberInnen derzeit zum Nichtstun verurteilt, was einen idealen Nährboden für die islamistischen "Seelenfänger" darstellt.

Gerechte Aufteilung auf nationaler und EU-Ebene

Auch wenn wir es gerne täten, aber Österreich könne nicht alle Kriegsflüchtlinge dieser Welt retten, argumentierte Bundesrat Gerald Zelina (T/N). Er sprach sich für die Festlegung von maximalen Aufnahmequoten für "extreme Flüchtlingswellen" sowie strenge Asylgewährungs- und Zuwanderungskriterien aus. Außerdem sollte ein nationaler und EU-weiter Verteilungsautomatismus etabliert werden, denn jeder müsse seinen Beitrag leisten. Ein Problem sei auch, dass sich derzeit weder Italien noch Griechenland an das Dublin-Abkommen halten, urteilte Zelina. Sinnvoll wäre es seiner Meinung nach, an der EU-Außengrenze eine von der europäischen Union finanzierte Asylbehörde einzurichten. Wichtig sei auch ein härteres Durchgreifen gegenüber der Kriminalität den Ostgrenzen sowie denn illegalen Flüchtlingsströmen aus Italien. (Fortsetzung Bundesrat) sue


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